Wie, Franken gegen Bulgarien? ProWein 2025 deutet ja an, dass es sich um ein Weinevent handelt. Aber lasse ich da fränkische Silvaner blind antreten gegen bulgarische, ja, was kennt man eigentlich aus Bulgarien? Nein, nicht wirklich. Das Ganze läuft fein ordentlich nacheinander ab. Aber was euch dort erwartet, möchte ich kurz erläutern.
Was ich bei der ProWein 2025 anbiete
Wie ihr vielleicht wisst, schreibe ich regelmäßig für die »WEIN+MARKT«, eine von zwei (oder nehmt noch den Deutschen Weinbau dazu) Fachzeitschriften für das ganze Spektrum zwischen Exportmarkt, Weinhandlungen und Fasspreisen. Gossip auch, aber nur in gepflegter Form von Mitteilungen. Bei der ProWein hat der zugehörige Fachverlag Dr. Fraund immer einen ziemlich großen Stand mit Sitzplätzen, Leinwand und flottem Service. An jenem (gelegen in der »deutschen« Halle 4) finden Vorträge und Tastings statt. Oder auch eine Mischform aus beidem. Zielgruppe ist eigentlich immer Fachhandel und Gastro, egal ob es um Fortbildung oder um den neuesten Tipp aus Andalusien geht.
Ich hatte letztes Jahr schon zwei Tastings dort angeboten, zweimal zu Silvaner. Bei der ProWein 2025 wird es wieder so sein, aber nur ein Tasting bleibt weintechnisch in der Heimat, ein anderes führt auf ganz andere Pfade…
Auf einem Berg stehen
Die Idee zu diesem Lagentasting ist mir gekommen, als ich im Frühjahr auf einem der Hügel stand, die den Bad Windsheimer Rosenberg ausmachen. Ganz still war es dort, nur die Vögel hat man singen hören und von weitem einen Bauern auf seinem Acker. Auch wenn es natürlich übertrieben ist, hatte ich das Gefühl, zehn Kilometer vom nächsten Auto entfernt zu sein. Dann wieder auf dem Würzburger Stein. Das stete Summen und Brummen der Großstadt steil weit unten, der glitzernde Fluss, die glitzernden Güterwaggons, welche bunt in die eine und in die andere Richtung unterwegs waren. Eine völlig andere Atmosphäre.
Auf der »Weinberg Online«-Seite des VDP kann man sich wunderbar die ganzen Ersten und Großen Lagen heraussuchen lassen. Ein Foto ist da, Infos zur Geologie, zur Fläche, zum Klima und zu den VDP-Winzern, die dort begütert sind. Aber natürlich weiß man nicht, wie es sich anfühlt, in dieser Lage zu stehen, wie die Weine von hier schmecken. Und in Franken gibt es immerhin nicht weniger als 50 Erste Lagen. Sechs davon habe ich herausgesucht, um Weine von sechs verschiedenen VDP-Weingütern probieren zu lassen. Rudi May, Daniel Sauer, Wirsching, die großen Würzburger. Was mich dabei selbst überrascht hat: Nein, nicht die gute Qualität, das hatte ich schon befürchtet. Sondern die Tatsache, dass diese angenehm fränkisch trockenen Weine, aus Toplage, Handlese, Spontangärung, Holzfassausbau und teils in Bio-Qualität gerade einmal 15 € kosten. Da gibt’s also noch etwas zu entdecken…
Terra incognita – Weinreise durch Bulgarien
Kontrastprogramm. Obwohl, beide Regionen haben gemeinsam, dass ich sie selbst besucht habe. Bei Franken ist das nicht weiter verwunderlich. Aber nachdem ich vor Jahren bei der ProWein einen bulgarischen Wein probiert hatte (oder gar mehrere), wollte ich mehr wissen über dieses uralte Weinbauland. Plovdiv, ganz früher Philippopol, gilt als die älteste Stadt Europas, kontinuierlich besiedelt seit 8.000 Jahren. Bereits vor den Griechen hatten die Thraker dort Wein angebaut. Und heute gibt es Wein in Bulgarien in ganz unterschiedlichen Settings, wie man so schön sagt.
