[In Kooperation mit dem Informationsbüro D.O. Ribera del Duero] soll es heute um genau eine Sache gehen. Um Rotweine aus Spanien, genauer gesagt (erraten!) aus der Ribera del Duero. Gern hätte ich die Weine an Ort und Stelle getestet, denn es ist atmosphärisch noch einmal etwas anderes, wenn man selbst im kastilischen Hochland sitzt. Aber gut, in aller Herrgottsfrühe auf dem Weg nach Düsseldorf zu sein, hat schließlich auch was… Warum Düsseldorf? Weil dort das Informationsbüro der D.O. Ribera del Duero zu einem großen Tasting eingeladen hatte (und freundlicherweise auch die ersten vier Fotos für diesen Beitrag zur Verfügung stellte). 50 Weine aus der Ribera galt es zu testen und nachher seine Favoriten zu küren. Aber bevor ich euch meine Tipps präsentiere, erst einmal ein paar Worte zur Region.
Ribera del Duero – die Landschaft
Ribera del Duero bedeutet so viel wie “Flussufer des Duero”, wobei der Duero genau jener Fluss ist, der als Douro in Portugal in den Atlantik mündet. Hier oben in der Meseta, der Hochebene in Zentralspanien, ist der Fluss noch entsprechend schmal. Allerdings hat er es fertiggebracht, ein beachtlich ausgedehntes Flusstal zu kreieren. Wir befinden uns mit den Weinfeldern auf einer Höhe von 700 bis 1.000 Metern über dem Meeresspiegel. Diese Höhenlage ist einer der wichtigsten Qualitätsfaktoren für die Weine. Warum? Weil es tagsüber im Sommer zwar richtig heiß wird, die Nächte aber immer kühl bleiben. Die Sonne gerbt die Trauben und lässt sie reifen, und die Kühle hilft, trotz der hohen Reife die Säure zu erhalten. Ein guter Ribera del Duero sollte also immer reif und stark und urspanisch sein – aber niemals plump.
Je weiter man von der Regionshauptstadt Valladolid nach Osten geht, desto mehr steigt das Land an. Es gibt rote, eisenhaltige Böden wie auf dem Foto, ebenso aber auch Abschnitte mit so hellem Kalkstein, dass man glaubt, in Jerez zu sein. Diese Böden sind der zweite Qualitätsfaktor. Allerdings ist die Ribera geologisch gesehen ziemlich komplex und vor allem kleinteilig. 36 verschiedene Bodentypen konnten ausgemacht werden.
Klimatisch ist die Region vor allem von zwei Faktoren geprägt, der bereits erwähnten Höhenlage und den Gebirgszügen, die sie von atlantischen Einflüssen fernhalten. Mit durchschnittlich 433 mm Jahresniederschlag ist es in Valladolid so trocken wie nirgends in Deutschland. Im Winter gibt es jede zweite Nacht Frost, was man in Spanien gar nicht erwarten würde, aber wir sind hier ja in der Höhe. Das sind harte klimatische Bedingungen, mit denen alte Reben dank ihres tief reichenden Wurzelwerks am besten umgehen können. Qualitätsfaktor #3 also: alte Reben mit niedrigen Erträgen.
Der große Aufstieg der Ribera del Duero
Eigentlich ist in der Ribera del Duero schon immer Wein angebaut worden. Eigentlich. Aber eine kontinuierliche Erfolgsstory, die von den Römern bis zum heutigen Tag reicht, gibt es nicht. Nach einer mittelalterlichen Hochphase der Klöster gab es nämlich einen Bruch. König Philipp II. verlegte im 16. Jahrhundert seinen Regierungssitz und damit die gesamte riesige Entourage von Valladolid nach El Escorial bei Madrid. Auf diesen Kundschaftsverlust waren die Winzer der Ribera nicht eingestellt, zumal sie anders als die Rioja in absehbarer Zeit keine Anbindung an internationale Handelsrouten als Ersatz fanden. Neben dem vermutlich berühmtesten spanischen Weingut, Vega Sicilia, dauerte es deshalb bis in die 1920er, bis eine zweite (ja, zweite!) Kellerei gegründet wurde – die Kooperative, heute als Protos firmierend.
