Wie ihr vermutlich (fast) alle wisst, ist das Weinbusiness meine ökonomische Heimat. Ich fahre also nicht mehr zu Weinmessen, um ausschließlich privat die schönsten Weinchen heimlich in einer Ecke zu verkosten und darüber als Zeitvertreib zu berichten. Okay, auf manche Messe wäre ich so auch nicht gekommen, die VDP-Weinbörse zum Beispiel. Aber wenn ich mich nicht nerdig aufführe, was mache ich stattdessen an so einem vollgepackten Wochenende wie jetzt in Mainz? Kommt einfach mit und seid tagebuchmäßig dabei, wenn ich ein paar Tage auf Achse bin…
Vor der Messe: Roter Hang
Bevor ich überhaupt eine Messe außerhalb der fränkischen Lande betreten darf, hat der liebe Herrgott als Hindernis eine komplizierte Anreise eingerichtet. Ich bin heute bei der Messe »VinVin – Die Fachmesse für Herkunftsweine« angemeldet, und die findet in Mainz statt. Für die Winzer der »Maximen Herkunft Rheinhessen« ist das ums Eck, für mich natürlich nicht. Trotz 131 teilnehmenden Weingütern beginnt die eintägige Messe erst um 14 Uhr. So ganz verstehe ich das nicht, aber es gibt mir die Gelegenheit, vorher dem Roten Hang einen Besuch abzustatten.
Gleich am Anfang des Nackenheimer Rothenbergs gibt es diese Parzelle. Sanfte Querterrassen und Reben, die auch an der Pergola entlangwachsen dürfen. Wie sich später bei der VinVin herausstellt, ist das eine Parzelle mit wurzelechtem Silvaner, die dem Weingut Schätzel gehört. Der Ertrag landet mit zwei anderen Weinbergen zusammen im »Steiner«, den ich nachher noch probiere.
Ausgerechnet dort, wo es oberhalb des Roten Hanges flach wird, es also weitaus einfacher zu bewirtschaften ist, gibt es zum Teil übel mit Herbizid abgespritzte Felder zu sehen.
Interessant hingegen das, was ich im obersten Zug des Rothenbergs finde: eine Neuanpflanzung mit Chardonnay-Reben. Aber das ist nicht das Besondere. Das Besondere sind die unterschiedlichen Unterlagsreben, die hier offenbar an einem der heißesten und trockensten Standorte in Deutschland getestet werden. 1103 Paulsen, 775 Paulsen, 5BB, Börner, 140 Ruggeri, die Geisenheimer Neuentwicklung Libero… Das sind alles Rebunterlagen mit hoher Wüchsigkeit auf trockenheißen Standorten. Also Bedingungen, die wir in Deutschland bislang kaum hatten, weshalb diese Unterlagsreben auch kaum in Top-Lagen ernsthaft getestet wurden. Ich schreibe mir also alles auf und nehme mir vor zu recherchieren, wer das hier macht. Vielleicht die Domäne Oppenheim?
Ansonsten ist der Rote Hang natürlich auch ein schöner Ort, um Begrünungsphilosophien bekannter Weingüter zu betrachten. Zumindest die VDP-Weingüter haben oft Schilder an ihren Parzellen.
Messe #1 – VinVin
Mein primäres Ziel bei der VinVin ist, die rheinhessischen und pfälzischen Silvaner zu probieren. Und mit den zugehörigen Weingütern zu sprechen. Einerseits kommt man außerhalb des jeweiligen Anbaugebiets kaum ran, weil nicht jeder den Silvaner so schätzt wie die Franken. Andererseits steht bei mir demnächst wieder die »Große Silvaner-Schau« an, und ein paar unbekannte Weine in der Blindprobe machen sich sehr gut. Außerdem ergibt sich vielleicht die Möglichkeit einer geschäftlichen Zusammenarbeit.
Oben seht ihr zwei der interessantesten Silvaner, die ich bei der Messe gefunden habe. Der Attila vom Weingut Heiligenblut ist ein ganz eigenes Gewächs. Gleichzeitig wild und ultrafein, 9,5 vol% nur. Für Finessen-Freaks. Rechts der Herrenpfad vom Weingut Rinck, das letztes Jahr völlig überraschend bei der Falstaff Silvaner-Trophy gewonnen hatte. Da ich damals nicht mitprobiert hatte, wollte ich das hier nachholen. Und: Es lohnt sich.
