Deutscher Schaumwein vs. Champagner – geht das gut?

Schaumwein vs Champagner Kopp

[In Kooperation mit dem Weingut Kopp] möchte ich euch diesen superspannenden Test präsentieren. Dass deutscher Schaumwein im letzten Jahrzehnt eine unglaublich rasante Entwicklung durchgemacht hat, hatte ich ja schon angedeutet. Ihr könnt es aber eigentlich überall lesen, wo man sich zu diesem Thema äußert. Die Frage ist nun: Wie weit sind wir noch vom Champagner entfernt? Also vor allem stilistisch. Johannes Kopp ist jemand, den das genauso interessiert wir mich. Vielleicht kennt ihr das badische Biodyn-Weingut bereits von seinen großartigen Rot- wie Weißweinen. Johannes hat allerdings auch einen Sekt am Start, seinen allerersten, aus Weißburgunder. Wie sich so etwas im Blindtest gegen einen richtig guten Champagner schlägt, davon erfahrt ihr hier.

Schaumwein-Blindtest bei der GROSSEN SEKT-GALA

Sekt-Gala

Selbstverständlich bedeutet ein Blind-Quertest immer zwangsläufig, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Und selbstverständlich sind selbst innerhalb einer so groben Kategorie wie Champagner derartige Äpfel und Birnen vereint. Deshalb geht es hier (ihr kennt das ja von mir) nicht um eine Punktehatz, um besser oder schlechter. Sondern es geht primär darum zu erraten, welcher der vier der Champagner ist – anhand der erlernten Vorstellung davon. Dann können wir uns ja immer noch über die Performance der einzelnen Protagonisten unterhalten.

Um das Feld nicht allzu weit werden zu lassen, habe ich mir sowohl beim deutschen Schaumwein als auch beim Champagner die Blanc de Blancs-Kategorie ausgesucht. Tatsächlich ist bei einem davon zu einem Viertel Pinot Noir drin. Ansonsten haben wir aber ausschließlich weiße Rebsorten, von Chardonnay über Weißburgunder bis Auxerrois. Richtig trocken sollten meine Kandidaten ebenfalls sein, also Brut Nature bis maximal Extra-Brut. Dass alle vier exakt 12,5 vol% besitzen, ist natürlich Zufall.

Los kann’s also gehen, der erste Schaumwein wartet.

Schaumwein #1 – Bergdolt St. Lamprecht Blanc de Blanc

Bergdolt Schaumwein Blan de Blanc

Das Pfälzer Weingut Bergdolt St. Lamprecht bildet in seinem Portfolio das gesamte Spektrum seiner Region ab. Es gibt Weißburgunder und Riesling, es gibt Chardonnay, Silvaner, Gewürztraminer und Sauvignon Blanc, natürlich auch Spätburgunder, Merlot, Cabernet Sauvignon und St. Laurent – alles bio-zertifiziert. Der Schaumwein spielt hier allerdings keine Nebenrolle mehr. Im Jahr 1986 begonnen, ist die Schaumwein-Erzeugung heute ein wichtiges Standbein bei Carolin Bergdolt.

Ihr Blanc de Blanc Brut Nature besteht zu 100% aus Chardonnay und stammt aus dem Jahrgang 2017. Nach 48 Monaten Ausbau (degorgiert im Mai 2022) haben wir hier auf dem Papier knackige Werte von 8,4 g Säure bei 0,9 g Restzucker je Liter vorliegen. 40 € ab Hof, wenn ich mich nicht täusche.

Schaumwein #2 – Kopp Blanc de Blancs

Kopp Blanc de Blancs extra-brut

Das Weingut Kopp hat in den letzten Jahren unglaublich große Projekte auf die Beine gestellt, Zertifizierung, Rekultivierung, Restaurant, Wahnsinn eigentlich. Und das Coronazeit, was alles noch ein Stück bemerkenswerter macht. Letztes Jahr hatte ich bereits von ihren großartigen Rotweinen berichtet. Einem schlanken und feinen Exemplar zum Beispiel, das aus der komplett von Wald umgebenen Lage Feigenwäldchen stammt. Mittlerweile gibt es auch die ersten Weine aus der rekultivierten Steilst-Parzelle Felsenstück. Bei der diesjährigen ProWein hatte ich zum ersten Mal den Chardonnay von dort probiert, und was soll ich sagen… Ein straff-mineralisch-Chablis-Freak-mäßiger Wein mit einem unglaublichen Potenzial.

