Willkommen bei (endlich wieder mal) einem Shopping-Guide auf diesem Blog! Das sind tatsächlich meine beliebtesten Artikel. Aber es geht ja auch um ganz praktische Dinge. Diesmal bin ich im Dreiländereck unterwegs gewesen, und zwar tief im Westen. Moselaufwärts von Trier stoßen dort Deutschland, Frankreich und Luxemburg zusammen. Und weil Luxemburg nicht allzu groß ist, habe ich gleich noch einen kleinen Abstecher nach Belgien gemacht. Schaut also, was ich dort gefunden habe.
Warum ins Dreiländereck?
Die Obermosel ist eine Region, in der immer Grenzen gezogen und wieder aufgehoben wurden. Zur Zeit Karls des Großen gab es keine, später wurde es immer kleinstaatlicher. Die gewaltigen Bahnanlagen im französischen Apach, wo heute nur noch am Wochenende ein Zug hält, künden von vergangenem Zoll und Handel. Der Name des Dorfes Schengen auf der luxemburgischen Moselseite hingegen stellt die Gegenwart da. Hier wurde im Jahr 1985 das Schengener Übereinkommen unterzeichnet, nach dem es zwischen Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Belgien und den Niederlanden keine Grenzkontrollen mehr geben soll. Ein großartiger Fortschritt. Betrachtet man den täglichen, völlig selbstverständlichen Verkehr im Dreiländereck, muss einem klar werden, dass alles andere heutzutage auch Wahnsinn wäre.
A propos. Da ihr euch den Kofferraum volladen wollt, gehe ich mal davon aus, dass ihr mit dem Auto ins Dreiländereck kommt. Bedenkt dabei, dass die Gegend zum einen recht dicht besiedelt ist. Zum anderen besitzen die einzelnen Länder ganz unterschiedliche Funktionen. In Luxemburg wird gut verdient, also pendeln alle zum Arbeiten dorthin. In Deutschland gibt es Lidl, Aldi und dm mit Discout- und Drogeriewaren, in Frankreich Carrefour, E.Leclerc und kulinarische Spezialitäten, in Luxemburg noch billiges Benzin. Fahrt also wenn möglich antizyklisch, um nicht übermäßig viel Zeit auf den Straßen zu verbringen.
Echtes Dreiländereck – Delhaize in Remerschen
Die erste Begegnung mit dem Shopping-Craze habt ihr im Delhaize Remerschen als Teil des Borders Shopping Center Schengen. Wir sind auf der luxemburgischen Seite, aber Delhaize ist eine belgische Supermarktkette. Entsprechend gibt es neben Frischmilch aus Luxemburg jede Menge belgische Waren. Und drei Tankstellen (derzeit etwa 20 Cent pro Liter weniger als in Deutschland). Kleine Vorwarnung: Die Zahl der Parkplätze am Shopping-Center ist dem Andrang nicht gewachsen. Wer zur Stoßzeit kommt, muss kreiseln. Wer es stärker luxemburgisch haben möchte: Ein paar Kilometer nördlich in Remich gibt es einen Cactus-Supermarkt.
Jetzt aber: Delhaize. Zu den großen belgischen Spezialitäten zählen Bier und Fritten. Was das Bier anbelangt, höre ich in Deutschland oft, dass das ja nichts taugen soll, zu stark und zu süß und gegen jedes Reinheitsgebot. Gefährliches Halbwissen. Tatsächlich ist die Bierauswahl überwältigend, es gibt deutlich über 100 verschiedene Biere im Regal. Deshalb hatte ich beschlossen, als Orientierungshilfe die zehn beliebtesten belgischen Biere im Delhaize zu kaufen, zu probieren und darüber zu berichten. Davon also an anderer Stelle. Im Hier und Jetzt geht es weiter zu den Pommes-Saucen. dl, also Devos & Lemmens, ist der Platzhirsch. Pauwels sponsert ein bekanntes Cyclocross-Team. Und die Dallas-Sauce von Brussels Ketjep kennen alle Belgier:innen aus dem Kultfilm Dikkenek. Muss also alles mit.
Ich bin ja bekennender Chipsfan und muss deshalb jedesmal weinen, wenn ich einen deutschen Supermarkt betrete. Ja, ich esse und schätze Funny Frisch Ungarisch, seit ich acht Jahre alt bin. Seitdem hat sich auf der Welt irre viel getan, auf dem deutschen Chipsmarkt fast nichts. Deshalb bin ich sehr froh, dass es hier anders aussieht. Am Aufsteller der französischen Chipsmarke Brets zähle ich beispielsweise 26 verschiedene Geschmacksrichtungen. Die Kartoffelqualität gefällt mir bei Kettle zwar wesentlich besser, aber die Auswahl ist schon der Hammer.
