Natürlicher Dienstag #37 – Garlider Südtirol

Garlider Sylvaner Südtirol

Wer sich ein bisschen mit Weinen aus Südtirol beschäftigt, wird festgestellt haben, dass eine namentliche Zuordnung da häufig nicht so ganz leicht ist. Die Hofstätten besitzen oft althergebrachte Bezeichnungen, die nicht auf den Familiennamen der heutigen Besitzer schließen lassen. So führt Heinrich Mayr den Nusserhof, Peter Pliger den Kuenhof, Martin Gojer das Weingut Pranzegg, und Christian Kerschbaumer eben Garlider. Was alle vier gemein haben: Ihre Höfe sind klein, die Weinberge steil, die Bewirtschaftung biologisch. Und ihre Produkte bringen eine neue Dimension in den Südtiroler Weinbau hinein.

Garlider Sylvaner 2012 aus dem Eisacktal

Eisacktal Wein Südtirol

Es ist noch nicht lange her, da wurden die Weine aus dem Eisacktal eher belächelt. Denn was zählte, das war die Sonne auf den Trauben, und die gab es in Überetsch bei Kaltern oder auch im Unterland bei Tramin. Das Eisacktal, diese schmale Kluft zwischen Bozen im Süden und Brixen im Norden, das war doch höchstens für unreife Grünlinge gut. Inzwischen hat sich allerdings viel getan, und ich spreche hier nicht primär vom Klimawandel, sondern von winzerischen Fähigkeiten und veränderten Geschmacksprofilen. Nach der Parker-Phase der fetten Weine begann sich unter Weinkritikern vor vielleicht 15 Jahren die Ahnung aufzutun, dass viel Holz und viel Alkohol zu Tisch gar nicht so gut funktionieren. Also wurde man auf den nördlichsten Landesteil und hier wiederum auf das nördlichste Anbaugebiet aufmerksam. Hochgelegen und mit frischen Weißweinen aus kontinentaleuropäischen Rebsorten aufwartend, war das Eisacktal eine echte Entdeckung.

Christian Kerschbaumer übernahm im Jahr 2003 das Weingut Garlider von seinen Eltern. Die Rebfläche blieb weiter klein, 4,2 ha sind es bis zum heutigen Tag. Aber er stellte auf biologische und biodynamische Bewirtschaftung um, tat zunehmend weniger im Keller und ließ seine Weine einfach werden. Bis auf 850 m Höhe ziehen sich seine Silvanerreben hinauf, und das bedeutet sonnige Tage und kühle Nächte. Extrem früh bringt Christian Kerschbaumer die Garlider-Trauben nicht ein, so dass die Weine nicht etwa straff und mager, sondern eher dicht und intensiv werden. Was sie aber immer benötigen, das ist Zeit. Zwar hatte ich in diesem Sommer bei der Verkostung für den Internationalen Silvanerpreis feststellen dürfen, dass gute Silvaner durchaus Reifepotenzial besitzen. Die meisten von ihnen werden aber dennoch in den ersten zwei Jahren nach der Ernte getrunken.

Wie schmeckt der Wein?

Wir haben hier ein Exemplar aus dem Jahrgang 2012 vor uns, ihr könnt es auf dem Titelfoto erkennen. Insofern würde man zunächst einmal eine etwas dunklere, weil entsprechend gereifte Farbe erwarten. Das ist aber nicht der Fall, denn der Garlider-Sylvaner (die alte Schreibweise des Rebsortennamens) fließt blasszitronig ins Trinkgefäß. Verschlossen ist die Flasche übrigens mit einem Glasstopfen, und ich glaube, das ist bei dem aktuellen Jahrgang immer noch so. In der Nase spüre ich erst einmal – kein Holz. Die Noten sind eher zart, es gibt viel Florales, Walnuss, tatsächlich leicht Heu, dafür aber keine Firne oder sonstige Alterungsnoten.

Im Mund ist der Garlider Sylvaner recht weitmaschig angelegt. Die Säureanmutung ist nicht zu hoch, der Wein durchaus viskos. Charakterlich haben wir es hier also nicht mit der primärfruchtig-pikanten, sondern mit der gleitend-gesetzteren Variante zu tun. Dennoch wirkt der Wein nicht matt oder gar mastig, sondern besitzt eine innere Spannung. Als Solowein würde ich diesen Silvaner nicht bezeichnen, aber das denke ich eigentlich bei fast jedem anderen Silvaner auch. Das ist eine Rebsorte, die bei Tisch brilliert. Der Garlider-Wein ist mineralisch, trocken und dicht. Und gewinnt auch noch mit Luft. So etwas passt zu unzähligen Gerichten. Spontan denke ich an Spinatknödel oder auch Hechtklößchen, gedämpfte Zwiebel, Dill, meinetwegen auch grünen Spargel. Es ist ja bald wieder Frühling.