Im Nordwesten, im Dreiländereck mit Rumänien und Serbien, hat sich eine kleinbäuerliche Kultur in Hügellandschaft erhalten, samt schmucken Häusern aus der K.u.K-Zeit. Zwischen Plovdiv und Sliven liegt das alte Herzstück mit fruchtbaren Ebenen und den Gebirgsketten im Hintergrund. Die bulgarische Schwarzmeerküste ist teils tourismusgebeutelt, teils aber auch wunderschön. Und schließlich gibt es noch das Strumatal zwischen 2.000 Meter hohen Bergen, dessen gleichnamiger Fluss direkt in die Ägäis mündet. Das hat schon stark griechische Vibes.
Wenn ich euch jetzt die Weingüter nenne und die Rebsorten, aus denen die Weine bereitet wurden, wären das für die meisten wahrscheinlich die sprichwörtlichen böhmischen Dörfer. Aber es gibt da echte Schätzchen, glaubt es mir. Dimitar und Elisabeth von Zagreus bewirtschaften 120 ha zertifiziert biologisch, und vom italienisch inspirierten Dunkelroten bis zum Zero Zero-Naturwein ist alles dabei. Eddie und Rosie von Rossidi hatten in London studiert, als Rosies Vater anrief: »Ich habe hier Rebland gekauft, Eddie hat doch das WSET-Diplom, kommt bitte wieder zurück«. Und bei Trifonoff machen sie Rotwein aus 50% Trauben und 50% Aronia-Beeren. Mit anderen Worten: Bulgarien lohnt sich total.
Wer möchte, kann sich bei WEIN+MARKT gleich hier für die Seminare anmelden. Ansonsten gilt wie immer: Wer früh da ist, hat auch gute Karten. Ich freue mich jedenfalls schon sehr auf die ProWein 2025.
Hat jetzt nur im weiteren Sinn mit Ihrem Beitrag zu tun.
Was sagen Sie zu den momentan omnipräsenten negativen Beiträgen, in allen Großen Tageszeitungen, zum Thema Wein?
Er ist natürlich auch mit dabei, als Experte für alles- Zitat Hirschhausen: Alkohol ähnlich schädlich wie “Asbest und Rauchen” – was eine Flasche Wein ausmacht.
Okay, schon etwas anderes, wenngleich auch ein sehr aktuelles Thema 😉 .
Ja, das war zu befürchten, nachdem es den sehr starken Health- & Clean-Trend in den USA und die massive Anti-Alkohol-Lobby in Frankreich ja auch schon seit einer Weile gibt. Und leider passt es auch ein wenig in die Zeit, in der auch politisch Betonköpfe und Schwarz-Weiß-Darsteller fröhliche Urständ zu feiern scheinen, da die großen Themen offenbar zu komplex sind, um sie mal umfassend zu erörtern.
That having said, natürlich ist reiner Alkohol gleichzeitig Zellgift und Konservierungsmittel. Wein hingegen ist ebenso Genussmittel, Kulturerbe und Geselligkeitsförderer. Erwiesenermaßen gibt es deutlich mehr Alkohol-Suchtkranke in weinfernen (dunklen, kalten) Ländern als in Weinbauländern; ein Gefälle, das man leider schon in Deutschland deutlich sieht in den Statistiken.
Wie fast immer sollte es meiner Meinung nach um Balance gehen und auch um eine differenzierte Art der Darstellung. Damit generiert man natürlich weniger Aufreger-Klicks, und deshalb ist das weniger beliebt. Die Weinbranche sollte das aber alles sehr ernst nehmen (wie “wine in moderation” das tut) und nicht etwa Schunkelfeste und altvordere Weinpräsidenten als Gegengewichte einsetzen. Das in Kürze meine Meinung dazu 😉 .