Dritter spannender Silvaner war der erwähnte Steiner vom Weingut Schätzel. Noch beeindruckender fand ich sogar den Riesling Fuchs desselben Weinguts. Drei Jahre unter Flor, BSA, unfiltriert, der König von Kopenhagen sozusagen und ein ganz feiner Stoff. Am Eingang treffe ich die Leute von Wein+Markt, für die ich ja seit einiger Zeit B2B-Artikel verfasse. Wir wollen uns im Sommer für neue Ideen treffen, inhaltlich wie konzeptionell.
Daneben bleibt etwas Zeit für Unbekanntes, zum Beispiel Weinbau Heilemann vom Mittelrhein. Kai und Kristina Heilemann produzieren bio-zertifizierte Naturweine (zero-zero) aus den Steillagen um Kaub herum. Grandioses Zeug, als Naturwein aromatisch erkennbar, aber ganz sauber. Und der Petite Arvine »Grand Jeté« (Kristina hat jahrelang Ballett getanzt) ist nicht nur die einzige deutsche Ausgabe der Walliser Rebsorte, die ich kenne. Sondern auch ein salzig-feinsäuerlich-raffiniertes Wunderwerk.
Am Ende nehme ich von der VinVin eine Menge Eindrücke mit und exakt neun neue Adressen für den weiteren Austausch. Wolfgang Staudt vom »Genuss im Bus«-Podcast habe ich auch kennengelernt. Sehr netter Mann.
Erholung dazwischen – Die Bäckerei Marrakesch
Weil ich im B&B-Hotel am Hauptbahnhof untergebracht bin (super zu erreichen, zentral plus kostenfreies Parken), suche ich mir zum Feierabend immer etwas zu essen in der Nähe. Die Gegend vor dem Bahnhof ist nachts sicher ein bisschen wild, aber auch multiethnisch, was eine große Auswahl interessanter Speisen verspricht.
Meine Top-Entdeckung diesmal, die ich gleich mehrfach aufgesucht habe: die Bäckerei Marrakesch. Natürlich gibt es normale Croissants und solche als Dubai-Version mit Pistazie, vor allem aber gibt es großartige gefüllte Teigtaschen, die man warm wie kalt essen kann. Pastilla heißen die, und das letzte Mal, dass ich solch ein köstliches Stück aus Fila-Teig, gefüllt mit, tja, gekochtem Hühnerfrikassee und bestäubt mit Puderzucker und Zimt gegessen habe, war am Place Flagey in Brüssel. Das dreieckige Teilchen nennen sie ebenfalls Pastilla, und es ist mit Tintenfisch, Garnelen, Oliven und Fadennudeln gefüllt. Wow, so etwas würde ich mir auch in Bamberg wünschen!
Messe #2 – VDP-Weinbörse
Am nächsten Morgen geht es gar nicht früh los, denn die Weinbörse öffnet erst um 11 Uhr ihre Tore. Für mich, der ich um 9 auf der Prowein zu erscheinen pflege, ein bisschen ungewohnt, aber gut, hier wird vermutlich auch am selben Morgen erst aufgebaut. Letztes Jahr gab es am Eingang ja riesige Schlangen, weil es das System offenbar nicht geschafft hatte, die Leute trotz bereits runtergeladenem QR-Code einzulassen. Diesmal funktioniert DAS besser. Es dauert aber trotzdem ewig, weil sie sich überlegt haben, an der Theke ein Pflicht-Mietglas für 20 € Pfand auszuteilen, das man ausschließlich bar begleichen kann. Da stehen durchaus ein paar ausländische Besucher:innen verzweifelt mit ihrer Kreditkarte…
Wie auch immer, der Rest ist natürlich wunderbar, wesentlich entspannter und gleichzeitig konzentrierter als auf der ProWein. Da ich Paul Truszkowski gestern zufällig bei der VinVin getroffen hatte, gehe ich gleich zu Von Hövel und probiere die ganze Kollektion. Ausgesprochen feiner Scharzhofberg-Kabi, könnt ihr euch denken. Spannend übrigens (hatte ich bislang jedenfalls noch nicht wahrgenommen), dass sich die Preise für Kabinett, Spätlese und Auslese immer mehr anzunähern scheinen. JJ Prüm hat das ja schon vorgemacht. Paul meint, »einen Kabi kannst du immer verkaufen. Die Herausforderung liegt bei den Weinen darüber.«
Zwei von vielen Weinen möchte ich vom ersten Tag der Messe herausstellen. Dass sie beide aus Franken kommen, ist tatsächlich reiner Zufall. Daniel Sauer hat sein 2017er Riesling-GG mitgebracht, und das ist ein unglaublich feines und köstliches Exemplar. Wer noch etwas davon hat, kann sich freuen. Außerdem ist 2017 der letzte Jahrgang vor den drei Hitzejahren danach.
