Weingut Höfflin – Ganz allein im Kaiserstuhl

Titel Höfflin

[In Kooperation mit dem Weingut Höfflin] Wenn Engländer der alten Schule eigentlich ausdrücken wollen, dass irgendetwas großartig ist, zum besten gehört, was sie seit langem probiert haben, dann sprechen sie von »one of the more interesting«. Eine größere emotionale Regung stünde dem Gebot der distinguierten Höflichkeit gegenüber allem anderen entgegen. Insofern werde ich an dieser Stelle von einem Weingut berichten, das zu den interessanteren der Region gehört. Der Winzer selbst hat auch ein paar recht durchdachte Dinge zu sagen, und die Weine heben sich ein wenig ab von der Norm. Die Rede ist vom Weingut Höfflin, gelegen in einem Seitental des Kaiserstuhls ohne Durchgangsverkehr. Seid gespannt, was euch hier in Wirklichkeit erwartet!

Das Weingut Höfflin im Schambachtal

Wer zum Weingut Höfflin kommen möchte, muss von Bötzingen aus eine Straße nehmen, die anderswo als »geteerter Feldweg« bezeichnet werden würde. Nach einem guten Kilometer taucht auf der linken Seite erst der Obsthof von Matthias Höfflins Bruder und dann das Weingut auf. Eine Alleinlage, umgeben von 3 ha eigenem Rebland. »1970 sind wir mit dem Hof hier ausgesiedelt«, erzählt Matthias Höfflin. »Meine Eltern hatten einen typischen Mischbetrieb. Ein bisschen Obst, ein bisschen Gemüse, ein bisschen Reben, ein Schwein, manchmal Kuh und Pferd. So konnte man in den 70er Jahren noch überleben.«

Schambachtal Kaiserstuhl

Als er nach seinen Ausbildungsjahren zurückkam und eigentlich Obst und Wein machen wollte, merkt er, dass sich die Verhältnisse geändert hatten und Spezialisierung angesagt war. »Also habe ich mich in den 90er Jahren entschlossen, nur Weinbau zu machen, Obst und Gemüse hat mein Bruder übernommen. Dadurch bleibt die Vielfalt im Tal erhalten. Wie wertvoll das ist, konnten wir damals noch gar nicht richtig abschätzen.« Das Schambachtal ist mittlerweile eines der letzten vom Durchgangsverkehr unberührten Täler am Kaiserstuhl mit einem großen Reichtum an Vogelarten. Jene brauchen die Kleinteiligkeit der Landschaft und der Landwirtschaft. Und natürlich auch die schonende Bewirtschaftung. Seit über 40 Jahren wird bei den Höfflins biologisch gearbeitet.

Biodiversität und eigene Wege

Matthias Höfflin

Kleinteiligkeit und Individualität sind ja so eine Sache im badischen Weinbau. Früher dank der Realteilung in winzigste Parzellchen und kleinbäuerliche Strukturen aufgesplittet, war die Flurbereinigung im Prinzip schon ein wichtiger Schritt. In mancherlei Hinsicht hat man aber aus Vermarktungsgründen den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben, wie man so schön sagt. Das ganze Schambachtal wird heutzutage von der 257 ha großen »Einzellage« Bötzinger Eckberg eingenommen. Vom Talgrund bis zum Waldrand mit Parzellen, die in alle Himmelsrichtungen zeigen. Da fiel es Matthias Höfflin leicht, auf die Lagenbezeichnung zu verzichten.

Wenn man aber keine AP-Nummer mehr braucht für seinen Wein, kann man auch ansonsten freier agieren. Dementsprechend gibt es bei den Höfflins jede Menge mutiger Interpretationen – alles spontanvergoren, alles unfiltriert, subtil gespielt mit Hefe, Holz und Maische.

Nistkasten Wiedehopf

Das kleine Häuschen oberhalb des Weinguts zwischen Rosenhecke und Weinberg ist übrigens kein Freiluft-WC. Vielmehr handelt es sich um einen Nistbereich für Wiedehopfe. Die gibt es hier genau wie die Bienenfresser, beide vermutlich die optisch spektakulärsten Vogelarten, die wir in Deutschland haben. Das brachte Matthias Höfflin auf die Idee, die besonderen Weine des Weinguts einfach nach Naturwesen zu benennen, die er in den jeweiligen Parzellen gesehen hatte. Das können Vögel wie eben Bienenfresser und Schwarzkehlchen sein, Schmetterlinge wie der Kaisermantel oder auch Pflanzen wie die Traubenkirsche.

Das neue Kelterhaus

Holzfässer

Auch wenn der Aussiedlerhof seit 1970 besteht, der Kelterbereich ist nagelneu und mit seinen durchdachten Details wirklich sehr interessant. Zunächst fallen die vielen schmucken Holzfässer auf. Kein Wunder, denn der traditionelle Ausbau im Holzfass auf der Hefe spielt eine große Rolle im Weingut.

