“All your freaks out there, put your hands in the air and say yeah!” Ich sage es lieber einmal gleich, bevor irgendjemand unvermittelt auf “Weiterlesen” klickt: Dies ist kein normaler Blogartikel, den man sich aus Spaß am geschrieben Wort so nebenbei zwischen zwei Bürotelefonaten reinzieht. Ich war nämlich bei einer Veranstaltung, die es in dieser Form vorher noch nie gegeben hat. Aus diesem Grund und natürlich auch deshalb, weil mir das Thema selbst am Herzen liegt, habe ich mich dazu entschlossen, ALLES zu dokumentieren. Wer an diesem Abend nicht dabei war und auch nicht der Ultra-Wein-Nerd ist, dem biete ich zwei Möglichkeiten an: Entweder Ihr scrollt einfach runter bis zum Fazit. Oder Ihr stillt Eure Neugier, indem Ihr vernünftige Posts von dieser Veranstaltung lest. Dies könnt Ihr bei Christoph auf dem Blog oder in seinem FAZ-Beitrag tun, bei Marqueee oder (demnächst) beim Weinkaiser. Für alle Unersättlichen geht es jetzt hier weiter.
Auf diese Weinprobe hatte ich mich schon seit Monaten gefreut. Ehrlich gesagt hätte sie mich sogar dann begeistert, wenn die präsentierten Erzeugnisse hinreichend scheußlich geschmeckt hätten. Bei jemandem wie mir, der einen Genussblog schreibt (so nennt man das wohl), klingt eine solche Aussage erst einmal absurd. Aber diesmal ging es nur auch um den Geschmack, denn die Weine, die Thomas Riedl hier in Bonn zusammen getragen hatte, besaßen ein gemeinsames Merkmal, das weit über ein Prädikat wie “lecker” hinausgeht: Sie sind nämlich die allerletzten ihrer Spezies. Wenn es eine Rote Liste der akut vom Aussterben bedrohten Weine geben würde, sie alle stünden darauf. Beziehungsweise nicht die Weine an sich, sondern die Weinberge, die winzigen Parzellen, aus denen sie stammen.
Um das zu erklären, hole ich ganz kurz ein wenig aus. In früheren Zeiten, als die Winzer noch ohne die uneigennützige Hilfe von Agrochemie und Klonzüchtern auskommen mussten, war das Leben wirklich hart. Dass Monokulturen im Allgemeinen zur Anfälligkeit neigen, erst recht wenn sie sortenrein sind, ist eine Tatsache, die nur der politisierende Stammtisch nicht kennt. Den Weinbauern hingegen war dies sehr wohl bewusst. Um also die Schwankungen der Witterung und die verschiedenen Rebkrankheiten bei den verschiedenen Rebsorten einigermaßen ausgleichen zu können, pflanzten sie in ein und demselben Weinberg eine Vielzahl an Rebsorten. Komplette Ernteausfälle konnten aus diese Weise vermieden werden. Da aber alle Trauben zur selben Zeit geerntet wurden, war je nach Jahrgangsverlauf einmal die eine und einmal die andere Rebsorte besser geraten. Ein solcher “Gemischter Satz” schmeckte also immer ein bisschen anders.
Im Laufe der Zeit änderte sich so einiges. Hier in Deutschland kam der rebsortenreine Wein in Mode, die Reblaus machte den wurzelechten Reben zu schaffen, und schließlich waren die modernen Winzer mit dem geringen Ertrag dieser knorrigen und einfach unzeitgemäß erscheinenden Rebstöcke nicht mehr einverstanden. Im Ergebnis wurden so fast alle der alten wurzelechten und im gemischten Satz im Weinberg stehenden Reben gerodet. Übrig blieben solche Relikte nur in sehr abgelegenen Lagen, die ohnehin wenig Geld abwarfen. Auch Erbstreitigkeiten, die dazu führten, dass manche Parzellen überhaupt nicht mehr bewirtschaftet wurden, hatten den – in dieser Hinsicht – positiven Effekt, dass die Reben erhalten blieben.
Mit ungeheurem Aufwand hatte unser heutiger Gastgeber die letzten Weinberge dieser Art aufgespürt. Die jüngsten Reben stammten übrigens aus dem Jahr 1935, die ältesten hatten noch rund 100 Jahre mehr auf dem Buckel. Ein einmaliger Blick also in die Vergangenheit unserer Weinlandschaften, und ich bin wirklich sehr froh, dabei gewesen zu sein. Vor die Wahl einer Vertikalverkostung von Château Mouton-Rothschild und diesem Event hier gestellt, könnt Ihr Euch vielleicht denken, wie ich mich entschieden hätte.
Zu den Weinen:
1. “Rudis Wengertszüpferla” 2011, ein trockener Weißwein vom Weingut Uwe Geßner in Garstadt am Main (Franken). Der Weinberg gehört dem Dirigenten der Hergolshäuser Musikanten, aber erst die Abfüllung bei Uwe Geßner brachte richtig Musik in die Flasche. 70% Weißer Elbling, dann Silvaner, der Rest unbekannt.
Skepsis macht sich zunächst breit, denn auf dem Etikett prangt offenbar Rudi höchstselbst, und die Literflasche kostet nur 4 €. Aber das Misstrauen weicht schnell. Der Wein ist nämlich frisch und saftig, besitzt eine markante, aber nicht spitze Säure und kann wegen seiner zurückhaltenden Aromatik eine Brotzeitplatte sehr schön begleiten. Allerdings sollte der Wein nicht zu warm werden, denn dann verliert er die Frische. Und die braucht er.
2. “Terra incognita” 2010, ein deutscher Tafelwein unbekannter Herkunft. Der Winzer fürchtet, dass der Parzelle eine Zwangsrodung droht, sollte ihre Existenz bekannt werden. Dabei sollte so etwas ins Museum der lebendigen Kulturgüter. Denn der unbekannte Winzer hat sich mit seinen 52 Literflaschen (denn mehr gab der Jahrgang nicht her) eine irre Mühe gegeben: seit 2008 biologisch, seit 2011 jetzt biodynamisch bewirtschaftet, Spontangärung, dann aber natürlich wegen der geringen Menge kein Ausbau im alten Holzfass, sondern im Glasballon. 20 verschiedene Rebsorten, 10% davon rot, die Reben der mündlichen Überlieferung nach aus dem Jahr 1910.
Ja, wenn der Wein nicht etikettlos in der Literflasche daherkäme, dann würden hier vielleicht ganz andere Punktzahlen gezückt werden. Warum? Weil er wirklich gut ist. Weiße Früchte in der Nase, leicht nussig, keine Süße spürbar (3,2 g Restsüße hat er bei 7,5 g Säure und 11,8 vol% Alkohol, das zum Technischen). Am Gaumen fällt sofort die noch leicht präsente Gärkohlensäure auf, die den Wein schön frisch macht. Mehr Kraft und Extrakt als bei Rudi, aber mit einer ähnlich präsenten, rassigen Säure. Spontan hätte ich gesagt, dass viel Riesling dabei ist, und der Wein gewinnt mit Luft und Wärme noch. Meine Nummer 3 der heutigen Probe.
3. “Anno Domini, Alt-Fränkischer Gemischter Satz” 2011. Erzeugt von Herbert Schneider aus der Lage Wipfelder Zehntgraf (Franken). Ein ganz besonderer Weinberg bei der Kirche, der gerade aus der Luft betrachtet eigentlich genauso aussieht wie ein Clos im Burgund. Neun Hauptrebsorten gibt es, an erster Stelle die Elbling- und Silvanervarietäten. Noch ein paar Zahlen: 10,5 vol%, 1,9 g Restzucker bei 6,2 g Säure, Holzfassausbau, 6 € kostet der Wein im Bocksbeutel. Und eine schlicht-elegante Ausstattung.
