2023 – Meine Weine des Jahres

Weine des Jahres 2023

Ja, ich gebe es zu. Das vergangene Weinjahr Revue passieren zu lassen, um die persönlichen Favoriten herauszusuchen, gehört für mich zu den angenehmsten Aufgaben überhaupt. Ich schaue Fotos an, lese Notizen und erinnere mich dabei an diese oder jene schöne Begebenheit. Sowas ist doch wirklich fein. Das Spektrum kann dabei von hundsteuren Legenden bis zu komplett unbekannten Entdeckungen reichen. Schaut euch also an, welche Weine mich im Jahr 2023 besonders beeindruckt haben.

Best of 2023 – die Highlight-Weine

Best of 2023 Weine

Hier geht es um Weine, die 20 Punktbesten in meiner privaten Excel-Liste gehören. Ja, ich mache sowas tatsächlich (quasi als Fazit einer Beschreibung), auch wenn die Punkte selbst nie auf dem Blog erscheinen. Wenn ich aus dieser Auswahl den »leistungsstärksten« Wein küren wollte, wäre das vermutlich der 1982er Gaja. Aber ich habe euch unter all den Altweinen auch zwei Überraschungen herausgesucht… Noch was: Wenn ich einen Shop gefunden habe, der den Wein führt, habe ich hier den erstbesten verlinkt. Zur Orientierung.

Torres – Mas de la Rosa 2019 (Priorat/Spanien)

Katalonien im neuen Stil. Mindestens 80 Jahre alte Reben, 60% Carinyena, 40% Garnatxa, möglichst wenig Extraktion, ganz auf Finesse und Terroirausdruck ausgerichtet. Entsprechend schiefrig, rauchig, aber viel Frische, tragende Frucht, das ist so mein Rotwein-Lieblingsstil derzeit. 349 €

Vouni Panayia – Woman in the Wine Press 2020 (Zypern)

ALLES davon war mir bislang völlig unbekannt. Zwei Brüder pflegen auf 1.000 Metern Höhe autochthone Rebsorten. Hier: 100% Morokanella, spontanvergoren, erst Stahl, dann Holz. Leichte Phenolik, aber auch hier viel Frische, Nachhaltigkeit, köstlicher Weißer. 37 € – auf Zypern, habe hier noch keinen Shop gefunden.

López de Heredia – Viña Tondonia Gran Reserva blanco 1996 (Rioja/Spanien)

Könnte auch bei den Legenden erscheinen, aber er ist hier, weil er mich blind total beeindruckt hat. 90% Viura, 12,5 vol%, ewiger Ausbau. Leicht Holz, etwas malzig, gute Säure, fast sehnig und dennoch unheimlich persistent.

Gaja – Barbaresco Sorì Tildin 1982 (Piemont/Italien)

Als ich im September im Weinberg war, hatte ich die Magie nicht gespürt. Aber dieser Wein hat sie. Gar nichts Modernes besitzt er, vielmehr viel Klassik. Leder, Tannin, heller Typus, viel Würze, ideal reif und immer noch mit brillianter Frucht.

Weinlegenden, in diesem Jahr getrunken

Weinlegenden

Weinlegenden, einen derart blumigen Begriff kann man ja sehr unterschiedlich auslegen. Ich habe hier einfach vier Weine ausgewählt, die entweder ziemlich alt, ziemlich teuer oder ziemlich berühmt sind. Logischerweise gab es unter den ziemlich alten, teuren und berühmten Weinen auch manche Enttäuschung. Sowas bleibt nie aus. Matter Brunello, korkiger Grand Cru – aber davon soll hier ja keine Rede sein.

Kloster Eberbach – Steinberger Riesling TBA 1953 (Rheingau/Deutschland)

Ich verstehe, weshalb die (klassische) Weinwelt Deutschland wegen solcher Weine bewundert. Wirkt immer noch jung, hält ewig, Frucht, Süße natürlich, Intensität, aber auch eine erstaunliche Leichtigkeit dahinter.

Château Pichon Longueville Comtesse de Lalande – Pauillac 1989 (Bordeaux/Frankreich)

Erst deutlicher Stinker in der Nase, dann sehr fluide, sehr engmaschig, wie eine kleine dichte Kugel. Mein heutiger Weingeschmack wünscht sich mehr Frische, aber natürlich ein exzellenter Speisenwein. Für einen Montag. 299 €

Egon Müller – Scharzhofberger Riesling Kabinett Alte Reben 2015 (Saar/Deutschland)

2015 gab es glaube ich sogar drei Kabinette aus dem Scharzhofberg (»normal«, Alte Reben, Versteigerung), dieses ist der mittlere. Große Frische und Brillianz, der warme Jahrgang kommt aber mit gelblichen Reifenoten durch. Nicht wirklich »besser« als andere Top-Kabis, aber die Imagination trinkt ja mit.

