Meine seltsame Leidenschaft: Kaffeeschmiere

Wer erinnert sich noch an die Szene bei Monty Python mit der Spanischen Inquisition? Als sie die alte Dame auf dem bequemen Sessel gefesselt hatten. „Confess, woman, confess!“ „Alright, poke her with the soft cushion!“ An diese Szene musste ich denken, auch wenn niemand damit droht, mich mit einem weichen Kissen zu stoßen. Denn ich habe auch etwas zu beichten. Ich liebe industrielle Kaffeeschmiere aus dem Supermarkt. Wann immer ich in Frankreich bin, geht mein Gang hin zum Kühlregal, um festzustellen, ob dieser Supermarkt „gut“ ist. Das kann er nämlich nur dann sein, wenn er dieses Produkt führt. Seit 15 Jahren geht das mittlerweile so.

Was soll das überhaupt sein, „Kaffeeschmiere“? Nun, auf der Packung steht meist „Mousse au Café sur Ganache au Café“, also luftige Kaffeecreme auf festerer Kaffeecreme. Unten in dem sehr leichten Plastiktöpfchen befindet sich eine aus Sahne, weißer Schokolade, flüssigem Kaffee und Weizensirup gerührte Basis. Darüber erhebt sich ein Berg wie aus der Tortenspritze, der aus Sahne, weißer Schokolade, Kaffee, Eiweiß und Weizensirup besteht. Den Weizensirup (statt zusätzlichem Zucker) haben sie wahrscheinlich verwendet, damit die Creme auch den Empfehlungsstempel der Weight Watchers bekommt. Und in der Tat, in dem kleinen Topf sind nur 307 Kalorien zu finden, also weitaus weniger als in einer Tafel Schokolade.

In den letzten beiden Jahren hatte ich in ganz Frankreich immer sehr viel Mühe, dieses Produkt zu erstehen. Niemand hatte mir allerdings meiner Argumentation folgen wollen, dies läge daran, dass die Franzosen die Schmiere so gern essen. Alle meinten, sie sei wegen Erfolglosigkeit aus dem Programm genommen worden. Aber woher! In diesem Jahr kann ich triumphierend den Beweis antreten. Fast alle großen Märkte haben die Kaffeeschmiere wieder im Programm. Stellt Euch einmal an das Regal und beobachtet eine halbe Stunde lang, was dort voller Gier aus selbigem gerissen wird, bis alles ausverkauft ist. Genau, die Kaffeeschmiere! Sie schmeckt leicht, luftig und wie ein Stück Kaffee-Sahnetorte ohne den lästigen Teig. Ich möchte nicht jeden Tag drei Päckchen davon essen, aber jeden dritten Tag mindestens eins.

Übrigens scheint mir der Hersteller für all die verschiedenen Märkte mit all ihren Eigenmarken immer derselbe zu sein: „Le Petit Basque“ aus St-Médard-d’Eyrans in der Nähe von Bordeaux. Natürlich weiß ich, dass eine ausgewogene Ernährung gut ist und auch, dass es bessere Produkte gibt, die aus einer echten Pâtisserie stammen und nicht aus der Schokoladenfabrik. Ich finde die Kaffeeschmiere allerdings köstlich, und das ist letztlich der einzig entscheidende Grund. Übrigens habe ich das Gefühl, in dieser Hinsicht geschmackstechnisch ziemlich allein auf weiter Flur zu stehen. Dass die Franzosen mit mir sind, tröstet mich ein wenig, aber ich kenne niemanden in meiner näheren Umgebung, der gern Kaffeeeis, Kaffeejoghurt oder eben Kaffeeschmiere isst. Ihr etwa?

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9 Antworten zu Meine seltsame Leidenschaft: Kaffeeschmiere

  1. Christoph sagt:

    Nee, ich muss gestehen, dass ich dann lieber Waldmeister-Wackelpudding mit Vanille-Sauce esse. (Das musste auch mal raus) #Outing

  2. Christoph sagt:

    Na ja, so Outings kommen immer ganz plötzlich denn: Nobody expects The Spanish Inquisition!

  3. Eline sagt:

    Ich mag Kaffeeeis und Kaffeejoghurt sehr gerne. Homemade in den meisten Fällen. Für Kaffeejoghurt habe ich sogar löslichen Nescafe zuhause. In Notsituationen auf Reisen nehme ich auch gekauftes Kaffejoghurt oder -eis. . Kaffeeschmiere würde ich nicht unbedingt verzweifelt suchen 😉

  4. utecht sagt:

    Auch hier ein großer Fan von Mokka-Eis, beispielsweise.

  5. thvins sagt:

    …noch ein Kaffee / Mocca Eisfan…

    Dass ich über die Kaffeeschmiere noch nicht “gestolpert” bin, liegt wohl eher daran, dass ich in allen französischen Supermärkten an den Regalen mit den industriellen Desserts immer achtlos vorbeigehe – lediglich an der Joghurtabteilung stoppe ich manchmal, weil ich der Meinung bin dass fast nichts über die Yoplait -Joghurts mit den vielen Fruchtstücken vorbei geht, außer selbstgemacht mit noch mehr Fruchtstückchen vielleicht…

  6. chezmatze sagt:

    Da bin ich ja froh, nicht der einzige Sonderling hier zu sein 😉 Oder mögen sogar die meisten Menschen Kaffee-Nachspeisen und sagen es nur nicht? Waldmeister-Wabbel esse ich dagegen wirklich selten. Was ich aber schon öfter getan habe und auch qualitativ viel hochwertiger ist als die Kaffeeschmiere: Gutes Vanilleeis gekauft (das ist wesentlich eher erhältlich als gutes Kaffeeeis), einen schön starken Espresso aufgebrüht, erkalten lassen und auf das Eis gegeben, dazu heiße Himbeeren. Eine für meinen Gaumen göttliche Komposition!

  7. Pingback: Auchan & Co.: Alle Supermärkte in Frankreich | Chez Matze

  8. katha sagt:

    kaffeeeis habe ich geliebt, bevor ich überhaupt kaffee getrunken habe, allerdings das selbst gemachte meiner tante auf dem bergbauernhof mit der dort frisch gemolkenen milch, kaffeejoghurt kann ich nicht ausstehen. und würdest du die kaffeeschmiere nicht mit diesem fürchterlichen wort “schmiere” in mein gedächtnis eingebrannt haben, sondern kaffeecreme oder kaffeemousse, dann würde ich sie ganz bestimmt mögen.

    • chezmatze sagt:

      Oh, Verzeihung für die schreckliche Assoziation. “Mousse” ist sicher nicht nur technisch der bessere Begriff dafür. Und lustigerweise ging es mir in meiner frühen Jugendzeit genauso. Obwohl ich schon Kaffeeeis liebte, habe ich immer noch Kakao getrunken, weil ich mit dem ausschließlichen bitteren Kaffeegetränk (für meinen Kindergeschmack) nichts anfangen konnte.

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