Wie schade, leider hält der Wein nicht das, was die ganzen Details erwarten ließen. Noch ein bisschen hefig in der Nase und dann am Gaumen eher flach, leichte Geraniennote. Nun ist 2011 natürlich nicht der großartigste Jahrgang, und 6 € für einen solch besonderen Wein sind sicher kein Wucher. Aber ich habe das Gefühl, dass hier in Zukunft noch einiges mehr möglich sein wird.
4. 5. 6. Eine Vertikale, und zwar der 2011er (4), 2010er (5) und 2009er (6) des “Alten Satzes von der Terrassensteillage” aus dem Steinbacher Nonnenberg (Franken). Hobbywinzer Hartmut Scheuring hatte beeindruckende Fotos mitgebracht von der Arbeit in dieser wahrhaft unbekannten Lage. Steinbach liegt im Landkreis Haßberge zwischen Bamberg und Schweinfurt, einem früher bedeutenden Anbaugebiet. Von der A 70 (falls Ihr einmal in der Gegend seid) kann man noch viele ehemalige Terrassenlagen erkennen, die meist schon im 19. Jahrhundert, teilweise aber auch erst später aufgelassen wurden.
Die drei Weine von Herrn Scheuring stammen aus einer etwa 90 Jahre alten Anpflanzung, terrassiert in sechs sogenannten “Schränken”. Zehn Rebsorten konnte Rebsortenspezialist Josef Engelhart bislang identifizieren, der Rest harrt noch der Entdeckung. Grüner und Gelber Silvaner sowie Weißer Heunisch sind die wichtigsten unter ihnen, mit dem Blauen Kölner und dem Blauen Tokajer sind aber auch Sorten dabei, die (soweit ich weiß) kein Mensch auf der Welt rebsortenrein ausbaut. Unsere drei Weine hier sind übrigens auch ausverkauft, bei 130 Litern aus dem Jahrgang 2011 aber auch kein Wunder.
Jener 2011er ist beachtlich säuremild, 4 g Säure nur bei 0,2 g Restzucker. 91° Oechsle übrigens, so ist es auch aufs Etikett gedruckt. Dazu kommt der relativ große Anteil roter Sorten, den man in der Farbe des Weins eindeutig erkennen kann. In der Nase erschnuppere ich nicht besonders viel, um ehrlich zu sein. Am Gaumen merke ich gleich, aha, keine Säure, dafür eine lange nachhallende Bitternote. Blind würde ich ohne jeden Zweifel auf Rotwein tippen, zumal ein sehr würziges Aroma im Vordergrund steht. Ein bisschen “lame” ist der Wein, wie die Amerikaner sagen würden, aber die fehlende Säurefrische sollte der 2010er doch eher haben.
Der 2010er besitzt nun überhaupt keinen Restzucker, aber dennoch “nur” 5,6 g Säure. Ein schwieriges Jahr war das, 69° Oechsle ließ die Natur lediglich zu. In der Farbe ist dieser Wein noch dunkler, in der Nase dann mit Erdbeer, Himbeer und rotem Gummibärchen. Im Prinzip ist dies ein heller Weißherbst, und so schmeckt der Wein auch. Natürlich musste in diesem Jahrgang angereichert werden, zudem wurde die Säure durch den BSA gemildert. Hätte ich vielleicht nicht gemacht. Mutiger in der Säure, dazu ein bisschen schmucke Restsüße, das wäre ein spritziger Sommer- und Terrassenwein par excellence. Denn die Frucht ist wirklich schön.
Der 2009er ist farblich wesentlich heller, 92° Oechsle, 12,4 vol% Alkohol, 1,5 g Restzucker, 6,1 g Säure. Ein bisschen flüchtig ist die Nase, Lösungsmittel, dazu wieder ein wenig Geranienton. Am Gaumen zeigt sich die höhere Reife in der größeren Viskosität, die tendenziell aprikosige Frucht dominiert. So ganz sauber ist der Wein nicht, aber vor allem wieder verblüffend anders. Das macht es aus. Hier ist jeder Jahrgang direkt spürbar, nicht nur wegen der Vinifikation, bei der man bestimmt noch etwas mehr Risiko nehmen kann, sondern einfach in allem, was den Wein ausmacht. Weit weg von einer Standardisierung.
7. “Gemischter Satz” 2011, von Agnes und Adolf Keller aus der Lage Ramsthaler Sankt Klausen. Fränkische Saale, wieder am Rand des heutigen Weinbaus und wiederum genau deshalb noch erhalten. Sechs Hauptsorten stehen in dieser Parzelle aus dem Jahr 1910, angeführt vom Weißen Elbling, aber auch weiter hinten gefolgt von der Ahorntraube. Mir völlig unbekannt. Bei diesem Wein wurde die Süße etwas höher angesetzt: 8,9 g Restzucker bei 6,1 g Säure, ausgebaut im Edelstahl und für 6,50 € zu haben.
Hui, das ist aber eine Nase! Scheurebe, zehn Meilen gegen den Wind. Oder aber Sauvignon Blanc. Oder aber gar nichts von beiden, sondern eine entsprechende Hefe, die hier verwendet wurde. Oder aber die Auswirkungen des extrem kräuterreichen Weinbergs. Stachelbeere jedenfalls, alles andere bleibt spekulativ, und von der Restsüße ist in der Nase noch nichts zu spüren. Am Gaumen bleibt die Stachelbeere erst einmal, aber eine starke Würze bricht sich Bahn, die wirklich attraktiv wirkt. Ein bisschen wenig Spiel hat der Wein, aber die Süße schmeckt auf jeden Fall nicht unangenehm durch.
8. 9. 10. Wieder eine Vertikale, diesmal die Jahrgänge 2011 (8), 2010 (9) und 2007 (10). Es handelt sich um den “Altrod” von Wolfgang Kühn aus dem Klingenberger Schlossberg, der fantastischen und weitgehend von der Flurbereinigung verschonten Lage am Main. Wir befinden uns hier administrativ zwar in Franken, aber wie bei Paul Fürst weiß ich nicht, ob man diese Gegend fern von Würzburg weintechnisch nicht doch besser gesondert erfasst. Nicht nur wegen des Buntsandsteins; die Weine stellen einfach einen anderen Typ dar.
Einen Rotwein in diesem Fall von etwa 80 Jahre alten Rebstöcken. Leitrebsorte ist der Portugieser, neben Spätburgunder und Sankt Laurent findet man aber auch noch neun Stöcke mit unbekannten weißen und hellroten Trauben. Alle drei Weine sollen praktisch keine Restsüße haben und in der Säure zwischen viereinhalb und fünf Gramm liegen. Kostenpunkt jeweils 8,50 €. Der Winzer empfiehlt übrigens eine gewisse Lagerung, der Wein würde erst im dritten Jahr nach der Abfüllung so richtig in Fahrt kommen.
Damit dürfte der erste Vertikalist aus dem Jahrgang 2011 eindeutig zu jung sein. Und in der Tat: würzig-pfefferig, kein Tannin, wenig Säure, irgendwie doch eine gewisse Restsüßeanmutung, dazu ein paar Bitternoten. Das ist noch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Wesentlich besser, aber auch ganz anders der 2010er. In der Nase ist ziemlich stark ein grüner Paprikaton zu spüren. Also genau jene Note, von der jahrzehntelang behauptet würde, sie sei typisch für einen echten Cabernet Sauvignon aus dem Bordelais. Mittlerweile meinen ja nicht wenige Experten, dass es sich schlichtweg um Unreife gehandelt habe. Das könnte hier, zumal in einem schwierigen Jahrgang, auch der Fall sein. Aber es gibt Kontrapunkte. Eine Minzenote, eine gewisse Viskosität und ein sehr attraktiver Fruchtkern. Dieser Wein müsste sich sehr gut entwickeln können, und ich sehe ihn ex aequo auf Platz 3 bei der heutigen Probe. Würde ich mir kaufen, zumal zu diesem attraktiven Preis. Vielleicht einmal schnell nebenbei: alte Reben, meist dicht bestockt, Terrassenlage, das bedeutet in der Regel jede Menge Handarbeit. Dafür sollte man immer mindestens 10 € verlangen dürfen.