Ebenso wichtig für die Belgier:innen sind die Spreads oder Salate oder wie man die Schmieren auch nennen soll, die dann auf das frische Pantherbrot gestrichen werden. Das Pantherbrot hieß übrigens früher Tigerbrot, bis ihnen auffiel, dass es ja keine Streifen, sondern Flecken hat (ein Panther ist die schwarze Form eines Leopards). However. Jedenfalls gibt es hier die Kultaufstriche wie Kip Curry oder Martino, selbst gemachten Fischsalat und natürlich auch jede Menge vegetarische oder vegane Alternativen. Schmeckt alles so wunderbar feist, als ob man es sich gutgehen lassen will.
Zum Schluss noch zwei besondere Dinge. Zum einen sind wir im Dreiländereck zwar noch recht weit vom Meer entfernt, die Delhaize Group im Allgemeinen aber nicht. Deshalb gibt es in der Fischtheke auch gleich zwei Sorten Queller. Und weil wir in Luxemburg sind, und Luxemburg zur Zeit der Stahlwerke eine große Zuwanderung aus Portugal hatte, kann man auch ein paar portugiesische Spezialitäten wie diese runden Käse kaufen. Gab’s immer im Santo Amaro, meine Güte, auch schon wieder 13 Jahre her…
Abstecher nach Arlon
Von einem Dreiländereck geht es jetzt zum nächsten. Nicht weit von der Stelle, an der Frankreich, Luxemburg und Belgien aufeinandertreffen, liegt die Stadt Arlon auf belgischer Seite. Eine knappe Stunde Fahrt von der Obermosel. In Arlon beginnen die echten Ardennen. Empfindlich kühl ist es morgens auf dem Markt, und es gibt Stände mit Wild und Schinken.
Eine Spezialität nicht etwa der Ardennen, sondern des Ch’ti-Landes ist der geräucherte Knoblauch, ail fumé auf Französisch. Ihr seht ihn links oben auf dem Foto. Ziemlich geruchsintensiv, aber auch großartig. Rechts könnt ihr hingegen eine Pommesbude erkennen. Komplizierterweise wählt man zwar zunächst nur große oder kleine Fritten, dann aber aus 30 Saucen und fast ebenso vielen »Beilagen«. Saucenklassiker sind Andalouse (Mayo-Paprika) und Tartare (Mayo-Essig-Kräuter), als Fleischbeilage bieten sich Poulycroc (Hähnchen) und Viandelle (gewürzte Bratwurst) an. Die Friterie de Stockem ist ausgezeichnet, aber seid pünktlich um 11:30 Uhr da. Die Schlange an Handwerkern wird sonst immer länger. Alternative: Eine Fritten-Institution (seit 45 Jahren derselbe Wirt) ist das Chantilly in der Innenstadt.
Ansonsten gibt es in Arlon natürlich auch einen Delhaize, ein paar kleine nette Boutiquen in der Altstadt, das Hydrion als eine Art Outlet und den Colruyt. Letzteres ist eine belgische Supermarktkette, und zwar eine ziemlich einmalige Mischung aus Metro und Aldi – aber Garnelen gibt es trotzdem.
Interessant essen in Esch
Niemand würde vermutlich auf die Idee kommen, in die zweitgrößte luxemburgische Stadt zu fahren, um… tja, was auch immer zu tun. Am Rand des Industriereviers gelegen, ist Esch-sur-Alzette schlicht völlig untouristisch. Aber kulinarisch höchst interessant. Wir sind hier nach dem Ausflug nach Belgien am frühen Abend zum Zwischenstopp gelandet, eine gute halbe Stunde vom Dreiländereck entfernt.
Ich schrieb ja schon weiter oben, dass die Schwerindustrie im Süden Luxemburgs viele Arbeitskräfte angelockt hatte. Man kennt Luxemburg zwar heute als Bankenzentrum und Steuerparadies, aber das kleine Land war vor 100 Jahren der sechstgrößte Stahlproduzent der Welt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden insbesondere Portugiesen zur größten Zuwanderergruppe und sind es bis heute geblieben (92.000 portugiesische Staatsangehörige 2023, was 14% der Gesamtbevölkerung entspricht). Da das portugiesische Kolonialreich erst 1975 aufgelöst wurde, waren unter den Zuwanderern auch viele Menschen von den Kapverden. Und so besitzt die Stadt Esch einen für die Einwohnerzahl vermutlich einmaligen Reichtum an Luso-Restaurants.
