@Home im Feigenwäldchen – das Weingut Kopp

Rotweine Kopp

[In Kooperation mit dem Weingut Kopp] Ich habe lange überlegt, ob es etwas Vergleichbares gibt in Deutschland, mir ist aber nichts eingefallen. Stellt euch also vor: Ein Weinberg, teils angelegt in Terrassen, mit weitem Blick ins Land, umgeben von Wald. Von richtigem Wald. Da ist nicht etwa eine Buschreihe, sondern es sind auch auf dem kürzesten Weg mindestens einen Kilometer lang Bäume: Laubbäume, Nadelbäume, dichtes Pflanzenreich. Ich stehe in der Lage Feigenwäldchen, gelegen im nördlichen Schwarzwald, nicht weit von Baden-Baden. Diese Rebflächen bearbeitet das Weingut Kopp seit gut zehn Jahren als Monopol. Wie mag ein Wein aus dieser Waldlichtung schmecken? Nach Brombeere, Vogelkirsche, Steinpilz? Oder gar nach Feige?

Das Weingut Kopp – Bewegung auf allen Ebenen

Rotes Deutschland

Winzer Johannes Kopp hatte zwar sein Leben lang schon auf dem Weingut zugebracht, aber als er es dann umständehalber übernehmen musste, war er erst 21 Jahre alt. Sein Vater Ewald hatte 16 Jahre vorher mit genau einem Hektar begonnen, heute verfügt das Weingut über nicht weniger als 32 ha. Von einer ruhigen und gemütlichen Aufbauphase kann man also schwerlich sprechen. Im Weingut Kopp ist immer etwas los, immer etwas neu, und irgendwie macht es nicht den Eindruck, als sei die Phase der Dynamik jetzt langsam mal zu Ende. 2017 wurde der Baden-Badener Balzenberg mit hoher Stockdichte bepflanzt, im Moment wird gerade das Weingutsgebäude neu errichtet, und 2022 soll der erste bio-zertifizierte Jahrgang werden.

Johannes Kopp

Johannes Kopp dreht noch einmal kräftig an der Kurbel seiner Presse, und dann können wir uns der Frage zuwenden, was auf dem Weingut überhaupt produziert wird.

Was hat das Weingut Kopp zu bieten?

Burgunder und Riesling“, sagt Johannes Kopp, “wobei der Spätburgunder die wichtigste Rebsorte ist.” Dass passt natürlich gut. Denn da wir uns hier ja beim ROTEN DEUTSCHLAND befinden, müssen wir ohnehin die durchaus beachtlichen Rieslinge, Chardonnays, Grau- und Weißburgunder links liegen lassen. Ebenso wie die Schaumweine, denn es gibt mit dem Blanc de Blancs Extra Brut auch in diesem Segment etwas, über das ich ansonsten gern sprechen würde. Aber gut, die Spätburgunder sind wahrhaftig interessant genug, wie ihr gleich feststellen werdet.

Geordnet ist das ganz konsequent pyramidal, beginnend mit den Gutsweinen über die Terroirweine bis hin zu den Lagenweinen. Das Weingut Kopp befindet sich dabei in Ebenung, eher ein Weiler als ein Dorf, und zwar direkt zwischen Wald und Rebflächen. Der Untergrund besteht hier am Rand des Schwarzwalds aus rötlichem vulkanischen Gestein. Heutzutage, so habe ich gelernt, sagen die Geologen zu diesem siliciumreichen Vulkanit nicht mehr Quarzporphyr, sondern Rhyolith. Ist aber dasselbe – falls ihr damit einmal in Berührung kommen solltet. Da das ganze Studieren nur wenig nützlich erscheint, wenn man nicht probiert, folgen nun fein sortiert die vier Spätburgunder.

