Als Bier-Entertainer auf Flusskreuzfahrt

Flusskreuzfahrt Falstaff Bierprobe

Vor mir stehen fünf Flaschen mit fränkischen Bieren. Nicht etwa Hell und Dunkel, sondern Gurken-Gose und Weizen-IPA. Vor wenigen Sekunden hatte der Musik-Entertainer die letzten Töne von “Rivers of Babylon” aus den Tasten geholt, gleich bin ich selbst dran. Ganz leicht vibriert der Boden unter mir. Das liegt aber nicht daran, dass ich unter einer speziellen Form des Lampenfiebers leide. Vielmehr habe ich nur halbfesten Boden unter den Füßen, denn ich bin gerade auf Flusskreuzfahrt. Genau hier werde ich meine Biere präsentieren.

Wie ich zur Flusskreuzfahrt gekommen bin

Flusskreuzfahrt nickoSPIRIT

Koinzidenzen. Erste Koinzidenz: Nicko Cruises, ein auf Kreuzfahrten spezialisierter Reiseveranstalter, hatte zum ersten Mal eine Flusstour von Frankfurt bis nach Passau auf dem Programm. Main—Main-Donau-Kanal—Donau. Ich selbst wohne in Bamberg, also auf der Route. Zweite Koinzidenz: Falstaff ist Partner von Nicko auf deren Genussreisen und bietet deshalb Wein- und Bierverkostungen an Bord an. Ich hingegen bin Partner von Falstaff. Also haben wir uns überlegt, dass das doch ganz gut zusammenpassen könnte. Ich fahre auf dem Schiff von Bamberg (Ablegen abends) bis nach Nürnberg (Ankommen morgens) mit und halte währenddessen eine 13-stündige Bierprobe. Oder nein, ich halte eine einstündige Bierprobe und verbringe den Rest der Zeit im Speisesaal und in meiner Kabine.

Die Landschaft an sich vorbeiziehen lassen

Flusskreuzfahrt Franken

Ich muss etwas zugeben. Ich hatte noch nie eine Flusskreuzfahrt mitgemacht. Keine einzige Kreuzfahrt, um genau zu sein. Fähren habe ich natürlich schon reichlich genommen, oft nach England, auch in Griechenland oder zuletzt (ein bisschen unfreiwillig) wegen Streckensperrung über den Rhein. Aber Flusskreuzfahrt – never.

Selbstverständlich hatte ich auch meine Vorurteile. Nölende Rentner in Freibierlaune, mies bezahltes Personal als Corona-Spreader – kurzum, ein herausfordernder Ort, um fünf abgefahrene Craft Beers zu präsentieren.

In Wirklichkeit stimmte allerdings nur das mit den Rentnern. Das Durchschnittsalter der Gäste lag nach meinem groben Durchzählen bei gut 70 Jahren. Aber genölt wurde kaum. Das lag möglicherweise daran, dass die Flusskreuzfahrt-Kabinen ehrlich gesagt ziemlich bequem sind. Komplettes Bad, Doppelbett, Klimaanlage – und ein großes Panoramafenster. Auf diese Weise konnte ich vor meiner Bierprobe einfach auf dem Bett liegen und die Landschaft an mir vorbeiziehen lassen.

Flusskreuzfahrt als gesellschaftliche Aufgabe

Genölt wurde auch deshalb nicht, weil sich die meisten Passagiere angeregt miteinander unterhielten (und die Kreuzfahrtleiterin Maria wirklich ausgesprochen freundlich war). Ich bin nach dem Event noch ein bisschen von Tisch zu Tisch gegangen und habe mit den Leuten geredet. Es gab Paare, aber auch erstaunlich viele Einzelreisende. Eine Dame aus NRW sagte mir, sie sei mittlerweile zu alt, um noch allein herumzureisen. Hier auf dem Schiff würde sie aber noch etwas von der Welt sehen können, sie mache auch alle Landausflüge mit. Und außerdem sei man hier in netter Gesellschaft, würde Gleichgesinnte aus ganz Deutschland kennenlernen.

