Wein kaufen in Paris

Paris Wein Galeries Lafayette Mouton Rothschild

Im Dezember war ich für eine Woche in Paris, was ihr eigentlich nur wissen könnt, wenn ihr regelmäßg schaut, was ich bei Instagram treibe. Für Freunde alles Kulinarischen ist Paris zusammen mit Tokio für mich die einzig wahre Metropole der Menschenwelt. Vielleicht würde New York auch noch diesen Status erlangen können, aber das mögen diejenigen beurteilen, die New York besser kennen. Weil es in dieser Paris-Woche immer so wahnsinnig viel zu sehen und zu erforschen gibt, dass ich praktisch jeden Tag from dusk till dawn unterwegs bin, muss ich das Ganze nachher irgendwie kondensieren, um es noch einigermaßen lesbar zu machen. Hier soll es nun also um das Thema Wein gehen. Und natürlich darum, wo man was in Paris kaufen kann. Schaut also, was ich gefunden habe…

Legenden des Weinhandels in Paris

Lavinia Paris 2018

Fangen wir mit den Legenden an, die viele Weinfreaks schon einmal bei ihrem Paris-Aufenthalt besucht haben. Für Touristen am einfachsten zu erreichen war dabei vermutlich Lavinia am Boulevard des Capucines, nur wenige Meter entfernt vom Place de la Madeleine. Ein riesiger zweistöckiger Laden mit Treppe in den Keller hinein. Hier konnte man nach Herzenslust französische Weine (und auch solche aus aller Welt) wie in einem luxuriösen Supermarkt aussuchen, ohne gleich in Fachgespräche verwickelt zu werden. Ich kaufte Weine von Mark Angeli oder solche aus dem Jura oder auch von der syrischen Domaine Bargylus. Nun, die Wahl des Präteritums deutet es schon an: Lavinia gibt es dort nicht mehr. Nach einigen unternehmerischen Turbulenzen ist das Online-Geschäft, der Zweig in Spanien und ein Laden im Nordwesten der Stadt (Links im Artikel führen zu Google Maps) geblieben – aber eben nicht mehr der große Tempel.

Caves Legrand

Zweite Ladenlegende: die Caves Legrand am südlichen Ende der Rue de la Banque. Legrand hat vermutlich immer noch die größte Auswahl rarer und exklusiver Weine in, tja, ganz Frankreich. Der alte Chef, Gérard Sibourd-Baudry, war eine noble Institution der Weinwelt. Einmal rief er bei einem Winzer in der winzigen Provence-Appellation Bellet an, nachdem ich im Gespräch gesagt hatte, dass ich gern mal einen Wein von dort probieren würde. Der Winzer schickte tatsächlich eine einzige Flasche auf die Reise, und am nächsten Tag konnte ich sie im Laden abholen. Das »Problem« bei Legrand ist nur, dass man (wegen der galoppierenden Zweitmarktpreise für Kultweine vermutlich zurecht) nie wirklich weiß, was sie alles besitzen. In den Keller kommt man nämlich nicht, und die oberirdische Auswahl ist nett, aber nicht wirklich sensationell. Man muss sich also beraten lassen. Ein Erlebnis, auch ganz toll altmodisch, aber natürlich nichts für notorische Stöberer.

Die großen Kaufhäuser – Galeries Lafayette und Bon Marché

Wer nicht über gehobene französische Sprachkenntnisse verfügt, ist in diesen beiden weltberühmten Kaufhäusern genau richtig. Was ich spannend finde: Weil die Abteilung Parfümerie/Schmuck/Uhren ja immer das Erdgeschoss belegt und man offenbar nicht mit der Kulinarik in den Keller gehen wollte, haben beide sich schlicht auf Nebengebäude ausgedehnt.

Lafayette Le Gourmet

Galeries Lafayette Le Gourmet (wie es offiziell heißt) befindet sich also seit einigen Jahren in einem Gebäude auf der südlichen Straßenseite. Die Weinabteilung genoss, als sie noch im alten Gebäude war, nicht nur unter Protzern einen sehr guten Ruf, wurde sie doch 18 Jahre lang von Bruno Quenioux geleitet, einem wahrhaftigen Weinfreak. Während Bruno mittlerweile mit PhiloVino einen eigenen Laden mit Burgunder-Schwerpunkt führt, gibt es in den heutigen Galeries Lafayette Bordeaux satt. Wer sich aus rein kulturellem Interesse die letzten 30 Jahre der Künstleretiketten von Mouton-Rothschild in begreifbarer Form anschauen will oder schnell noch eine Flasche Petrus braucht, voilà. Große Entdeckungen habe ich hier nicht gemacht. Aber man wird sich einfach immer wieder bewusst, was französische Weinkultur bedeutet.

