Natürlicher Dienstag # 46 – Aphros Loureiro

Aphros Loureiro

Vasco Croft, der Besitzer von Aphros ganz im Norden Portugals, ist ein ausgesprochen smarter Typ. Frisiert wie Roger Moore in seinen besten Zeiten, gekleidet ganz in Schwarz oder ganz in Jeans, dachte ich schon bei unserem ersten Treffen, dass er nicht sein ganzes Leben in einem portugiesischen Dorf verbracht haben könnte. In der Tat interessierte sich Vasco nicht nur bereits sehr früh für die Steiner’sche Philosophie, er ging auch in seinen Zwanzigern nach England, um Kunst und Pädagogik zu studieren. Zurück in Portugal, war er einige Jahre Vorsitzender der Waldorf-Bewegung und arbeitete gleichzeitig als Möbeldesigner. So weit, so gut. Schicke und gebildete Männer sind zwar allein wegen ihrer Seltenheit ein interessantes Untersuchungsobjekt, aber hier soll es ja um Wein gehen. Und auf den kam Vasco im Jahr 2003. Da beschloss er nämlich, ein halbverfallenes Anwesen seiner Familie (Croft, remember) wieder herzurichten, die Quinta do Casal do Paço.

Aphros Loureiro 2018 – Vinho Verde aus dem Norden Portugals

Von den 20 ha, die zur Quinta gehören, stehen mittlerweile sechs unter Reben. Dazu kommen noch vier andere, nach und nach hinzugekaufte oder gepachtete Quintas, so dass insgesamt 20,3 ha an Rebfläche für die Weine von Aphros zur Verfügung stehen. Hauptsorte ist Loureiro mit über 13 ha, aber es gibt auch mit jeweils knapp 2 ha Pflanzungen der alten roten Rebsorten des Minho, Vinhão und Alvarelhão. Alles befindet sich in der Region des Vinho Verde, und die meisten Weine von Aphros werden auch unter der entsprechenden DOP angeboten.

Bevor es aber mit unserem Wein weitergeht, fühle ich mich verpflichtet, an dieser Stelle einen kleinen Einschub zum Thema Differenzierung von Vorurteilen vorzunehmen. Es geht um den Regen im Norden Portugals.

Es gibt (habe ich zumindest den Eindruck) keine Publikation, die im Zusammenhang mit der Herkunftsregion des Vinho Verde nicht über den grünen Minho und den vielen Regen dort spricht. Und in der Tat, schaut man sich die jährlichen Regenmengen an, bin ich in Monção, also mitten im Vinho Verde-Gebiet, bei über 1.200 mm im Jahr. Das ist annähernd doppelt so viel wie in den deutschen Anbaugebieten. Allerdings kommt es ja nicht nur auf die Menge, sondern auch auf die Verteilung an.

Niederschlag und Weinbau

Niederschlag Minho Weinbau

Die Beziehung zwischen Weinbau und Niederschlag ist natürlich ein größeres Thema, deshalb hier nur eine kleine Abbildung zum Vergleich. Ihr seht oben den Niederschlagsverlauf über das Jahr an vier Standorten. Die Achse links bezieht sich auf die monatliche Regenmenge in mm, unten sind von 1-12 die Monate aufgeführt. Die blaue Linie von Monção zeigt dabei einen erstaunlichen Verlauf, der von den drei anderen Standorten Bordeaux, Verona und Stuttgart abweicht. Im Norden Portugals gießt es nämlich primär außerhalb der Vegetationsperiode. Ein typisches mediterran-kühles Winterregengebiet also, Csc nach der Köppen-Klassifikation, wen es interessiert. In Stuttgart hingegen fällt der meiste Regen in den Sommermonaten an der Grenze zwischen den Köppen’schen Zonen Cfb und Dfb.

Soll heißen: Zwischen dem 1. Juni und dem 30. September, also während die Rebe grünt und die Trauben reifen, fallen im grünen Minho insgesamt 167 mm Niederschlag, in Stuttgart aber 299 mm und in Verona gar 308 mm, also fast doppelt so viel. Natürlich ist das nicht in jedem Jahr so, aber im Durchschnitt der letzten 30 Jahre. Erst im Oktober dreht sich das Verhältnis wieder um, so dass die Portugiesen manchmal ein bisschen flexibel sein müssen, um die Ernte trocken einzubringen. Die Trauben für den Aphros Loureiro wurden im Jahrgang 2018 beispielsweise zwischen dem 14. September und dem 9. Oktober geerntet.

