Bella Italia, so eine Überschrift sagt eigentlich alles! Oder auch nichts, denn »schönes Italien« an sich besitzt ja doch eine überschaubare inhaltliche Aussagekraft. Was ich euch hier zeigen möchte, sind Weine aus Italien. Besonders gute Weine. Um nicht zu sagen, die klassische Spitze dessen, was ich im Verlauf des letzten Jahres an (jungen) Weinen aus Bella Italia probiert habe. Dabei sind auf jeden Fall die freundlichen Herren vom Ätna auf dem Foto oben, aber auch elf andere Weingüter, vom Stiefel bis zum Alpenhauptkamm. Etliche Weine habe ich mir nach dem Testen privat auch zugelegt, es sind also ganz praktische Kauftipps dabei…
Bella Italia! Wie informiere ich mich?
Manchmal wenn ich wildes, ungeschwefeltes Zeug trinke, denke ich, ich wäre richtig dran am Puls der Zeit. Manchmal hingegen habe ich das Gefühl, 100 Jahre alt zu sein. So wie diesmal. Warum? Ich blättere liebend gern in Büchern. Bücher! Für den unwahrscheinlichen Fall, dass ihr so ähnlich drauf seid, habe ich euch hier vier meiner Weinbücher über Bella Italia abgebildet.
Links das absolute Standardwerk von Ian d’Agata, »Native Wine Grapes of Italy«. Kostet 50 € und ist jede Lira davon wert. Informativ, für uns Freaks auch unterhaltsam, massenhaft Tipps für rebsortenreine Weine. Rechts daneben der Slow Wine Guide. Der meiner Meinung nach beste seines Fachs, weil die Weingüter in einer Tabelle Angaben zu dem machen, was sie in Weinberg und Keller tun. Weiter rechts der Gambero Rosso. Früher musste ich jede Ausgabe davon haben, heute ist er für mich verzichtbar. Schließlich noch ganz rechts außen der erste Falstaff Italia-Guide. Ich muss sagen: deutlich besser als erwartet. Die Falstaff’ler haben sich doch tatsächlich Weine von solchen Weingütern wie Bartolo Mascarello oder den Sassicaia besorgt und getestet. Klar, abseits der bekannten Regionen wird es mager. Aber toskana-mäßig ist zum Beispiel fast alles dabei, was Rang und Namen hat.
1. Pietradolce/Sizilien
Beginnen möchte ich unsere Reise durch Bella Italia ganz im Süden, bevor wir uns dann langsam nach Norden hangeln. In Sizilien ist ja seit einiger Zeit ein kleines Weinwunder unterwegs. Nicht mehr langweilige internationale Marmelade, sondern teils krasse und meist frische Sachen. Egal ob Marco de Bartoli, Salvo Foti, I Vigneri oder Gulfi, ich habe in den letzten Jahren wirklich spannendes Zeug aus Sizilien getrunken.
Dazu gehören auch die Weine von Pietradolce. 90% ihrer Weinberge liegen am Nordhang des Ätna, angepflanzt werden ausschließlich Carricante für die Weißen und Nerello Mascalese für die Roten. Und bei den Parzellenweinen der Letzteren merkt man überhaupt nicht, dass sie alle um die 14 vol% haben. Hellfarbig, spröde, kräuterig, jung auch bissig, sehr individuell und für Fans des Besonderen. Der kleine Etna (17,90 €, gibt’s alle bei Superiore) ist noch ziemlich zupackend, nach oben hin wird es immer feiner. Den Rampante (31 €) habe ich mir in den Keller gelegt, der Barbagalli (110 €) ist für wirklich festliche Tage. Gleichzeitig almodisch und Avantgarde.
2. Mastroberardino/Kampanien
Über die Roten von Mastroberardino hatte ich schon im Artikel Entdeckungen von der ProWein 2023 geschrieben. Die Rebsorte Aglianico kann wirklich große Weine hervorbringen, weil sie eigentlich immer eine Säurepikanz besitzt, die sie nicht in die Breite gehen lässt. Auch der Mastroberardino-Spitzenwein Stilèma liegt bei 13 vol%, vergleicht das mal mit Apulien… Mein Liebling – ich bin manchmal halt doch ein Traditionalist – war trotzdem der Radici Riserva (gibt’s für ca. 38 € bei mehreren Online-Händlern).