Als die D.O. Ribera del Duero im Jahr 1982 aus der Taufe gehoben wurde, gab es erst neun Kellereien als Gründungsmitglieder. Heute sind es über 300, die das Siegel auf den Flaschen tragen. Die wirkliche Erfolgsgeschichte der Ribera del Duero ist also richtig jung. Zwar waren die naturgegebenen Faktoren schon immer da, aber es fehlte an Geld, an Einfluss, an Marktkenntnis und an internationaler Anerkennung. Genau das passierte in den 1990ern in einer atemberaubenden Geschwindigkeit. Torres aus Katalonien, Codorníu, Chapoutier, alle investierten hier. Mit Michel Rolland wurde der wohl bekannteste Berater der Welt engagiert. Und Robert Parker sorgte für die hohen Punktzahlen, die internationale Aufmerksamkeit garantierten. Allerdings: Schuld am Erfolg waren natürlich die Winzer selbst mit ihren Weinen. Alejandro Fernández’ Tinto Pesquera zum Beispiel als einer der ersten. Oder Peter Sisseck mit seinem Pingus, der mittlerweile gut und gern 1.000 € kostet.
Zeit für eine zweite Welle?
Der Erfolg der Ribera-Weine in den 1990ern und frühen 2000ern beruhte zu einem Gutteil darauf, dass jene den Zeitgeist voll trafen. Helle, saure und dünne Rotweine hatte man lange genug aushalten müssen. Die neuen Weine aus der Ribera del Duero aus Tinta del País, wie der hier besonders dickschalige Tempranillo in der Region genannt wird, sahen hingegen bereits vollkommen anders aus. Farbstark, kraftvoll, intensiv, tanninreich, mit spürbarem Barriqueeinsatz. Weil auch geschmackliche Moden immer wieder Schwankungen unterworfen sind, ist man mittlerweile jedoch ein wenig von den 200% Neuholz-Monstern abgekommen.
Genau das galt es aber zu testen, denn schließlich warteten 50 Ribera-Weine auf mich.
Das Tasting in Düsseldorf – Tempranillo galore!
Als wir den großzügigen Verkostungsraum im Wintergarten des Restaurants MASH betraten, war alles schon perfekt vorbereitet. Wir, das sind die in der Überschrift erwähnten Blogger, die man aber vielleicht besser als Influencer bezeichnen sollte. Die Bandbreite der präferierten Veröffentlichungsmedien reicht nämlich vom klassischen Blog über Instagram und Podcast, bis zu Film, Funk, Fernsehen, Schallplatte. Mit dabei waren (der Einfachheit halber alphabetisch gelistet und mit Internet-URL) Konstantin Baum (Meine Lese), Daniel Bayer (Wein Verstehen), Björn Bittner (BJR LeBouquet), Felix Bodmann (Schnutentunker), Jana Kreilein (The Wine Girl), Nikolas Rechenberg (Gourmetwelten), Marco Sansalone (The Wineblogger), Iris Shafie (Meine Auslese), Tobias Treppenhauer (Weinlakai) – und ich.
Und noch ein Namedropping, denn hinter den ganz in Schwarz bestrumpften Flaschen erkennt ihr im schicken roten Jackett unseren freundlichen Moderator Peer F. Holm, den Präsidenten der Sommelier-Union. Alle Weine wurden blind getestet, und zwar in zwei Gruppen. Innerhalb der Gruppen konnten wir uns natürlich austauschen, aber der berühmte Gruppenzwang kam überhaupt nicht auf. Tendenziell lagen wir ohnehin selten weit auseinander, denn so richtig kontroverse Weine hatte die D.O. uns nicht vorgesetzt.
Ribera del Duero – meine drei Favoriten
Ferratus AØ 2018
Die Nase startet mit einem leichten Stinker, der aber mit mehr Luft verfliegt. Am Gaumen ist das dann eine sehr schöne Mischung. Die Frucht bleibt eher auf der herben Seite, die präsenten Tannine strukturieren das Ganze. Das ist kein Roter, der ins weich-Vanillige abgleitet, und das gefällt mir. Kernig.
