Wie ihr vermutlich alle wisst, ist Österreich als Herkunftsland für Natural Wines mittlerweile eine ziemlich große Nummer. Ein bisschen hat das immer mit Vorreitern zu tun, aber auch mit einem hohen Exportanteil (ich kann Weine für weit verteilte Nischen produzieren) und grundsätzlich wenig Angst vor Maische, Trub und ganz durchgegorenen Weinen. Bei all dem bilden Anna und Martin Arndorfer überhaupt keine Ausnahme. Bei einer Sache allerdings schon: Dieser Wein, der Grüne Veltliner Handcrafted, ist eines der preisgünstigsten Exemplare in der illustren österreichischen Natural-Welt. Und er hat trotzdem viel Charakter zu bieten. Schauen wir ihn uns also einmal genauer an.
Grüner Veltliner Handcrafted 2022 vom Weingut Arndorfer
Anna kommt vom Weingut Steininger, Martin vom Weingut Arndorfer, beide sind also von Kindesbeinen an mit dem Sujet vertraut. Die 20 ha des Weinguts Arndorfer befinden sich im Kamptal, nicht weit von den Gebietsstars wie Bründlmayer oder Schloss Gobelsburg entfernt. Straß im Straßertale heißt ihr Heimatort, also richtig schön mit »scharfem S«, wie man im Süddeutschen sagt, und hinten einem -e hinter dem Tal. Allein so ein Name hört sich doch nach einer ungebrochenen, etwas altmodischen Tradition an, oder? Genau das wollten die beiden aber nicht weiterführen.
Nach einer Art Wein-Wanderschaft um den Erdball beschlossen sie, erst einmal die gesamte Fläche biologisch zertifizieren zu lassen und zusätzlich im Keller die moderne Önologie zu verbannen. Wenn man sich die Aussagen der vielen Händler im Internet anschaut, welche die Arndorfer-Weine vertreiben, gibt es da viele weiche Worte wie »Achtsamkeit», »Freiraum für Kreativität«, »unabhängig«, »sensibel«. Tatsache ist, dass die Arndorfers ihre Weine nicht bei der Gebietsweinprüfung anstellen und daher nicht »Kamptal« aufs Etikett schreiben können. Alle Moste werden spontanvergoren, es gibt keine Enzyme, keine Schönung, stattdessen ein langes Hefelager, nur ganz gelegentlich eine leichte Filtration (hier allerdings nicht) und zum Schluss bei der Füllung zwischen gar nichts und maximal 20 mg SO2 pro Liter.
Wie schmeckt der Wein?
Der Grüne Veltliner Handcrafted ist sozusagen der Einstieg in die Naturwein-Kategorie von Anna und Martin Arndorfer. Die Trauben werden handgelesen und in den Stahltank zwecks Gärung gebracht. Dort bleiben sie in der Regel bis zu einer Woche auf der Maische vor der Pressung. Der Rest ist Weiterreifen im Stahl auf der Hefe bis zur Füllung, unfiltriert, wie gesagt, minimal Schwefel.
Im Glas zeigt sich ein relativ kräftiges Gelb mit grünlichen Reflexen. Von einem gerbstofforientierten »Orange Wine« sind wir allerdings sowohl farblich als auch geschmacklich weit entfernt. In der Nase dominiert eindeutig die Hefe mit einer fast süßlich wirkenden Baguette-Note. Im Mund zündet dieser kleine Natural dann ziemlich den Turbo. Es gibt unheimlich viel Fruchtaromatik, aber je nach Sorte sozusagen in Schwällen. Erst spüre ich mehr Textur, die Frucht schleicht von hinten heran. Da kommt ein reifer Zitronenanklang, dann Mandarine, Grapefruit, dann wirkt die Hefe wieder stärker, die Pikanz wird überraschenderweise trotzdem höher, das Säuregefühl nimmt ab. Es schließt sich eine Art grün gepflückte Ume an, bevor es final dann richtig salzig wird. Ein ziemlicher Parforceritt für einen nominell kleinen Wein mit 12 vol%, echt viel Charakter, nicht freakig, aber schon fordernd.
Wo kann man ihn kaufen?
Das Weingut Arndorfer exportiert nicht weniger als 88% seiner Weine. Das ist für uns natürlich wunderbar, obgleich eine Reise ins Kamptal mit Sicherheit auch sehr interessant wäre.
Den Grünen Veltliner Handcrafted des Jahrgangs 2022 könnt ihr auf diese Weise beispielsweise bei Apropos Wein für 11,45 € kaufen. Ich selbst habe ihn mir bei Wagner für einen Euro mehr besorgt, weil ich noch einen ganzen Schwung andere österreichische Weine mitbestellt habe. Wenn ihr nach dem ersten Versuch sagt, wow, von diesem Weingut möchte ich noch mehr probieren, dann kann ich euch die bewährten Spezialisten von Weinskandal empfehlen, die in der Kombination aus »Österreich« und »Natural« schlicht eine wunderbare Auswahl bieten. Und schließlich findet ihr das komplette Programm des Weinguts (sofern verfügbar) natürlich auch beim Weingut selbst.
…es ist schon eine Weile her, daß ich die auch damals schon sehr schönen Weine von den Arndorfers im Glas hatte, wird mal wieder Zeit, vielen Dank für den Wink mit dem Zaunpfahl!
Was damals für mich auffallend war: das Spiel mit dem Restzucker bei den halbtrockenen Sachen wird hier so gut beherrscht wie kaum sonstwo in Österreich, auch vor deutschen, diesbezüglichen Granden braucht man sich da nicht verstecken. Das sage ich als eingeschworener Trockentrinker, der mit den allermeisten restzuckerigen Sachen seine Probleme hat…
Ich bin mir gar nicht sicher, ob es noch viele restzuckerige Sachen gibt im neuen Sortiment. Als ich die Arndorfers bei einer Messe (weiß leider nicht mehr genau, welche) getroffen habe, waren das wenn ich mich recht erinnere alles trockene Weine. Vielleicht ist das aber auch eine Linie, die sie nicht dabei hatten. An sich ist es natürlich praktischer, alles trocken zu machen, wenn man mit wenig Schwefel arbeitet und nicht filtriert. Sonst fängt das vielleicht im nächsten Frühjahr wieder an zu gären in der Flasche 😉