Es ist doch erstaunlich. Immer wenn ich Leute treffe, die sich richtig für Wein interessieren und besonders für solchen, der möglichst unbehandelt auf die Flasche kommt, kennen diese Leute Stephan Krämer schon. Oder zumindest seine Weine. Dabei ist dies ein Mini-Weingut mit gerade einmal 4 ha unter Reben. Zudem liegt es im Taubertal, weitab der großen deutschen Anbaugebiete. Und seine Weinbergschätze heißen Röttinger Feuerstein, Tauberzeller Hasennestle und Tauberrettersheimer Königin. Ganz richtig, auch das sind nicht die großen Prominenten im deutschen Lagen-Feuerwerk. Vermutlich kann man sogar den Master of Wine machen, ohne je etwas davon gehört zu haben. Was ist also das Besondere an Stephans Weinen?
2013er Silvaner Röttinger Feuerstein von Stephan Krämer
Erst einmal ist das Besondere an Stephans Weinen, dass sie vermutlich gar nicht seine Haupteinnahmequelle sind. Vielmehr ist der Krämer’sche Hof im fränkischen Auernhofen ein Naturland-Betrieb mit 78 ha Ackerland. Nur war es so, dass Stephan sich von Anfang an stark für Wein interessiert hat und die Bedeutung des Weinbaus immer ein bisschen größer wurde. 2013, also das Jahr, aus dem dieser Wein stammt, war der Jungfernjahrgang aus dem Röttinger Feuerstein. Seitdem sind zwar erst ein paar Jahre vergangen, in der Krämer-Welt jedoch ist viel passiert.
So richtig hundsgewöhnlichen Wein gab es bei den Krämers noch nie. Die neu übernommenen Reben waren 2013 zwar noch nicht bio-zertifiziert, ansonsten gab es aber bereits Spontangärung und den Ausbau im Holzfass ohne Filtern und Schönen. Allerdings bewegte sich der Wein noch im Rahmen dessen, was die Fränkische Qualitätsweinprüfung als “basst scho” durchgehen ließ. Deshalb besitzt der Wein die Herkunftsbezeichnung Franken sowie den Namen des Weinbergs auf dem Etikett.
Mittlerweile – ihr wisst es sicher – ist der Abenteuer-Grad in den Weinen von Stephan noch weiter gestiegen. Maischegärung ist hinzugekommen, der Schwefel gegangen, es gibt PetNats und bald auch einen Altfränkischen Satz mit 13 alten Rebsorten. Und aus dem Röttinger Feuerstein-Silvaner wurde der Silex, ein Taubertäler Landwein. Was die Weine aber schon immer besaßen, das war eine enorme Langlebigkeit. Natürlich, man kann die Weine auch jung öffnen und austrinken. Aber so richtig schön werden sie erst nach einigen Jahren Lagerung.
Wie schmeckt der Wein?
Wer auf Instagram ist, wird vielleicht gesehen haben, dass ich diesen Wein bereits am Samstag zum Boomer-Talk aufgeschraubt hatte. Jetzt folgt also die etwas intensivere Betrachtung. In der Nase spüre ich erst einmal, dass dies kein primärfruchtiger Vorprescher ist. Dezente Birne oder vielmehr mitteleuropäisches weißgelbes Kernobst, mineralisch, leichter Holztouch, alles gut eingebunden und elegant. Im Mund bin ich gleich doppelt verblüfft. Zum einen darüber, wie jung und frisch der Wein geblieben ist. Und zum anderen – das hängt natürlich irgendwie zusammen – über die wirklich kräftige Säure, über die trockene Art, den straighten Zug.
2013 war ein Jahrgang der Frische, nicht ganz unproblematisch für die Winzer. Ab der ersten Augustwoche gab es keinen Tag mehr über 30 Grad, dafür relativ viel Regen Mitte September. Seinerzeit wurde dem Jahrgang dementsprechend wenig zugetraut, aber (wie so häufig bei kühleren Jahren) mittlerweile muss man sich doch wundern, wie gut manche Weine geworden sind. Viel Wumms in der Mitte hat der Krämer-Silvaner nicht, logisch bei durchgegorenen 12 vol%. Was mich aber beeindruckt, das ist seine Konsequenz. Ich bin mir nicht sicher, ob ich blind sofort auf Silvaner gekommen wäre. Noch nicht einmal auf Deutschland als Herkunftsland. Ein kleiner Touch Jura schwingt hier nämlich mit. Allerdings, um keine Zweifel aufkommen zu lassen, dies ist kein wilder Wein, kein Naturel im engen Sinne. Sondern ein charakterstarker Speisenbegleiter.
Wo habe ich ihn gekauft?
Gekauft habe ich den Wein seinerzeit direkt beim Weingut in Auernhofen. Gekostet hat er damals 12,50 €, was natürlich viel zu günstig ist für einen komplett handwerklich hergestellten Wein aus Bio-Anbau und einer hochkarätigen Steillage. Mittlerweile kostet der Silex 19 €, und erst im Verlauf des Jahres 2020 kommt der neue Jahrgang 2018 auf den Markt. Oben habt ihr noch einen Blick auf die Krämer’schen Weinberge im Röttinger Feuerstein, den ich ja tatsächlich zu den zehn Lagen in Franken gezählt habe, die man kennen sollte.
Das Taubertal als Weinregion leidet ja nicht unwesentlich darunter, dass es in drei Anbaugebiete aufgeteilt ist und zusätzlich bei allen dreien auch noch am Rande liegt. Was Stephan Krämer hier in der Nische weitab großer Weinevents leistet, ist deshalb umso beachtlicher. Wer mit füllig schmeichelnden und hochprozentigen Weinen nicht so viel anfangen kann, ist hier jedenfalls sehr gut aufgehoben.
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