Mauerpfeffer, das ist in erster Linie eine Pflanze, der Scharfe Mauerpfeffer, deren Blütenstand auf dem Etikett abgebildet ist. Kennt ihr bestimmt von steinigen Ecken, wir haben früher einfach Fetthenne gesagt. Der Rotwein vom württembergischen Weingut Klopfer, den ich euch hier vorstellen möchte, heißt auch Mauerpfeffer. Ebenso die Rebsorte. Wie, die Rebsorte Mauerpfeffer? Nie gehört, oder? Genauso ging es mir auch, und das ist ehrlich gesagt kein Wunder.
Mauerpfeffer 2019 vom Weingut Klopfer
Als die Rebsorte Mauerpfeffer das Licht der Welt erblickte, hieß sie VB Cal 1-22 nach ihrer Züchtungsnummer. Leider hat sich daran bislang nichts geändert. Weil das aber unverkäuflicher Kokolores ist und eine Umbenennung im deutschen Weinrecht möglich, hat Christoph Klopfer aus der technischen Nummer einfach den Mauerpfeffer gemacht.
Christoph Klopfer ist Biowinzer aus Großheppach im Remstal, wo er auf 15 ha Rebfläche etwa je zur Hälfte rote und weiße Sorten stehen hat. Der Mauerpfeffer befindet sich jedoch ganz woanders und ist über die Familie seiner Mutter in den Betrieb gekommen. Cannstatter Zuckerle heißt die Mauerpfeffer-Lage, allen Stuttgartern wohlbekannt als beste und wirklich spektakuläre Terrassenlage über dem Neckar. Dort stand im alten Familienweinberg jahrzehntelang Trollinger, eine in württembergischen Spitzenlagen nicht gerade seltene, tja, Unart. Damit möchte ich nicht dem Trollinger als solchem zu nahe treten, denn wenn der frisch, spritzig und alkoholarm geerntet wird, ist das ein wunderbarer Vesper- und Gluckerwein.
Aber Substanz besitzt er natürlich nicht, und in derart heißen Lagen wie diesem Parabolspiegel namens Zuckerle sollten vielleicht auch Sorten stehen, die diese Reife brauchen. Deshalb hatten die Klopfers im Jahr 2011 beschlossen, den Trollinger zu roden und stattdessen den Mauerpfeffer anzupflanzen. Jener stammt übrigens vom bekannten Schweizer Rebzüchter Valentin Blattner, und wer diesen Namen hört, kann sich den Rest schon denken. Der Mauerpfeffer ist nämlich ein Piwi, also eine pilzwiderstandsfähige Rebsorte. Das bedeutet, in normalen Jahren muss etwa zweimal gespritzt werden, aber auch nur mit Schwefel, kein Kupfer und – bei Bio ja logisch – keine Synthetik. 2015 war sein Jungfernjahrgang. Mein 2019er Exemplar liest sich wie folgt: zwei Monate Maischegärung, zwölf Monate Holzfass, fertig ist der Wein mit 13 vol%.
Wie schmeckt der Wein?
Richtig dunkel gleitet der Mauerpfeffer ins Glas, deep purple sagen WSET’ler und Hardrocker unisono. In der Nase springt einem der Mauerpfeffer netterweise nicht gleich entgegen. Ich erschnuppere ein reifes, tiefes Brombeergelee und nehme den ersten Schluck. Jung wirkt der Wein noch, perlt minimal und zeigt eine feine Säurestruktur. Viel Frucht kommt durch, wieder Brombeere und Schwarzkirsche, eine reife Materie, dazu ein bisschen grippige Kräuterigkeit. Für mich irgendwie eine Mischung aus slickem Zinfandel und Cabernet Franc, aber da gibt es sicher auch andere Assoziationen.
Der Mauerpfeffer ist ein absolut lagerfähiger Wein, schmackhaft, steakbegleitend. Ich persönlich hätte mir den Wein vielleicht noch etwas straighter gewünscht. Aber vielleicht wäre das auch zu sehr Kopenhagen vom Ansatz her und zu wenig Stuttgart. So einen Wein zu bereiten, aus dieser Rebsorte und aus dieser Lage, ist jedenfalls ein echtes Statement. Und zwar eins, das die Begriffe ressourcenschonenden Weinbau und Steillagenerhalt in einem Satz vereint.
Wo kann man ihn kaufen?
Den 2019er Mauerpfeffer vom Weingut Klopfer aus dem Cannstatter Zuckerle kann man genau dort kaufen, wo er hergestellt wurde, nämlich direkt beim Weingut. Beziehungsweise im Online-Shop. 22 € kostet das gute Stück dort. “Ganz schön viel für so eine unbekannte Sorte”, höre ich einige da sagen. Nun, das kann man so sehen. Aber man kann es auch genau anders herum sehen.
Ein Wein aus einer terrassierten Steillage, noch dazu bio-zertifiziert und in Handarbeit bewirtschaftet, darf nämlich niemals zu wenig kosten. Denn sonst stimmt irgendwas in der Gleichung nicht. Ist der Wein nämlich zu billig, wurden entweder mit Hubschrauber und Schlauch großflächig synthetische Mittel drübergespritzt und der Turboertrags-Weinberg schlichtweg nicht gepflegt. Oder der Winzer zahlt jahrelang drauf, bis die nächste Generation kommt und das unwirtschaftliche Stück Kulturgut brachfallen lässt. Bei solchen Weinen wie dem Klopfer’schen Mauerpfeffer sehe ich hingegen beide Kriterien der echten Nachhaltigkeit erfüllt, die ökologische und die ökonomische.
Wer möchte, kann über solche Dinge bei einem Glas Rotwein übrigens trefflich diskutieren. Wem das zu anstrengend erscheint, kann sich den Wein aber auch einfach so schmecken lassen…
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