Der 2007er sollte nach der Lagertheorie eigentlich das beste Exemplar in der Reihe sein. Ist er aber nicht ganz. Gut, der 2010er hatte mir ja ausgesprochen gefallen. Und dieser Wein hier zeigt wahrhaftig sehr schöne Reifenoten. Aber die Frucht ist mir zu angebrannt, süßtraubig, ein bisschen mastig. Auch hier gibt es zwar eine schöne Frucht vom Typ rote Johannisbeere, der Wein ist keineswegs schlecht, aber der 2010er war einfach beschwingter. Der Bessere ist der Feind des Guten, so sagt man doch.
11. “Alter Satz” 2011 von Otmar Zang aus der Lage Rimbacher Landsknecht. Dies ist eigentlich klassisches Franken östlich von Volkach im Maindreieck. Aber die Lage befindet sich – deshalb gibt es den Weinberg ja noch – im Hinterland und nicht etwa am Main, sondern irgendwie am Karpfenweiher. Dennoch ist das hier der wahrscheinlich bekannteste Gemischte Satz in Deutschland. Das Weingut Zang ist hier nur der Pächter, der alte Eigentümer schneidet beispielsweise die Reben immer noch selbst. Aber es gibt etwa 1.500 Flaschen pro Jahr zu einem Preis von 11,50 €. (Nachtrag 2017: Mittlerweile wird der Wein zu einem Preis verkauft, der seiner Qualität und Bedeutung angemessen ist, nämlich für 21 €. Finde ich mehr als vernünftig.)
Dass dies der bekannteste Gemischte Satz ist, liegt wahrscheinlich am Alter der Reben. Höchstwahrscheinlich wurden jene nämlich im Jahr 1835 gepflanzt, und wenn wir nur ganz kurz einmal darüber nachdenken, was in der Zwischenzeit auf der Erde so alles passiert ist, dann empfinde zumindest ich eine starke Demut vor der Natur. Einer Natur, die es einem Weinstock ermöglicht, über Jahrhunderte Früchte zu tragen. Obwohl der Weinberg nicht weniger als 35 verschiedene Rebsorten beherbergt, darunter einige, die bislang nicht identifiziert werden konnten, ist der Weiße Elbling dennoch dominierend. 90% der Stöcke sind Elblinge, was auch erklärt, dass die Zangs hier so spät wie möglich lesen, weil der Reifezustand des Elblings die entscheidende Variable ist.
Schon in der Nase gefällt mir der Wein: deutlich birnige Aromatik, die Säure scheint bereits durch, aber nichts wirkt hier unausgewogen. Im Mund ist die Säure wahrhaftig präsent, aber bitteschön, dies ist ein Elbling. Apfel und Walnuss, Hefigkeit natürlich noch, aber auch ein überraschend guter Körper. 4 g Restzucker stehen hier knapp 7 g Säure gegenüber. Alles zusammen wirkt stimmig, ausgewogen und mit viel Alterungspotenzial. Der Elblinganteil ist so hoch, dass man sogar die Rebsorte aufs Etikett schreiben könnte. Allerdings scheint mir das Alleinstellungsmerkmal “Reben von 1835” dann doch mehr zu ziehen. Dennoch: Nicht nur einmal hatte ich gelesen, dass man aus Elbling keinen guten Wein bereiten könne. Diesem Exemplar geben Gault Millau und Eichelmann dann aber (vielleicht in Unkenntnis der Elblingerei) 87 bzw. 88 Punkte. Zu Recht. Tja, manchmal muss man offenbar Geduld mit einer Rebsorte besitzen, zur Not auch 180 Jahre. Meine Nummer 2 des heutigen Abends.
12. “Alter Gemischter Satz” 2011 von Peter Götz aus der Lage Zeller Schlossberg (Franken). Ein Weißwein aus einer kleinen, vor 1920 gepflanzten Parzelle, und zwar mit Rebsorten, die nun wirklich nur den beiden Experten Andreas Jung und Josef Engelhart etwas sagen, die bislang 16 dieser Sorten herausgefunden haben. Ich nenne mal ein paar davon: Adelfränkisch, Ahorntraube, Blauer Kölner, Affenthaler, Kleinweiß, Möhrchen, Szagos Bajnar und Vogelfränkische. Gut, das mit den Möhrchen kann auch mit dem versehentlichen Abernten des Gemüsebeetes nebenan zu tun haben… Nein, ernsthaft: Dies ist ein Weinberg mit extrem raren Rebsorten, ein echtes und unbedingt erhaltenswertes Schätzchen.
Der Wein selbst ist fränkisch trocken, 0,3 g Restzucker bei 6,1 g Säure und 11,9 vol%. 5,20 € kostet die Flasche ab Hof, aber allzu viele dürfte es natürlich nicht geben. Die Nase sendet ein bisschen gemüsige Noten aus, da lag ich mit der Möhrchen-Interpretation gar nicht so falsch. Am Gaumen zeigt sich der Wein recht viskos, aromatisch insgesamt aber noch ziemlich zurückhaltend, fast schüchtern. Eine vorlaute Primärfrucht kann man dem Wein sicher nicht vorhalten. Das Lesegut soll ein wenig schwierig gewesen sein, aber dafür finde ich den Wein erstaunlich gut. Ich würde mir jedenfalls, wenn ich denn eine Flasche besäße, jene erst einmal in den Keller zum Reifen stellen.
13. “Altfränkischer Gemischter Satz” 2011 von Florian Mühlfelder, ebenfalls aus dem Zeller Schlossberg. Der Ort ist über die A 70 übrigens sehr leicht zu erreichen, und da wir heute den Löwenanteil dieser ultrararen Weine aus diesem Teil Frankens probiert haben, könnte ich mir vorstellen, dass ein touristischer Aufenthalt sehr lohnenswert wäre. Eigentlich ein potenzielles Pilgerziel für Weinfreaks. Zum Wein selbst gibt es leider nicht so viele Infos. 11,5 vol% und ein Preis von 3,75 €. Für einen Wein aus diesen ertragsarmen, alten und seltenen Reben. Ein anwesender Winzer meinte, dass der Erzeuger erst dabei sei zu realisieren, was er dort überhaupt sein Eigen nennt. Auf die Entwicklung in den nächsten zehn Jahren wäre er sehr gespannt.
Der Wein besitzt eine apfelige Nase, aber nicht in Richtung Boskoop, sondern in Richtung Golden Delicious. Blass und hefig. Im Mund sind keine Fehltöne zu erkennen, man kann den Wein durchaus gut trinken, aber sicher auch aufgrund des Jahrgangs fehlen Säure und Frische etwas. Wie gesagt, warten wir die nächsten Jahre ab und erfreuen wir uns am hoffentlich zunehmenden Charakter. Wichtig ist erst einmal, dass dieser Weinberg bewirtschaftet wird und Früchte trägt.
14. “Gemischter Satz” 2011 von Markus Meier aus dem Ickelheimer Schlossberg. Jetzt sind wir endgültig in Mittelfranken gelandet, in der Nähe von Bad Windsheim. Hier gibt es Fachwerkdörfer, Landwirtschaft, Streuobstwiesen und ein bisschen Wein. Alles irgendwie unspektakulär und wunderbar mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu erkunden, das kann ich aus eigener Erfahrung berichten. Die Parzelle ist geradezu variantenarm mit ihren acht um 1910 gesetzten Rebsorten. Roter und Weißer Elbling sind vermutlich am häufigsten. Die Restsüße steht mit 4,7 g ein bisschen höher, die Säure bei 6,1 g, der Alkohol bei 12 vol%, der Wein wurde im alten Holzfass ausgebaut, und die Flasche mit dem Glasverschluss kostet 8 €.