Wo habe ich ihn gekauft?

Winestore Bozen Südtirol

Weil diese Eisacktaler Weine so interessant sind, aber auch nur in geringen Mengen produziert werden, habe ich hier zwei Adressen, an denen ich einige der Weine schon gekauft habe. Das ist zum einen der Winestore in Bozen, praktisch unmittelbar an der Autobahnausfahrt Bozen-Nord gelegen. Man kann die vielen vielen Südtiroler Weine auch online bestellen. Die 2018er Ausgabe des Sylvaners von Garlider kostet dort 15,30 €, und das ist nicht gerade übertrieben viel für einen Bergwein.

A propos, Bergwein in München ist meine zweite Adresse für Südtiroler Weine. Auch hier kann man selbstverständlich vor Ort einkaufen, sich beraten lassen, plaudern, probieren – alles, was den stationären Weinhandel nun einmal so angenehm macht. Man kann aber auch online bestellen. Der 2017er kostet dort 18,50 €, dafür ist der Versand günstiger.

In jedem Fall finde ich es sehr erfreulich, dass es mittlerweile in Südtirol eine ganze Reihe individueller und nachhaltig produzierender Weingüter gibt. Wer eher auf den ganz alten Stil steht, für den hätte ich aber auch etwas im Angebot: den legendären Bauernfeind.

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6 Antworten zu Natürlicher Dienstag #37 – Garlider Südtirol

  1. Ralf sagt:

    Schön bei dir von Garlider zu lesen, der mir mit seinem sehr unaufgeregtem klaren Stil geschmacklich sehr entgegen kommt.
    M.E. ist der Stil Garliders prägend auch für seine anderen Weine, die Rebsorte steht nur bedingt im Vordergrund, aber Mineralität, Frische und die Kristallinität eines Bergweins sind über das gesamte Portofolio maßgeblich. Glasstopfen sind m.W. nach wie vor Standart bei ihm.

    Einen weiteren Winzer der Region der noch nicht so bekannt ist und geschmacklich auch etwas schwierigere Weine -“orange” – im Programm hat ist Urban Plattner mit seinem Weingut IN DER EBEN. Tipp Roter Malvasier 😉

    • Matze sagt:

      Ja, von Urban Plattner hatte ich bislang nur gelesen, probiert habe ich leider noch nichts. Aber wenn nichts Außergewöhnliches dazwischenkommt, werde ich dieses Jahr eine kleine Südtirol-Tour machen 🙂

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  4. Thomas Riedl sagt:

    Ein später Kommentar zu den Weißweinen des Eisacktales, weil ich gerade in Südtirol bin: Was das Eisacktal neben den klimatischen Besonderheiten (hohe Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, lange Reifephase) auszeichnet, sind die Böden. Die Reben stehen meist auf glimmerhaltigem Porphyr und Moränenschotter, was ihnen eine ganz eigenständige Mineralität verleiht. Die Sylvaner von dort sind ausnahmslos einen Kauf wert – auch der einfache der Eisacktaler Genossenschaft – und bereichern jede Probe rund um die Rebsorte.

    • Matze sagt:

      Kann ich absolut bestätigen! Wir hatten vor einiger Zeit beim Silvanerpreis den “normalen” Silvaner der Kellerei Neustift dabei, sehr überzeugend. (Hat dann auch einen Ehrenpreis gewonnen, hätte aber auch den echten verdient gehabt.) Da die Südtiroler in aller Regel schön durchgegoren ausbauen, würde ich allerdings persönlich darauf achten, dass der Alkoholgehalt nicht in den 14er-Bereich hineinragt. Aber das ist wie gesagt mein persönlicher Geschmack. Im unteren Eisacktal und weiter bis einschließlich des Kalterer Sees ist der Porphyr vorherrschend, ich habe ein paar schöne Steine mitgebracht 😉 . Weiter oben um Brixen herum stehen die Reben meist auf Quarzphyllit. Ich hatte mir zwei Silvaner in den Keller gelegt (noch nicht probiert), den Praepositus von Neustift und den Silvaner vom Obermairl-Hof. Aber es gibt natürlich noch viel mehr interessante Exemplare vor Ort…

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