La Grande Épicerie

Das Kaufhaus Bon Marché, beziehungsweise dessen kulinarisches Nebengebäude namens La Grande Épicerie, befindet sich auf dem linken Seine-Ufer. Und irgendwie ist es immer noch so, dass rive droite in Paris politische Macht und Massentourismus bedeutet, während rive gauche eher für das Intellektuelle und Boutiquöse steht. Geld gibt’s allerdings auf beiden Seiten genug. Ich mag die Grande Ép persönlich lieber, weil es interessantere kulinarische Dinge zu entdecken gibt. Zum Beispiel (gleich gekauft) die in der Fou de Cuisine gefeatureten afrikanischen Saucen von Mom Koumba, einem Start-up mit attitude, was vermutlich im Lafayette undenkbar wäre. Wein gibt’s dafür im Keller, etwas weniger prestigeträchtig, aber dennoch sehr repräsentativ. Ich erstand den Muscadet Château-Thébaud der Domaine Lieubeau. Passte super zu Austern vom Markt.

Unabhängige Cavisten

In Frankreich gibt es ungefähr 4.000 unabhängige Weinhändler*innen mit einem eigenen Laden. Sagt das Statistikamt INSEE. Das ist schlichtweg unglaublich viel. Ihr werdet deshalb Schwierigkeiten haben, eine französische Kleinstadt ohne Weinladen zu finden. In Paris allein zählte der Figaro im Jahr 2020 604 Stück dieser Sorte. Habe ich die alle besucht? Eher nicht. Hier aber zwei szeneprominente Beispiele.

Caves Augé paris

Die Caves Augé waren einmal die große Nummer unter Weinfreaks. In dem historischen Laden mit eigenem Kassenhäuschen bekam man alles, was an speziellen Weinen in Frankreich verfügbar war. Dann allerdings der große Skandal, der die gesamte französische Weinwelt erschütterte. Der Besitzer wurde wegen sexuellen Missbrauchs seiner Mitarbeiterin(nen) zu einer längeren Haftstrafe verurteilt. Wie das bei Verbrechen dieser Art so ist, passierte das natürlich nicht im Vakuum und ließ schlimme Rückschlüsse darauf zu, was in diesen Kreisen alles so gedeckt wird. Obwohl es selbstverständlich ein neues Management gibt, bin ich jahrelang nicht hingegangen. Diesmal war ich wieder dort. Das Geschäft sieht immer noch schmuck aus, aber als ich nach Chenins von der Loire fragte, gab es nichts Interessantes. Ob die Winzer auch das Vertrauen verloren haben? Wer möchte, kann allerdings die Weine der Jura-Kult-Domäne Bornard zu Normalpreisen erstehen.

 Les Caprices de l'Instant Paris

Viel netter war die Atmosphäre in einem anderen Laden, Les Caprices de l’Instant in der Nähe der Bastille. Auch da gibt es eine Geschichte mit einem Vorbesitzer. Er hatte sich einmal in dem wichtigsten französischen Weinforum unter falschem Namen angemeldet und plump Werbung für seinen eigenen Laden gemacht. Danach war jener natürlich unten durch. Mittlerweile wird er aber von zwei sehr sympathischen Frauen geführt. Als sie mitbekamen, dass ich auch in der Weinbranche arbeite, holten sie von hinten ihre Notizbücher mit den Verkostungsnotizen, und wir haben uns angeregt über dieses und jenes unterhalten. Es gibt dort unter anderem die Weine der Domaine Barmès-Buecher, einem meiner absoluten Favoriten im Elsass. Gekauft habe ich schließlich einen Savennières von Loïc Mahé.