Ich bin mir mit meinem Gegenüber am Tisch sofort einig, dass in diesem Wein echtes Potenzial steckt. Cassisblatt in der Nase, am Gaumen ein bisschen brotig noch, aber nussig und mit Gehalt. Eigentlich wäre Spontangärung hier schlüssig, und ich persönlich würde vielleicht auch über einen naturnahen Anbau nachdenken. Dieser leicht vergessenen Weinregion könnten nämlich ein paar Leuchttürme nicht schaden, deren Strahlkraft dann auch auf andere Betriebe und Weine übergehen kann. Und besser als mit einem alten Gemischten Satz aus nachhaltigem An- und Ausbau kann man sich eigentlich in einer Nischenregion nicht positionieren.
15. “Signatur Alte Reben” 2011 vom Weingut Baumann aus dem Oberschwarzacher Herrenberg. Ich bin schon ein wenig verzweifelt. Auf der wirklich sehr besuchenswerten Seite weinlagen-info meines Weinfreundes Charlie finde ich sie alle nicht, diese abgelegenen Weinberge. Natürlich ist das auch wie gesagt ein Grund dafür, weshalb sie überhaupt noch existieren. Oberschwarzach liegt am westlichen Rand des Steigerwalds in der Nähe von Gerolzhofen. In der 1935 gepflanzten Parzelle (die jüngsten Reben heute, Wahnsinn!) von 0,16 ha stehen 13 Rebsorten, darunter die fast schon üblichen Elbling-, Silvaner-, Gutedel-, Riesling-, Traminer- und Muskatellervarietäten. Und Heunisch, der natürlich auch häufiger dabei ist. Im Weinberg gibt es darüber hinaus übrigens auch noch 30 Arten von Wildpflanzen. 180 Flaschen gab es in diesem Jahrgang nur, mit 13 vol% ein sehr kräftiger, spontan vergorener Wein, 8,50 € und ein Etikett im österreichischen Stil.
Ich fühle ich eigentlich sofort an Baden erinnert und hätte die fränkische Herkunft in einer Blindprobe glatt abgestritten. In der Nase ein wenig laktisch und mit birnigem Spontiton, aber das gibt sich mit etwas Luft natürlich. Die Gärkohlensäure lässt den Wein noch ein wenig bizzeln und frischer wirken, als er tatsächlich ist. Ein körperreicher Wein, der ein entsprechendes Essen als Begleitung braucht.
16. “Locher” 2007, ein Deutscher Tafelwein vom Steckweilerer Mittelberg aus dem Alsenztal, angebaut von Alex Thiel und Freunden, ausgebaut beim Bio-Weingut Hahnmühle. Im Anbaugebiet Nahe sind wir hier, und wie Ihr auf der Lagenkarte unschwer erkennen könnt, besteht die Lage heutzutage ausschließlich aus Wald – bis auf die winzige Parzelle, deren Wein wir heute probieren. Der Wein kam nie in den Verkauf, und nach einem frostbedingten kompletten Ernteausfall im Jahrgang 2011 gaben Alex und seine Freunde das Experiment auf. Es soll aber Nachfolger geben, die sich nun an diesem Wein messen lassen müssen.
Die Reben sind etwa 120 Jahre alt und bestehen zu 30% aus Riesling. Weil es nur so wenige Flaschen gab, hatte unsere Runde heute je eine Flasche des 2006ers, des 2007ers und des 2009ers zur Verfügung. Wie man so hörte, soll der 2006er nicht berauschend, der 2009er aber sehr gut gewesen sein. Mit dem 2007er bin ich froh, endlich mal einen etwas gereiften Wein dieser Art im Glas zu haben, denn wie bereits erwähnt, in diesen alten Niedrigertragsreben steckt ein hohes Alterungspotenzial.
Deutlich gelber als alle anderen Weine davor, das kommt sicher von der Reife. Die Nase ist bereits recht firnig und mit einem Honigton ausgestattet, der mich sofort an Botrytis denken lässt. Am Gaumen setzt sich die ganze Sache fort. Ich bin mir nicht sicher, ob hier alles 100%ig geplant ist, aber das Ergebnis erinnert mich sehr stark an den Riesling Kottabé von Josmeyer aus dem Elsass – und hat nur sehr wenig mit anderen deutschen Weißweinen zu tun. Trockene Botrytis, Kraft, Säure, ungeschönt, eine hohe Cremigkeit und viel Nachhall. Wer diesen Stil mag, findet den Wein exzellent. Vielleicht ist der “Locher” schon ein bisschen zu stark gereift, aber das ging im Jahrgang 2007 offenbar einigen Weinen so. Aber ich kann nur sagen “Hut ab”. Dies ist mein Favorit der gesamten Probe, meine Nummer 1. Ich hoffe, dass auch die neuen Besitzer in diesem Stil weitermachen.
17. “Peter – Alte Reben” 2010, ein Weißein vom Weingut Barthelme aus der Rüdesheimer Goldgrube. Nein, nicht das Rüdesheim im Rheingau, sondern jenes an der Nahe, ein paar Kilometer westlich von Bad Kreuznach. Auf dem Etikett wurde die Ankündigung “Gemischter Satz” offenbar mit Goldstift übermalt, aber die Rebsorten kann man dort alle lesen. Eine nur 0,06 ha große Parzelle aus dem Jahr 1927 mit 16 bekannten und weniger bekannten Rebsorten. Zu letzteren zählen sicher Vogeltraube und Kleinberger. Ganz sicher. Aufgrund von Frost und Hagel gab es im Jahrgang 2011 leider keine Ernte, aber dieses Exemplar ist mir auch recht. Jeweils 6 g Restsüße und Säure, 12,5 vol% Alkohol, 8 € ab Hof.
Wenn ich bei der Nummer 15 todsicher auf Baden getippt hätte, würde ich hier bei einer Blindprobe mit derselben Sicherheit “Franken” sagen. Und natürlich ist das falsch. Aber die birnige Nase, die Frische, die – pardon – “Reinzuchtigkeit” bei ausgewogenem Süße-Säure-Spiel; es fällt einem wirklich schwer, bei diesen seltenen Rebsorten irgendeine der angelernten Verkostungserfahrung entsprechende regionale Einschätzung abgeben zu können.
18. “Codex” 2009, ein Badischer Landwein, aber ganz aus dem badischen Norden, nämlich vom Weingut Clauer-Dechant aus dem Heidelberger Herrenberg. 12 vol%, 6 g Restsüße, 6,5 g Säure und – jaja – 4,50 € für die Flasche. Zwölf Rebsorten sind in der Parzelle identifiziert worden, darunter Honigler und Putzscheere. Diese seltsame Bezeichnung hat übrigens nichts mit Putzen zu tun, sondern soll von “Butschera” stammen, wie die Rebsorte in Ungarn hieß. Weit verbreitet war sie einstmals mit zahlreichen Synonymen in verschiedenen Weinbauländern, wohl wegen ihrer Ertragshöhe – ähnlich wie Heunisch oder Elbling also.
Etwas gelblicher wieder in der Farbe, in der Nase Firn und irgendwie plastikern unsauber. Ein bei der Probe anwesender Winzer hatte den Wein schon einmal in einem guten Zustand getrunken (den Weinzustand meine ich) und bemerkte, dass es sich eventuell um Lagerschäden handeln könnte. Schwer zu beurteilen, da müsste man vielleicht den aktuellen Jahrgang einmal probieren.