Spätburgunder 2017

Spätburgunder Kopp

Sagte ich schonmal, dass man an seinem kleinsten Wein den großen Winzer…? Ja, vermutlich. Hier haben wir nämlich ein solches Exemplar. Knapp 20 Monate wurde nämlich dieser, tja, vorgeblich einfache Guts-Spätburgunder in großen Holzfudern ausgebaut und dann unfiltriert abgefüllt. Bei allen Roten sind wir hier übrigens im Jahrgang 2017, was nicht nur in Anbetracht des langen Ausbaus Sinn macht. Die Weine reifen, so viel sei schon verraten, nämlich äußerst vorteilhaft.

Bereits in der Nase ist das hier kein vordergründig fruchtiges Exemplar, sondern es gibt eine eher ätherische, herbwürzige Note. Nach dem ersten Schluck schreibe ich in mein Notizbuch, “Wahnsinn, wie der Kleine schon rangeht! Ein Kickstart, voll Rotwein von Anfang an.” Was ich damit sagen will: Hier haben wir keinen klebrigen Gaumenschmeichler, der zum Schunkeln und Mitklatschen anregt. Komplett trocken ist der Spätburgunder, enorm erwachsen mit kernigem Biss und präsentem Tannin. Ein wunderbarer Speisenbegleiter, leicht im Alkohol, stark im Ausdruck. Und nur 10 € ab Hof, ich schrieb es ja schon, preiswürdigere Spätburgunder als hierzulande findet man kaum.

Roter Porphyr Spätburgunder 2017

Roter Porphyr Spätburgunder

Der Terroirwein von über 45 Jahre alten Rebstöcken, gewachsen auf dem roten Vulkanboden, ausgebaut im französischen Barrique und ebenfalls unfiltriert abgefüllt. Die Säure liegt bei allen vier Weinen übrigens zwischen 5,7 und 6,5 g pro Liter, der Restzucker hat immer eine Null vor dem Komma.

Frisch geöffnet bin ich wirklich verblüfft darüber, dass wir hier einen ganz anderen Ausdruck im Glas haben als beim Gutswein. Und das nicht nur, weil die Barriques einen spürbaren, aber sehr eleganten Holztouch mitgeben. Vielmehr wirkt der Rote Porphyr offener, weiniger, unmittelbar ansprechender als der kleine Spätburgunder. Himbeere und Weichselkirsche dann auch am Gaumen, feine Säure. Ich fühle mich ein bisschen an die neuen nordkalifornischen Pinot Noirs erinnert, die auch dieses schon modern, aber auch sehr fein wirkende Holz besitzen mit dem kühlen Fluss und der hohen Eleganz. Ein ganz feines Exemplar, liebe Freundinnen und Freunde des gepflegten Weins, und das für 16 € ab Hof.

Sommerhalde Spätburgunder 2017

Sommerhalde Spätburgunder

Kommen wir zum dritten Spätburgunder, dem Lagenwein aus der Varnhalter Sommerhalde. Tatsächlich ist das einer von drei nach Süden ausgerichteten Hängen innerhalb der Lage Klosterbergfelsen. Bei den Reben handelt es sich um 40 Jahre alte Freiburger Klone, also tatsächlich um Spätburgunder, wenn man so will, und nicht um Pinot Noir. Geerntet wurden die Trauben mit reifen 98° Oechsle, ausgebaut für 22 Monate im französischen Barrique und anschließend unfiltriert abgefüllt. Ihr kennt die Kopp’schen Prinzipien schon.

Wenn ich die Kombination aus “badische Klone, Reife und Barrique” höre, bin ich erst immer ein bisschen skeptisch. Ist das etwa wieder diese röstig-überreife-holzgepeinigte deutsche Art von früher? Nichts könnte weiter entfernt sein bei diesem Wein als das. Dezent und balsamisch in der Nase, Sauerkische und Holunder, äußerst samtige Textur, also extrem feinkörniges Tannin. Die Kopp-Weine werden, so scheint mir, von unten nach oben nicht etwa mächtiger und expressiver, sondern vielmehr immer dichter, tiefer und eleganter. Bei 13 vol% ist auch hier Schluss. Interessanterweise kann man diesen hochwertigen Spätburgunder (30 € ab Hof) jetzt schon gut aufmachen, wenn man ihm ausreichend Luft gibt. Dennoch: Potenzial ist da für viele weitere Jahre.