Fast noch überraschender finde ich die Mastroberardino-Weißen aus den Rebsorten Falanghina, Greco und besonders Fiano. Gleichzeitig tropisch, nussig und frisch kosten sie wie die besten Verdicchios kaum einmal über 20 €.
3. Pian dell’Orino/Toskana
Fliegender Wechsel in die Toskana, in der wir auch eine Weile bleiben werden. Ich muss aber auch zugeben, dass mir Sangiovese als Rebsorte gut gefällt. Jung mit Frucht, im Alter komplex, und dabei praktisch nie matt – wie Merlot es sehr gern mal werden kann. Pian dell’Orino ist ein, erst recht für italienische Verhältnisse, winziges Weingut von 6 ha Rebfläche. Dafür gibt es auch in den jährlich 23.000 Flaschen keinen kleinen Wein. Der Rosso di Montalcino (49,52 € bei Lebendige Weine) stammt aus dem recht regnerischen Jahrgang 2018. Winzerin Caroline Pobitzer sagte mir aber, dass Sangiovese ein wenig Regen durchaus mag und ihr die trockenen Jahre viel schwieriger erscheinen.
Im Allgemeinen sind die Pian dell’Orino-Weine nämlich vollständig auf der eleganten Linie, und das zeigt der Rosso auch. Der Brunello Vigneti di Versante 2016 (119 € bei Superiore) hat hingegen mehr Kraft zu bieten. Bittermandel, Kernigkeit, hohe Pikanz, alles super eingebunden. Natürlich kann man den jetzt schon aufmachen, aber für die ideale Harmonie darf er ruhig noch einige Jahre warten.
4. Fontodi/Toskana
Fontodi gehört wie Fèlsina zu den absoluten Klassikern der Chianti-Region. Wenn ich jetzt einen Roten von ihnen aufmachen müsste, dann wäre es der Filetta di Lamole, den es für gut 20 € bei vielen Weinhändlern gibt. Das ist eine etwas kühlere Lage, die sich (der Name deutet es an) in Lamole befindet, ein wenig entfernt von den anderen Weinbergen in Panzano. Hellfarbig, frisch, ein super Speisenwein.
Die beiden anderen Weine sind dagegen im Top-Jahrgang 2019 sehr reif geworden. Sehr tanninlastig auch und insgesamt enorm lagerbedürftig. Die Vigna del Sorbo Gran Selezione (70 € bei Lieblings-Weine) zeigt bei aller Wucht dennoch eine fein kirschige Art. Der Flaccianello 2019 (129 € bei Lobenberg), im Falstaff-Guide mit 99 und bei Parker mit 98 Punkten bedacht, ist mir persönlich derzeit echt too much. Extrem Kraft, Würze, Säure, zwar mit balsamischen Zwischentönen, aber insgesamt sehr fordernd und konzentriert. Ein Monument, das meiner subjektiven Einschätzung nach mehr Zeit braucht als ich sie habe. Bildet euch aber wie immer gern euer eigenes Urteil.
5. Il Poggione/Toskana
Die Weine der Tenuta Il Poggione sind da von einem ganz anderen Kaliber, im Guten wie im Bösen. Immerhin 140 ha stehen im Gemeindegebiet von Sant’Angelo in Colle unter Reben, und die Poggione-Weine gehören weder zu den besonders gelobten noch den besonders teuren Exemplaren ihrer jeweiligen Kategorie.
Der »einfache« Brunello aus dem Jahrgang 2018 (gibt es bei einer ganzen Reihe von Shops, derzeit aber überall noch den 2017er, zum Beispiel 35,90 € bei Scheurich) wirkt trotz seiner ebenfalls 14,5 vol% auf dem Etikett ziemlich leicht, hell, charmant und in einem altmodisch-mürben Stil gehalten. Die Gerbstoffe sind allerdings kräftig, und das gilt auch für die 2016er Riserva von der Vigna Paganelli (65,93 € bei Wein & Co). In der Nase Holz, sehr duftig, Gewürze, Kräuter, also nicht stark auf der fruchtigen Seite. Im Mund dann mit viel Säure, viel Pikanz, viel Tannin, dabei hellfarbig in Angesicht und Trunk. Bei 15 vol% für mich dennoch sehr ausgewogen, exzellente Struktur und wirklich etwas für Freund*innen eines weniger extraktreichen Stils.