19. “Vergessener Weinberg” 2003, ein Bocksbeutel von Johannes Deppisch aus Erlenbach bei Marktheidenfeld, Franken natürlich. Die Geschichte dieses Weins ist irgendwie so symptomatisch und berührend, ich möchte hier einfach aus dem Handout von Thomas Riedl zitieren: “Der Besitzer der Parzelle verstarb hochbetagt. Die Erben fühlten sich für die harte Weinbergsarbeit weder geeignet noch verantwortlich. Die versteckt liegende Parzelle wurde vergessen und blieb sich selbst überlassen. Ohne Einfluss von Menschenhand wucherten die Reben wie die Natur es bestimmte. Kurz bevor es im Jahre 2003 in der Gegend Zeit zur Traubenlese war, wandte sich einer der Erbengemeinschaft dieses Weinbergs an das Weingut Deppisch und bat um Besichtigung der alten Reben. Die Rebzeilen waren fast vollständig zusammengewuchert, und bis an die Triebspitzen hingen sehr kleine aber gänzlich gesunde Trauben.” Mehr weiß man leider nicht, denn die Parzelle wurde nach der Lese gerodet. Ein Blick in die Vergangenheit, fürwahr.
Nur 11 vol% hat der Wein aus diesem Wüstensommer geholt, und bei dem Pflegezustand der Reben hätte in einem kühleren, nasseren Jahr wahrscheinlich gar kein echter Wein hergestellt werden können. In der Nase wirkt der Wein sehr hell mit Ananasnoten und Petroltönen, aber keineswegs brandig. Der Gaumen ist nichts anderes als erstaunlich: die reine Traubensüße, als wenn man in die frische Frucht beißt. Aber nicht nur Traube, auch Mango und Minze kommen mir in den Sinn. Dabei kommt die Säure gar nicht zu schwach daher, nur der Abgang ist dann arg kurz. Als Vergleich fällt mir komischerweise ein Chenin blanc aus Thailand ein, der auch diese reine Saftigkeit in sich hatte, ohne Würze, Kräuter oder Stein. Passt sicher hervorragend zu scharfem Curry. Ein faszinierender Wein, natürlich nicht “groß”, aber einmalig in jeglicher Hinsicht.
20. “Johann – Altfränkischer Gemischter Satz” 2011, ein Rotling aus dem Zeller Schlossberg von Florian Mühlfelder, von dem ja schon die Nummer 13 stammte. Die Reben stehen im terrassierten Teil der Lage, mehr weiß man bislang nicht. Kostet übrigens 4 €.
Farblich ist das hier ein ganz ganz helles Rosa. Frisch ist die Nase, ein bisschen blass von der Anmutung her und mit einem Kaffeebohnentouch. Am Gaumen ist die Frische dann weg, weil die Säure nicht sehr nach vorn tritt. Dafür wirkt der Wein aber sehr würzig und erstaunlich nachhaltig. Kunden, die sich einen frischen Durstlöscher im deutschen Roséstil erhoffen, werden nicht begeistert sein. Aber Leute, denen der relativ säuremilde, blasse, karge Provencestil gefällt, sollten diesen Wein mal zu mediterran gebratenem Fisch probieren.
21. “Codex” 2011, aber nicht etwa der Nachfolgejahrgang der Nummer 18, sondern erstens die rötliche Version – und zweitens eine kaum geschwefelte Fassprobe. Der Unterschied zur Nummer 18 liegt nicht etwa in einer gänzlich anderen Traubenzusammensetzung, sondern in einer verlängerten Maischestandzeit. Und da viele Parzellen im Mischsatz ja etliche rote Trauben besitzen, kann man aus derselben Parzelle je nach persönlicher Vorliebe halt entweder einen Weißwein oder einen Rosé bereiten.
Gut, eine derartige Fassprobe ist natürlich kein fertiger Wein. In der Farbe wirklich kräftig in Richtung Himbeersaft gehend, kommt in der Nase praktisch nur der Hefeteig. Im Mund spürt man, dass dies ein wirklich ganz schöner Wein werden könnte (oder aber: hätte werden können), denn Kraft hat er genug und Säure auch. Von der Aromatik her fühle ich mich ein wenig an einen “Haustrunk” erinnert. Diesen Tresterwein tranken die Weinbauern damals selbst, weil ihnen der eigentliche Wein zu wertvoll war.
22. Und der letzte Wein, “Vinum Franconium Purpureum” 2010, ein Bioland-zertifizierter Fränkischer Landwein aus dem Klingenberger Schlossberg; eine Gemeinschaftsproduktion von Gabriele Stahl-Euteneuer und dem Weingut Stritzinger. 550 m² misst die Parzelle aus 16 Rebsorten nur, fast ausschließlich rote Sorten. Und was für welche… Neben dem mittlerweile woanders sogar sortenrein ausgebauten Roten Urban und den uns bereits bekannten Honigler und Blauen Kölner gibt es u.a. auch die Fleischtraube und den Roten Franken. Letztere Rebsorte hört sich eigentlich ganz gewöhnlich an, ist aber von der Verbreitung her auf Klingenberg beschränkt. Weil die Besonderheit der Lage und der Reben sich auch im Wein widerspiegeln soll, werden die 100-130 Flaschen pro Jahr doch tatsächlich im Holzfass ausgebaut, mit Naturkorken verschlossen, in eine schwere Flasche gesteckt und für 19 € auf den Weltmarkt geworfen.
Die schwere, handgeschnitzte Flasche signalisiert Wertigkeit, die symbolisierte Traube als Etikett verspricht mehrere Karat Gold, und das will der gemeine Kunde für 19 € offenbar haben. Mein Stil ist das nun nicht unbedingt, aber schauen wir mal, was der Wein macht. In der Farbe erst einmal nicht gerade dunkel, das erweckt bei mir persönlich Vertrauen. In der Nase ist der Wein sehr beerig und wirkt weich vom Holz, also irgendwie ein Portugieser aus Niedrigertrag, und im Grunde genommen ist er das ja auch fast. Ganz erstaunlich finde ich den Wein am Gaumen. Ausgestattet mit einer enormen Würze folgt dann ein butterweicher Mittelbau, wirklich samtig. “Noch deutlich zu jung”, notiere ich, denn die beerige Frucht wirkt mir noch zu vordringlich, aber in 3-4 Jahren wäre ich auf die zwischenzeitliche Entwicklung sehr gespannt. Wieder mal ex aequo auf Platz 3 und ein gelungener Abschluss einer wahrhaft denkwürdigen Probe.
Mein Fazit: Wurzelechte Gemischte Sätze sind ein Teil unserer Weinkultur, der vor der Gefahr steht, einfach zu verschwinden. Dieses kulturelle Erbe zu bewahren, sollte im Gebetbuch aller ernsthaften Weinfreunde stehen. Damit wir uns die Rebsorten künftig aber nicht nur im Museum anschauen, sondern auch einen echten Wein aus ihnen trinken können, müssen diese Zeitzeugen auch weiterhin gehegt und gepflegt werden. Von den Verbänden ist da offenbar wenig zu erwarten, schließlich hat man ja auch verabsäumt, bei der EU auf ein adäquates Bezeichnungsrecht hinzuwirken. Nun ist es für eine gute Lobbyarbeit natürlich nachteilig, dass diese so ungemein wertvollen Parzellen ihr Dasein verstreut und abgelegen im Land fristen. Zudem wird die öffentliche Wahrnehmung nicht gerade gestärkt, wenn fast alle dieser Weine von Feierabendwinzern mit mal mehr und mal weniger Zeit und Kenntnis hergestellt werden. Neben ein paar sehr gelungenen Exemplaren gibt es auch noch sehr viel qualitativen Raum nach oben – was ja auch logisch ist.
Die Tatsache, dass die Weine aus diesen wertvollen Anlagen für in der Regel deutlich weniger als 10 € hergegeben werden, kann für das Bewusstsein weder beim Kunden noch beim Erzeuger förderlich sein. Fakt ist aber auch, dass es sich um eine aus rein quantitativen Gründen zwangsläufige Nische handelt, denn Weine, von denen es jährlich nicht mehr als 100 Flaschen gibt, werden niemals einen größeren Kundenkreis erreichen. Was also tun?
