Silvaner-Schau 2023 – Top-Silvaner unter 10 €

Titel Silvaner unter 10 €

Die internationale Vereinigung »Gegen das Uncoolsein von Silvaner« hat mir gedroht. Wenn ich auf die Idee kommen sollte, für meinen Beitrag über schöne Silvaner unter 10 € gleichzeitig Bocksbeutel und Spargel auf dasselbe Foto zu nehmen, würden sie nicht weiterlesen. Soweit also dazu. Für uns Angehörige der Post-Coolness-Ära gibt es dafür hier fünf Silvaner unter 10 € – mal von bekannteren und mal von weniger bekannten Weingütern. Und lasst euch den Spargel schmecken.

Silvaner unter 10 € – Willkommen im Sparfuchsland

Silvaner-Schau 2023

Der Silvaner an sich gehört zu den weniger primärfruchtigen Rebsorten. Für die einen ist das der Grund dafür, weshalb er in akademischen Solo-Verkostungen meist deutlich weniger Punkte bekommt als auffälligere Vertreter. Die anderen nehmen diese Tatsache als Anregung, um mit Holz, Maische, Trub ungewöhnlicher schmeckende Silvaner zu erschaffen. Und schließlich gibt es noch die dritten, die sich sagen, »ist doch ideal, um einen vielseitigen Terroirwein zu erzeugen. Muss keine 10 € kosten und sollte schön trocken sein – was willst du denn mehr zum Essen?« Ja, nichts eigentlich. Also legen wir einfach los.

1. Markus Schmachtenberger – Randersackerer Sonnenstuhl Alte Reben 2022

Randersacker

[In Kooperation mit dem Weingut Markus Schmachtenberger] Randersacker ist einer der bekannteren fränkischen Weinorte. Und das kommt nicht von ungefähr. Zum einen ist man nur wenige Kilometer von Würzburg entfernt, der Main fließt direkt vorbei (und damit auch der Mainradweg). Zum anderen gibt es idealtypische Muschelkalk-Steillagen, einen Berg nach dem anderen. Rechts im Vordergrund seht ihr den Sonnenstuhl, dann folgt der Marsberg und schließlich der Pfülben. Letzterer gilt zur Gänze als Große-VDP-Lage, vom Sonnenstuhl besitzt das Gewann Hohenroth diesen Status, und gute Weine kann man schlichtweg aus allen Randersackerer Bergen holen.

Die Familie Schmachtenberger ist schon länger im Weinbau beschäftigt als es Silvaner in Franken gibt. Das ist eine Tatsache, die man sich ruhig auch ein zweites Mal durchlesen kann zwecks Verinnerlichung. Markus Schmachtenberger belässt es aber keineswegs dabei, ausschließlich die gloriose Vergangenheit zu preisen. Vielmehr hat er den 9 ha-Betrieb auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt und ist Mitglied bei Ecovin und Ethos.

Schmachtenberger Silvaner unter 10 €

Von den fünf trockenen Silvanern des Weinguts habe ich euch hier die Alten Reben aus dem Sonnenstuhl ausgesucht. Mit 9,80 € ab Hof (gibt’s alles im Online-Shop) bleiben wir zwar nur knapp unter der 10 €-Grenze, aber dafür stammen die Reben bereits aus dem Jahr 1966. Diesen alten Silvanerklon benutzt Markus Schmachtenberger auch zwecks eigener Silvanervermehrung und hat bereits mehrere Weinberge damit aufgebaut. Übrigens befinden wir uns hier tatsächlich im Hohenroth, Steilstlage, bestockt mit 6.000 Reben pro Hektar. Gerade in trockenheißen Jahren wie 2022 sind derartig alte Reben mit ihren tief reichenden Wurzeln echte Gewinner.

Der zugehörige Wein zeigt sich in der Nase gar nicht schüchtern, sondern bietet sogar deutliche Pfirsich- und Aprikosennoten an. Im Mund geben die 13,5 vol% eine gewisse Kraft mit dazu, aber dennoch wirkt da nichts überbordend. Vielmehr endet der beginnende Barock in einer feinnervigen Eleganz. Saftig, würzig, schwungvoll, und das alles für weniger als 10 € – das müsste doch eigentlich für viele Menschen attraktiv klingen, oder etwa nicht?

2. Max Müller I – Volkach 2021

Max Müller I

Für den zweiten »Billigheimer« (nein, ich weiß, 10 € ist gutes Geld, und dafür bekommt man auch gute Weine) geht es ein paar Kilometer den Main aufwärts. Das Weingut Max Müller I ist euch wahrscheinlich nicht unbekannt, haben es die Müllers doch geschafft, auch außerhalb Frankens gut im Fachhandel präsent zu sein. Christian Müllers Silvaner Eigenart des Jahrgangs 2011 hatte zudem beim letzten Silvanerpreis die Kategorie »Souverän« gewonnen. Da verwundert es nicht, dass es auch in der Kategorie unter 10 € hier etwas zu holen gibt.