Das Juliusspital hingegen hatte etwas ganz Neues und Exklusives dabei: den Silvaner 1576, der aus dem Escherndorfer Kirchenstück stammt, bestockt mit den ältesten Silvanerreben des Juliusspitals überhaupt. Das ist natürlich keine neue Lage, sondern das Herzstück des Am Lumpen-GG. Zwei Jahre Barrique, drei Jahre kleiner Edelstahltank, erst leicht Holz, Reduktion, viel Würze und Power, ein exzellenter Lagerwein. Und das Etikett aus dem Bademantel von Fürstbischof Julius Echter persönlich ist natürlich auch der Hammer.
Was es noch gab? Den Gemischten Satz von Bickel-Stumpf fand ich besser als alle reinsortigen; vielleicht sollte ich demnächst mal was zu Mischsätzen machen. Im Kaiserstuhl Weiß von Franz Keller (guter Wein) ist bereits ein Drittel Souvignier Gris drin. Die Roten von Dr. Heger sind alle sehr individuell, ich schreibe ein paar Notizen. Philipp Wittmann hat seinen allerletzten Silvaner namens »Mineral« zwar nicht dabei, aber wir sprechen drüber. Uli Sautters Flieger hat einen Heckschaden, weshalb ich ihn nicht treffe, dafür hin und her texte. A propos Kommunikation: Am Ende des Tages bleiben wieder zehn Adressen, mit denen ich in unterschiedlicher Sache einen weiteren Austausch vereinbart habe.
Das andere Geschäftsessen – Steins Traube
Nach der Messe fahre ich raus in den Vorort Finthen. Dort befindet sich das mit einem Stern bewehrte Restaurant Steins Traube, und dort treffe ich auch die Crew von Kloster Eberbach und den Berliner Gastronomen und Chef von »eat! Berlin« Bernhard Moser. Das Restaurant hat exklusiv für die Weinbörse-Gäste geöffnet und bietet ein einheitliches Neun-Gang-Menü an, was uns doch ein bisschen zu viel ist. Aber man kann einzelne Gänge daraus wählen wie den mit folgendem Namen: »Gonsenheimer Bete in geröstetem Sesamöl mariniert. Gurken-Limetten-Salat, Misomayo, Teriyaki-Vinaigrette, Gartenkräuter«. Schmeckt großartig, ich glaube, das war unser Favorit. Natürlich plaudern wir auch privat, machen aber gleich den nächsten Termin aus. Am Dienstag geht’s für mich nämlich zur Domäne Baiken der Hessischen Staatsweingüter, wo Kathrin Puffs Kollegin auf mich warten wird.
Spät, aber nicht zu spät zurück ins Hotel, natürlich noch (wie gestern) Emails, Instagram, Recherche für morgen. Dauert immer so knapp zwei Stunden.
Weinbörse – zweiter Tag der Messe
Ich habe inzwischen mit Uli Sautter vereinbart, dass ich für den Falstaff-Guide die Reportagen für die Pfalz und die Mosel übernehmen werde. Da die Mosel eine kleine Einschränkung benötigt, nehme ich das Unterthema »Terrassenmosel« und schnappe mir auf der Weinbörse gleich mal Reinhard Löwenstein. Ein sehr interessantes und munteres Gespräch ist die Folge, 58 Minuten digitale Tonaufzeichnung inklusive. Natürlich sprechen wir NICHT über die Zukunft des Weinguts, sondern über Klima, Terroir, Zukunft der Steillagen, Personal und Betriebswirtschaftliches.
