Kleine Rundtour durchs Abt Degen-Weintal

Abt Degen-Weintal Video

»Öfter mal etwas Neues«, hatte ich mir gedacht, und das gleich in doppelter Hinsicht. Zum einen hatte ich mir eine Ecke Weinfrankens vorgenommen, die außerhalb der Region ehrlich gesagt kaum jemand kennt, das Abt Degen-Weintal nämlich. Zum anderen wollte ich einfach ausprobieren, wie das mit den kleinen Videoclips funktioniert. Also Instagram Reels und YouTube Shorts. Das Ergebnis davon seht ihr hier: Ihr könnt euch durch 14 kurze Clips von mir klicken, in denen ich jeweils in einem Weinberg (oder ausnahmsweise auch auf einem Marktplatz) stehe und euch zeige, was es da zu sehen gibt.

Wo ist das Abt Degen-Weintal?

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Das Abt Degen-Weintal, das auch über eine sehr informative Website verfügt mit Weingütern, kulturellen und gastronomischen Highlights, ist ein gewisses Konstrukt. Im Prinzip zieht es sich entlang des Mains zwischen Schweinfurt und Bamberg, hat also sowohl Anteil an Unter- als auch (minimal) an Oberfranken. Dann macht es jedoch noch kleine Abstecher nach Norden und Süden, die man keinesfalls unterschätzen sollte. Im Norden ist man mit Prappach und Königsberg fast schon auf dem Weg ins Rhön-Vorland. Und im Süden bildet Zell am Ebersberg die Grenze zum Steigerwald, der sich unmittelbar hinter dem Ort erhebt.

Wieso eigentlich Abt Degen? Ganz einfach. Der Abt Degen, Alberich mit Vornamen, war derjenige, der im Jahr 1665 den Silvaner von Österreich in seine Heimatregion brachte. Und da Abt Degen aus Zeil am Main stammte, Zeil wiederum der Hauptort der Region ist, erklärt sich doch alles von selbst. Gut, zugegeben, es gibt die Silvanerheimat seit 1659, die allein im Namen darauf hinweist, dass da schon früher etwas passiert sein muss. Aber letztlich ist so eine Urkunde ja eher ein Grund, ein bestimmtes Datum zu feiern. Denn wer weiß, wann der erste Mensch unbeurkundet ein solches Pflänzchen in die fränkische Erde gesetzt hat…

Die Magie der alten Terrassen

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Was das Abt Degen-Weintal so faszinierend macht, das ist in der Tat seine Randlage. Letzteres gilt allerdings nicht mehr für die heutige Verkehrssituation, denn per Autobahn und Bahnstrecke kommt man völlig unproblematisch hierher. Ich spreche vielmehr von der weinkulturellen Randlage. In seiner Hochzeit war der gesamte Mainhang mit Wein bewachsen. Aber selbst zu jener Zeit gab es keineswegs eine Monokultur, denn sowohl die Talsohle als auch die Hügel jenseits des Tales wurden landwirtschaftlich anderweitig genutzt.

Aber dadurch, dass keine Lage hier in der Zeit des Weinaufschwungs im 20. Jahrhundert wirklich berühmt war und kein Weingut wirklich groß, haben sich im Abt Degen-Weintal ein paar wirklich spannende Zeitzeugen erhalten.

Steinbacher Nonnenberg Abt Degen Terrassen

Dazu gehören natürlich in erster Linie die alten, fischgrätartig angeordneten Weinterrassen im Steinbacher Nonnenberg.

…und der alten Reben

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Es sind aber nicht nur alte Mauern, die begeistern, sondern es sind auch alte Reben. Im Steinbacher Nonnenberg stehen ebenso wie im Zeller Schlossberg, den ich später noch besuche, ein paar echte weinkulturelle Schätze. Eigentlich kann man sie gar nicht hoch genug loben und ihren Erhalt fordern.

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Seit ein paar Jahren werden auch diese alten, für den modernen Weinbau und den schnellen Abverkauf völlig unlukrativen Parzellen professionell und mit Hingabe bewirtschaftet.

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Der trockene Franke rettet Reben

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Hartmut Scheuring, dessen Wein ich schon bei der allerersten Veranstaltung probiert hatte, die sich mit solchen alten wurzelechten Mischsätzen beschäftigt, pflegt mittlerweile zwei Parzellen im Steinbacher Nonnenberg. In einer davon liege ich hier. Sie wurde vermutlich um 1925 herum angelegt und besteht aus mindestens zehn Rebsorten. Mindestens, weil einige Stöcke noch nicht bestimmt werden konnten. Neben »normalen« Rebsorten wie Silvaner, Weißer Elbling oder Spätburgunder gibt es hier auch solche Sorten wie den Blauen Kölner oder den Blauen Tokajer, die woanders längst aus den Weinbergen verschwunden sind.

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Die wunderbaren Weine stelle ich euch ein andermal vor. Natürlich gibt es nur winzige Mengen davon, und ich bin sehr froh, jeweils eine Flasche ergattert zu haben. Vor allem deshalb, weil die Weine eigentlich jedes Jahr besser geworden sind.

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Abt Degen-Hauptstadt Zeil

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Zeil am Main ist gewissermaßen die Hauptstadt des Abt Degen-Weintals – und einer von zwei Orten mit etwas größeren Rebflächen. Der andere, Sand, befindet sich auf dem südlichen Mainufer. Allerdings liegen Zeil und Sand zwei Kilometer voneinander entfernt, denn die Mainaue besaß wie viele andere Flusstäler verzweigte Seitenarme und stand zur Schneeschmelze in den Mittelgebirgen regelmäßig unter Wasser.

