Das Vinocamp 2014 aus der Sicht eines Tagebuch-Schreibers

schöner alter WeinDisclaimer: Eine Bloggerin, die ich gut kenne, hatte einst einen Text geschrieben, der so übertrieben und comedyhaft war, dass wirklich niemand auf der Welt hätte denken können, dass sie das alles ernst meint. Sie hatte es aber nicht explizit erklärt. In den ersten Kommentaren ist dann gleich der Shitstorm losgebrochen. Übersetzt in diesen Text bedeutet das, dass alles, was jetzt folgt, nicht nur übertrieben und comedyhaft ist, sondern wirklich, tja, liebevoll gemeint. Das Vinocamp hat mir großen Spaß gemacht, wegen der Inhalte, aber auch wegen der netten Leute, die ich dort kennengelernt habe. Seid mir also bitte nicht böse, wenn es jetzt ein bisschen flapsiger zugeht auf diesem Blog als gewohnt. Ich hatte gestern beim Schreiben einfach keine Lust auf Ernsthaftes.

Liebes Netz-Tagebuch, am Wochenende war ich bei einem Event, das “Vinocamp” hieß. Das hat aber gar nicht draußen stattgefunden, sondern in der Uni. Zur Begrüßung kam dann der Rektor und meinte, vielleicht sollten wir nächstes Mal wieder wirklich zelten wie bei der ersten Ausgabe, das würde ihm gefallen. Da haben die Leute neben mir gekreischt vor Entsetzen. Man muss aber dazu sagen, dass die schon fast 50 waren, da hat man es halt im Rücken oder in den Knien.

Es gab einen Kurs auf dem Camp, wo man gelernt hat, wie man richtig schreibt. Ich bin aber nicht hingegangen, weil ich Hunger hatte und deshalb zu einem Kurs gehen musste, wo es etwas zu essen gab. Wahrscheinlich hätte mir das mit dem Schreiben nicht geschadet. Hätte mein Vater gesagt. Aber mei, was gibt es nicht alles, das einem nicht schadet… “Mei” sage ich sonst nie. Ich habe das hier einfach so eingesetzt, damit es den Tonfall besser transportiert. Wahrscheinlich hätte ich sowas beim Schreibkurs gar nicht gelernt. Gut, dass ich nicht hingegangen bin.

Ich bin dann in einen Kurs mit weißem Bordeauxwein und irgendwie “Picknick-Häppchen” oder so. Die Häppchen waren obergeil, und deshalb habe ich sie auch alle fotografiert. Da ist es gar nicht weiter aufgefallen, dass die Köchinnen und Köche so komische Namen hatten. Elbcuisine, culinary pixel, Küchenjunge. Wie man sich halt heutzutage nennt. Okay, wenn ich Jürgen Honk oder so heißen würde, würde ich meinen Blog auch nicht “Jürgen Honk kocht” nennen. …Oder vielleicht doch. Jedenfalls waren die Weine gut zum Runterspülen.

Essen 1 ElbcuisineEssen 2 culinary pixelEssen 3 KüchenjungeIn einem Kurs stand ein Journalist vorn von einer Art Online-Zeitung, die alle kannten. Der hat gleich im ersten Satz gesagt, dass sie gar keinen Journalismus machen, sondern so etwas wie “product placement”. Nein, stimmt nicht, das war ein anderes englisches Wort, aber ich habe es vergessen. Jedenfalls hat er ordentlich was auf die Mütze bekommen. Aber eigentlich nicht, weil er damit Geld verdient, denn das fanden alle richtig. Nur meinten sie, es sollten lieber solche Firmen wie BMW oder Rolex bei ihm Werbung machen und nicht irgendwelche Weinhändler, dann könnte er wenigstens wieder schreiben, was er wollte. So habe ich das jedenfalls verstanden. In Wirklichkeit waren sie glaube ich eher traurig, weil sie beim Start dieser Online-Zeitung gehofft hatten, dass die jetzt die Weltrevolution anzetteln. Hat wohl nur so halb funktioniert.

Es gab auch einen Kurs mit echten Werbefuzzies. Die waren aber trotzdem nett, und vor allem konnte ich viel bei ihnen lernen. Wenn ich nämlich einen halbtrockenen Regent habe, dann kann ich ihn entweder “Hinkelheimer Winkestein Regent halbtrocken” nennen und ihn maximal für 5 € verkaufen. Ich kann aber auch die Fuzzies anrufen, die den Wein nach einem mehrtägigen Brainstorming “Hinke Winke Fuck Yeah!” nennen. Dafür verlange ich vom Kunden dann 10 € und gebe den Fuzzies die Hälfte ab. Wenn man jetzt denkt, das kommt doch aufs Selbe raus, dann hat man leider nix von Volkswirtschaft verstanden. Ich allein bin nämlich nur der Betrieb, aber ich und die Fuzzies, wir sind das Volk.

Dann endlich Party. Alle Teilnehmer haben ihre Weinflaschen und das, was von den tollen Proben übrig geblieben war, in große Holzkisten gestellt. Ich war noch nie auf einer Party, wo es so viele verschiedene Weine gab. Zum Glück gab es auch jede Menge zu essen dazu. Selbst für Vegetarier hätte es was gegeben. Kartoffeln zum Beispiel.

sehr viel WeinSpäter bei der Party kam einer zu mir und meinte, er liest so gern meinen Blog, weil ich so wenig selbstreferentiell schreibe. Das habe ich zwar nicht verstanden, mich aber trotzdem gefreut. Dann kam Charlie dazu und meinte, er liest so gern meinen Blog, weil ich so wenig Fremdwörter benutze. Da habe ich dann gelacht.