Wie schmeckt der Wein?

Trotz des späten Erntezeitpunkts ist der Loureiro nicht breit geraten, und das liegt wiederum nicht nur an der Rebsorte selbst, sondern auch an den klimatischen Verhältnissen. Vom Atlantik weht nämlich ein kühler Wind herbei. Ähnlich wie in Kalifornien ist es auch im Norden Portugals so, dass es umso heißer im Sommer wird, je weiter man sich vom Meer entfernt. Vasco Croft und seine beiden Weinprofis Tiago Sampaio und Miguel Viseu haben die Trauben mit ein bisschen Maischekontakt spontan gären lassen, dann abgepresst und den Wein im Stahltank für zwei Monate auf der Hefe ausgebaut. Da es sich sozusagen um den Gutswein handelt, sind die Mengen im Vergleich zu den anderen Aphros-Produkten recht groß. Genau 53.333 Flaschen davon gab es im Jahrgang 2018. Bei einem pH-Wert von 3,07 hat der Wein 7,2 g Säure und weniger als 1,5 g Restsüße pro Liter. Knackige Werte.

Ins Glas fließt ein hell- bis mittelgelber Saft, der übrigens nicht perlt, weil hier (anders als bei vielen anderen Vinhos Verdes) keine Kohlensäure zugegeben wurde. Die Flasche ist übrigens mit einem Naturkork verschlossen, wir sind schließlich in Portugal. In der Nase ist da nichts Vorspringendes. Zitrusfrüchte gibt es, ein stark mineralisches Gefühl, fast ein bisschen nordisch. Loureiro heißt Lorbeer auf Deutsch, und wer das weiß, sucht und findet selbstverständlich diese Aromen im Wein. Aber ehrlich gesagt erst an zweiter Stelle. Momentan in seinem Jugendstadium, nehme ich nämlich eher verschiedene Zitrusfrüchte wahr, am meisten rosa Grapefruit. Das Ganze beginnt aber bereits ein wenig in Richtung Orange und Mandarine zu driften. Dazu gibt es weiße Grapefruit mit Schale und einen kräuterig-blätterigen Anklang. Richtig trocken ist der Wein, erfrischend, die Säure spürbar.

Wo habe ich ihn gekauft?

Gekauft habe ich den Aphros Loureiro im Internet – wie in dieser Zeit üblich, und zwar bei Vinaturel. Vinaturel hat ein wunderbares Angebot, wie ihr sicher alle wisst, ist aber primär bis ausschließlich ein Großhändler. Für den Hausgebrauch könnt ihr die Aphros-Weine beispielsweise auch für jeweils 13 € bei Himbert und bei Lebendige Weine erstehen. Ich muss aber zugeben, dass ich bei beiden noch nie selbst bestellt habe.

Als ich den Wein beim Boomer-Talk auf Instagram frisch geöffnet hatte, waren mir als Begleitung sofort gegrillte Garnelen eingefallen, weil die Frucht selbst ein bisschen pink-orange-zitrisch wirkte. Beim Nachtesten muss ich allerdings zugeben, dass es ganz allgemein ein schöner Wein ist, um Meeresgetier allerlei Art zu begleiten. Nicht nur Fisch, sondern auch Austern zum Beispiel, wir sind ja noch im Monat Mrai. Oder aber die ganz erstaunlichen Percebes, die ich seinerzeit in Portugal probiert hatte.

Es müssen aber gar keine ausgefallenen Produkte sein, zu denen der Aphros Loureiro eine gute Figur macht. Kohlsuppe beispielsweise ginge ebenso. Auf jeden Fall sieht die Flasche nicht nur schick aus, mir gefällt auch einfach der Ansatz des Weinguts. Eine ziemliche Ausnahme immer noch im Herkunftsgebiet. Vinho Verde in hochwertig und biodyn – wenn darauf die Welt nicht gewartet hat, dann weiß ich auch nicht mehr…

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