Das wunderliche Zell am Ebersberg

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Der Zeller Schlossberg zieht sich in seinem Hauptteil um eine alte Burg herum, heute eine Ruine. Ein bisschen erinnert es mich von der landschaftlichen Situation her an den Casteller Schlossberg.

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In Zell gibt es gleich drei Weingüter, die Parzellen mit wurzelechten Mischsätzen besitzen. Eines davon agiert ein bisschen, nun ja, versteckt, nämlich Weinbau Mühlfelder. Das zweite weiß hingegen genau, was für einen Schatz es hier hütet. Peter und Tanja Götz besitzen eine Parzelle, in der die ersten Rebstöcke aus dem Jahr 1850 stammen. Später wurde um 1920 vereinzelt nachgepflanzt, aber das war es dann auch. Es gibt hier solche Rebsorten wie Ahorntraube, Vogelfränkisch, Möhrchen und Hartschwarz, von denen ihr noch nichtmal geträumt habt. Richtig, das ist eine eigene Story wert.

Scholtens-Refugium

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Der dritte Betrieb ist das Weingut Nico Scholtens, das auf seiner Website (wenn man nur gut genug sucht) alle Informationen bereithält, die man sich als Weinfreak nur wünschen kann. Hier findet ihr auf einer Google Maps-Unterseite zum Beispiel die Parzelle eingezeichnet, in der ich das Filmchen mit den wurzelechten Reben gedreht habe. Und aus der die Scholtens’ ihren wertvollsten Wein holen, den »Alten Fränkischen Satz Select«.

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Ich hatte den 2018er im Falstaff-Tasting letztes Jahr und musste sagen: So gut war er noch nie. Die heißen Jahre scheinen den wurzelechten Knörzen besonders zu liegen, ganz anders als den jungen Flachwurzlern. Das Weingut Scholtens besitzt nicht weniger als vier solcher wurzelechter Mischsätze, außerdem ein großes Faible für kleine botanische Wunder und eine ausgesprochen individuelle Weingutsgeschichte. Ich sage nur, holländischer Hippie-Jazzer in der Waldkommune. Logisch dass ich mich damit noch einmal näher beschäftigen muss. Wirklich spannend zu sehen, welche interessanten Geschichten und Produkte sich in dieser Gegend verbergen.

Auf Wiedersehen mit Abt Degen

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Das Fazit ist deshalb klar: Ich war nicht zum letzten Mal im Abt Degen-Weintal. Nächstes Mal gibt es dann die passenden Weine, denn auch die Rippsteins in Sand oder die Zeiler und Ziegelangerer Weingüter haben einiges zu bieten. Am östlichsten Rand des Tals holt Kerstin Laufer sogar Weine aus einem der ganz wenigen Weinberge Oberfrankens. Direkt neben einem historischen Bierkeller. In diesem Teil Frankens sind die Grenzen halt fließend…

P.S. Möglicherweise wäre ich nie auf die Idee gekommen, mich mit uralten wurzelechten Reben zu beschäftigen, wenn nicht mein Weinfreund Thomas Riedl so wahnsinnig viel Arbeit und Enthusiasmus in genau dieses Thema gesteckt hätte. Deshalb möchte ich ihm an dieser Stelle einfach für seine Inspiration danken.

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4 Antworten zu Kleine Rundtour durchs Abt Degen-Weintal

  1. can sagt:

    Kurz gesagt: So bitte nicht.

    Bitte hintergründige Information im Zusammenhang ohne Medienbruch. Entweder ich lese, oder ich schaue ein informatives Bewegtbild-/Sprechtext-Format an.

    Diese Vermischung finde ich nur nervig, man fummelt ständig am Lautstärkeregler (zumal die Windgeräusche umprofessionell wirken), schaut dass sich niemand durch den plötzlichen Sound gestört fühlt, ist abgelenkt.

    Vielleicht bin ich zu alt dafür.

    Bitte bleib hier beim Schreiben und mach den Videokram auf einer anderen Plattform.

    • Matze sagt:

      Kurz gesagt: Du bist tatsächlich zu alt dafür 😉 .

      Zugegeben, ich hatte die Clips spontan aufgenommen und kein Mikro dabei. Ich fürchte aber fast, du wirst dich an Medienbrüche gewöhnen müssen, wenn du weiterhin online etwas konsumieren möchtest, was Leute unter 30 produziert haben. Muss man aber natürlich nicht tun, wenn man das nicht möchte.

      Aber keine Angst, ich werde weiterhin beim Schreibwort bleiben 😉 .

  2. alex sagt:

    … wieder ein Interessanter Bericht. Wir haben die Gegend letzten Sommer mit dem Rad /E Bike 😉 durchstreift. Der Zeller Schlossberg , vor allem von oben, hat uns sehr beeindruckt. Respekt vor der Arbeit der Winzer. Skurriler weise hatte ich bei Nico Scholtens vor 3 Jahren ein erstes Probierpaket bestellt . Einfach weil mir seine Einstellung zur Natur und die Herangehensweise im Keller imponiert hat. Es war nicht alles toll, aber ich habe dann gezielt nachbestellt und er hat wirklich etwas “eigenes ” zu bieten. Wir wussten auch gar nicht so recht , wo eigentlich seinen Weingut genau liegt.
    Das haben wir dann zufällig bei einer Tour am Rande des Steigerwalds entdeckt.
    Der Garten war so gut besucht, dass leider keine Zeit für ein Gespräch war.

    • Matze sagt:

      Ja, ich finde auch großartig, was das Weingut Scholtens da vor dem Vergessen gerettet hat. Tatsächlich sind ja etliche dieser »unproduktiven« Weinberge noch in den letzten Jahrzehnten gerodet worden. Und was weg ist, ist in diesem Fall leider für immer weg…

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