Hallo Alex,
ich bin Fachkrankenpfleger in der Psychiatrie und habe seit 1993 beruflich mit suchtkranken Menschen zu tun. Seit 2002 intensiv in der geschützten Psychiatrie. Da arbeite ich auch gegenwärtig noch. Die Klinik in der ich arbeite, hat eine eigene große Suchtabteilung.
Gegen – nicht nur in Deutschland – (zu hohen) Alkoholkonsum vorzugehen, ist medizinisch gut begründbar (Krebsrisik, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Polyneuropathie usw.) und volkswirtschaftlich sinnvoll. Da gibt es nix aber auch gar nix zu deuteln. Und da argumentiert Eckhard von Hirschhausen absolut faktenbasiert und richtig.
Das sage ich als wirklicher Weinnerd und jemand, der seit 30 Jahren Weinproben präsentiert, seit 2006 ca. einmal im Monat in der privaten Weinrunde Weine verkostet und auch privat Wein trinkt. Dafür kaum Bier und Spirituosen.
Ich bin absolut dafür, die Werbung für alkoholhaltige Getränke jeder Art einzuschränken, bzw. umzugestalten wie bei Tabakwaren. Und ich bin entschieden dafür, die Altersgrenze für alkoholische Getränke auf 18 anzuheben und die Steuern auf alkoholhaltige Getränke stark zu erhöhen und die Steuereinnahmen 1:1 dem Gesundheitswesen zur Verfügung zu stellen.
Das sollte auch mit den Tabaksteuern und Industriezucker passieren.
Also kurz: Klares Ja zum Verursacher*innen-Prinzip! (Aber komm darüber mal mit den jeweiligen Lobbyist*innen ins Gespräch 😉 ) Das das funktioniert, zeigt sich z. B. in der Entwicklung des Zigarettenkonsums in Deutschland und im sinkenden Konsum von zuckerhaltigen Getränken in Großbritannien.
Die Moralkeule oder Kriminalisierung der Blaukreuzer u. ä. Gruppen funktioniert hingegen nicht.
Wenn Du mit abhängigen Menschen sprichst, zeigt sich, dass die alle einen verstehbaren Grund oder Gründe aus ihrer Biographie haben, sich immer wieder zu betäuben, weil sie es anders gar nicht aushalten würden. Das tun Menschen seit sie auf der Welt sind und werden es immer tun. Das verlässlich und 100%ig zu verhindern, würde in den Polizeistaat führen und jedes Rechtssystem lahmlegen. Haben wir bei der Cannabiskriminalisierung erlebt. (Und ich bin ein entschiedener Gegner von Cannabis, habe das Scheißzeug nie angerührt, bin aber für die Legalisierung und kontrollierte Abgabe in Apotheken und wünsche mir das auch für sauberes Heroin und Kokain.)
Kurzum: Ich lebe, arbeite und moderiere persönlich also in einem permanenten Widerspruch, den ich auch nicht auflösen werde, weil ich den WeinGENUSS, das Zusammenkommen wegen des Themas, das Kombinieren von Wein und Essen einfach sehr mag.
Und unter den wirklichen Weingenießer*inne*n in meinem Umfeld kenne ich wiederum keine Alkoholiker*innen. Die Suchtkranken wiederum, die ich in meinem Leben getroffen habe – bis hinein in die eigene Familie – zeichneten sich dadurch aus, dass sie soziale Nähe und Genießen meist gar nicht kannten und aushalten konnten.
Und last but not least, Alex: Ich fand Deine Frage grundsätzlich gut und absolut berechtigt und auch Weinliebhaber*innen sollten nicht um das Thema rumeiern, sondern sich da ehrlich machen. “Wine in Moderation” als Feigenblatt der Industrie reicht da nicht.
@Matze: Das wäre auch mal ein Thema!
Stocknüchterne Grüße! 🙂
Thomas