Aber jetzt zu ihrem Schaumwein. Der Blanc de Blancs Extra-Brut stammt von Weißburgundertrauben und aus dem an sich heißen Jahrgang 2018. Bedeutet: Den richtigen Lesezeitpunkt zu finden, war eine ganz schöne Herausforderung. Nach 30 Monaten auf der Hefe steht er nun bereit für die Festtagssaison. Wie ich gerade gesehen habe, gibt es ihn in diesem Monat für… 16 € im Online-Shop. Das ist doch eine Ansage, oder?!

Der Champagner – Doquet Blanc de Blancs Arpège

Pascal Doquet Champagne Arpège

Pascal Doquet hatte ich das erste Mal auf der Winzermesse »Terres et Vins de Champagne« gesehen. Im Jahr 2012, also schon ein volles Jahrzehnt her. Seitdem hat sich viel getan. Pascal ist zwar immer noch Präsident der Bio-Champagner-Vereinigung A.C.B., jene aber mittlerweile auf 170 Mitglieder angewachsen. Erst hatte ich überlegt, für diesen Quertest einen bekannten Marken-Champagner zu nehmen. Nachdem ich Pascal letzte Woche allerdings auf der RAW WINE Berlin getroffen hatte, war für mich klar, dass ich lieber für einen Winzerchampagner votiere.

Der Arpège Brut Nature stammt von drei Premier Cru-Lagen, nämlich Vertus, Villeneuve und Mont Aimé. Bestockt ausschließlich mit Chardonnay, kommen in die Cuvée deshalb unterschiedliche Terroireinflüsse. 50% stammen aus dem Jahrgang 2016, 50% kommen von einer réserve perpetuelle, die im Jahr 2012 begonnen wurde. Zwecks Zweitgärung in die Flasche gefüllt im April 2017, wurde der Schampus exakt am 19. Juli 2022 degorgiert. 42 € ab Hof.

Schaumwein #4 – Schloss Sommerhausen La Grande Cuvée

Schloss Sommerhausen La Grande Cuvée

Kann Franken auch mitspielen bei den großen Schaumweinen? Warum nicht? Schließlich ist die Herstellung von traditionellem Schaumwein in erster Linie eine handwerklich-künstlerische Angelegenheit, und es kommt weniger als bei Stillweinen auf den Fruchtausdruck an. Schloss Sommerhausen im gleichnamigen Ort an der südlichen Mainschleife ist ein Weingut, das sich seit langem auf Schaumwein spezialisiert hat. Zwar gibt es auch GGs von Riesling und Silvaner, aber das eigentliche Steckenpferd des Teams um Martin Steinmann sind die traditionellen Sprudler.

»La Grande Cuvée« – wer seinem Spitzen-Sekt einen französischen Namen gibt, winkt schon ganz heftig in Richtung Champagne. Neben den dort üblichen Pinot Noir und Chardonnay hat die große Fränkin jedoch noch zwei andere Rebsorten der Burgunderfamilie am Start, nämlich Weißburgunder und Auxerrois. 48 Monate Flaschengärung, degorgiert im Oktober 2022, Brut Nature, 49 € ab Hof.