Romano Dal Forno – Amarone della Valpolicella 2006 (Venetien/Italien)

»Die Deutschen verstehen keinen Amarone«, beklagt sich ganz Italien und meint damit interessanterweise nicht diejenigen, die halbtrockenem Primitivo zusprechen. Eine Frage des Preises vermutlich. Aber tatsächlich: ungemein dicht, würzig, gemahnt an die Antike, ein großer Wein, ich verstehe ihn nicht.

Best of Natural Wines

Best of Natural Wines

Nicht nur am Natürlichen Dienstag (wird wieder mal Zeit für eine neue Folge, bislang gibt es 140 davon…) trinke ich gern Wein, der ein bisschen wilder ist, der weniger an das wohltemperierte Klavier erinnert. Hier habe ich vier Exemplare ausgewählt, die ich 2023 probieren konnte.

Possa – Cinque Terre 2021 (Ligurien/Italien)

Diesen Wein verstehe ich hingegen. Er erzählt von Sommerhitze, von Kräutern, vom salzigen Meer, von Olivenbäumen. Ein paar Tage Maischestandzeit haben den Wein aus 80% Bosco nicht gerbig, aber mandelig-oxidativ werden lassen. Kein SO2 zugesetzt, komplett sauber. 27,90 €

Seckinger – Chardonnay Pure R  2020 (Pfalz/Deutschland)

Ich hatte einen kleinen Wein erwartet, vielleicht schlank ausgelegt, aber doch auch für Einsteiger geeignet. Tatsächlich ist es ein echter Natural, leicht trüb, rauchig, pikante Salzzitrone, straight, wunderbar. 14,50 €

2Naturkinder – Weinschwärmer 2021 (Franken/Deutschland)

Maischevergorener Grauburgunder und direkt gepresster Riesling. Lange auf der Vollhefe im kleinen Holzfass ausgebaut, unfiltriert, kein Schwefelzusatz. Und wow, mariage parfait, saftig, orangenfrisch und nachhaltig. 27,50 €

Domaine Labet – Côtes du Jura Chardonnay En Billat 2014 (Jura/Frankreich)

Manchmal vergesse ich, dass diese teuren Kultdinger aus dem Jura ja eigentlich strikte Naturals sind. 13 mg gemessener Gesamtschwefel, pH 3,17, ausgebaut im Barrique. Rauchige Nase, dann verblüffend klar und trinkig, wie ein zitrischer Burgunder mit oxidativen Anklängen.

Weintipps Deutschland 2023

Weine Tipps Deutschland 2023

Dreimal Franken, einmal Baden – das ist natürlich ein schlimmer Bias, verzeiht mir.

Patek – Silvaner 2021 (Franken/Deutschland)

Thomas Patek macht nur sehr wenige Weine, die sich auch als Naturals qualifizieren könnten. Ganztraubenpressung, im Holz ausgebaut und blind für mich total burgundisch, dicht, gleitend, vielleicht gar ein leichter Bâtonnage-Einfluss. Urfränkisch und weitschweifend. 18,90 €

Olinger – Iphöfer Kronsberg Sylvaner 2021 (Franken/Deutschland)

Nico Olinger macht für mich vielleicht die keuperischsten Weine überhaupt. Vielleicht weil er so wenige beeinflussende Eingriffe vornimmt. Ausbau im Stahltank, spontan vergoren, ganz dichte Kräutermaterie, fächert sich immer weiter auf, der Kronsberg spricht zu mir. 15,95 €

Höfflin – Auxerrois Löss 2022 (Baden/Deutschland)

Für 13 € gibt es hier den idealen Speisenwein für Leute wie mich. Draußen bio, spontan vergoren, Stahltank, 8 Monate auf der Hefe, unfiltriert. Erst etwas speckige Birne, der Jahrgang scheint durch, dann salzig, pikanter, immer feiner. 13 €

Ottenbreit – Silvaner Hucklkätz 2022 (Franken/Deutschland)

Den Ottenbreit-Müller hatten wir beim Falstaff blind zum besten Exemplar Deutschlands gewählt. Und zwar alle drei Tester unabhängig voneinander. Christian kann wahnsinnig gut mit Holz umgehen, und der Silvaner hat einfach wegen der Rebsorte noch mehr Tiefe. 16 €

Entdeckungen International 2023

Weine Entdeckungen International 2023

Barbadillo – Patinegro 2020 (Andalusien/Spanien)

Mit die spannendsten Weißen überhaupt (meist auch zu guten Preisen) schenkt uns derzeit der weiße Albariza-Boden Andalusiens. 100% Barbadillo, acht Monate in gebrauchten Manzanilla-Fässern ausgebaut. Säure vom hellen Kalk, Anflug von Florhefe. 16,50 €

