[In Kooperation mit der GWF] Die paar Meter Waldweg, die ich hier hochstrampeln muss, lassen mein altes Rad und mich leicht ächzen. Dann öffnen sich plötzlich die Baumreihen. Ich stehe vor einem echten Weinberg, mitten im Wald. Es gibt kleinteilige Parzellen, es gibt Weinbergshütten, alles auf einem rötlichen Boden, der mich daran erinnert, dass ich mich im Sandsteinland befinde. Dies ist der Reischklingeberg, einer von zwei Teilen der Lage Großostheimer Heiligenthal. Von hier aus ist man schneller im Rheingau als in Würzburg. Solltet ihr von dieser Lage noch nie etwas gehört haben, seid ihr bei mir genau richtig. Denn heute geht es um Vielfalt, um bekannte und um versteckte Orte. Und natürlich um die Silvaner, die aus diesen Lagen stammen und die sämtlich von den vielen Mitgliedern der Winzergemeinschaft Franken bewirtschaftet werden.
Winzergemeinschaft Franken – die GWF
Mein Großvater war auch in einer Genossenschaft, wenngleich nicht in Franken. Aber ich habe von klein auf mitbekommen, warum solche Genossenschaften sinnvoll sind. Weil es nämlich in ländlichen Räumen etliche Menschen wie meinen Großvater gibt, deren Ländereien nicht groß genug sind, um den Aufwand der Selbstvermarktung zu stemmen. Vielfalt bedeutet ja auch, dass Klein- und Nebenerwerbserzeuger innerhalb ihrer Möglichkeiten weiterhin landwirtschaftlich produzieren können. Und dabei spielen Genossenschaften eine wichtige Rolle.
Nun ist die GWF natürlich kein kleiner Dorfverein, sondern der mit Abstand größte Weinerzeuger in Franken. 2.100 Winzerinnen und Winzer sind Mitglied bei der Winzergemeinschaft, 1.200 ha Rebfläche werden bewirtschaftet. Im Schnitt macht das aber nur 0,57 ha je Mitglied, das Kleine im Großen, ich sagte es ja.
Selbst in der GWF-Zentrale in Repperndorf bei Kitzingen kann man dieses Neben- und Miteinander von Alt und Neu, von Klein und Groß, von Diversität und schlagkräftigem Unternehmen spüren. In einem Raum die alten Fuderfässer, im nächsten Edelstahltanks verschiedenster Größe (die größten fassen 250.000 Liter). Hier können nicht nur kleine Chargen für die regionalen Vinotheken ausgebaut werden, sondern auch große für den Lebensmitteleinzelhandel (die JUNGEN FRANK’N zum Beispiel). All das passiert in einer regionalen Breite und Vielfalt, die ihresgleichen sucht. Kommt also mit und schaut, wo die Genossen ihre Silvaner herholen.
Großostheimer Heiligenthal
Da sind wir also im Heiligenthal vom Titelfoto. Oder vielmehr kurz davor. Irgendwie sieht es hier auf den ersten Blick überhaupt nicht weinlandschaftlich aus. Eher nach Wochenendvergnügen für Großstädter, nach Golfplatz, Pferdekoppel, E-Bikes auf dem Radweg. Am oberen Bildrand schaut allerdings ein Zipfel mit Häuschen aus dem Wald heraus. Das ist der Weinberg, und zu dem fahre ich hoch. Sehr familiär ist es dort mit den kleinen Hütten, den unterschiedlich gestalteten Parzellen, wahrhaft eine Welt für sich. Außer dem Heiligenthal gibt es ganz in der Nähe noch einen ähnlich verwunschenen Wald-Weinberg, den Großwallstadter Lützeltalerberg. Wenn ihr in der Nähe seid, schaut euch das unbedingt einmal an.
Die rote Erde vom Titelfoto sagte es ja schon. Das Heiligenthal liegt in Churfranken, und Churfranken ist Buntsandsteinland. Lediglich 5 ha Reben gehören hier den Mitgliedern der Winzergemeinschaft Franken, was bedeutet, dass dieser Silvaner nur in einer kleinen Auflage auf den Markt kommt.
In der Nase besitzt der Wein eine grünfruchtige Ahnung von Limette und einem Touch Kerbel. Auch im Mund ist dies keinesfalls die breitschultrig-gelbe Variante des Silvaners, sondern ein frischer Wind auf der Wiese. Ich fühle mich in der Aromatik interessanterweise an Sauvignon Blanc oder noch viel mehr an einige schlanke Verdejos aus dem spanischen Rueda erinnert. Passt in jedem Fall super zum Sommersalat. 7 € im Shop – und ansonsten direkt in der Vinothek.