6. Tenuta di Carleone/Toskana
War Il Poggione zwar wenig extraktreich, aber auch altmodisch, bietet die Tenuta die Carleone (ich weiß ich weiß, völlig andere Gegend) einen ebenso definierten, aber eben modern-schlanken Cool Climate-Ansatz. Sean O’Callaghan war vorher Kellermeister bei Riecine, hat das Weingut nach dem Besitzerwechsel aber verlassen und darf jetzt bei Karl Egger seiner Stilistik frönen.
Der Randagio ist ein reinsortiger Cabernet Franc, ganz nett, aber interessanter wird es für mich beim Chianti Classico. Die 2019er Version ist offenbar so gut gelaufen, dass alle Shops bereits den 2020er im Programm haben (23 € bei K&U). Für das Geld gibt es einen supersaftigen, feinen, direkt ansprechenden Wein. Der Uno (59 € bei Superiore) ist eine Parzellenselektion, und zwar im Sinne der feineren, eleganteren Partien. Worauf das hinausläuft, zeigt sich besonders beim experimentelleren Il Guercio (48 € bei K&U). Die Parzelle liegt auf 700 m Höhe, es wird viel mit Ganztrauben gearbeitet, der Ausbau erfolgt in der Amphore. Das Ergebnis ist ein echter Naturwein, aber sehr präzise, ätherisch, zart, Kirsche, Minze, nachhaltig, ein total eigenständiges Exemplar. Je hochwertiger die Weine bei Carleone sind, desto eleganter werden sie. Nicht etwa kräftiger oder lauter.
7. Montevertine/Toskana
Letztes Toskana-Weingut, auch hier nix mit Merlot und keine Reifemonster, sondern schlanke, aber raffinierte Weine. Im Natürlichen Dienstag hatte ich sowohl das Weingut Montevertine als auch die Weine schon besprochen. Der Pian del Ciampolo 2020 (27,75 € bei der Wein-Bastion) ist dabei so zart, dass er fast schon fragil wirkt. Mit dem Junior des Hauses diskutiere ich über die neuesten Entwicklungen in der Toskana, und er meint, dass es ihm fast schon ein bisschen zu weit gehen würde mit der Kargheit. Alles will Cool Climate nachbilden, schlank sein, nordisch, avantgardistisch. Lustigerweise ist das unter den echten Freaks mittlerweile weltweit angesagt, während gleichzeitig das Massenpublikum den Doppio Passo mit fett Alkohol und Restsüße zu seinem Lieblings-Italiener erkoren hat. Die Ungleichzeitigkeit der Entwicklungen. Immerhin kommt auf diese Weise eine enorme Stilvielfalt auf den Markt.
Der Montevertine 2019 (59 € bei Lieblings-Weine) ist schlichtweg ein großer, eleganter Wein. Der Kult-Sangiovese Le Pergole Torte 2019 (259,40 € bei 8wines) zeigt sich strenger in Tannin und Struktur, etwas kirschkerniger, braucht also noch länger, ist aber im selben extrem ausgewogenen Stil gehalten.
8. Al di là del Fiume/Emilia-Romagna
Mal wieder etwas Preiswerteres gefällig? Dann auf zum Al di am Fluss, ein etwas billiger Gag, ich weiß. Es handelt sich dabei um einen kleinen biodynamischen Betrieb mit 4 ha Reben und Agriturismus, gleichzeitig alternativ und am Puls der Zeit. Der Fluss Reno ist direkt nebenan, die Gastro-Metropole Bologna als nächste Stadt liegt 50 Autominuten entfernt.
Mir hatten es in der kleinen aber bunten Auswahl zum einen der Albana Fricandò angetan (19,50 € bei Callmewine), besonders aber der Grechetto Birichèn (15,47 € bei Decántalo). Ersterer ist ein stiller Maischegärer, letzterer ein Schaumwein mit Flaschengärung. Aber unfiltriert, ungeschwefelt, auch minimal gerbig, trocken, leicht, frisch, ein großartiger Speisenbegleiter und Partywein. Das ist für mich Bella Italia im Quadrat. Superauthentisch, Charakter mit großem C und Spaß mit großem S.