Ein Stockwerk weiter oben verkoste ich anschließend noch die Weine aller drei anwesenden Terrassenmoselaner, nämlich Heymann-Löwenstein, Knebel und Busch. Tolle Weine sind dabei. Mein Favorit: das 2023er GG Fahrlay von Clemens Busch, kommt Mitte des Monats raus. Ungeheuer floral, feinsinnig, aber mit festem Kern. Ein gewisses Kontrastprogramm dazu sind die Rieslinge und Chardonnays von Jülg. Viel erdiger, straffer, kerniger. Auch sehr schön. Bei Rings hingegen ist die Traube um den Stand derart groß, dass ich davon absehe, mich anzustellen. Mittags muss ich nämlich den Standort wechseln…
Messe #3 – Biodynamic Wine Fair
Ich hatte mein Fahrrad in den Kofferraum geworfen und kann deshalb easy mittags vom Rheinufer zum Alten Postlager wechseln. Dort findet die Biodyn-Messe von Demeter statt, genau parallel zur Weinbörse. Leider ist es recht leer, was zum Teil an der Parallele liegt (über die Straße wären die Leute noch gewechselt), zum Teil auch daran, dass die Informationspolitik ziemlich mau war. Hier stehen großartige Weingüter, zum Teil aus Südfrankreich angereist, das hätte eine größere und gezieltere Werbetrommel verdient.
Das Programm der Aussteller ist teilweise extrem unterschiedlich, was es allerdings umso spannender für Entdeckungen macht. Ich probiere den unglaublichen Secco »Lavendellino« vom Weingut Seyberth aus der Rheinhessischen Schweiz. Das ist halbtrockener verperlter Riesling (10,5 vol%), versetzt mit einem Mazerat aus den eigenen Demeter-Lavendelblüten. Frisch, blütig, wahnsinnig sommerlich. Das muss einfach der absolute Renner bei jüngeren Leuten sein.
Ebenso interessant der Chardonnay-Komet von Jo Pfisterer aus dem Hause Lageder. Früh geholt und eigentlich als Gäransatz gedacht, haben sie den Wein doch ausgebaut. 9,5 vol%, knochentrocken, smoothes Mundgefühl bei kerniger Säure, geht sehr in die Stefan Vetter-Richtung.
Aus dem Anjou angereist sind die Domaine de Juchepie, aus der Touraine das Weingut Amirault (Clos des Quarterons, nicht Yannick). Die hochgewachsenen Brüder Oosterlinck haben ein paar intensive Chenin Blancs dabei, Savennières ist schon eine großartige Appellation. Bei den Amiraults gibt es hingegen ein paar schöne Cabernet Francs aus St-Nicolas-de Bourgueil, wo sich das Weingut befindet. Der absolute Bringer ist aber der Bourgueil »Grand Mont« aus dem gleichnamigen Gewann. Ich glaubte mich zu erinnern, dass ich bei Bernd Kreis aus derselben Lage auch schon einen großen Wein probiert hatte – und tatsächlich, Domaine du Bel-Air.
Als die Messe um 18 Uhr schließt, bin ich zwar noch längst nicht durch, habe aber jede Menge alte Kontakte aufgefrischt und neue gemacht. Morgen geht’s dafür endlich wieder ins Freie.
Ortstermin Baiken
Die Domaine Baiken der Hessischen Staatsweingüter Kloster Eberbach (so der korrekte Name) befindet sich mitten im gleichnamigen Weinberg. Ich treffe mich dort mit Winzerin Franziska Schmitt, die alles ganz genau kennt, was die Weinberge der Eberbacher betrifft. Da ich eine Story über den Baiken machen möchte, ist das also die ideale Ansprechpartnerin.