Zunächst einmal erscheint es mir wichtig, dass die Winzer untereinander wissen, wer wo welches Schätzchen versteckt hält. Und dafür sind Veranstaltungen wie diese sehr wichtig. Dann folgt als nächstes die Frage, will und kann ich als Winzer eine gewisse Professionalität erreichen? Falls ja, sei hiermit vorsichtig darauf hingewiesen, dass allein das emotionale Potenzial für diese Weine sehr groß ist. Jedenfalls würden weitaus mehr Menschen solche Weine probieren wollen, als die alten Reben jemals an Traubensaft abzugeben bereit sind. Zwei mögliche Wege fallen mir da spontan für diejenigen Winzer ein, die einmal etwas ganz anderes versuchen wollen. Wie gesagt, nur Ideen.
Erste Möglichkeit: Exklusivvertrag (oder so ähnlich). So wie ich das in Paris schon gesehen habe, gibt es sicher auch in Deutschland peu à peu urbane Avantgarde-Restaurants, die kein chi-chi mehr bieten wollen, sondern “das Authentische”, Regionale, Seltene, das, was Geschichten erzählen kann. So ein Restaurateur könnte fast die gesamte Charge aufkaufen, und das zu einem sicher mehr als anständigen Preis. Allerdings: Wer die Geschichte mitverkaufen will, darf dann halt nicht mit synthetischen Spritzmitteln und Ähnlichem daherkommen. Denn die romantischen Freaks sind in dieser Hinsicht schon empfindlich. Wenn sich ein Winzer ohnehin ein wenig zum Berliner Künstlerleben hingezogen fühlt, passt das sicher optimal. Wer hingegen sagt, “geh weida mit dei studierde Leut'”, für den wird das eher keine Alternative sein.
Zweite Möglichkeit: gemeinsame Plattform gründen. Ich habe dabei mit der Überlegung einer irgendwie gearteten Zertifizierung gespielt. Für die EU ist das kein Faktor, so lange es keine konzertierte Lobbyarbeit in dieser Hinsicht gibt. Für einen Bioverband, der sich Natur, Biodiversität, Nachhaltigkeit und Regionalität auf die Fahne schreibt, wäre das aber eigentlich ein gefundenes Fressen. Oder vielmehr eine Win-Win-Situation. Nur sollten dann die Winzer die Zertifizierung ihrer winzigen Parzellen nicht bezahlen müssen.
Nun kenne ich niemanden beispielsweise bei Demeter oder Slowfood, aber vielleicht sind dort ja auch enthusiastische und verständige Leute, die wissen, dass sich Invest nicht im nächsten Monat monetär auszahlen muss. Wie wäre es also, wenn die WGS-Winzer (= “wurzelechte Gemischte Sätze”), die sich zu einer derartigen Art des An- und Ausbaus hingezogen fühlen, einfach eine Art privilegierte Partnerschaft oder auch gesponserte Vollmitgliedschaft bei einem solchen Verband bekämen. In Zeiten immer häufigerer Lebensmittelskandale wäre das Eintreten für eine ökologisch nachhaltige Nische jedenfalls für mich als Konsumenten ein äußerst positives Signal.
Wie auch immer, Ihr merkt, dass mich diese Veranstaltung mit ihrer ganzen professionellen Vorbereitung, den inspirirenden Weinbergsbildern und den interessanten Weinen sehr angeregt hat. Ein Riesen-Dankeschön von meiner Seite also noch mal an den Veranstalter. Und nächstes Mal, lieber Thomas, wenn es um reinsortig ausgebaute Weine aus genau jenen seltenen Rebsorten gehen soll, bin ich natürlich wieder dabei. Vielen Dank auch an die Fotografen für das Überlassen ihrer Werke. Im Einzelnen sind das – die Klammern zeigen die Nummern der Bilder oben an – Herbert Schneider (3a & b), Hartmut Scheuring (4a, b & c), das Weingut Keller (7), die Familie Zang (11), Peter Götz (12a & b), Alex Thiel (16) und Wolfgang Kühn (22).
Wer bis hierhin durchgehalten hat, ist (ja, gesteht es Euch ein!) ganz sicher genau so verrückt wie ich. An Euch also die Frage: Welche Zukunft seht Ihr für solche wurzelechten Gemischten Sätze? Und müssen es immer authentische Uralt-Zeitzeugen sein, oder wärt Ihr auch von einem entsprechenden neu angepflanzten Weinberg zu begeistern?
Das ist wirklich was für Liebhaber. Vielen Dank für den Bericht. Was die vielen bei Weinlagen-Info fehlenden Lagen betrifft: ich bin schon froh, dass so viele zu finde sind. Genauso habe ich mir die Nutzung von Weinlagen-Info immer vorgestellt und gewünscht. Nämlich zur Beantwortung der Fragen: Hä? Was ist das denn für eine Lage? Wo liegt die denn?
jeder der hier mitliest ist aufgerufen die Lücken zu schließen!
Ja, ein echtes “living document”, Deine Lagenkarten. Ich habe zwar bei Google Earth gesehen, dass es da Reben an den Ortsrändern gibt, aber wo jetzt eine eingetragene Lage ist, das weiß ich auch nicht. Ich habe hier ein paar VDP-Karten, nur hören die schon weit vorher auf…
Am Wipfelder Zehntgraf siehn man übrigens sehr gut eines der Probleme bei der Abgrenzung deutscher Lagen: http://weinlagen-info.de/#lage_id=3947
Der kleine Clos von dem der “Anno Domini” kommt ist nur ein winziger Bruchteil vom Zehntgraf und hat wenig mit dem Hauptstück am Berg oberhalb von Wipfeld zu tun.
Schönes Projekt, schöner Text. Da habe ich etwas verpasst. Mist.
Kann man so sagen ;). Aber vielleicht macht Thomas das ja nochmal. Soweit ich weiß, hätte er von den Anmeldungen her die Grugahalle dreimal füllen können.
Was Obervolkacher und was Rimbacher Landsknacht ist läßt sich schwer feststellen. Geht man nach dem Foto am Teich, ist es eher auf der Obervolkacher Seite, oder man muss den Landsknecht anders zwischen den Gemeinden aufteilen http://www.weinlagen-info.de/?for=Obervolkacher+Landsknecht
Wirklich etwas verwirrend. Wenn ich das Foto mit dem Luftbild vergleiche, würde ich sagen, der Weinberg ist gar nicht in der eingezeichneten Lage drin. Von der Struktur der Teiche her kann das Foto eigentlich nur hier aufgenommen worden sein: 49°52’11,50”N/10°17’27,98”O
Was meinst Du? Das müsste doch eigentlich die schmale Parzelle inmitten der Felder sein.
Klar, stimmt, das muss die Parzelle sein: http://weinlagen-info.de/#lage_id=3949
Ob die schmale Parzelle inmitten der Felder dazu gehört, weiß ich nicht. Der alte Satz von Zang steht links neben der Neuanlage am Waldrand.
Ich fürchte, Du täuschst Dich 😉 . Der Alte Satz ist wirklich von der Parzelle in den Feldern, genau acht Zeilen breit. Die Parzelle oben am Wald mag auch einen schönen Wein liefern, ist aber definitiv jüngeren Datums.
Die fehlenden fränkischen Lagen sind jetzt drin. Bitte prüfen.
Ich bin begeistert von dem ausführlichen Bericht! Er spiegelt wirklich das Erlebte atmosphärisch und sensorisch. Ich finde es toll, dass es Menschen gibt, die unsere Leidenschaft – und nur mit der kann man solche Raritäten erzeugen – teilen und dies kund tun. Herzlichen Dank an Chez Matze und alle anderen Blogger, die an diesem Abend dabei waren und darüber berichten!