Der Blindtest

Schaumwein

So sah ich die vier Protagonisten vor mir. Ziemlich blind, aber nicht ganz, immerhin durfte ich mir die Farbe der Weine anschauen. Derjenige rechts außen hatte die kräftigste Farbe und auch die deutlich kräftigsten Brioche-Noten. Ein Über-Champagner sozusagen, der genau deshalb irgendwie skeptisch macht, zudem mit einer ungewöhnlichen Rauchnote zu Anfang. Der Kandidat links auf dem Foto hingegen brachte eine ungemein straffe Säure mit, die fast ein wenig an englischen Spitzen-Schaumwein denken lässt. Oder an die Champagne? Der zweite von links betörte in der Nase mit Haselnuss und einer feinen Floralität, ein subtileres Gewächs. Könnte das deshalb nicht auch…? Und schließlich kam noch der zweite von rechts mit völlig anderen Noten vorbei: (Malo-) Laktisch erst in der Nase, ein bisschen Quitte, ein bisschen Aprikose, dafür hinten sehr lang. Hm.

Mittesterin J. war begeistert bei der Sache, entschied sich aber nach jedem Schluck für einen anderen, der der Champagner sein sollte. Zunächst fand sie in der Nase die beiden Linken passend, dann ging es doch eher in Richtung des Kandidaten zur Rechten. Ich fand es faszinierend, wie unterschiedlich sich die Weine präsentierten, aber auch, auf welch hohem Niveau das hier stattfand. Da waren wir uns einig. Diese vier Schaumweine kann man alle hervorragend trinken, jeder einzelne macht Spaß. Typische Hefenoten und ein schönes Mousseux hatten sie alle. Einfach wegen der Straffheit entschied ich mich für den Kandidaten ganz links.

So. Alles falsch. Der ganz linke Schaumwein war der Bergdolt, daneben der Kopp, dann der echte Champagner, dann der Sommerhäuser. Also genau wie oben auf dem Titelfoto mit den Etiketten.

Mein Fazit

Eigentlich war ich ja mit der Frage angetreten festzustellen, ob deutscher Schaumwein stilistisch mit Champagner vergleichbar ist. Tatsächlich dürften individuelle Entscheidungen aber deutlich wichtiger bei der Frage nach der Stilistik sein als unbedingt die Herkunft.

Nun ist es so, dass geschätzt 90% der Champagner eine malolaktische Gärung durchmachen, so dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, auf laktisch-buttrige Töne und eine mildere Säureanmutung zu stoßen. Aber natürlich kann man den biologischen Säureabbau in Deutschland ebenso durchführen, wie man ihn in der Champagne vermeiden kann. Oder eben nur in bestimmten Gebinden eine Malo machen und dann verschneiden. Ein ganz sicheres Unterscheidungsmerkmal ist das also nicht, selbst wenn es hier zum richtigen Ergebnis geführt hätte.

Die drei deutschen Schaumweine, das habe ich mit großem Wohlwollen zur Kenntnis genommen, haben in diesem Blindtest wirklich bella figura gemacht. Der Bergdolt hatte die höchste Säurepikanz, den straffsten Zug, das ist gerade für Sommelier-Freaks sehr spannend. Der Schloss Sommerhausen überzeugte mit seiner großen Ausgewogenheit und Präsenz, etwas flächiger angelegt und von den Attributen her sehr champanös. Der Kopp schließlich war der vielseitigste Speisenbegleiter, fein und floral, aber nicht so stark fordernd und selbstbezogen. Für ein Drittel des Preises der anderen Weine ist das eine unglaublich gute Leistung.

Damit bleibt mir als echtes Fazit nur übrig zu sagen: Probiert guten deutschen Winzer-Schaumwein aus! Gern aus entsprechend schonendem Anbau der Trauben, da gewinnt man doppelt.

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2 Antworten zu Deutscher Schaumwein vs. Champagner – geht das gut?

  1. ralph sagt:

    Hallo Matthias,

    den Sekt von Kopp habe ich mir Dank Deines Posts beim Weingut gekauft.

    Das war ein wirklich sehr passender Speisenbegleiter über die Feiertage!

    Vielen Dank für den Tipp!

    Grüße und alles Gute für 2023

    Ralph

    • Matze sagt:

      Ja, ich fand den auch sehr schön unaufdringlich und trotzdem gut gemacht, also ideal als Begleitung. Viele Grüße zurück und ebenfalls ein wunderbares Jahr 2023!

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