Eines davon heißt Sabor di Terra und befindet sich praktischerweise auf der Rückseite des Escher Parkhauses. Hier gibt es wirklich durchgängig warme Küche von 9-22 Uhr, vielleicht noch eine Reminiszenz an die Zeit der Schichtarbeiter. Wir haben das kapverdische Nationalgericht Cachupa genommen, und es war wirklich eine der besten Versionen, die ich je gegessen habe. Raffiniert, on point gekocht, und die scharfe Sauce gab es auch. Als der Koch kam um nachzufragen, ob es uns schmeckt, konnten wir das absolut bestätigen. Auf der Karte stehen auch noch andere interessante Gerichte wie Moreia (frittierte Muräne) oder Torresmos, ein Gericht von den Azoren. Eine tolle Überraschung.
Hypermarché hoch drei – der E.Leclerc in Thionville
Zurück zum Shopping im Dreiländereck. Wenn ihr im Industriegebiet von Thionville, also in Frankreich, nur einen einzigen Supermarkt aufsuchen möchtet, dann nehmt den E.Leclerc. Das ist der größte, modernste und der mit der besten Auswahl. Jenes gilt (nur um das klarzustellen) natürlich nicht für jeden E.Leclerc. Wie ich im vor Jahren geschriebenen und immer wieder aktualisierten Überblick geschrieben hatte, mag ich mittlerweile generell die Super Us am liebsten. In Haguenau ist der Auchan das Flaggschiff, woanders der Carrefour, das lässt sich also nicht verallgemeinern. Aber wenn ihr in Thionville nach einem ganzen Aufsteller »Pomerol« sucht, dann müsst ihr in den E.Leclerc.
In diesem Hypermarché gibt es alles von Frischware über Cassoulet bis zu neuen Scheibenwischern für alte Autos (ich brauchte nämlich mal wieder einen). Wie öfter bei großen E.Leclercs ist auch hier die Abteilung Bücher, Tonträger, Elektronik aus dem eigentlichen Supermarktbereich ausgegliedert. Das »Espace Culturel« befindet sich aber direkt am Eingang zum Supermarkt. Noch etwas weiter vorn gibt es eine Filiale der Bäckerei- und Pâtisseriekette Paul und eine ebensolche des Chocolatiers Yves Thuriès. In der beeindruckenden Weinabteilung fand bei meinem Besuch gerade eine Präsentation georgischer Weine statt. Passte natürlich super zu meiner Reise dorthin, und deshalb habe ich auch einen trockenen Aleksandrouli mitgenommen. Ansonsten kauft man weinmäßig im Hypermarché natürlich eher Bordeaux (Cru Bourgeois und kleinere Klassifizierte) als einen Vin Naturel…
Das schöne Industriegebiet
Neben dem E.Leclerc gibt es noch einen zweiten Hypermarché im Industriegebiet, den Carrefour. Er ist Teil des Shopping Centers Geric mit einer Menge anderer Geschäfte. Für mich nur zweite Wahl, aber vielleicht braucht ihr ja etwas Bestimmtes aus einem der 125 Läden. Ich habe mich dort vor allem mit Zeitschriften eingedeckt. Wie immer musste es vor Weihnachten die Ausgabe der Fou de Pâtisserie sein. Großartiger Instagram-Kanal übrigens. Die Fou de Cuisine sollte ohnehin jede:r mit nur einigermaßen vorhandenen Französischkenntnissen haben – Interesse an kulinarischen Themen natürlich vorausgesetzt.
Biocoop ist meine Lieblings-Bio-Supermarktkette, ich hatte ja alle schon mal vorgestellt. Aus drei Gründen finde ich das eine super Ergänzung zum Hypermarché: Erstens ist alles bio-zertifiziert, zweitens gibt es in allen Rubriken lokale Produkte, und drittens ist es schlicht deutlich leerer als woanders und deshalb angenehmer einzukaufen. Wer die Augen offen hält, findet auch angesagte Dinge wie die Heilpilze von French Mush.
What’s happening in Diedenhofen?
Wenn ihr euch nach Google richtet und deutschsprachig seid, werdet ihr bisweilen mit seltsam revanchistischen Ortsnamen verwirrt. Statt Thionville heißt es da nämlich »Diedenhofen«, obwohl seit Karl dem Großen und möglicherweise Bismarck niemand mehr diesen Namen verwendet hat. Wie auch immer. Obwohl definitiv im Industrierevier gelegen, hat Thionville tatsächlich eine überraschend nette Innenstadt. Es gibt die Librairie Hisler (ich habe da das unglaublich tolle Geschenkbuch On va déguster Paris gekauft), ein paar Bistrots, ein Restaurant mit Antillenküche, einen Laden mit nigerianischen Spezialitäten, die Épicerie Fine-s, das Käsegeschäft Chez David und einiges andere mehr.