Na, gern geschehen! Ich freue mich, dass es Winzer gibt – egal, ob Hobby oder Profi – die solche Weine aus solchen Rebanlagen machen. Wie es Charlie schon geschrieben hatte: Das ist etwas für Liebhaber, bei der Herstellung und beim Konsum. Aber schließlich weiß man spätestens seit Romeo und Julia, dass Liebhaber nicht diejenigen mit dem geringsten Schwung sind ;).
Pingback: Originalverkorkt im FAZ-Blog »Stützen der Gesellschaft« – Wurzelecht und bunt gemischt » originalverkorkt
Durchgelesen bis zum Schluss, lieber Genussenzyklopäde! Und ich alleine hätte mit meiner Begeisterung Grugahallen gefüllt..
Übrigens: Ist das hier nach wie vor die vollständigste Liste zum Thema?
http://michael-liebert.de/weintipps/historische-rebsorten-in-deutschland-liste-der-erzeugerer/
Gibt es eine aktuellere Version?
Ich war mal auf einem Konzert (Aziza A, sehr gut übrigens) mit drei Zuhörern, also durchaus weniger Menschen als auf der Bühne. Ein Grugahallen-Erlebnis Deiner Planung würde das vermutlich noch deutlich toppen ;).
Das mit der Liste weiß ich nicht ganz genau, ich hatte diese Liste damals auch von Thomas bekommen. Da er aber laufend aktualisiert, müsste inzwischen eine neuere Version verfügbar sein. Ich schick Dir mal seine Daten, falls Du sie nicht hast.
Hallo utecht!
an einer aktuelleren Version der Liste arbeite ich seit – ääähmm – geraumer Zeit ,-)
Gründe: Manche Winzer lassen sich viel Zeit mit der Beantwortung meiner freundlichen Fragen. Vor allem aber habe ich beruflich und prüfungstechnisch alle Hände voll zu tun. Vorab aber soviel: Die Liste wird wesentlich länger, weil sich
a) erfreulicherweise immer mehr Winzer mit dem Thema befassen und historische Sorten als Nischenprodukt entdecken.
b) ich viele weitere Weine gefunden habe, von denen ich bei der ersten Version noch nichts wußte. Die Veröffentlichung bei Michael Liebert war da hilfreich.
Also: Ich bitte noch um Geduld. Das nächste Probenprojekt gilt den sortenreinen deutschen Weinen aus historischen und autochthonen Rebsorten. Andreas Jung würde von “Traditionssorten” sprechen.
Muss ich jetzt wirklich die Grugahalle mieten? 😉
Hallo in die unbekannte Runde. Vielen Dank erstmal für den wunderbaren Artikel und auch für den Rest… Der Vollständigkeit halber gibt es im fränkischen Theilheim das Weingut Wallrapp mit einem altfränkischen Satz. Ich habe ihn nicht probiert, ein Freund hat mich darauf aufmerksam gemacht- da sich der Alte Satz von Zang bei uns größter Beliebtheit erfreut. Interessant ist auch die große Schnittmenge des Weins, soll heißen unabhängig aus welcher Trinkrichtung man kommt, er schmeckt eigentlich nahezu allen. Das ist eher selten.
Dankeschön, passt ja hervorragend in die Reihe!
Ich habe mal auf der Homepage des Weinguts nachgeschaut (http://www.bio-weingut-wallrapp.de/): Das Weingut ist in Theilheim, also in der Nähe von Würzburg, der Weinberg für den Altfränkischen Satz liegt aber in der Machtilshäuser Sommerleite, nicht weit von der Autobahnabfahrt Hammelburg, mehr als 50 km nördlich im Bereich Fränkische Saale. Scheint also auch ein Fall von Erbschaft/Pacht/Zufall zu sein, wie das Weingut an dieses Schätzchen gekommen ist. Aus der Luft sieht der “Weinberg” sehr interessant aus: Südsüdwest-Lage, Trockenrasen, bisschen Streuobst, praktisch nicht mehr bestockt, aber eine angedeutete Terrassierung mit alten Steinmauern. Das dürfte definitiv ein Wein für die nächste Runde sein 😉
Das ist ja richtig gut. Sehr umfangreich und informativ.
Kenne noch einen: Juliusspital Gemischter Satz in der Doppelmagnum.
U.a. in Österreich sind gem. Sätze sehr verbreitet und werden dort auch gepflegt: Haijzan, Herrenhof-Lambrecht, Thallern.
Hoffentlich kann man die Rebanlagen retten, das sind echte Raritäten.
Soweit ich gehört habe (hatte mir Hannes Schuster mal gesagt), sind in Österreich die wurzelechten Gemischten Sätze sehr selten – wenn es sie denn überhaupt gibt. Dafür sind die nicht-wurzelechten halt richtig prominent ;). In der neuen EU-Weinverordnung ist der österreichische Gemischte Satz sogar der einzige, der zulässigerweise auf die Flaschen gedruckt werden darf. Das haben die Deutschen irgendwie verpasst…
Ich kenne bisher drei wurzelechte gemischte Sätze in Österreich. Alle nicht aus Wien…
So weit ich weiß, war (in der aktuellen Weinliste findet man ihn nicht mehr) dder Wein vom Juliusspital aus dem Würzburger Stein und bestand nur aus gepropftem Riesling und Silvaner. Als echten Mischsatz kann man ihn wohl nicht bezeichnen.
Laut Juliusspital ist es eine spotan vergorene Spätlese, 2011 erstmals im normalen Bocksbeutel abgefüllt – in homöopathischer Menge allerdings.
“Der fränkische, gemischte Satz im Juliusspital ist ein Cuvée aus besonders alten Klonen vom Silvaner (70%), Riesling (5%), Gelber-Muskateller (5%), Gewürztraminer (5%), Roter-Gutedel (5%) und Elbling (10%)”.
Ob das ein gesuchter wurzelechter gemischter Satz ist weiß ich nicht. Habe jedenfalls ein paar Flaschen für die Wissenschaft erworben, der Wein ist im Netz u.a. hier erhältlich http://www.riservaprivata.de/product_info.php?info=p341_Gemischter-Satz-Spaetlese-trocken-2011.html.
Conne hatte recht und den Wein gibt es immer noch.
Aber für den aufgerufenen Preis gibt es viel spannendere Weine aus gemischten Sätzen.
Bis heute sind die ECHTEN, also die so seltenen wurzelechten gemischten Sätze fast alle viel günstiger.
…was natürlich auch ein bisschen damit zu tun haben mag, wo diese Schätzchen stehen (geblieben sind) und wer sie heute noch bewirtschaftet 😉 . Außer Castell fällt mir spontan kein anderes deutschlandweit richtig bekanntes Weingut ein (also richtig bekannt), das einen Wein aus einem wurzelechten Mischsatz herstellt. Luckert natürlich, aber der Creutz ist ja eher reinsortig Sylvaner als gemischt. Und Scholtens und Zang machen ihre definierten Spitzenweine daraus. Aber sonst sind ja – und zum Glück gibt es sie! – viele Liebhaber und Kleinwinzer dabei, die die Weine für ein eng begrenztes Umfeld machen.
Die historischen Rebsorten haben dank Uli Martin und Andreas Jung ja mittlerweile Fahrt aufgenommen. Und man kann sie als Winzer neu bestellen, was mit den alten wurzelechten Mischsätzen nachvollziehbarerweise nicht geht. Letztere sind weiterhin (würde ich zumindest so sehen) zwar vor Ort viel geliebte, aber dennoch absolute Geheimtipps geblieben. Was mir persönlich dabei vielleicht ein bisschen fehlt, ist der handwerkliche Mut bei der Weinbereitung. Spontangärung, Ausbau im gebrauchten Holz, unfiltrierte Abfüllung (also das Geisenheimer Standardprogramm mittlerweile) – dafür stehen die wurzelechten Mischsätze bislang noch nicht.
