Natürlicher Dienstag #137 – Puiggros Garnatxa Amphora

Puiggros Exedra Amphora Garnatxa

Hier ist ja Storytelling angesagt, nichtwahr. Deshalb gibt es erstmal die (nicht überspektakuläre) Story, wie ich zu diesem Wein von Josep Puiggros gekommen bin. Keine Ahnung hatte ich von seiner Existenz, als ich eine bekannte Berliner Weinhandlung betrat. Dafür hatte ich vorher einiges gelesen über die brandneuen und spektakulären Garnachas aus den spanischen Bergen. Alte Reben, hochgelegen, kühle Nächte, geringer Ertrag und so ganz anders als das, was man von der oft zu einer gewissen Breite neigenden Rebsorte kennt. Ich dachte an sowas wie Comando Gs »Rumbo al Norte«, aber bitteschön nicht superteuer, sondern als Geheimtipp.

Exedra Amphora Garnatxa 2015 von Bodegas Puiggros

Josep Puiggròs ist Katalane und arbeitete eigentlich im Tourismussektor, als er und sein Bruder Vicenç ein paar alte Rebparzellen von ihrem Großvater erbten. Seit 1843 gibt es bereits Weinbau in der Familie, aber nie war eine Flasche davon auf dem Markt gelandet. Das sollte sich im Jahr 2008 ändern, denn bei den Brüdern Puiggros stellte sich schnell diese Faszination für das Winzertum ein, wie sie fast nur Quereinsteigern eigen ist. Der Keller des Elternhauses wurde umgebaut und wird seitdem für den Ausbau der Rot- und Weißweine verwendet. Die biologisch-organisch betriebenen Weinberge befinden sich um den Ort Òdena herum, eine Autostunde von Barcelona in die Berge hinein. Vier ihrer sechs Weine bauen die Brüder im Holzfass aus, zwei in der Amphore. Und dies ist einer davon.

Normalerweise sollte man ja denken, dass in einem solch mediterranen Klima die Ernte entsprechend früh vonstatten gehen muss. Aber genau das ist ja das Geheimnis der »Hochlandweine«, wobei wir hier von 650 Metern über dem Meeresspiegel sprechen, also keinen alpinen Dimensionen. Trotzdem sind die Nächte im Frühherbst so kühl, dass die Trauben bis zur Vollreife Anfang Oktober hängenbleiben können, ohne alkoholmäßig aus dem Ruder zu laufen. Nach der Lese werden die Trauben zunächst teils im Stahltank und teils in der Amphore vergoren, bevor sie weitere zehn Monate in den Tongefäßen reifen dürfen. Unfiltriert abgefüllt und mit wenig Schwefel versehen, hat der aktuelle Jahrgang nicht weniger als 6,8 g Säure pro Liter zu bieten. Die Frische der Höhe, genau das hatte ich mir erhofft.

Wie schmeckt der Wein?

Zunächst einmal muss ich euch darauf hinweisen, dass das Originaletikett ein bisschen anders aussieht als meins auf dem Foto. Obwohl es irgendwie super dazu passen würde, gehört der rostrote Fleck links unten nämlich nicht mit dazu. Der stammt von meinem Lagerkeller in einer alten Eisenerzmine.

Farblich würde ich den Exedra Amphora in den Bereich des mittleren Rubinrots einordnen, und zwar ohne sichtbare Alterungsspuren. In der Nase gibt es frisch geöffnet den beliebten reduktiven Stinker, aber nur sehr zivil, und außerdem verschwindet er recht schnell. Im Mund ist minimal Kohlensäure zu spüren, was schon darauf hindeutet, dass der Wein gern noch ein wenig mehr Belüftung haben möchte. Also gebe ich ihm Luft und Zeit. Normalerweise (jedenfalls ist das meine Erfahrung) softet der Ausbau in der Amphore die Weine immer etwas ab, macht sie runder, zugänglicher, auch feiner. Was die Gerbstoffe anbelangt, ist das beim Exedra auch tatsächlich der Fall. Aromatisch hingegen zeigt sich der Wein expressiv und ein bisschen widerständig. Schwarzkirsche ist da, schwarzer Pfeffer, eine fast dornig wirkende Frucht.