93 Punkte von mir. Den Wein von Ferratus gibt es für 10 € unter anderem bei Camino del Vino.
El Lagar de Isilla – Paraje Peñalobos 2018
In der Nase ist das Holz deutlich spürbar, und zwar auf eine moderne Art, zederig, vornehm, leicht Minze. Auch am Gaumen zeigt der (mir ja bis dato unbekannte) Wein, dass es hier einiges zu holen gibt. Kirsche und Brombeere auf der Fruchtseite, Intensität und Pikanz, feine Säure, langer Nachhall. Ein Wein für Freunde des perfekt Komponierten, des Dunklen, Tiefen, Reifegeeigneten. Sehr gut, ganz ohne Frage. Edel.
94 Punkte von mir. Den Wein von El Lagar de Isilla gibt es für etwa 35 € unter anderem bei La Torre.
F de Fuentespina 2014
Bleibt noch der Wein, der bei mir die meisten Punkte bekommen hat. Jener startet mit einer rauchigen Holznase im Stil des 21. Jahrhunderts. Am Gaumen gibt es überraschend viel Säure und viel Pikanz, die dann aber in einen bereits leicht angereiften, samtig-balsamischen Ausklang hineinschleichen. Ein Wein, der noch weiter lagern kann, um sich richtig zu finden oder aber dekantiert werden sollte. Wunderbarer Fruchtkern, zwar kräftig, aber weiter lebendig, starke Leistung. Solitär.
95 Punkte von mir. Den Wein von Fuentespina gibt es für knapp unter 30 € unter anderem bei Wein & Vinos.
Mein Fazit
Ich muss zugeben, dass ich mit leichten Bedenken in diese Verkostung hineingegangen war. Eigentlich bin ich nämlich überhaupt kein Fan von ultrastarken Holz- und Ölfruchtbomben. Oder von Weinen, deren Gerbstoffe den Gaumen einfach nur austrocknen. Genau solche Exemplare gab es (das muss man zugeben) in der Region während ihrer absoluten Boomphase. Als manche Weinmacher mit der Maxime even stronger than Parker an die Fässer gingen.
Ob so etwas gänzlich vorbei ist, vermag ich nicht zu sagen. Bei den 50 Weinen, die ich hier in Düsseldorf verkostet habe, waren derartige Exzesse aber extrem selten. Viel weniger Neuholz, viel weniger trockene Beerenauslesen. That having said, bleibt Ribera del Duero dennoch seinem Erfolgsstil treu: beerig, kräftig, ideale Steakweine. Zusätzlich kommen jedoch auch noch Tiefe, Eleganz und manchmal sogar eine belebende Lebendigkeit ins Spiel. Richtig schöne Exemplare waren darunter, ich habe euch ja meine Favoriten gezeigt.
Die Siegerweine
Eines bin ich euch allerdings noch schuldig, und das ist die Gesamtauswertung. Schließlich saß ich ja nicht allein am Tisch. Und es gab sogar noch eine Gruppe B, die 50 ganz andere Riberas verkostete. Ganze elf Siegerweine gab es in vier Kategorien. Lest dazu unbedingt die Originalmeldung vom Best of Blogger auf Deutsch, denn da findet ihr sämtliche Punktzahlen, Hintergrundinformationen und Bezugsquellen zu den Weinen.
Kategorie Rosados
- Conde de San Cristobal Flamingo Rosé 2020 – 88 Punkte
- Hocicon Rosado 2020 – 87 Punkte
Kategorie Junge Weine (in Rot, versteht sich), Jahrgänge 2018-2019
- El Lagar de Isilla Paraje Peñalobos 2018 – 92 Punkte
- Viña Pedrosa Crianza 2018 – 92 Punkte
- Adaro de Pradorey Crianza 2018 – 92 Punkte
Kategorie Leicht gereifte Weine (Jahrgänge 2016-2017)
- Vilano La Baraja Reserva 2016 – 93 Punkte
- Tresmatas Reserva 2016 – 93 Punkte
- Viña Mayor Reserva 2016 – 93 Punkte
Kategorie Länger gereifte Weine (2015 und älter)
- F de Fuentespina Reserva 2014 – 94 Punkte
- Viña Sastre – Pago de Santa Cruz Gran Reserva 2014 – 94 Punkte
- Mirat Gran Reserva 2005 – 94 Punkte
Ich habe mir übrigens zwei der Siegerweine gleich mal zugelegt. Schließlich steht der Herbst vor der Tür, und da sind die roten Riberas doch genau richtig…
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