Oh du mein Mettenheim! So könnte man das Titelbild dieses Beitrags in Anlehnung an das Erbstück von meinem Urgroßonkel Willi nennen. Tatsächlich sind wir aber nicht im Harz und bei klingenden Mandolinen, sondern in Rheinhessen, etwa zehn Kilometer nördlich von Worms. Und wir sind bei Stefan Sander, dem Mann auf dem Foto. Ich hatte ja schon bei meinem Jahresrückblick angekündigt, in diesem Jahr öfter vom Weingut Sander berichten zu wollen. Aber wie ist es dazu gekommen, und was erwartet euch im Jahresverlauf?
Warum das Weingut Sander?
Natürlich kenne ich das Weingut Sander schon lange. Natürlich deshalb, weil ich deren Weine mit dem Marienkäfer auf dem Etikett schon gekauft habe, bevor ich mich beruflich mit Wein zu beschäftigen begann. Dann bin ich mit Stefan in Kontakt gekommen, als ich die Weine aus der wiederentdeckten Rebsorte Grünfränkisch vorstellen wollte. Aber dass wir jetzt hier zusammen im Zoom-Meeting sitzen und geschlagene zwei Stunden plaudern, das liegt an einem gemeinsamen Bekannten.
Manuel Pick ist ein alter Hase im Managementbereich von Bio-Unternehmen. Ich hatte ihn beim BiolebensmittelCamp kennengelernt und fand ihn gleich sympathisch. Möglicherweise hat dazu auch beigetragen, dass er bereitwillig und ohne Gesichtverziehen die ungeschwefelten Weine meiner Session probiert hat. Stefan und Manuel hingegen kennen sich noch viel länger.
Ich hatte ja schon angemerkt, dass ich mir vorgenommen habe, in diesem Jahr wirklich dichter dran sein zu wollen an Weinberg und Keller. Und zwar mit den Schwerpunkten lokal (bietet sich hier in Franken ja an) und… nennen wir es umsichtig und zukunftsklug. Stefan hingegen suchte jemanden, der nicht nur ein bisschen hochglanzmäßig über seine Weine berichtet, sondern seinen Ansatz auch persönlich ohne große Distanz nachvollziehen kann. Also rief mich Manuel an, und da sind wir nun.
What’s happening in Mettenheim?
Erster Besuch bei Stefan in Mettenheim. Eine dicke Lössauflage prägt den Michelsberg, und Stefan zeigt eine Stelle, bei der eine der Terrassen wegen der starken Niederschläge im Sommer abgerutscht ist. Früher seien diese steilen Terrassen mit Gras bewachsen gewesen. Das ist besser gegen die Erosion, weil Gras oberflächennah viel dichter wurzelt als Bäume und Sträucher. Letztere eignen sich weniger für derartig steile Bereiche, auch weil sie oberirdisch deutlich schwerer sind und deshalb leichter rutschen. Dafür haben Bäume natürlich einen Vorteil, wenn es um tiefe Durchwurzelung geht. Leuchtet irgendwie ein. Von Biodiversität, Maßnahmen zur Kleinteiligkeit und ähnlichen Dingen werde ich noch mehr berichten, wenn es wieder grün geworden ist.
Stefan Sander: immer in Bewegung
Was ich gleich bei meinem ersten Besuch merke: Stefan ist immer in Bewegung. Nicht nur körperlich – während seine Hündin Laika begeistert durch die Rebzeilen fetzt, Abhänge hoch und runter. Sondern auch vom experimentellen Ansatz her. Es ginge ihm nicht darum, einfach noch mehr vom Gutsriesling zu machen, sondern es müsste immer Platz für neue, spannende Dinge sein.
Auf dem Foto zu sehen ist eine gleichzeitig uralte und neue spannende Sache. Es handelt sich um die Rebsorte Fränkischer Burgunder, einstmals fast ausgestorben und jetzt wieder zu neuem Leben erweckt. Das Projekt der Rebschule von Uli Martin kennt ihr ja bereits, wenn ihr hier auf dem Blog öfter mitlest. Genau von diesem Uli Martin hat Stefan die historischen Rebsorten Grünfränkisch und Fränkischer Burgunder in seinem Weinberg stehen. Letzteres soll auf jeden Fall noch mehr werden von der Fläche her.