Mit ein wenig Geduld stellt sich dann die Harmonie ein, die schöne Spannung bleibt dennoch erhalten. Von einem freakigen Naturwein kann jedenfalls keine Rede sein. Die 14 vol% spürt man nur als glycerinige Viskosität auf der Zunge, aber keinesfalls in der Aromatik, die wirklich überhaupt nicht überreif daherkommt. Ja, so ähnlich hatte ich mir das gedacht. Zwar kein Fels von einem Wein mit unendlicher Tiefe, aber der Hochland-Garnacha-Charakter ist schön da.

Wo kann man ihn kaufen?

Beim Einstieg hatte ich ja schon von einer einschlägigen Berliner Weinhandlung geschrieben, in der ich den Puiggros-Garnacha erstanden hatte. Es handelt sich dabei, surprise surprise, um Viniculture, wo ich seinerzeit sensationell günstige 13,50 € für den Wein ausgegeben hatte. Jetzt in dem Moment, da ich diesen Artikel schreibe, ist der Rote der Brüder Puiggros dort leider aus. Dafür gibt es aber das im Holzfass ausgebaute Pendant für 22,50 €.

Wer sich ansonsten für spannende und leicht wilde Weine aus der Region interessiert, wird ganz sicher fündig bei Freunden von Josep, den katalanischen Naturwein-Pionieren Joan Ramón Escoda und Mari Carme Sanahuja. Escoda-Sanahuja heißt das Weingut, und hier hatte ich schon einmal darüber geschrieben.

Mein Fazit: Probiert mal einen spanischen Hinterland-Garnacha, das erweitert den Horizont garantiert. Zugegeben, wir sind hier weder in Madrid noch im Priorat, sondern stilistisch irgendwo in der Mitte – aber dafür auch preislich in angenehmeren Regionen.

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6 Antworten zu Natürlicher Dienstag #137 – Puiggros Garnatxa Amphora

  1. Ralf sagt:

    Garnacha scheint ein Wein zu sein, der sehr stark von den Böden und den klimatischen Bedingungen geprägt wird.
    Celler de Capcanes (Montsant) hat vom 2021er Jahrgang eine Terroir-Serie von Garnatxes veröffentlicht … Ton (Argila), Sand (Panal), Kalk (Calissa), Schiefer (Llicorella) … La Nit de les Garnatxes.
    Bei ziemlich gleichem Ausbau zeigen sich bei den bisher getrunkenen Panal und Argila starke unterschiede, die Calissa und Llicorella warten grade noch, bin aber sehr gespannt. Der Vergleich der Weine / Böden ist in jedem Fall spannend.

    Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass der von dir beschriebene Grenache auch was für mich wäre, da ich vor Kurzem einen teilweise in der Amphore ausgebauten Cannonau von Olianas (Sardinien) im Glas hatte, der mich auch sehr angesprochen hat.
    Jedoch frage ich mich einmal mehr ob ich dann mehr als 20€ investieren muss … 13.50 sind doch auch OK … but the times they are changeing 😉

    • Matze sagt:

      Ja, das mit der Bandbreite hatte ich auch schon festgestellt. Die Böden sind ja tatsächlich sehr unterschiedlich. Ich frage mich auch, wie das mit Klonen und Unterlagen aussieht, ob die eng beeinander sind oder eben nicht. Aber da müsste man fast eine Kreuztabelle der Einflussfaktoren machen 😉 . Wie auch immer, ich finde, der Exedra ist ein toller Einstieg in diese Thematik, schonend gemacht und mit Charakter. MEHR Geld kann man für Garnachas tatsächlich leicht ausgeben, WENIGER auf dem Level wird schon schwieriger 😉

  2. Marcel sagt:

    Finde Amphore immer spannend, habe aber noch zu wenig Erfahrung damit. Würdest du von deiner geschmacklichen Erfahrung her zwischen (freistehenden) Amphoren- und Kvevri-Weinen unterscheiden?
    Ohne, dass du jetzt verraten musst, wo dein Lagerkeller liegt 😉 – wurde in Bamberg (oder Umgebung) Eisenerz abgebaut? Ich weiß nur vage was von Sandstein.