Der Baiken war mir immer als ausgesprochen feiner, manchmal gar mineralisch-fordernder Riesling in Erinnerung, seit ich vor vielen Jahren meinen ersten Wein von hier getrunken hatte. Tatsächlich überrascht es mich zu sehen, dass der Baiken nicht etwa durchlüftet auf der Höhe, sondern ziemlich tief an einem dicht bewachsenen Bachtal liegt. Der Taunus grenzt direkt an. Soll heißen: Die berühmten Weine aus diesem im Herbst vom Bachnebel eingenommenen Weinberg erfordern viel Arbeit und viele Lesedurchgänge. Den großen Baiken muss man sich auch als Winzer:in erst verdienen… Mit vielen Infos und drei gut verstauten Kisten Wein im Gepäck geht es zur Mittagszeit weiter.
Schönheiten am Wegesrand
Ich hatte ja mit Uli Sautter die Terrassenmosel und die Pfalz ausgemacht, ihr erinnert euch. Also mache ich mich gleich auf den Weg in die Pfalz. Weil auch jenes Weinbaugebiet relativ groß ist, möchte ich mich auf den nördlichen Bereich um die Orte Kallstadt, Freinsheim, Herxheim und Leistadt konzentrieren. Von da kamen nämlich in letzter Zeit besonders interessante Weine.
Auf dem Weg dorthin komme ich durch Flörsheim-Dalsheim. Den Hubacker kenne ich schon, den Bürgel dafür noch nicht. Also lege ich am Trulli-ähnlichen Haus einen kurzen Zwischenstopp ein, bevor ich meine Mittagspause (mit Brötchen vom Netto-Bäcker) oben auf dem Frauenberg mache. Die ersten Kalkhubbel, die sich hier aus der Ebene erheben, haben gleich eine ganze Phalanx mittlerweile berühmter Weingüter auf den Plan gerufen.
Der letzte Schrei ist sicherlich das Gebiet um Mölsheim und Zell, der Schwarze Herrgott und der Kreuzberg. Hier an der Grenze zwischen Rheinhessen und Pfalz, in Sichtweite des allmächtigen Donnersbergs, gibt es windbeherrschtes Cool Climate – jedenfalls im Vergleich mit fast allem anderen der Region. Den Anfang machte sicherlich Battenfeld-Spanier mit ihrem GG, aber mittlerweile haben etliche nachgezogen. Spannend zu sehen fand ich diese Parzelle, die sich nördlich der Straße am Ortsausgang von Mölsheim befindet. Wer legt denn hier in extrem enger Einzelbestockung einen neuen Weinberg an? Wenn ihr’s wisst, sagt es mir.
Letzte Ausfahrt Leistadt
Die Pfalz ist, so sage ich mir, kein besonders steiles Terrain. Da komme ich gut mit dem Fahrrad zu den Weinbergen.
So ganz flach ist es dann doch nicht, aber es geht. Die Situation ist fototechnisch gar nicht so leicht einzufangen. Vor dem Pfälzer Wald gibt es Kalkbuckel, auf denen mittlerweile die interessantesten Weinfelder liegen. Relativ karger Boden, gute Exposition. Am südöstlichen Rand befindet sich die nominell wichtigste Lage mit dem Kallstadter Saumagen, tiefer gelegen unterhalb der Abbruchkante. Oben drauf sind der Leistadter Kalkofen und der Kallstadter Steinacker, bezeichnende Namen. Und direkt am faszinierenden Naturschutzgebiet des Berntals gibt es noch Überbleibsel im Leistadter Kirchenstück. Mittlerweile und dank des von Neun auf Hundert geschossenen VDP-Weinguts Rings sind die besten Parzellen wieder bepflanzt und heißen Felsenberg oder (auf Herxheimer Seite) Am Felsenberg.
Ich treffe einen Mitarbeiter des Weinguts Rings in der mit Spätburgunder bestockten Parzelle des Felsenbergs. Heiß ist es, und er setzt gerade neue Stöcke nach, weil nicht alles hier sofort angegangen ist. Auf der anderen Seite des biodiversen Felsplateaus befindet sich die Parzelle des Weinguts Gabel, Am Felsenberg. Das Weingut Krebs holt ebenso tolle Weine aus den Herxheimer Lagen, und auf Leistadter Seite besitzt das kleine Weingut Marie Adler (ehemals Collective Z) mindestens zwei alte Parzellen, auf denen Riesling (Kirchenpeace) und Silvaner (Kalkoven) entstehen. Das sind doch großartige Voraussetzungen für eine schöne Reportage.