Und endlich das Feigenwäldchen…

Kopp Klostergut Fremersberg Feigenwäldchen

Und jetzt sind wir endlich dort, wo unsere kleine Rundreise zu Anfang begann, im Feigenwäldchen. Auf dem Luftbild (das mir das Weingut dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat) könnt ihr die Lichtung im Wald mit dem Gebäude in der Mitte erkennen. Das ist nicht etwa das Weingut Kopp, sondern das Klostergut Fremersberg. Von jenem nämlich übernahmen die Kopps die Lage. Alle 5 ha, die ihr auf dem Foto seht, werden seitdem als Monopol bewirtschaftet. Der Name Feigenwäldchen stammt übrigens noch aus der Zeit der Franziskanermönche, die im begünstigten Mikroklima tatsächlich Feigen anbauten. Und Reben, der Weinbau ist mindestens seit 1750 belegt.

Zwei Dinge finde ich beim Feigenwäldchen besonders interessant. Die erste Sache ist vermutlich noch gar nicht richtig erforscht. Momentan ist in zukunftsweisenden Weinbaukreisen das Thema Agroforst schwer angesagt. Man pflanzt Bäume zwischen den Rebzeilen, damit die Rebstöcke von der komplexen Mykorrhiza profitieren, die sich um weit- und feinwurzelige Bäume herum entwickelt. Der gute Pilz sozusagen, anders als der unerwünschte auf den Blättern. Wie stark, frage ich mich dabei, mag so ein System von Mykorrhizen wohl ausgeprägt sein bei einem Weinberg, der sichtlich in ganz engem Kontakt zum Wald steht?

Die zweite interessante Sache ist die Bestockung des Feigenwäldchens. Es steht hier nämlich zu 95%… Riesling! Und zwar solcher mit lockerbeerigen Klonen, die noch aus der Zeit vor den Massenträgern der 1970er und 1980er Jahre stammen. 0,3 ha sind im Feigenwäldchen allerdings auch für den Spätburgunder reserviert.

Spätburgunder Feigenwäldchen 2017

Kopp Feigenwäldchen Spätburgunder

Weil der Wein so rar und die Besonderheit so groß ist, gibt es den Spätburgunder Feigenwäldchen ausschließlich in der Magnumflasche und mit historischem Etikett. Im Untergrund gibt es hier zusätzlich verwitterten Buntsandstein, der Wein wurde wiederum 22 Monate im Barrique ausgebaut. Allerdings wirkt sich das spezifische Mikroklima stark aus. Tagsüber ist es in dieser Hang-Kessellage sonnig und warm, die Feigen lassen grüßen. Nachts allerdings wird es durch den Wald deutlich kühler als in den Weinbergen im Vorland. Das Resultat ist ein auf sanfte Weise ausgereifter Wein, aromatisch eher nördlich, sagt Johannes Kopp, mit geringerem Alkohol. 12 vol% haben wir hier für den 2017er, die Magnum kostet 45 € ab Hof.

In der Nase ist das ein ganz dezenter Wein, aromatisch eher in die ätherisch-süßkirschige Richtung gehend. Am Gaumen können sich alljene freuen, die einen Sinn für Feinheit ausgebildet haben. Der Spätburgunder aus dem Feigenwäldchen ist nämlich ein sehr feiner, sehr leichter, sehr eleganter Wein. Das Tannin ist zwar ebenso präsent wie bei allen anderen Kopp-Weinen, aber hier geht es ganz kühl und schwebend zu. Das ist diese Art haltbarer Transparenz. Erst glaubt man, der Wein sei zu zart für dieses und jenes, dann aber zieht sich die elegante Ader kontinuierlich durch. Für mich ist das der optimale Begleiter von gebratenem Geflügel, und zwar zu Weihnachten mit der ganzen Familie. Genau dafür braucht man auch die Magnum – und einen solch besonderen Wein.

Mein Fazit

Wenn ich jetzt meine Eindrücke der Spätburgunder vom Weingut Kopp zusammenfasse, dann sind das im Prinzip drei Elemente.