Dertinger Mandelberg
Nächste Station: Dertingen. In Dertingen befinden wir uns nicht im Bundesland Bayern, sondern im nördlichsten Zipfel Baden-Württembergs. Ich fahre vorher durch die Nachbarorte Kembach und Lindelbach und staune ich über die vielen Hinweise auf die alte Weinkultur in der Region. Das sind tatsächlich alles echte Weindörfer, von denen ich vorher noch nie etwas gehört hatte. Über die Autobahnausfahrt Wertheim (ja, genau die mit dem Outlet-Center) ist man in fünf Minuten hier und – wie schon beim Heiligenthal – gleich in einer völlig anderen Welt. Es gibt eine schöne Wanderroute um den Mandelberg herum, die man nach Gutdünken verkürzen oder verlängern kann. Und anders als im Maintal sind die Wege wunderbar menschenleer.
Tauberfranken steht auf der Flasche, und das bedeutet… Anbaugebiet Baden. Nein, logisch ist das nicht, praktisch erst recht nicht, aber halt historisch so gewachsen. Zum Glück agiert die GWF auch grenzübergreifend, so dass ich euch diesen Silvaner vom Muschelkalk präsentieren kann.
Ein sehr typischer Sortenvertreter ist das für mich in der Nase. Feinbirnig, reintönig, sehr angenehme Fruchtnoten. Was man von einem Kabinett dann in erster Linie erwartet, das ist Frische. Und die bietet der Mandelberg-Silvaner. Es gibt mehr apfelige und zitronige Aromen als in der Nase, alles ist pikantfruchtig abgestimmt mit einem deutlichen Säurezug. Und noch etwas gibt es, einen leicht erdigen Ton, den ich persönlich bei Silvanern als sehr appetitanregend schätze. Mit dem Jahrgang 2019 schon ein Jahr älter als der Heiligenthal-Silvaner, aber lebendig wie am ersten Tag. Ebenfalls 7 € im Shop.
Stettener Stein
Ich weiß nicht, ob ich mich täusche. Aber ich habe das Gefühl, dass der Stettener Stein bis vor ein paar Jahren als Weinlage nur Eingeweihten bekannt war. Außer den Winzern selbst natürlich, die dort seit langem Reben anpflanzen. In letzter Zeit jedoch hört und liest man sehr viel von diesem spektakulären Stück Land, das quasi auf einer dünnen Bodenschicht über den Felsabhängen am Main schwebt. Der VDP erklärte den Stettener Stein zur Großen Lage, und ein paar namhafte Winzer holen entsprechend hochkarätige Weine aus den abschüssigen Parzellen. Wir befinden uns hier übrigens kurz vor Karlstadt, also eine knappe halbe Stunde nördlich von Würzburg.
Dass die GWF in einer solch hochbewerteten Lage präsent ist, unterstreicht mein Artikelthema, die Vielfalt. Die Reben stehen hier, das konnte man auf dem Foto schön sehen, auf einer dicken Felsschicht aus Muschelkalk. Allerdings besteht der Stettener Stein auch aus mehreren Teilen, und nicht alle sind gleichermaßen brilliant gelegen.
Ein supertypischer Silvaner ist das, sowohl in der Nase als auch im Mund. Viel Birne gibt es, eine sehr schöne Fruchtreife und eine gegenüber den beiden Vorgängern etwas milder abgestimmte Erscheinung. Säure und Süße halten sich die Waage, und an der würzigen Kraft merkt man einfach, dass der Stein klimatisch und bodentechnisch bevorzugt ist. Dafür muss man ein Fuchzgerle mehr in die Schatulle werfen, 7,50 €.
Rödelseer Küchenmeister
Unsere letzte Station auf dem Ritt durchs GWF-Land ist der Steigerwald. Hier sind wir ganz im Osten Unterfrankens. Die Reben wachsen auf Keuper, der jüngsten geologischen Formation der fränkischen Trias. Der Rödelseer Küchenmeister ist dabei eine der bekanntesten und unbestritten auch besten Lagen der Region. Ich muss allerdings zugeben, dass mein Foto aus der Maulwurfsperspektive schon ein wenig ungewöhnlich ist. Ihr seht also die Kirchturmspitzen von Rödelsee und dahinter sehr verkürzt den Küchenmeister, der sich in Wirklichkeit doch relativ lang den Hang hochzieht. Ganz oben an der Ecke befindet sich das terroir f mit einem der wunderbaren Aussichtspunkt, der allerdings schon zum Nachbarort Iphofen gehört.