Neben dem Gutswein liegt auch der Volkacher Ortswein unter jener Schwelle. Naja, fast. Es sind nämlich genau 10 €, die ihr ab Hof dafür zahlen müsst. Anders als beim Gutswein, der für 8,40 € zu haben ist, bekommt ihr beim Volkacher allerdings noch den klassischen Bocksbeutel mitgeliefert. In der Nase ahnt man den üblicherweise kraftvollen Müller-Stil schon mit Quittennoten, gelbem Apfel und ein bisschen Wachs. 2021 war allerdings der kühlste Jahrgang der letzten fünf Jahre. Deshalb gibt es im Mund als Ergänzung leicht grünliche Limettenaromen und eine spürbare Säurepikanz. Vielleicht mag der Wein zwecks weiterer Harmonisierung sogar noch etwas weiterreifen. Denn das können die Müller-Weine ja ausgezeichnet. Für Ungeduldige gilt hingegen: dem Wein einfach ein bisschen Luft geben.

3. Brügel – Greuth 2022

Greuther Bastel

[In Kooperation mit dem Weingut Brügel] Wir wechseln zum Keuper, gehen an den Rand des Steigerwalds und treffen dort im Dörfchen Greuth das Weingut Brügel. Kennt ihr deren Weine? Falls nicht, lege ich sie euch völlig objektiv dringend ans Herz. Ich hatte schon beim Vorprobieren Schwierigkeiten, ob ich für den Artikel den 2021er aus Abtswind oder den 2022er aus Greuth nehmen sollte. Das war wirklich eine schwierige Entscheidung, mir haben sie nämlich beide sehr gut gefallen. Schaut euch das Titelbild mit dem Spargel an, dann ahnt ihr meinen inneren Konflikt.

Letztlich habe ich mich für den jüngeren Vertreter aus dem Greuther Bastel entschieden. Bastel kommt von Sebastian, weshalb es auch der Bastel ist. Und da Greuth nur diese einzige Lage östlich des Dorfes am Rand des Steigerwalds besitzt, ist hier jeder Ortswein theoretisch gleichzeitig ein Lagenwein. Die Brügels pflegen deshalb eine interne Hierarchie. Die besten Weine kommen aus dem »alten« Bastel, in dem vor der Flurbereinigung der 1970er Jahre bereits Reben standen. Auch wenn es für den Silvaner Filetstück im letzten Jahr die Best of Gold-Trophäe gab, ist es eigentlich etwas anderes, das Harald Brügel auszeichnet. (Ich darf das hier mal sagen, wir sind ja unter uns.) Mir ist noch niemand unter den Winzerkolleg*innen der Region begegnet, die je schlecht von den Weinen gesprochen hätten. Überall hieß es nur, ja, der Harald Brügel müsste eigentlich doch viel bekannter sein!

Brügel Silvaner unter 10 €

Kleiner Beweis gefällig? Dies ist der angesprochene Ortssilvaner aus Greuth, eingebracht im warmen Jahrgang 2022 mit folgenden Werten: 12 vol% Alkohol, 5,8 g Säure und 1,2 g Restsüße pro Liter. Das war möglich, weil die Reben im hochgelegenen, kühleren Westhang stehen und vom tiefgründigen Keuperboden stammen. Und: Es ist ein Idealtyp. Sowas wünscht man sich von einem fränkischen Speisenbegleiter. Da gibt es gleichzeitig die Cremigkeit der Materie und die Konsequenz in Aromen und Säure. Sonst gern ein bisschen kräuteriger, hat 2022 dem Greuther eine unmittelbar ansprechende Zugänglichkeit mitgegeben. Ich kann nur sagen, ich habe den Wein mit Vergnügen getrunken. Wer die typische Keuperwürze erleben möchte, sollte dem Wein allerdings noch ein wenig Zeit geben. 9 € ab Hof.

4. Walter – Bürgstadt 2020

Walter

Für den vierten Wein geht es ganz weit den Main hinab. Churfranken ist formell natürlich auch Franken, aber ehrlich gesagt merkt man an vielen Details, dass es sich doch um ein sehr eigenständiges Gebiet handelt. Ich hatte Churfranken letztes Jahr auf einer großen Rotwein-Rundreise besucht, denn in der Hinsicht kann es problemlos mit den besten Herkünften in Deutschland mithalten. Von den Weißweinen spricht man hingegen weniger. Auch Christoph Walter vom Weingut Josef Walter hat sich seine Meriten in erster Linie mit Spät- und Frühburgunder verdient. Aber es gibt einen Grund, weshalb ich ausgerechnet seinen Bürgstadter Silvaner für die Unter 10 €-Kategorie ausgesucht habe: Es ist nämlich ein sehr spezieller Wein.