Andererseits werdet ihr auch Anzeichen von Leerstand und Armut vorfinden, ein großes Problem nicht nur französischer Innenstädte. Die »Reicheren« ziehen in Vororte mit schicken Eigenheimen und fahren im Dreiländereck zum Shoppen herum. Wenn sie jetzt noch in Luxemburg oder remote und nicht in der Sparkasse von Thionville arbeiten, betreten sie das Stadtzentrum praktisch nicht mehr. Deshalb ist es mir bei Shoppingtouren immer wichtig, auch die kleineren Läden, die Marktstände, die Restaurants in den Orten selbst aufzusuchen und nicht immer nur die Hypers im Industriegebiet. Wenn ihr ein bisschen Zeit habt, könnt ihr das ja auch tun…
Bitte einpacken – Intermarché Hyper
Zum Abschluss geht es allerdings noch einmal in den Hypermarché Inter von Basse-Ham. Das ist der erste große französische Supermarkt, wenn ihr von Deutschland kommt. Oder der letzte, wenn ihr wieder dorthin zurückfahrt. Wie gesagt, von der Größe und vom Angebot her bleibt der E.Leclerc deutlich vorn. Aber man muss halt nicht ins Verkehrschaos rein, und es gibt auch hier mehr als genug französische Produkte, die ihr in Deutschland immer so vermisst. Ein Highlight ist beispielsweise die Selbstbedien-Käsetheke mit beispielsweise einem halben Dutzend Rohmilch-Camemberts. Vergesst also nicht, eine Käsedose mitzubringen oder kauft euch einfach vor Ort eine Tupperbox und wendet sie gleich an. Ich habe dazu noch Reblochon, Crottin de Chavignol und Tomme de Savoie gekauft, die Auswahl ist hervorragend.
Die normale Weinabteilung des Intermarchés hat mich erst einmal nicht wirklich beeindruckt. Aber es gibt noch ein Seitenzimmer mit einer für einen Supermarkt absolut verblüffenden Auswahl. Marcel Deiss aus dem Elsass, David Duband aus dem Burgund, Charles Joguet oder die Domaine de l’Ecu von der Loire – sowas findet man selten. Ich habe den Orthogneiss von Fred Niger genommen, ein echter Austern-Klassiker.
A propos Austern. Statt einer großen Auswahl wie im E.Leclerc gab es im Intermarché nur einen einzigen Produzenten aus der Normandie. Verkauft wurde per Kilopreis, also nicht per Stück, weil die Austern auch gar nicht kalibriert waren. All das macht sich natürlich positiv beim Preis bemerkbar. Topfrische Austern kosten so weniger als einen Euro pro Stück. Und die Fahrt nach Franken haben sie auch problemlos überstanden.
Die Mosel im Dreiländereck
Bei der ganzen Shoppingtour im Dreiländereck hatte ich bislang kein Wort über anderweitige Sehenswürdigkeiten verloren. Auch wenn es zunächst etwas seltsam klingt, zwischen Luxemburg, Lothringen und dem Saarland Urlaub verbringen zu wollen, glaube ich, dass sich die Region auch aus touristischer Sicht durchaus lohnt. Schließlich haben Römer und Karolinger hier einiges zurückgelassen.
Die Mosel an sich mit ihrem Tal, mit dem Mosel-Radweg, den Weinbergen, den Ausflugsmöglichkeiten, bietet ebenfalls genug landschaftliche Schönheit. Ganz oben seht ihr den Blick vom Stromberg auf Contz-les-Bains, wo wir überraschenderweise Zeuge des großen Kranichzugs wurden. Links unten ist Sierck-les-Bains mit seiner Burg, rechts unten die Mosel bei Sierck. Auf deutscher Seite beginnt in Perl nicht nur das Wein-, sondern auch das Viezland.
Wein aus dem Dreiländereck
Mitgebracht habe ich aus dem Dreiländereck diese drei Weine. Wer lokal kaufen möchte, findet direkt im Dreieck auf deutscher Seite beispielsweise das Bioweingut Ollinger-Gelz, auf französischer Seite die Domaine Sontag und in Luxemburg die Domaine Henri Ruppert. In Belgiens südlichstem Dorf Torgny gibt es mit dem Poirier du Loup ein sehr interessantes Unternehmen, in sozialer, ökonomischer aber auch produkttechnischer Hinsicht. Links auf dem Foto steht ihr ihren Schaumwein, der nach den extrem strengen Maßstäben der Vins S.a.i.n.s. hergestellt wird.
Wie immer bei diesen Shopping-Touren ist das Auto bei der Rückfahrt voll, der Kühlschrank nachher noch mehr. Aber jedesmal habe ich auch das Gefühl, dass sich der Ausflug in ganz andere kulinarische Welten sehr gelohnt hat.