  • Das Erste ist die unbestreitbare Qualität, die sich durch das gesamte Portfolio zieht. Da gibt es auch beim nominell kleinen Spätburgunder keinerlei Nachlässigkeiten.
  • Das Zweite ist für mich die Konsequenz des Gutsstils. Die Spätburgunder vom Weingut Kopp sind immer relativ dunkel sauerkirschig in der Frucht, immer fest und spannungsgeladen, nie zu hoch im Alkohol oder zu gefällig. Das sind alles Weine, die uns fortgeschrittenen Weinfreund*innen sehr entgegenkommen.
  • Und schließlich finde ich es drittens verblüffend, wie es hier von unten nach oben immer eleganter, tiefer, geschliffener wird. Ich finde den Guts-Spätburgunder wunderbar, leicht wild, auch super für kalte Platten. Die Sommerhalde hat hingegen etwas schon fast Aristokratisches an sich in ihrer Eleganz. Und schließlich kombiniert das Feigenwäldchen das Leise und das Feine.

Das sind alles Weine, bei denen ich ganz ehrlich unheimlich froh bin, dass ich sie kennengelernt habe. Schaut mal, ob ihr euch diese Schätzchen vielleicht auch sichern könnt. Und bei dem Tempo, das Johannes Kopp vorlegt, gibt es sicher bald wieder ein paar ganz neue Entdeckungen zu machen.

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6 Antworten zu @Home im Feigenwäldchen – das Weingut Kopp

  1. Karl Brunk sagt:

    Hallo Matthias,
    ich sag nur Eins : Wahnsinn!
    Sollte jeder probieren. Deine Texte machen ja, wenn gute Weine besprochen werden, enorm Spaß, animieren zu probieren und zeigen sehr prägnant, worauf es ankommt wenn guter Wein entstehen soll.
    Das führt deine Beschreibungen im #118 nochmal etwas anders weiter. Label machen es alleine nicht. Konsequenz und eine verinnerlichte Idee sind neben den Weinstöcken und dem Boden die mit entscheidende Grundlage für tolle Weine.
    Danke, Danke, Danke für diese Entdeckungen. Ist doch auch ein tolles Eigengeschenk für die kommenden Weihnachten, bei dem man auch noch die weihnachtseinkäuflichen Superspreaderevents meiden kann. Super!
    l.G.
    Karl

    • Matze sagt:

      Bitteschön, sehr gern geschehen! Ja, interessanterweise finde ich mittlerweile auch, dass Wein als Geschenk (also echt mit Liebe und Verstand ausgesucht) noch weitgehend unterschätzt wird. Von Winzern, meine ich 😉 . Nicht von denen hier allerdings, die wissen das sehr wohl. Und wenn es wieder grün ist, Natur und Ampel, kann man dann ja auch mal selbst hinfahren…

  2. Wirklich spannend! Gibt es eigentlich in Franken irgendwo schon Wein, von dem man sagen kann, die wären in Agroforst (vielleicht unter Streuobst) gepflanzt?

    • Matze sagt:

      Das ist die Frage, die ich mir auch schon gestellt habe! Es gibt natürlich ein paar abgelegenere Lagen mit Parzellen, die zumindest von drei Seiten mit Wald und Buschwerk umgeben sind. Aber von einer bewussten Mischnutzung (oder zumindest mit Zeilen von Bäumen) habe ich bis jetzt noch nichts gehört. Wird aber meine Aufgabe für nächstes Jahr sein 😉

  3. Danke für den Respond! Dann erwartet die autochthone Fangemeinde mögliche News dazu mit großer Vorfreude und Spannung!

    • Matze sagt:

      Ja, das wird definitiv kommen! Ich bin dabei, mich selbst gerade noch ein bisschen fortzubilden in Fachveranstaltungen, wie der Zusammenhang von Reben, Waldbäumen, Teilhabe an Mykorrhiza etc. ist. Also: Wie funktioniert das, und wie “nutzt” man das? Und es wäre dann in der Tat superspannend zu sehen, welche Erfahrungen man in der Praxis macht.

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