Charlie kennt aber wahrscheinlich sehr viele Fremdwörter. Jedenfalls hat er einen großen Preis gewonnen und dann eine Dankesrede gehalten. Da hat er gesagt, er hätte schon als Kind davon geträumt, einen Preis für sein Lebenswerk zu bekommen. Alle waren gerührt und haben laut applaudiert. Ich habe daraus geschlossen, dass das sein erster Preis war. Also ist sein Doktortitel doch kein h.c.

Christoph hat den anderen Preis gewonnen und sich auch sehr gefreut. Er hatte dafür 48 eng gedruckte Seiten schreiben müssen. Über Champagner. Na, da kann er das Geld sicher gut gebrauchen.

Das Orga-Team war übrigens einsame Spitze, Dirk und Thomas hießen die. Dirk kann so gut reden, den würde ich am liebsten als Fußballreporter hören, wenn Béla Réthy mal in Rente gegangen sein sollte. Nein, Rente gibt’s bei Reportern ja gar nicht. Und Thomas ist so wahnsinnig nett, dass er wahrscheinlich bald im Guinness-Buch der Rekorde stehen wird, weil er als erster Mensch der Welt mehr echte Freunde hat als facebook-Freunde.

Übrigens war das ganze Camp spottbillig für uns Teilnehmer – wegen der Sponsoren. Die müssen wirklich jede Menge Schotter haben. Ich habe deshalb das Titelbild mit den Sponsoren mal abfotografiert. Vielleicht melden die sich ja auch mal bei mir, um irgendwas zu sponsern. Weingläser brauche ich eigentlich keine, ich habe ja schon den Schrank voll und mache blöderweise nie welche kaputt. Aber eine Reise in eine schöne Gegend, das wär schon was.

PräsentationBesonders toll fand ich übrigens, dass ich während der gesamten Veranstaltung nie das Gefühl hatte, die Sponsoren würden wirklich arbeiten. Das ist wohl die wahre Kunst. Richtig geschuftet hat eigentlich nur die Tochter von Dirk, die für die Teilnehmer unentwegt Armbänder aus Fäden geknetet hat oder wie das heißt. Hoffentlich hat sie dafür genug Taschengeld für das ganze Jahr bekommen.

Liebes Tagebuch, du hast sicher auch gemerkt, dass dieses Vinocamp eigentlich und irgendwie ja doch ganz schön viel Spaß gemacht hat. Und deswegen muss ich nächstes Mal auch wieder dabei sein. Das braucht aber natürlich keiner zu wissen. Zum Glück weiß ich ja, dass ich dir vertrauen kann und du mein Geschreibsel nicht heimlich online stellst.

Coda: Wenn Ihr, liebe Stammleser dieses Blogs und (in diesem Jahr noch) Nicht-Vinocamp-Besucher, Euch jetzt fragt, was für ein selbstreferentielles und nabelschauiges Zeug mittlerweile auf diesem Blog zu lesen ist, kommt nächstes Mal einfach auch zum Vinocamp. Und behauptet dann nachher bitteschön, dass es Euch ganz anders ergangen ist als mir.

Zu guter Letzt nach guter Sitte hier noch die Links zu allen Artikeln, die von den Vinocamp-Teilnehmer/innen bislang online gegangen sind:

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7 Antworten zu Das Vinocamp 2014 aus der Sicht eines Tagebuch-Schreibers

  1. kormoranflug sagt:

    Vielleicht fallen Dir ohne Deine Werbefreunde noch bessere griffige Namen ein, 12 Münzen bleiben bei Dir und der Umsatz steigt natürlich in unermessliche Höhen. Vorschlag für WM: Fussballfrauenwein. Hoffentlich bekomme ich jetzt keinen s-storm…..

  2. Pingback: Warmer Wein mit Wilhelm Weil - Vinocamp 2014 | Der Schnutentunker

  3. eline sagt:

    Ja, eine Reise gewinnen, das wäre was für dich, würdest du doch endlich mal deinen geographischen Horizont erweitern können!
    Macht sowas wirklich Spass?

  4. utecht sagt:

    War also so wie immer. Lauter selbstverliebte Saufnasen machen einen auf Community, halten sich für voll hip und wundern sich nach dem Wochenende, dass sie dennoch einen schnöden Kater haben und keine Flasche Wein mehr ver-/gekauft wird als zuvor. Weil is ja alles umme.

    • Matze sagt:

      Deine Ironie ist so subtil, dass ich sie kaum erkenne 😉 . Allen Ernstes, das Vinocamp hat mir Spaß gemacht, und ich bin nächstes Jahr gern wieder dabei. Es gab ein paar interessante soziale Verkostungen, die leider parallel liefen (genau wie manche Sessions), weshalb ich mal zwischen zwei Angeboten wählen musste, die ich beide nicht so prickelnd fand, mal auch drei Sachen gleichzeitig gelaufen sind, die ich alle drei hätte besuchen wollen. Und die kleinen Schnörkel der Szene sind doch nun wirklich die Pfauenfeder auf dem Filzhut 😉

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