9. G.D. Vajra/Piemont
Sophie Vaira stammt vom Niederrhein, hat an der »Slow Food Uni« der Gastronomischen Wissenschaften in Pollenzo studiert, dort Giuseppe Vaira von G.D. VAJRA kennengelernt, die beiden haben geheiratet, und da sind sie nun. Wer sich übrigens wegen der Schreibweise gefragt haben sollte…, das Weingut VAJRA schreibt sich in Großbuchstaben, und das alte italienische I wird J geschrieben (unnützes Wissen: die Raststätte Irschenberg südlich von München wurde auch lange Jahre auf den Schildern als JRSCHENBERG angekündigt – wer erinnert sich noch?). Viel wichtiger sind hier allerdings die Weine, und ich habe die ganze Range durchprobiert. Das Weingut ist übrigens seit 2019 bio-zertifiziert – so wie die Mehrzahl der Produzenten in diesem Artikel.
»Ganz unten« gibt es mit dem Moscato d’Asti (13,98 € bei Vinello) eine total köstliche und überhaupt nicht belanglose 5,5 vol%-Version. Dann kann ich euch sehr den Barbera Superiore 2021 empfehlen, trotz nominell hohen 15 vol%. Aber das ist eine unglaublich komplexe, auch expressive Erfahrung. Schön übrigens die Beschreibung von Thaler Weine, wo es den Wein für 25,50 € gibt: »brütend und geschichtet«. An der Spitze stehen die Baroli. Der Bricco delle Viole 2019 (88 € bei Lobenberg) als Herzstück des Weinguts zeigt sich mit tiefer Substanz und Nachhall, während der von sandigerem Boden stammende Coste di Rose 2019 (56 € bei Lobenberg) die etwas elegantere Version darstellt. Man kann sich daran gewöhnen…
10. Vietti/Piemont
Vietti ist ebenfalls ein großer Name im Piemont mit einer unglaublich breiten, im Prinzip kompletten Auswahl piemontesischer Weine. Vietti gehört mittlerweile zwar zur Krause Group, die daneben Supermärkte in den USA und zwei Fußballvereine besitzt, aber die Weine kennen eigentlich keinen einzigen Ausfall.
Interessanterweise, und da fühlte ich mich doch an Fontodi vs. Montevertine erinnert, haben mir die kraftvollen und zupackenden großen Baroli weniger gefallen als der Wein im Bildzentrum. Der Barbaresco Roncaglie Masseria 2019 (117 € bei Vinospirit) ist wirklich sehr hellfarbig, säurepikant, salzig, frisch, wahnsinnig klassisch und einfach sehr gut. Ian d’Agata ist ja ohnehin unabhängig vom Hersteller der Meinung, dass der generische Barbaresco oft eine bessere Figur abgibt als der generische Barolo, nur den schlechteren Ruf besitzt.
11. Tedeschi/Venetien
Bella Italia sind große Weine aus Piemont und Toskana, sind individuelle Interpretationen aus Sizilien und Kampanien, sind aber vor allem auch wunderbare Alltagsweine, die kein Loch in den Geldbeutel reißen müssen.
In letzere Kategorie gehört der Valpolicella Lucchine 2021 von Tedeschi (gibt’s bei vielen Shops, u.a. Superiore für 7,90 €). Bestehend aus den Rebsorten Rondinella, Corvina, Corvinone, Molinara, Rossignola, Negrara und Dindarella ist das wahrhaftig eine Cuvée, uritalienisch, ideal zu solchen Plattitüden wie Pizza und Pasta. Hat mir tatsächlich unheimlich viel Spaß gemacht, selbstverständlich ohne qualitativ mit den Granden mithalten zu können. Da ich mich aber mit den großen Roten des Veneto wie Amarone oder Ripasso stilistisch ein bisschen schwer tue, sei euch dieses zugegeben konventionelle Schätzchen empfohlen.
12. Kellerei Eisacktal/Südtirol
Ganz im Norden grenzt Bella Italia an Tu Felix Austria. Dass es sich bei den Produkten der Kellerei Eisacktal um hundertprozentige Alpenweine handelt, braucht man niemandem extra zu erklären, der schon einmal dort gewesen oder zumindest durchgefahren ist (und das sind wahrscheinlich die allermeisten Menschen, die ich kenne). Als Silvanerfreak hatten es mir natürlich besonders die Südtiroler Interpretationen dieser Rebsorte angetan, die leider oft eine gewisse Tendenz zur Breite besitzt.
