Weine aus Ungarn (oder sagen wir allgemein: Weine aus Ländern östlich von Österreich) haben einen schweren Stand bei uns. Das ist mir erst wieder eingefallen, als ich letztens eine Einladung erhielt, in Berlin an einem Essen mit großartigen ungarischen Weinen teilzunehmen. Die Gründe dafür sind mannigfach und haben mit politischen, sozialen und mentalen Aspekten zu tun. Man könnte gar bei der Völkerwanderung anfangen und Seite um Seite füllen. Genau das möchte ich aber nicht tun. Denn statt zu lamentieren, kann man auch einfach einen Wein vorstellen, der Herkunft, Charakter und winzerische Leidenschaft zeigt. Nämlich diesen hier, den Köfejtö Olaszrizling aus dem ungarischen Somló, gehegt und gepflegt von Winzer Péter Tóth.
Köfejtö Olaszrizling von Péter Tóth
Péter Tóth stammt aus Somló, der mittlerweile in Freakkreisen durchaus bekannten Region etwa 30 Kilometer nördlich des Balaton. Es ist durchaus spektakulär dort mit dem Vulkankegel, um den herum kreisrund seit Jahrhunderten die Weinfelder stehen. Péter kam im Jahr 2011 wieder zurück in seine Heimat und baute ganz allmählich sein kleines Unternehmen auf. Knappe fünf Hektar bewirtschaftet er heute nach Bio-Prinzipien auf dem Basaltboden von Somló. Im Keller geht es sehr positiv traditionell zu. Spontangärung in Barriquefässern aus Zemplén-Eiche, anschließend auch der Ausbau dort für etwa 6-8 Monate.
5 ha kleines Unternehmen von Péter Tóth, nach Bio-Prinzipien, aber nicht zertifiziert, Spontangärung, keine Enzyme etc.; der Wein stammt vom Basaltboden = volcanic wine, ist ja mittlerweile ein Schlagwort geworden; “Die Weinbereitung ist traditionell. Die 220-260 Liter fassenden Fässer bestehen aus Zemplén-Eiche, in denen der Wein gärt und anschließend 6-8 Monate lang reift. Ansonsten arbeitet er sehr dicht dran am Wein. Ob also Battonage gemacht wird, welches konkrete Fass er nimmt, wie es sich mit der Malo verhält oder ob er schwefelt, entscheidet er stets individuell. Es ist halt eine nicht-standardisierte Produktion. Filtriert wird allerdings nie, Hefen und Enzyme gibt es auch keine.
Olaszrizling, der bei uns Welschriesling heißt, wächst in mehreren kleinen Parzellchen hauptsächlich auf der Westseite des Somlóbergs. Péter meint, nach seinen Erfahrungen würde das Terroir hier stärker mit in den Wein spielen als die Rebsorte Olaszrizling.
Wie schmeckt der Wein?
Jahrgang 2020, man lässt sich offenbar Zeit mit allem, das gefällt mir. Von den technischen Werten kann ich nur mit dem Alkoholgehalt dienen, 12,5 vol%. In der Nase nehme ich ein wenig natural-artige Apfelschale wahr, einen Touch Holzausbau, Quitte und Heu. Das ist alles schon ziemlich vielversprechend.
Im Mund gibt es keine vorpreschende Säure, stattdessen aber viel Lässigkeit. Die reife Frucht verändert sich von Apfel bis zu heller Pflaume, es gibt weiterhin einen gewissen Natural-Touch, aber ganz sauber, keine Flüchtigkeit oder Ähnliches. Am zweiten Tag probiere ich den Wein mit höherer Temperatur, geht auch, und am dritten kommt mit einem leichten Feuer auch die Terroirnote stärker zum Tragen. Das ist ein ehrlich gesagt richtig guter Wein. Und Olaszrizling oder Welschriesling ist ja auch eine sehr foodaffine Rebsorte. Ich bin jedenfalls sehr positiv überrascht und beschließe, etwas darüber zu schreiben, obwohl heute keinesfalls Dienstag ist…
Wo kann man ihn kaufen?
In Deutschland kann man den Wein bislang nicht kaufen. In Ungarn kostet er in diesem Shop umgerechnet gut 13 €, ein wahrhaft fairer Preis. Im selben Shop sehe ich auch, dass sie noch mehr Weine von Péter Tóth anbieten.
Als ich das letzte Mal in Ungarn war, befand ich mich noch in einer anderen Lebensphase. Vergeblich habe ich in meinen Unterlagen nach einem Weinfoto von damals gesucht. Das hatte vermutlich damit zu tun, dass unser wichtigstes Getränk seinerzeit in diesem Kanister transportiert wurde: Szörp. Ohne echte Frucht natürlich.
Was Weine aus Ungarn anbelangt, möchte ich zum Schluss noch auf meinen Artikel über die K&U-Hausmesse 2024 hinweisen. Dort habe ich nämlich ein paar ausgezeichnete Exemplare probiert. Und bei der ProWein gibt es ebenfalls jedes Jahr eine stattliche Anzahl.
Hallo Matthias,
ich war vor zwei Jahren mit Gerhard Roth am Somlo und kann bestätigen, dass da faszinierende Weine gemacht werden. Von traditionelle bis freakignist allerhand zu finden. Leider aber auch EU-unterstütztes Allerweltszeug. Ich empfehle: hinfahren und probieren!
LG Hartmut