Apfelbaum und Wintergetränk

TitelSeit einiger Zeit habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, mindestens einmal im Monat an einen Ort zu fahren, an dem ich in aller Ruhe eine kleine Runde durch die Natur spazieren gehen kann. Es ist kein spektakulärer Ort mit besonderen Pflanzen oder einer großartigen Aussicht, aber es ist einsam dort. Im Sommer arbeiten die Bauern auf dem Feld, am Wochenende kommen vielleicht ein paar Wanderer, aber das war es dann auch. Im letzten Jahr hatte ich bei meinen Touren meist einen Fotoapparat dabei, weil ich den Wandel der Jahreszeiten ein bisschen dokumentieren wollte.

Ich möchte Euch an dieser Stelle also einfach ein paar (oder vielmehr: genau zwölf) Fotos zeigen, die ich praktisch immer am selben Ort gemacht habe, nämlich mit Blick auf eine kleine Streuobstwiese. Auf der Wiese gibt es vielleicht zehn Apfel- und zwei Birnbäume. Während der Bauer das Gras regelmäßig mäht und das Heu einbringt, werden die Früchte nicht gepflückt. Die Bäume sind relativ alt, besitzen viel Moos und Flechten, und der Ertrag ist gering. Die Fotos selbst – Ihr werdet es sehen – sind im Vorbeigehen entstanden und deshalb nicht gerade künstlerisch wertvoll, sondern einfach als Dokumentation gedacht. Der Wandel der Jahreszeiten in unseren Breiten ist vielleicht das Faszinierendste, was die Natur uns bietet. Sollten doch irgendwann blaue und knollnasige Außerirdische bei uns landen, würden sie dem jedenfalls heftig zustimmen. Wir selbst haben uns ja fast ein wenig zu sehr daran gewöhnt, um die Besonderheit zu erkennen…

Am Ende des Artikels habe ich übrigens noch einen zum Thema passenden Getränketipp für die kalte Jahreszeit. Aber jetzt erst einmal raus in die Natur, der Januar fängt an.

1 Januar

Richtig eisig war der Januar ja nicht. Ein einziges Mal hatte es etwas länger geschneit. Unten im Dorf war der Schnee in den Gärten schon getaut, aber hier oben lag er noch, wenngleich nass und geschrumpft.

2 Februar

So sah es gestern aus, als ich an der Wiese vorbeigekommen bin. Fast hatte ich das Gefühl, ich hätte einen Schwarm Stare hinten in den höheren Bäumen gehört, aber ich kann mich auch getäuscht haben.

3 März

Das Foto stammt aus dem März des letzten Jahres, die restlichen Fotos sind ebenfalls von 2015. Der Schnee hatte sich erstaunlich lang gehalten, das Licht war gleißend, und die Grasflächen machten einen ausgelaugten Eindruck.

4 AprilIrgendwie hatte ich die Apfelblüte im April verpasst. Vielleicht war das Wetter zu schlecht, vielleicht hatte ich auch zu wenig Zeit zum Rausfahren. Was mich aber immer wieder verblüfft, ist das unglaubliche Tempo, mit dem sich die Natur im April und Mai entwickelt. Da tut sich jeden Tag etwas.

5 Mai

Als ich im Mai wieder einmal vorbeischaute, war das Gras bereits zum ersten Mal abgemäht worden. Das Weiße, das Ihr weiter hinten auf der Wiese erkennen könnt, sind übrigens nicht die Blütenblätter der Bäume, sondern die Reste der abgemähten Pusteblumen. Der Löwenzahn hatte nämlich seinen ersten Zyklus schon durch.

6 Juni

Der Juni ist in unseren Breiten ja häufig ein Monat, der ein bisschen zu wünschen übrig lässt. Man freut sich schon auf den Sommer, und dann regnet es eine Woche lang durch. Logischerweise sehen Pflanzen und Tiere das ein bisschen anders. Auf diese Weise grünt und sprießt nämlich alles so üppig, dass es auch die erste Trockenperiode überstehen kann.

7 Juli

Mitte Juli dachten wir vermutlich alle noch, dass dies ein “normaler” Sommer werden würde. Der Bauer hatte inzwischen zum zweiten Mal gemäht und das Blattgrün seine dunkle Sommerfarbe angelegt.

8 August

Die Periode, die dann folgte und bis Mitte August andauerte, war allerdings schlichtweg kastilisch. Es war so heiß, dass sogar mir die Lust zu einer Spazierrunde fehlte. Während es oben auf den Felder komplett ausgedörrt war, hatte sich unten im für die Bäume eigentlich zu moosigen Grund noch etwas Grün erhalten.