Während die GWF-Silvaner alle ganz klassisch im Bocksbeutel daherkommen, könnt ihr am Etikett sehen, dass sich hier etwas getan hat im Vergleich zu den Vorgängerweinen. Wir sind nämlich eine Linie nach oben gegangen und befinden uns im Bereich der Spätlesen und der, tja, 1er-Traube. Diese Einer-Traube bedeutet, dass die Reben nach der Blüte im Juli auf eine einzige Traube pro Trieb beschränkt werden. Das reduziert später den Ertrag und erhöht die aromatische Konzentration in den Beeren.
Dass wir uns hier auch preislich in einer anderen Liga befinden, merkt man in der Nase noch gar nicht so stark. Dezent zeigt sich der Küchenmeister mit ein bisschen zerstoßenen Korianderkörnern, Senfmehl und etwas kandierter Angelika. Am Gaumen ist das ein enorm ausgewogener Vertreter. Lasst euch dabei nicht von den Werten kirre machen. Die 14 vol% Alkohol sind nämlich super eingebunden, es gibt wirklich null Brandigkeit oder Schwere, sondern einen unheimlich eleganten, samtigen Fluss. Das, im Zusammenhang mit mehr Würze und Tiefe, macht den Wein schlichtweg wertvoller. 18,30 € ab Hof.
Mein Fazit
Wer sich jetzt nach unserer kleinen Tour bemüßigt fühlt, den einen oder anderen Weinberg im GWF-Land selbst aufzusuchen, sei dazu herzlich eingeladen. Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, diese ganze Vielfalt in kompakter Form kennenzulernen. Oder eher zusätzlich, nach der Weinbergstour. In der GWF-Zentrale in Repperndorf befindet sich nämlich eine wirklich einladende Vinothek, die man dem Funktionsgebäude gar nicht so recht zugetraut hätte. Hier sehe ich auch meine Silvaner aus dem Artikel wieder. Und noch ein bisschen mehr… Aber lasst euch ruhig selbst überraschen.
Auch wenn das ein Werbebeitrag ist: Vielen Dank, dass endlich mal wieder die wertvolle Arbeit der Genossenschaften für den Erhalt der Weinvielfalt (und der Kulturlandschaft) gewürdigt wird.
Lassen wir die Massenware aussen vor, wer sich auskennt und ohne Scheuklappen das Angebot sichtet, findet hier und bei anderen Genossenschaften wahre Schätze.
Danke von einem überzeugten Genossenschaftsweintrinker aus der Pfalz!
Danke für das Kompliment!
Interessanterweise war mir das auch aufgefallen. Ich meine, Genossenschaften sind seit vielen Jahren ein wichtiger Bestandteil der Weinwelt (und der Lebensrealität in den Weindörfern), und wenn man bei Google so sucht, findet man ziemlich selten nur Berichte über sie und ihr Sortiment. Deshalb wollte ich bei der Silvaner-Schau auch unbedingt etwas dazu machen.
Klar, formell ist das ein “sponsored post”, also eine bezahlte Dienstleistung. Aber ich schreibe den Text ja immer selbst und so, wie ich das empfinde. Wenn ich mich total verbiegen müsste, würde ich es nämlich gar nicht anbieten 😉 .
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Viele Grüße
Uli Teige
https://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/unter-unserem-himmel/fraenkische-winzergenossen-dokumentation-100.html
Wie immer hervorragend geschrieben!
Ich weiß nicht, ob Du diesen Film kennst- er kümmert sich ebenso liebevoll um die GWF – ein wunderbares Portrait der Büttnerei Assmann inklusive – der Seniorchef ist beeindruckend!!
https://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/unter-unserem-himmel/fraenkische-winzergenossen-dokumentation-100.html
Nein, kannte ich noch nicht, vielen Dank!
Ja, Aßmann ist super (weiß gar nicht, ob sie sich jetzt noch mit “ß” schreiben). Da kann man wahrhaftig sehr froh sein, wenn es noch lokale Fassmacher gibt.
Der Film ist wieder von Hiltrud Reiter, die aus einer Sommeracher Winzerfamilie stammt – Kameramann Tino Müller ist ein Freund von mir.
Aktuell in der BR Mediathek einer über das fränkische Werntal – wieder mit der Aßmanns
https://www.br.de/mediathek/video/unter-unserem-himmel-dokumentation-im-fraenkischen-werntal-av:60a63738bd372700071c0413
Hallo Uli Teige,
danke für diese schönen Empfehlungen!
Sommerliche Grüße!
Gerne geschehen!
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