@ conne:
Herzlichen Dank für die Info. Ich werde versuchen noch ein paar Flaschen davon zu bekommen. Überraschend ist für mich dabei, dass der wein nicht beim Juliusspital selbst nicht verkauft wird! Ein “wurzelechter satz” dürfte es wohl nicht sein, aber ich werde da mal nachforschen, ob es denn ein Cuvée, also eine Mischung aus Grundweinen, oder ein Mischsatz im Anbau ist. Ich freue mich aber über jeden Versuch den Mischsatz wieder zu beleben. Wenn Sie auf Ihren Weinexkursionen auf weiter Mischsatze stoßen, lassen Sie es mich bitte wissen!
Ich habe dieser Tage ein paar dieser Weinberge in Franken gesehen.
Man muß den Berg lieben.
Arbeit ohne Ende. Oft nur über uralte Treppen (Steinbach) oder schmalste Gassen (Zeller Schloßberg, insbesondere Mühlfelder, aber auch Götz) erreichbar.
Ich glaube nicht, daß der Rimbacher Landsknecht der älteste ist. Ein Kandidat ist der Wipfelder Anno Domini. Und bei den anderen unbekannten (z. B. Ickelheimer Schloßberg. Oder auch Zell. Oder auch …) halte ich Überraschungen für möglich.
Hallo Günter,
nach allem, was die Fachleute wissen, ist der Landsknecht der älteste gemischte Satz Deutschlands. Der Anno Domini ist zwar urkundlich früher erwähnt, aber die Reben stammen nicht aus dieser Zeit. Bis 1950 wurden immer wieder wurzelechte Reben nachgesetzt, die meisten Stöcke sind über 100 Jahre alt.
Eine umfangreiche Liste schicke ich Dir gerne kostenlos zu.
Schönen Gruß
Thomas Riedl
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Kann mich der Begeisterung, was gemischte Sätze betrifft, nur anschließen, nachdem ich am 2.5.15 im Würzburger ‘Stachel’ einen 2014er ‘Alten Satz Rimbacher Landsknecht’ von Otmar Zang getrunken habe.
Hallo zusammen,
die Interessengemeinschaft Alter Fränkischer Satz ist in Zusammenarbeit mit Slowfood endlich online: http://alter-fraenkischer-satz.de/
Die ehrenamtlich erstellte Seite befindet sich im Aufbau, die Webmaster freuen sich deshalb über Ergänzungsvorschläge und konstruktive Hinweise.
Beste Grüße
Thomas Riedl
Pingback: Von Berlin nach Klingenberg | Chez Matze
Hallo liebe Freundinnen und Freunde der (wurzelechten) gemischten Sätze!
Zu einer besonderen Weinprobe laden die Interessengemeinschaft „Alter Fränkischer Satz“ und Slow Food Hohenlohe-Mainfranken am Samstag, 23. Februar 2019, ab 18:30 Uhr in die Greisingsäle in der Würzburger Neubaustraße ein.
Vorgestellt werden von den winzern persönlich 12 rare Weine vom Alten Fränkischen
Satz aus dem jeweils aktuellen Jahrgang.
Moderiert wird die Probe von Josef Engelhart, Weinbautechniker an der LWG Veitshöchheim. Außerdem hält der Rebsortenkundler Andreas Jung einen passenden Vortrag über die historischen fränkischen Rebsorten „Adelfränkisch, Grünfränkisch,
Vogelfränkisch und den Fränkischen Burgunder“. Zur Stärkung gibt es eine Brotzeit mit fränkischen Spezialitäten.
Eintritt: 29,- € für Mitglieder von Slow Food und 34,- € für Nichtmitglieder.
Anmeldung bitte bis zum 16.02.2019 über [email protected], weitere Informationen über die Webseite http://www.slowfood.de.
Herzliche Grüße
Thomas Riedl
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Hallo liebe Freund*innen der wurzelechten gemischten Sätze,
es wird ja Zeit, mal einige Aktualisierungen zu vermelden! Zuerst die negative:
Der “Locher” im Alsenztal ist mittlerweile aufgegeben und möglicherweise sogar gerodet worden. Eine Schande!
Familie Barthelme bewirtschaftet die wurzelechte Parzelle in der Rüdesheimer Goldgrube zwar weiterhin, aber es gibt in mehreren Jahren aus mikroklimatischen Gründen keinen Wein und die Familie reagiert kaum auf Anfragen.
“Rudis Wengertzüpferla” gibt es als Wein (zum Glück) auch nicht mehr. Die Parzelle in der Hergolsheimer Mainleite steht aber prächtig da und genauso prächtig ist der Wein, den Uwe Geßner nun seit ein paar Jahren daraus gewinnt. Wird im gebrauchten 300 Liter-Fass ausgebaut, hat Saft, Dichte, Mineralität, Struktur und Länge. Ein vielseitiger Essenbegleiter, der sich für berechtigte 14.50 € sehr gut verkauft.
Über das Weingut hat Matze ja schon im Zusammenhang mit dem Wettbewerb “Großes Gold Franken” berichtet. Ich war im Juli vor Ort und kann über die Weißwein-Kollektion nur sagen: “Hut ab!” Wer mal in der Nähe ist, sollte hinfahren und vor Ort probieren.
Toll entwickelt hat sich auch Peter Götz in Zell am Ebersberg. Vorgestern habe ich seinen 2020er Alter Fränkischer Satz zu Endiviensalat mit Orangen, Äpfeln, Walnüssen und Walnussdressing sowie danach zu einer Rosenkohltorte getrunken. Wunderbar! Klarapfel, etwas Birne, Zitronenzeste, Kräuter in der Nase. Sehr würzig im Mund, wunderbar balanciert, 12,5% Vol., lang. Den 2022er gibt es ab Hof für mehr als berechtigte 12.50 €. Sein teuerster Wein und doch ein Schnäppchen!
Inzwischen 16.00 € kosten die “Alten Reben” vom Forellenhof Baumann. Ebenfalls ein sehr schöner, in warmen Jahren kraftvoller, knochentrockener und extraktreicher Wein, der auch vielfältig als Speisenbegleiter eingesetzt werden kann. Ich war übrigens im Frühjahr 2022 vor Ort und habe im sehr gut besuchten Restaurant leckeren Karpfen gegessen.
Ein absoluter “best buy” ist und bleibt der “Anno Domini” von Herbert Schneider in Wipfeld für aktuell 7.00 €. Im Juli war ich vor Ort anlässlich einer Slow Food-Veranstaltung und Herbert Schneider hat uns beeindruckend die Arbeit in seinem seit 1723 ummauerten Kleinod erläutert.
Die absoluten “maniacs” auf dem Gebiet der wurzelechten Mischsätze sind inzwischen Nico und Noël Scholtens aus Fatschenbrunn. Sie nennen mittlerweile vier wurzelechte Parzellen ihr eigen. Ihr 2018 Alter Fränkischer Satz, Select trocken ist ein wurzelechter gemischter Satz vom anderen Stern. Ich behaupte, dass er gut belüftet und in großen Gläsern qualitativ gesehen in jeder Probe weißer Burgunder oder Grosser Gewächse mithalten könnte. Und darum ist er seine 42.00 € auch wert. Da steckt eine wahnsinnige Arbeit in jeder Flasche. Auch der FALSTAFF (92/100) und Captain Kork (5*/5*) waren begeistert.
Preislich den Gipfel erklimmt inzwischen Andreas Roppel, der 2021 den Ickelheimer Schlossberg von Ulrich Bürks und dem Slow Food-Convivium Mainfranken-Hohenlohe übernommen hat. “Stickelwein” nennt er den Wein jetzt und bot den ausverkauften (!) 2022er für 65.00 € an.
Ja, und 10 Jahre nach der Vergleichsprobe vom Januar 2013 überlege ich ernsthaft, im kommenden Jahr mal wieder so eine Probe zu organisieren. Vielleicht mit einem kleinen Seitenblick nach Österreich?
Beste Grüße
Thomas