Mein Favorit war der Wein rechts auf dem Foto, der Sylvaner Sabiona 2019 (30,90 € bei Weinober). Die Reben stehen direkt unterhalb von Kloster Säben auf einem Sporn, der Ertrag ist mit 25-30 hl/ha bescheiden, der Ausbau erfolgt in Tonneau und Barrique, 2.500 Flaschen gibt es insgesamt. Struktur, Würze, aber auch Frische sind auf hohem Niveau vorhanden, müssen sich nur noch ein wenig einbinden. Ein wahrhaft großer Silvaner für die Zukunft. Geschäftsführer Armin Gratl sagte mir, der Weine könne durchaus 10-15 Jahre reifen, und das glaube ich ihm dank gewisser Erfahrungen aufs Wort.
Bella Italia nächstes Mal…
Als ich die ProWein verlasse, komme ich noch an einem Stand vorbei, der gerade abgeräumt ist: Alois Lageder. Oh nein, denke ich mir, da liegen ja die Kometen! Was das ist? Das sind Versuche, One-Shots, der Kreativität des Teams in Margreid geschuldet. Bei allen klassischen Errungenschaften ist Italien weinmäßig nämlich auch ein Hort der Innovation und der Spielfreude. Bei der Summa letztes Jahr hatte ich mich im Lageder-Portfolio auf die Vertikale des Cor Römigberg konzentriert, aber zum Glück werde ich diesen Sommer vermutlich wieder in Bella Italia sein und ein paar nachholende und vermutlich auch überraschende Entdeckungen machen können.
In diesem Sinne Frohe Ostern!
Mit großem Interesse gelesen, schockiert über die Preise.
Meine Erfahrungen mit Italiens Weinen liegen hauptsächlich in den Jahren von 1980 bis 2010. Zu der Zeit machten wir noch Weinurlaub in der Toskana, Umbrien, Piemont, Friaul und und …..Bin sehr froh das alles noch zu erschwinglichen Preisen erlebt zu haben. Die letzten 10 Jahre war eher Südtirol unser Ziel von München aus, auch hier hat sich viel verändert. Gruß aus München
Ja, die Preise haben sich extrem verändert, auch in Südtirol. Es gibt natürlich weiterhin preiswerten Wein in Italien, auch geschmacklich sehr anständigen. In dem Artikel hatte ich ja den Fokus auf die “besten” italienischen Weine gelegt, die ich probiert habe. Also erst rein qualitativ – nach dem Preis habe ich dann erst danach gefragt 😉
Hallo zusammen,
die Preise in Südtirol für Weine aus Rebsorten, die wir alle auch in Deutschland haben, erscheinen auf den ersten Blick in der Tat abgedreht. Sie lassen sich aber erklären:
Zum einen lieben die Italiener*innen die Weißweine aus dem Alto Adige, weil sie qualitativ ja wirklich gut sind und es in Italien kaum vergleichbares gibt. Dann ist das Gebiet mit seinen 5.400 ha wirklich klein. Die Südtiroler Tourismusbranche hat es verstanden, den regional erzeugten Wein ebenso wie andere Agrarprodukte (Äpfel, Esskastanien, Käse, Destillate) in ihren Markenkern zu integrieren und das Image insgesamt anzuheben. Billigtourismus will man da nicht mehr haben.
Und die sonnen- oder schnee- oder weinsehnsüchtigen Abnehmer wälzen sich das ganze Jahr in endlosen Blechkarawanen und mit gut gefüllten Portemonnaies durch die Täler…
So betrachtet, sind die Preise doch fast noch bescheiden.
Ihren Preis wert sind nach meiner persönlichen, breiten Vergleichserfahrung manche Vernatsch von sehr alten Reben, die die besten deutschen Trollinger, die man auch nicht geschenkt bekommt, qualitativ wirklich übertreffen und manche Sylvaner aus dem Eisacktal, weil die dortigen Böden aus verwittertem Urgestein eine andere Mineralität reinbringen, als es in Deutschland möglich ist.
Ansonsten gilt doch für Italien m. E. das Gleiche wie für alle anderen Weinanbauländer: Die berühmten Etiketten und Namen meiden, Fachliteratur und Fachzeitschriften (Merum) sowie Spezialblogs zu Rate ziehen! Dann findet man mehr Schnäppchen und Trüffeln, als man konsumieren kann.
Salute!
Hallo,
als Italienisch Weinsozialisierter habe ich deinen Artikel gern gelesen. Ist ja auch vieles dabei gewesen, dass Qualität und Klasse besitzt.