Orientiert euch bitte nicht am großartig schmucklosen Etikett auf dem Foto. Mittlerweile, also für die Jahrgänge 2021 (8,50 € ab Hof) und 2022 (9 € ab Hof), ist die Ausstattung geändert worden. Beim Inhalt handelt es sich tatsächlich um einen echten Centgrafenberg, kleiner geht es leider nicht. Auch ohne die technischen Daten zu kennen, werdet ihr beim Probieren sofort gravierende Unterschiede zu den meisten »herkömmlichen« Silvanern dieser Preisgruppe feststellen. Mit Primärfrucht ist hier nämlich gar nichts. Auch die Säurefrische wirkt stark gedämpft, vielmehr sind deutlich malolaktische Noten zu vernehmen. Und schließlich steht beim Restzucker überdeutlich die Null vor dem Komma. Das ist ein Rotwein im Weißweingewand, leicht spröde, faszinierend anders jedenfalls. Spannendes Reifepotenzial übrigens.

5. Knewitz – Grüner Silvaner 2022

Knewitz Silvaner unter 10 €

Wenn man den Main dann mal ganz hinter sich gelassen hat, beginnt das flächengrößte Silvaneranbaugebiet der Welt: Rheinhessen. Imagemäßig zählt hier allerdings zunächst der Riesling, dann kommt schon der Spätburgunder sowie mindestens noch Chardonnay und Weißburgunder, bevor dann endlich mal jemand das Wort »Silvaner« in den Mund nimmt. Als Brot-und-Butter-Wein deklariert, verkauft sich der Gelbe aus dem Osten am Rhein auch nicht besonders gut. Ihn deshalb zu vernachlässigen, wäre jedoch ein großer Fehler. Denn egal ob Keller, Wittmann, Battenfeld-Spanier oder Wagner-Stempel – fast alle Top-Betriebe haben mindestens einen Silvaner in ihrem Portfolio.

Dasselbe gilt auch für das Weingut Knewitz, das mit seinem Chardonnay Réserve ja mittlerweile in aller Munde ist. Gleich zweifach haben sie den internationalen Blindtest der »Hamburger Runde« gewonnen, nämlich einmal frisch und ebenso nach fünf Jahren. Ihr Grüner Silvaner ist wunderbarerweise unter der 10 €-Grenze zu haben, der 2021er derzeit noch ab Hof, den 2022er hatte ich mir vom Silvaner-Spezialisten RotWeißRosé besorgt.

Das Ergebnis: schon wieder eine andere Interpretation – natürlich auch ein anderes Terroir. Der Knewitz-Silvaner wirkt deutlich floraler, ja leichtfüßiger als die fränkischen Weine. Und das liegt nicht am Alkohol, denn sowohl Max Müller I als als auch Brügel waren noch einmal 0,5 vol% leichter. Holunderblüte, Klarapfel, grüne Walnuss, so sieht Silvaner in Appenheim aus, eine Werbung für den Frühsommer.

Winziges Fazit

Mein Fazit nach dem Probieren etlicher »einfacherer« Silvaner: Man kann in der Preiskategorie unter 10 € immer noch wunderbare und vielseitig verwendbare Weine finden, die nicht umsonst bei vielen Weingütern zu den cash cows gehören. Zugegeben, banales Zeug, technisch getrimmt, dünn und aufgesüßt, sowas gibt es weiterhin. Aber eben auch nicht wenige Entdeckungen, manche gar mit deutlichen individuellen Zügen und aus hochwertigen Lagen stammend.

Wer also seinen Silvaner nicht unbedingt vollmundig, barrique-geprägt oder mit unendlicher Länge haben möchte, wird im Guts- und Ortsweinsegment unter Garantie fündig. Meine fünf Gewinner jedenfalls haben mir gerade in ihrer Unterschiedlichkeit viel Spaß gemacht. Und morgen essen wir Spargel zu den Resten, har har.

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1 Antwort zu Silvaner-Schau 2023 – Top-Silvaner unter 10 €

  1. Thomas Riedl sagt:

    Und dann wären da in Franken in der genannten Preisklasse noch die Silvaner von Manfred Rothe, Burrlein, Otmar Zang, Rainer Zang, Hartmut Scheuring, Bernd Rippstein, Trockene Schmitt’s u.v.a.

    Und in Rheinhessen darf man Riffel nicht vergessen, Werther-Windisch, Hofmann.

    Herzliche Grüße

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