Voskevaz – Vanakan (Armenien)

Eine Cuvée aus Haghtanak, Milagh und Areni – there you are. Blaurot im Eindruck, sehr feinkörniges Tannin, mittelgewichtig, samtig, etwas Pfefferwürze. Und der Beweis, dass vom Kaukasus auch Rote kommen können, die nicht stark und gerbig sind. 35 € (gerade ausverkauft)

Paşaeli – 6N 2021 (Türkei)

Eine meiner sympatischsten Entdeckungen 2023. Seyit Karagözoğlu baut im Westen der Türkei superseltene autochthone Rebsorten an und verdient alle Unterstützung der Welt. 94% Karasakız erschaffen einen hellroten, enorm feinen Wein, ungeheuer charming. 13,90 € (hier der 2019er)

Adega do Vulcão – Ameixâmbar 2021 (Azoren/Portugal)

Es dürfte wenige Weinorte der Welt geben mit mehr Meeresgischt auf den Trauben als die Azoren. Ob der Ameixâmbar deshalb so ungeheuer jodig und balsamisch schmeckt? 100% Arinto dos Açores, ein bisschen wie salty Ramen. 33,20 €

Fazit – Wo geht die Reise 2024 hin?

Aus Konsumentensicht betrachtet, gab es wahrscheinlich noch nie so gute Möglichkeiten, an interessante Weine jedwelcher Couleur zu kommen. Dasselbe hätte ich vor einigen Jahren auch schon behauptet, aber es ist eben eine Tendenz, die sich fortsetzt. Winzerinnen und Winzer sind hierzulande immer besser, vor allem aber mit mehr Überblick ausgebildet, und dieser Hang zu bewussten Entscheidungen (und mehr Risiko) zeigt sich eben auch in den Weinen.

Dank der Vielzahl oftmals spezialisierter Online-Shops kommt man heutzutage auch ziemlich problemlos an Weine aus nischigen Regionen und seltenen autochthonen Rebsorten. Nein, das müssen nicht immer großartige Funde sein. Aber nicht selten sind sie es, zumal die bessere Ausbildung und der risikobewusstere Weitblick ja auch für andere Länder gilt.

Neue Weine haben hingegen 2023 eine erhebliche Preissteigerung erfahren, und nicht jede*r von uns konnte auf dem Gehaltszettel (so vorhanden) eine ähnliche Progression vorfinden. Für mich stellt sich die Frage, ob diese Tendenz ältere Weine aus wenig angesagten Klassikerregionen wieder attraktiver werden lässt. Als ich im Burgund war, bot ein dortiger Händler beispielsweise 30 Jahre alte Sauternes in Halbflaschen für weniger als 20 € an. Und das waren alles Top-Weingüter. Andererseits: Wer will schon kistenweise Süßwein oder ollen Cru Bourgeois trinken? Ich sicherlich nicht, egal wie schön die Weine sein mögen.

Und so werde ich vermutlich auch 2024 wieder meine drei Wein-Schwerpunkte beibehalten. 1. Support your local winegrowers, sprich Silvaner aus Franken. 2. Stöbern in wilden Gefilden, also trübes (aber sauberes) Zeug im Sinne eines latent alternativen Lifestyles. 3. Neuentdeckungen, die wirklich welche sind. Quereingestiegene Winzer, seltene Rebsorten, Wein, die eine Geschichte erzählen können. Und ich habe das Gefühl, 2024 könnte in dieser Hinsicht ein gutes Jahr werden…

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4 Antworten zu 2023 – Meine Weine des Jahres

  1. Andreas Bauer sagt:

    Alles Gute für 2024!
    Ich freue mich über jeden Ihrer Beiträge. Letztes Jahr hat mir der Bericht über die Summa 2022 einen wunderbaren Summa-Besuch verschafft. Auch dafür lieben Dank.
    Vinophile Grüße aus Würzburg
    Andreas Bauer

    • Matze sagt:

      Vielen Dank für das nette Kompliment und beste Wünsche zurück! Ja, die Lageders haben schon die Einladungen für die 2024er Summa verschickt – eine wirklich wunderbare Weinmesse. Ob ich dieses Jahr hinfahre, weiß ich allerdings noch nicht. Im Frühjahr gibt es ja immer mannigfache Möglichkeiten der Terminkollision… 😉

  2. EC sagt:

    …sehr schönes Line-up! Einen davon hatte hatte ich auch auf meiner 23er Liste! 😀
    Einen weiteren noch auf der 22er…

    Nach zwei oder drei Sachen werde ich mich wohl mal umschauen!

    Alle Gute im 24er Jahr!

    • Matze sagt:

      Merci, ebenfalls ein gutes neues Jahr! Ja, die Liste ist ziemlich bunt geworden, aber das ist ja auch das Schöne am Wein… 😉

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