Paris Naturel

Was ist Naturwein oder Natural Wine oder Vin Naturel? Darüber lässt sich trefflich diskutieren, und wenn ihr in die große Pariser, nun ja, Naturwein-Szene eintaucht, werdet ihr auch verschiedenste Meinungen dazu hören (wer nicht so gut Französisch kann, man spricht in aller Regel auch Englisch). Im Allgemeinen geht es viel weniger dogmatisch zu, als man vielleicht denken könnte. Ich muss persönlich sagen, dass ich die spannendsten Pariser Weinentdeckungen in solchen Läden gemacht habe. Nur eins darf man bei den teilweise winzigen Läden nicht machen: sich vornehmen, einen ganz bestimmten Wein zu kaufen. Das sind nämlich oft Überraschungstüten, in denen ihr dafür garantiert Neues und Trendiges findet.

Wer sich hier umfassend informieren möchte, ich empfehle ausdrücklich den Überblicks-Artikel des Fooding-Magazins. Klickt auf die einzelnen Adressen, und ihr bekommt jeweils eine kleine Rezension des Ladens.

Rerenga Wines Paris

Natürlich ist besonders das 11. Arrondissement weiterhin der größte Hotspot, aber es gibt auch neue Entwicklungen. Beginnende, aber noch gut ins sehr bunte Viertel eingebundene Hipness zeigt sich nämlich beispielsweise südwestlich des Gare de l’Est. An der Kreuzung der Straßen Rue du Faubourg Saint-Denis und Rue de la Fidelité findet ihr gleich zwei Naturel-Läden (La Curieuse Cave und Rerenga Wines), den ausgezeichneten Burger-Spot Bomaye mit Varianten wie dem Kongo-inspirierten »Kin la Belle«, Läden mit Produkten aus Mauritius und Madagaskar, das ehemalige Stundenhotel Grand Amour mit analogen Hifi-Geräten in der Lobby, all sowas. Ein Paris ohne Louis-Vuitton-Taschen.

Bottles Paris

Im japanisch-koreanischen Viertel der Rue Sainte-Anne habe ich im Bottles (praktisch direkt neben Épices Roellinger gelegen) einen Weißwein von der griechischen Insel Samos des Projekts Sous le Végétal erstanden. Und in einem der vier Läden, die sich jenseits des Monmartre angesiedelt haben, erstand ich einen Chenin von Thomas Batardière. Ihr seht also, Naturel-angehauchte Weine gibt es mittlerweile praktisch in jedem Arrondissement.

Mein Fazit

Thomas Batardière Les Cocus 2021

Wer sich wirklich für französischen Wein interessiert oder gar beruflich damit zu tun hat, muss eigentlich einmal im Jahr nach Paris kommen. Frankreich ist und bleibt das mit Abstand wichtigste Weinproduktionsland der Welt, und hier kulminiert das Ganze.

Habt ihr wenig Zeit und sprecht kein Französisch, würde ich tatsächlich dazu raten, einen der kleinen alternativen Läden aus der Natural Wine-Szene aufzusuchen. Ihr findet dort nämlich garantiert etwas, das es in Deutschland (noch) nicht gibt. Neben den Läden, in denen ich diesmal war, kann ich in der Hinsicht auch immer den Cave des Papilles empfehlen. Schlicht deshalb, weil deren Auswahl die größte ist und sich (für konservativere Weinfreunde) nicht ausschließlich auf Naturtrübes und Ungeschwefeltes beschränkt.

Habt ihr wenig Lust auf Unterhaltung oder wollt einmal eine Flasche Petrus, Romanée-Conti, Armand Rousseau in den Händen halten, geht zu Lafayette. Steht euch der Sinn zusätzlich nach Feinkost (egal ob für euch selbst oder als Geschenk), sucht die Grande Épicerie auf.

Wenn euer Französisch gut genug ist und ihr euch dafür interessiert, wie der neueste Jahrgang im Burgund ausgefallen ist, wer gerade neu hochkommt und was davon zu halten ist, dass es jetzt auch Piwis in der Champagne gibt, dann führt kein Weg an einem der unabhängigen Cavisten vorbei. In jedem Fall ist Paris wie immer eine Reise wert – natürlich nicht nur, aber auch des Weins wegen.

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2 Antworten zu Wein kaufen in Paris

  1. Andreas sagt:

    Danke für diesen schönen Beitrag! ❤️

  2. Ja, vielen Dank für diesen anregenden Artikel. Meiner Frau und mir geht es in Frankreich auch so. In Paris waren wir noch nicht oft, aber zum Beispiel in Beaune. Dieser Beitrag inspiriert mich schon dazu, Paris wieder einmal einen Besuch abzustatten.

    Viele Grüße
    Dominik

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