[In Kooperation mit dem Weingut Hornstein am See] gehen wir für dieses Jahr in die letzte Runde der »Rettet den Müller«-Show. Irgendwie bietet sich das auch an, denn in der ersten Folge waren wir in Südtirol gestartet, sind dann über den Bodensee nach Franken, äh Franken und an die Mosel gekommen, um jetzt wieder am Bodensee zu enden. Dass ich meine letzte Müller-Folge dem Wein von Simon Hornstein widme, ist dabei kein Zufall. Ehrlich gesagt kannte ich seinen Müller nämlich schon vorher, jedenfalls die letztjährige Ausgabe. Auf den Geschmack hat mich dabei ein Exil-Bodenseeler gebracht…
Hornstein am See aus Bayerisch Württemberg
Mein Tippgeber war kein Geringerer als Falstaff-Chefredakteur Ulrich Sautter. Uli stammt nämlich vom Bodensee und meinte vor einiger Zeit in einem lockeren Gespräch, dass sich da weintechnisch allerlei getan habe in den letzten Jahren. Das hat mich natürlich neugierig gemacht, und so bin ich fast automatisch auf das Nonnenhorner Weingut Hornstein am See gekommen. Interessanterweise gibt es direkt im Ort zwei andere Weingüter mit demselben Nachnamen. Aber nur bei Simon Hornstein reichen die Reben vom Haus bis zum eigenen Badestand am See. Wiewohl Gästehaus und Badestrand hier nicht das entscheidende Kriterium sein sollen, denn es geht ja um den Wein.
Simon Hornstein hat im Jahr 2017 das elterliche Weingut mit seinen 6,5 ha Rebfläche übernommen. Vorher war er in Geisenheim und hat seine Abschlussarbeit über die Bodenbeschaffenheit der Region verfasst. Das versetzt ihn in die Lage, vielleicht ein bisschen differenzierter an die Sache heranzugehen als ein Onkel Adalbert, der die Reben halt irgendwo hinpflanzt. Die Böden am Bödensee sind alle relativ jung, aber der Kiesanteil variiert teilweise stark. Direkt am See in der Hornstein’schen Spitzenlage Seehalde macht der Kies 80-90% des Bodengewichts aus, während sich in weiterer Entfernung festere und schwerere Böden durchsetzen. Die Kiesel halten zwar die Wärme, aber sie lassen den Niederschlag auch schnell durchsickern. Alles also durchaus diffizil.
Weshalb ich übrigens in der Überschrift von Bayerisch Württemberg gesprochen habe: Nonnenhorn gehört zum Bundesland Bayern, aber zum Anbaugebiet Württemberg. Genauer gesagt zum württembergischen Anbaugebiet »Bayerischer Bodensee«. Das hört sich leicht verwirrend an, ist aber ehrlich gesagt okay so, denn das nächste bayerische Weinbaugebiet wäre Franken, was dann doch ein bisschen weit ist.
Müller-Thurgau 2021 – der Test
Aber zurück zu Simon Hornstein, seinem Ansatz und seinen Weinen. Über die Weine kann man mittlerweile einiges in den großen Weinguides erfahren. Und was es dort zu lesen gibt, ist wirklich erfreulich. Vinum hat das Weingut Hornstein am See in Württemberg als »Entdeckung des Jahres« gekürt, Eichelmann den dritten Stern vergeben, und der Falstaff sieht jenen in greifbare Nähe gekommen. Das alles liegt natürlich nicht nur am Müller-Thurgau, denn Simon Hornstein holt die meisten Punkte mit den Lagenweinen von der Seehalde, dem Chardonnay und dem Spätburgunder. Allerdings kosten jene auch jeweils 32 €. Beziehungsweise kosteten, denn der 2020er Jahrgang ist bereits ausverkauft. Gut also, dass wir uns hier auf den 2021er Müller-Thurgau konzentrieren, der mit schlanken 9 € im Online-Shop des Weinguts aufgeführt wird.
Unser Müller besitzt zudem nur 11,5 vol%, ist also ein schön leichtes Exemplar. Ideal für den Sommer, möchte man meinen. Die Müller-Blätter habe ich übrigens vor einer guten Woche fotografiert; so sieht die Rebsorte also aus, solltet ihr sie einmal im freien Feld antreffen.
Blassgelb gleitet der Wein aus der geschmackvollen Flasche mit dem kleinen Segelschiff ins Glas. In der Nase ist das zum Seufzen angenehm. Walnuss, Birne, extrem feinfruchtig, nichts Spitzes, Aufdringliches, ganz leicht rebsortentypisch Kümmel und Anis – so wäre der Müller nie vom Untergang bedroht. Im Mund gibt es dann noch den Charakter des Jahrgangs dazu. 2021 war ein schwieriges und eher feuchtes Jahr. Dabei ist der Bodensee, teils durch die Höhenlage, teils durch die Alpennähe, ohnehin schon deutlich kühler und feuchter als alles, was an Rhein und Neckar wächst. Konsequenterweise besitzt der Müller deshalb eine enorme Frische, eine schön pikante Säure und daneben Noten von hellem Apfel und grüner Mandel. Die spürbare Salzigkeit erscheint mir stärker als die Frucht zu sein – ein idealer Speisenwein.
Was bleibt?
Was bleibt, ist zum einen die Erkenntnis, dass ich in den nächsten Jahren noch stärker als bisher zum Bodensee schauen werde. Das ist eine interessante Region im coolen Süden mit ganz eigenen klimatischen und geologischen Bedingungen. Und mit echten Talenten wie Simon Hornstein. (Wer noch mehr über ihn erfahren möchte, hier gibt es ein wirklich umfassendes Interview mit ihm.)
Zum anderen würde ich mir wünschen, dass es seinen Müller im offenen Ausschank weitverbreitet in der Gastro gibt. Ich weiß, dafür sind die Mengen vielleicht ein bisschen zu gering. Aber bei solch einem leichten, pikanten Sortenvertreter braucht man gar nicht groß darüber zu diskutieren, welchen Sinn Müller-Thurgau als Rebsorte besitzt. Aufmachen, einschenken, probieren, verstehen – fertig. Das Leben kann manchmal wirklich einfach sein.
Ich bin als “Nichtbiertrinker” schon seit Jahrzehnten ein absoluter Anhänger “Müller Thurgau trocken”.
Eine für den SEE typische Traube, die nicht die Anerkennung erhält, die sie verdient. Deshalb DANKE für diese wohltuenden Zeilen.
Merci! Ja, wenn man so durchzählt, welche Weine man im Verlauf des Jahres wirklich trinkt, dann sind das (jedenfalls bei mir) deutlich häufiger solche “Alltagsweine” als die dicken Brummer. Und das liegt nicht nur am Geld, sondern auch am Geschmacksprofil…
Noch eine kleine Anmerkung: obwohl die Weine des bayerischen Bodensees weinrechtlich zum Anbaugebiet Württemberg gehören, wandern sie dennoch in die fränkische Qualitätsweinprüfung nach Würzburg.
Danke für den Hinweis! Das ist tatsächlich ein leichtes Kuddelmuddel, würde ich sagen 😉