Altes Familienrezept: Kartoffelpuffer baltische Art

Wenn es in meiner Kindheit Kartoffelpuffer gab, habe ich immer gejubelt. Kartoffelpuffer waren mein Lieblingsessen. Leider gab es sie nicht allzu oft, denn die Begleiterscheinungen insbesondere für die Braterin waren eher unangenehm: Zunächst einmal brauchte man große Kartoffeln, damit das Reiben nicht so mühselig wurde. Und auf unserem Acker fühlten sich vornehmlich die kleinen, nussigen Kartoffeln wohl. Dann gab es immer einen ungeheuren Rauch und Fettgestank in der Küche, der Tage brauchte, um wieder zu verschwinden. Und zuletzt schmecken Kartoffelpuffer am besten heiß und knusprig direkt aus der Pfanne. Wer brät, bekommt davon nur noch die letzte Fuhre ab.

Mein Pufferhunger war also beachtlich, wenn ich abgekämpft aus der Schule kam und den charakteristischen Rauch aus der Küchentür quellen sah. Als Rekord ist die beachtliche Anzahl von 17 Stück überliefert, die ich einmal verspeist haben soll. Natürlich völlig daneben, denn spätestens nach dem achten Puffer neigt sich der Appetit dem Ende entgegen. Interessanterweise waren Kartoffelpuffer auch das Lieblingsessen meiner Mutter als Kind. Meiner Großmutter erging es ebenso. Bei meinem Vater hat sich die Vorliebe schon viele Jahrzehnte gehalten. Und immer war es dasselbe Rezept, das uns so in Verzückung versetzte. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass es sich um ein wahrhaft „altes Familienrezept“ handelt. Zum ersten Mal in unserer Familientradition geben wir es hiermit preis (ein Tusch bitte). Es muss noch aus der Zeit stammen, als unsere Vorfahren im Baltikum ansässig waren. Keine adligen Gutsbesitzer übrigens, weshalb es sich auch nicht um eine Palastküche, sondern um schlichte Hausmannskost handelt. Et voilà, hier ist das Rezept für drei sehr gefräßige oder vier normale Personen:

  • drei Pfund Kartoffeln
  • 150 ml Sauerrahm
  • 2 Eier
  • 2 Esslöffel Grieß
  • eine kleine Zwiebel
  • Salz, Pfeffer
  • Schmalz zum Ausbraten (Originalrezept), in der allergrößten Not Pflanzenöl

Die Kartoffeln und die Zwiebel werden geschält und entweder mit der Handreibe klein geraspelt oder in einem Reibewolf klein gedreht. Ich weiß nicht genau, wie sich dieses Werkzeug nennt, Ihr sehr es auf dem Bild. Auf keinen Fall dürfen die Raspeln zu fein sein, das zehrt später ungeheuer an der Knackigkeit. Grieß, Sauerrahm, Eier, Salz und Pfeffer dazu, alles miteinander vermengen und schon einmal den Herd anheizen. Wie lange man das auf welcher Stufe macht, ist wie so vieles in der Familienküche Erfahrungssache. Wenn es beim ersten Mal nicht perfekt funktioniert, dann habt Ihr halt etwas dazu gelernt und noch mindestens 20mal die Gelegenheit, es besser zu machen. Die Kartoffelpuffer sollten nämlich nicht zu groß, aber auch nicht zu mickrig sein, also zwei bis drei pro Pfannendurchgang.

Ich persönlich bestreue die fertigen Kartoffelpuffer ganz leicht mit grobem Zucker und trinke absolut nichts dazu. Ich weiß, dass es auch die Apfelmus-Fraktion gibt, aber das macht für mich nur Sinn, wenn die Kartoffeln nicht wirklich gut sind und die Puffer ohnehin schon anfangen zu wabbeln. Ein richtig knuspriges Exemplar schmeckt nämlich am besten ohne Mantsch oben drauf. Und der Sauerrahm ist ja bereits im Teig enthalten. So, guten Appetit, und wenn Ihr aufgegessen habt, könnt Ihr Euch langsam damit beschäftigen, wie Ihr den Fett- und Rauchgestank wieder aus Euren Klamotten bekommt.

Dieser Beitrag wurde unter Alltag, Food abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.