Weine von Goldberg, Michelsberg und Schlossberg
Goldberg, Michelsberg und Schlossberg – so heißen die drei Mettenheimer Weinlagen. Der Goldberg umfasst dabei ausschließlich die Flächen in der Ebene, in der bis in die 1970er Jahre hinein gar kein Wein stand. Nicht wirklich ein echter Berg also. Der Michelsberg dehnt sich westlich und südwestlich des Ortes aus. Hier gibt es die Lössterrassen, von hier stammt nicht nur der Fränkische Burgunder, sondern auch etliche andere Weine, die ihr (und ich) im Verlauf des Jahres noch kennenlernen werden. Und schließlich gibt es den Schlossberg westlich und nordwestlich von Mettenheim. Das ist die Spitzenlage mit den alten Römerparzellen und viel Kalk im Untergrund. Ich freue mich schon darauf, das im Sommer mal in echt zu sehen.
Kellergeschichten
Im Keller probieren wir noch den neuen Grünfränkisch-Jahrgang aus dem Steinzeug-Ei. Stefan hat gut lachen, der Wein zeigt sich wirklich sehr vielversprechend. Und so ein Steinzeug-Ei hat auch nicht jeder Winzer in seinem Keller stehen. Ich überlege mir deshalb, dass mein erster Beitrag aus dem Weingut eine “Große Tour der Ausbaugefäße” sein soll. Denn wer so ein Ei hat, hat auch alles andere. Das möchte ich mir anschauen und jeweils einen Wein pro Ausbauart probieren.
Dann sollt ihr natürlich Weingut und Winzer in his own words kennenlernen. Soll heißen, ein Gespräch mit Stefan über dies und das. Später würde ich sehr gern bei einer Messe mit dabei sein, so sie denn stattfindet, Stefans Lieblingsparzelle kennenlernen, die Ernte miterleben, all solche Dinge. Und natürlich die Ideen, die dahinterstecken. Denn ich kann mir vorstellen, dass ein Winzer, dessen Großvater schon in den 1950er Jahren mit Öko-Ideen begonnen hat, relativ wenig einfach so per Zufall macht.
Jedenfalls bin ich schon sehr gespannt darauf, was ich im Verlauf des Jahres alles zu sehen und zu hören bekomme. Und ich hoffe, ihr seid auch mit dabei. Wobei: Nicht dass wir nachher noch auf den Gedanken kommen, uns eine eigene Parzelle zulegen zu wollen…
Ist ja lustig – der Marienkäfer hat wohl immer schon Wirkung gezeigt. War auch einer meinen ersten fremd eingekauften Bioweine und ist bis heute immer wieder mal dabei.
Pass gut auf mit dem Projekt, so geht es manchmal los mit – “eigene Parzelle” . Es juckt in den Fingern und in einigen Zellen im Kopf.
Das mit dem Ei ist wohl wahr. Nach der ersten Welle und Versuchen, mit preiswerten Tonamphoren, sind hier auch einige bei denen gelandet. Ich hatte ja schon mal die Domaine de Cantalauze erwähnt. Dort werden genau diese mit weiß und rot bestückt als Serie “Astragale”. Sehr fein und äußerst rund.
Für mich sind die Eier neben den teuren Foradori-Amphoren bisher die geeignetsten “Ton-Steins-Scherben”;)- Behältnisse für qualitativ hochwertigen Nicht-Holz-Ausbau. Noch nicht entschieden – obwohl schon lange in Gebrauch – ist die Positionierung der großen stehenden 30 + hl Betoneier.
Bin gespannt wie es weiter geht mit den Berichten.
Ja, wenn ich mich richtig erinnere, ist das Ei von Vin et Terre aus Bordeaux, genau wie die beiden Amphoren, die nicht auf dem Foto sind. Ich hatte zuerst geschrieben, dass das Ei aus Steingut ist, aber mein Schwager meinte, es wäre Steinzeug. “Grès” auf Französisch, wobei ich mir nicht so sicher bin, ob die Franzosen begrifflich zwischen Steingut und Steinzeug unterscheiden. Anyway 😉 , ich bin auch gespannt, was so kommen wird.