So hatte ich darüber noch nie nachgedacht. Wer sich mal ein bisschen mit dem demographischen Wandel beschäftigt hat, mit Dorfhäusern, die nur von einer Person bewohnt werden, mit Vereinzelung und Altersdepressionen, wird ziemlich schnell zu der Erkenntnis gelangen, dass solche Zerstreuungsveranstaltungen nicht nur den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen. Sondern dass es sich um eine in sozialer und psychologischer Hinsicht durchaus sinnvolle Sache handelt. Damit es aber neben dem Nutzen gleichzeitig Spaß macht, gibt es neben dem Alleinunterhalter auch einen Bier-Entertainer an Bord. In dem Fall mich.

Die Bierprobe

Bierprobe Franken Falstaff nicko

Die Biere für die Probe hatte ein Kollege ausgesucht, und als ich mir das Line-up angeschaut habe, bekam ich erst einen kleinen Schreck. Das ist eine astreine Bierfreak-Auswahl, keine Frage, aber passt das auch für Gäste auf einer Flusskreuzfahrt? Ich ließ die zahlreich versammelten Passagiere also erst einmal abstimmen, welcher Gruppe sie sich zugehörig fühlen: Freaks, Liebhaber oder notorische Abendprogrammler. Ein Freak aus Niederbayern war dabei, der Rest verteilte sich gleichmäßig auf die beiden anderen Gruppen. Mitgemacht und probiert haben die Biere aber alle.

Die Gurken-Gose von David Hertl war als Einstieg ein ziemliches Brett. Mir hat sie wirklich gut gefallen, Salzgurken in der Nase, im Mund dann leicht und erfrischend. Den meisten Gästen war das aber zu extrem. Eine Dame ahnte hingegen, “ah, das ist was für junge Leute!”, und deshalb konnte sie dem Bier etwas abgewinnen.

Das Weizen IPA von Maisel & Friends fand durchgängig Zustimmung. Ein kräftig eingebrautes Weizen mit Aromahopfen, ein bisschen zwischen den Stühlen vielleicht, aber als Gesamterscheinung edel, hilfreich und gut.

Ebenso beliebt war das Rotbier von BroBier. Die Farbe begeistert sowieso. Aber auch das Malz in seinen vielfältigen Formen (sieben Sorten sind im Bier enthalten) fand einen entsprechenden Anklang.

Das Schlenkerla Rauchbier hatten einige schon auf dem Tagesausflug probiert. Die einen fanden es großartig, die anderen erkannten zumindest die Bedeutung für die Region und die Braukunst im Allgemeinen an.

Zum Abschluss gab es noch das Hula Hoop, ein Sommer-IPA von Kuehn Kunz Rosen, sozusagen als palate cleaner. Auch hier vernahm ich viel Zustimmung. Ohnehin, ich sagte es ja schon, waren die Nörgler und Miesepeter offenbar irgendwo anders unterwegs.

Mein Fazit

Das Fazit meiner ersten Flusskreuzfahrt und meiner ersten Bierverkostung dort fällt überraschend positiv aus. Gut, ich gebe zu, ich hatte auch keine begeisterte Runde junger, internationaler, aufgeschlossener Leute erwartet. Aber tatsächlich waren die Rentnerinnen und Rentner aus Ost und West in weiten Teilen liebenswürdig und interessiert. Und auch irgendwie dankbar, dass jemand ihnen neue Dinge zeigt, die sie in den vielen Jahrzehnten ihres Daseins noch nicht kennengelernt hatten.

Sicher werde ich nicht von heute auf morgen als Entertainer und Stimmungssänger um die Welt schippern. Aber als ich am nächsten Morgen in Nürnberg wieder von Bord ging, konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, irgendwie etwas Positives gemacht zu haben. Künstlern wird ja oft vorgehalten, sie seien nur auf Applaus aus, um ihr Ego darin sonnen zu können. Aber jetzt kann ich sehr gut nachvollziehen, dass es auch sehr befriedigend ist, einfach etwas dazu beizutragen, dass Menschen eine gute Zeit haben.

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1 Antwort zu Als Bier-Entertainer auf Flusskreuzfahrt

  1. Uli Teige sagt:

    Klasse!!!

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