Nachdem ich die letzten Jahre schon wiederholt über die teilweise sehr enormen Preissteigerungen gemosert habe, möchte ich nicht mehr wirklich in die gleiche Kerbe schlagen. Lamnetieren hilft einfach nicht, wenn der Zug schon abgefahren ist. In vielen anderen europäischen Weinregionen verhält es sich schließlich ähnlich, manchmal noch krasser, manchmal etwas moderater. Und “wir” Nerds sind mM schließlich nicht ganz unschuldig an diesen Entwicklungen… . Ich unke in diesem Zusammenhang jetzt mal, dass Fontodis CCl Filetta di Lamole im Preis gegenüber dem eigentlich gleichteuren CCl Fontodi deutlich anziehen wird. Es ist nicht die erste positive Erwähnung dieses Weins in den Sozialen Weinmedien, egal ob Blog, Podcast oder Forum. Über gute Verkäufe der Händler und des Produzenten wird sich das früher oder später entsprechend auswirken. jmtc
Wer das ganze Preisgeschehen schon länger beobachtet, wird auch wahrnehmen, dass die wirklich exorbitanten Preissprünge vorallem einerseits bei den grossen “Bs”, sowie allgemein bei den gehypten Etiketten-Produzenten und/oder gehypten Regionen erfolgen.
Sorry, da gilt, was mein Vorredner, Th. Riedl, richtig anmerkte: “Die berühmten Marken und Etiketten meiden, Fachliteratur … .”
Man wird Weine nicht wirklich 1:1 substituieren können, aber eben Neues entdecken und dabei seinen Horizont erweitern.
Teilweise gehts bei mir geschmacklich auch wieder mehr “back to the roots”. Ein Valpolicella muss kein Ripasso sein (und schon gar kein Amarone), klassische Valpolicella, wie bspw. der von dir genannte Tedeschi, oder auch ein roter Bardolino, bieten einfach angenehmen Trinkspass. Genauso geht’s mir bei Sangiovese. Da muss es für mich inzwischen weder BdM sein, ja nicht mal Chianti Classico. Für den Esstisch zu Hause gibt es trinkfreudige einfache authentische Chianti, bio-zertifiziert und noch unter 10 Euro – einfach für den täglichen Genuss.
Ja, ihr habt natürlich beide recht. Vielleicht hätte ich vorher warnen sollen, dass in dem Artikel kein einziger preisgünstiger Geheimtipp zu finden sein wird, sondern praktisch nur klassisches Zeug, das wie alle bekannten Luxusprodukte in der letzten Zeit starke Preissteigerungen erfahren hat. Wir wissen ja auch warum, Profiteure von Krisen, gesellschaftliche Ungleichentwicklung, kann man sehr viel darüber schreiben.
Tatsächlich war die Auswahl meiner persönlichen Beobachtung geschuldet, dass ich a) keinen Platz mehr im Keller habe und b) gar nicht weiß, wann ich die vielen mittelprächtigen Rieslinge und Konsorten, die ich mit weniger Ahnung gekauft hatte, je trinken soll. Altes Nerdproblem, kennt ihr vielleicht auch ;).
Also habe ich mir gedacht, nimm dir doch mal ein paar klassische Regionen und Interpretationen vor und schau, was dir da am besten gefällt. Dann kaufe eine Flasche statt sechs und pack die in den Keller. Da liegt jetzt zum Beispiel der Montevertine ;). Ansonsten hat Italien jenseits der ausgetretenen Pfade allein wegen seiner ungeheuren Reben-Biodiversität extrem viel zu bieten…
Hallo Matthias,
Du schriebst: “Ansonsten hat Italien jenseits der ausgetretenen Pfade allein wegen seiner ungeheuren Reben-Biodiversität extrem viel zu bieten”.
Dazu würde ich immer wieder gerne mehr lesen!
Autochthone Grüße
Thomas
Dann dürfte der nächste Sammelartikel ganz in deinem Interesse sein 😉 . Ich warte nur noch auf einen bestimmten Wein, weiß also nicht, wie schnell das geht. Aber es kommt garantiert.
Super!
Tempi passati…
Wird das noch was mit dem Sammelartikel über die autochthonen Rebsorten Italiens?
“Native Grapes of Italy” von Ian d’Assata habe ich jedenfalls schon hier liegen. Danke für den Tipp!
Ja, wird noch, ist aber nicht allein auf Italien bezogen. Ich habe schon alle Kandidaten ausgewählt, aber momentan zu viel “verpflichtende” Arbeit zu tun. Dauert also definitiv noch.