Was mir bei der Rückfahrt dann noch besonders angenehm auffällt: Die A6 hat, mittlerweile bis zum Kreuz Weinsberg durchgängig sechsspurig ausgebaut, auch einiges von ihrem früheren Schrecken verloren. Und so komme ich nach vier langen Tagen auf Tour und einem riesigen Berg an To Do’s noch vor Mitternacht zufrieden und wohlbehalten wieder in Bamberg an.
Hallo Matze,
Hier noch ein kleiner Tipp zu den sehr guten, aber „noch“ etwas zu wenig bekannten, Herxheimer Lagen: Das Weingut Dambach aus Bad Dürkheim.
Im aktuellen Heft vom Falstaff in der Ortsweintrophy mit einem Herxheimer Chardonnay auf Platz 3. mit 92+ Punkten bewertet und der „große“ Chardonnay Herxheimer Kirchenstück erhält im Falstaff Weinguide 2025 sogar 95 Punkte. Zu guter Letzt noch der Herxheimer Am Dettenbrunnen Spätburgunder erhielt im vorletzten Falstaff Heft bei der Pinot Trophy 93 Punkte. Vielleicht ganz interessant, da es noch ein recht unbekanntes Weingut ist, das es in dieser Form erst seit 2018 gibt.
Beste Grüße
Dirk Rosinski
Dankeschön, das ist ein sehr guter Tipp!
Pingback: Spurensuche - Robert Haller im Weingut Bürgerspital - Chez MatzeChez Matze
Hallo Matthias,
endlich erwähnst Du mal das Weingut Richard Rinck. Das heißt so nach dem Großvater oder Großonkel (?) des heutigen Winzers Nico Leonhard. Der macht meines Erachtens in der Südpfalz die schönste Silvaner nach Andreas Porzelt. Besser als der Herrenpfad gefällt mir der “Alte Reben” und noch besser ist der “Unter den Bäumen” mit längerer Maischestandzeit. Was sich ebenfalls zu probieren lohnt, sind sein Portugieser und sein Spätburgunder aus dem Herrenpfad.
Ob Du mal was zu Gemischten Sätzen machen solltest? Aber sicher und unbedingt! Und komm, wenn Du Zeit hast, am 24.5. nach Gambach zum Treffen der Interessengemeinschaft Alter Fränkischer Satz. Ich bin auch da.
Die Lageder-Weine auf der Demeter-Messe habe ich nicht verstanden und sie haben mir auch nicht gefallen. Ich fand das bemüht, zu karg, zu grün und anstrengend zu trinken. Der Römigberg Vernatsch hatte überdies flüchtige Säure – uaaaah!
Herzliche Grüße! (Auch an Sie, Herr Rosinski!)
Hallo Thomas, leider bin ich am 24. Main nicht in Franken, was sehr bedauerlich ist, denn ich wäre wirklich gern zum Treffen gekommen. Was die Rinck-Weine anbelangt, ich habe jetzt alle drei hier und werde mal nachprobieren…
Wie war Dein genereller Eindruck vom Jahrgang 2024 bei der Weinbörse? Viel Säure, schlank, wie 2018? Oder doch sehr individuell je nach Winzer ?
Schon schlanker und säurebetonter als die Jahrgänge davor, würde ich sagen. Aber nicht so “scharf” wie 2021. Allerdings kommen bei der Weinbörse natürlich auch erst die einfacheren Qualitäten aus dem Vorjahr auf den Tisch. Und viele Weingüter neigen ja dazu (eine positive Entwicklung), ihren Weinen ein bisschen mehr Zeit zu geben, bevor sie auf den Markt gebracht werden. Generelles kann ich wahrscheinlich erst nach dem Falstaff Guide-Tasting im August sagen…
Zu ” Den Gemischten Satz von Bickel-Stumpf fand ich besser als alle reinsortigen; vielleicht sollte ich demnächst mal was zu Mischsätzen machen.”
Hier gibts mehr davon:
https://www.slowfood.de/netzwerk/vor-ort/mainfranken_hohenlohe/veranstaltungen-1/grosse-weinprobe-zum-alten-fraenkischen-satz