9 September

Dritte Mahd Ende September. Mittlerweile hatte sich die Pflanzenwelt auch in den trockeneren Bereichen wieder erholt, die Büsche tragen reichlich Früchte. Nur die Blätter der Bäume sind teilweise schon ziemlich welk.

10 Oktober

Eine gute Woche später im Oktober liegt das abgemähte Gras immer noch auf der Wiese, die jetzt morgens regelmäßig feucht wird vom Tau. Ein ziemlich schöner Herbst, und das empfinden glaube ich nicht nur wir Menschen so.

11 November

Der erste Novembersturm hat die ohnehin schon recht wackelig an den Zweigen baumelnden Blätter fortgeweht. Manchmal gar nicht allzu weit; die meisten liegen um den Stamm herum auf dem Boden.

12 Dezember

Der milde Dezember, Ihr erinnert Euch sicher noch, war feucht und trüb, Nebelschwaden allenthalben. Auch wenn ich den Winter mit seinen Begleitern, die da Dunkelheit, Kälte, Nässe und Farblosigkeit heißen, eigentlich überhaupt nicht mag, muss ich doch zugeben, dass es auch mental ohne einen solchen Winter vielleicht gar keinen echten Frühling geben könnte.

Roellinger GewürzJetzt aber zum Abschluss zu einem Getränk, das sehr gut zu diesen kalten und klammen Apfelbaumwiesen passt. Pappsüßer Glühwein und geschmacklose Weihnachtsmärkte sind ja Dinge, bei denen ich froh bin, wenn die Saison dafür wieder vorbei ist. Im Grunde ist es aber schade darum, denn genau wie die Weihnachtszeit eigentlich bis Lichtmess dauert (also bis zum 2. Februar), ist der Winter im Januar deutlich kälter als im Dezember, was Glühwein und Lebkuchen ebenso eigentlich einen natürlichen Höhepunkt bescheren sollte.

Eine Alternative zum (mir meist ohnehin nicht nur zu süßen, sondern auch zu starken) Glühwein habe ich im Laden von Olivier Roellinger in Paris gefunden. In der Bretagne und der Normandie wird nämlich der dort hergestellte Cidre für ein alkoholisches Warmgetränk verwendet, und Roellinger hält dafür eine hochwertige Gewürzmischung bereit.

CidreMan nehme also einen guten handgemachten Cidre, gern auch halbtrocken, und erwärme den Inhalt in einem Topf. Auf dem Foto seht Ihr die “Cuvée Saint-Georges” (EU-Bio, 4,60 €) vom Manoir d’Apreval aus der Nähe von Honfleur in der Normandie. Der Tag, an dem ich den Cidre dort gekauft hatte, sah übrigens genauso aus wie mein Dezemberbild weiter oben. Der Cidre wird aus einer Reihe alter Apfelsorten gekeltert, deren Namen Euch sicher ebenso wenig sagen wie mir. Falls doch, es handelt sich um Domaine, Mettais, Binet rouge, Saint-Martin, Bergerie du Villerville, Rouge duret, Coquerelle, Rambault und Petit Jaune. Dann besorge man sich einen japanischen Teefilter, denn nur die sind fein genug für unsere Roellinger-Mischung. Natürlich kann man auch erst alles mit in den Topf geben und dann nachher abschöpfen oder herausfiltern, aber das ist nicht so einfach wie es scheint und knirscht dann nachher zwischen den Zähnen. Jetzt noch ein bisschen Rum dazu und je nach Art des Cidres ein Löffelchen Zucker.

Roellinger RezeptMan kann das Ganze auch tropischer und komplizierter machen wie auf dem Deckel der Gewürzmischung beschrieben (Foto oben). Man kann es aber auch sein lassen. Nach meiner Erfahrung bringt es übrigens nichts, den Cidre zu verdünnen, weil der leichte Bratapfelgeschmack ja genau die Note ist, die man sich bei diesem Getränk erhofft. Obwohl ich erst etwas skeptisch war, hat mich das Ergebnis vollkommen überzeugt. So kann man sich nach Winterspaziergängen gut wieder aufwärmen.

Dieser Beitrag wurde unter Cider/Cidre/Most, Natur abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu Apfelbaum und Wintergetränk

  1. Thomas sagt:

    Tolle Bilder, sie fangen die Stimmung und das Charakteristische des jeweiligen Monats in seiner Jahreszeit perfekt ein. Ich rätsle jetzt natürlich, wo das sein könnte 😉
    Der Tipp mit dem Cidre erscheint mir sehr ausprobierenswert – bekommt man die Roellinger Gewürze hier bei uns auch irgendwo?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.