    • Matze sagt:

      Also nach meiner bisherigen Erfahrung kann ich ziemlich wenig Systematisches zu Amphorenweinen sagen 😉 . Die sind so wahnsinnig unterschiedlich. Auf Weiße hat das natürlich einen größeren Einfluss als auf Rote, weil Amphore ja praktisch immer Maische bedeutet. Zumindest dann, wenn du in demselben Gefäß vergärst und ausbaust.

      Bei Stefan Sander (https://chezmatze.de/2022/03/28/barrique-amphore-wein-ausbaugefaesse/) fand ich Amphore und Betonei zwar leicht reduktiv, aber letzlich eher sphärisch. Wenn ich die Georgier auf RAW und ProWein so Revue passieren lasse, waren das auch extrem unterschiedliche Interpretationen. Schuchmann eher fein, andere manchmal richtig grob. Ich habe das Gefühl (= völlig spekulativ 😉 ), wenn du die Amphore vergräbst, bevorzugst du ohnehin den erdig-gröberen Stil. Temperaturen können anders sein, Mikrooxidation auch, aber ob es TATSÄCHLICH ganz anders schmeckt, weiß ich ehrlich gesagt noch nicht.

      Das mit dem Eisenerz war übrigens ein blöder Witz. Mir ist da was auf’s Etikett getropft… 😉

      • Marcel sagt:

        Da habe ich den Witz einfach nicht kapiert.. aber meine (kurzen) Recherchen ergaben zumindest: in der Region war wirklich nur Sand(stein) zu holen, insofern wieder was gelernt.
        Zu wenige Vergleichsmöglichkeiten und die von dir angesprochene Korrelation von Gefäßtyp mit einem bestimmten, angestrebten Stil machen es natürlich sehr schwierig, irgendwelche Aussagen zu treffen. Die LWG hat sich, wenn ich das richtig sehe, auch „nur“ mit Kvevris und der ganz traditionellen Herstellungsmethode beschäftigt. Muss mal weiter recherchieren, was es wissenschaftlich zur freistehenden Amphore gibt..

        • Thomas Riedl sagt:

          Hallo Marcel,
          ganz unwissenschaftlich aber logisch: Ab eines gewissen Volumens ist es mit dem freien Stehen der Amphoren vorbei, weil der Eigengewichtsdruck des enthaltenen Weines die fragile Tonwand bersten lässt. Große Quevris und Amphoren sind die sprichwörtlichen “rohen Eier”. Das Eingraben erfolgt mit großer Sorgfalt und das umgebende Erdreich muss überall gleich verdichtet sein, sonst sucht sich der Wein sozusagen den Weg des geringsten Widerstandes.
          Bei Holzfässern würde ja das Gleiche passieren, gäbe es nicht die Fassreifen.
          Ich glaube, dass die Größe einer Amphore oder eines Qvevris einen marginalen stilistischen Einfluss auf den späteren Wein hat verglichen mit Aspekten wie: Erfolgte die Vergärung mit Rappen, mit einem Anteil Rappen, entrappt? Wie war Gesundheitszustand der Trauben? Wurde der Wein filtriert? Kam der Wein anschließend noch in ein Holzfass?
          Sobald ein Tonvergärungsgefäß eingegraben ist, sorgt das umgebende Erdreich außerdem für Kühlung während der Gärung.
          Schönen Gruß!

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