Kelterhaus Höflin

Dann aber wird mir bewusst, dass man in den Keller nicht etwa eine Treppe hinuntergeht, sondern sozusagen ebenerdig in den Berg hinein. »Genau«, erklärt Matthias Höfflin. »Wir haben die Hangneigung ausgenutzt und Röhren mit Tonnengewölbe in den Berg gebaut. Oben drüber sind zwei Meter Erdauflage, so dass wir mit dem Stapler bis zum Fasskeller fahren können.«

Und noch ein überraschendes Element gibt es. »Wir haben hier einen Kellerraum mit Fußbodenheizung«. Warum das? »Naja, meine Erfahrungen mit der Spontangärung sind so, dass von zehn Weinen zwei dabei sind, die etwas länger gären. Und bei uns am Kaiserstuhl mit den etwas höheren pH-Werten sind solche Langzeitgärer sensorisch manchmal ein bisschen schwierig. Deshalb kommen die Fässer, die im Dezember noch gären, hier rein, und bei knapp 18 Grad Raumtemperatur können sie den Winter über fertiggären.« So etwas hatte ich noch nie gesehen. »Wahrscheinlich gibt’s das auch nicht oft«, meint mein Namensvetter, »aber es ist sehr nützlich.«

Meine Höfflin-Weine – Auxerrois und Grauburgunder

Grauburgunder Höfflin

Nach der Tour durch Weinberg und Keller habe ich aus dem wahrhaft spannenden Angebot vier Weine ausgesucht. Sie repräsentieren für mich die Bandbreite, die Matthias und seine Frau Carmen auszeichnet.

Links seht ihr einen der »kleineren« Höfflin-Weine, wobei ich das bewusst in Anführungszeichen setze. Denn wie gesagt, jahrzehntelanger Bio-Anbau, Spontangärung, Verzicht auf Filtration, Verzicht auch auf starke önologische Interventionen – das gilt bereits hier. Ich habe mich für den 2022er Auxerrois entschieden (13 € im Online-Shop). Weinig und würzig mit Walnuss und Apfel in der Nase, perlt der Wein im Mund noch leicht, was ihn schön zugänglich werden lässt. Am Gaumen wird das pikanter als zu Anfang gedacht, richtiggehend salzbirnig an den Seiten. Ein Top-Speisenwein, der sich sicher noch weiter positiv entwickeln dürfte.

Rechts auf dem Foto erkennt ihr den 2020er Grauburgunder Prestige Phonolith (29 €), benannt nach der ausgekühlten Lava, die in der Parzelle nach 30 cm im Boden anzutreffen ist. Nominell sollte das auch ein Weißwein sein. Auf dem Titelfoto ist es das Glas in der Mitte, also ein wunderbares, leicht trübes Lachsorange. In der Nase Orangenschale und erdiges Zimt, im Mund samtig in der Textur und im Mund eine Kombination aus Orange und Kräutern wie Majoran. Das ist aber noch nicht alles. Beim Testen bin ich nämlich total fasziniert davon, was man alles zu diesem Wein essen kann. Der bindet nämlich Umami-Noten fantastisch ein. Egal ob Räuchermakrele, Mettwurst oder Sojasauce, der Grauburgunder ist ein großartiger Küchenmeister.

Meine Höfflin-Weine – Rosé und Spätburgunder

Rosé Höfflin

Weiter geht es mit Weinen, die ebenso alles andere sind als Standard. Beim 2019er Rosé handelt es sich sogar um eine der konsequentesten Interpretationen, die ich in dieser Weinfarbe kenne. Ein reiner Spätburgunder, und ansonsten lasse ich erstmal Matthias Höfflin selbst sprechen: »Drei Tage Maischestandzeit, dann ein halbes Jahr Edelstahl, schließlich ab die Post in alte Barriquefässer und dort wegoxidieren lassen.« Was er nicht verrät, ich aber schmecken kann: Das ist ein extrem subtiles Gewächs. Da ist gar nichts Lautes oder Aufdringliches, ein Mittelding zwischen Saignée-Rosé und Orange Wine, erinnert mich ein bisschen an Emidio Pepe, obwohl völlig anders bereitet. Ein Statement für advanced drinkers, mit 38 € passend bepreist, gehört in die Sternegastronomie – oder auf den heimischen Tisch wie bei mir…

Schließlich gibt es auch noch einen echten Roten, das 2018er Schwarzkehlchen. Auch das ist der aktuelle Jahrgang (der 2017er ist noch für 32 € im Shop). Wir sind hier in den kühlen Parzellen, »den Pinot kannst du bei uns in den warmen Lagen nicht mehr machen, sonst bekommst du diese Dörrfruchtaromen und nicht die dunkle, knackige Kirschfrucht, wie wir sie wollen.« Tatsächlich gibt es im Wein die Kirschfrucht, aber wie es sich für ein Schwarzkehlchen gehört, eben schwarzkirschig. Dazu kommen herzhafte Tannine und ein etwas leichterer Körper (12,5 vol%; keiner der Höfflin-Weine ist schwer). Für mich geht dieses schwarzkirschig-Holundrige fast in Richtung Pommard, also in den kühl-herber ausgelegten Teil Burgunds, der immer ein wenig mehr Zeit zum Reifen braucht. Oder eine entsprechende Begleitung, dunkles Geflügel, generell Angeröstetes.

P.S. Sehr schmackhaft ist auch der NApurTUR, ein easy drinking Orange Wine, den ich im Rahmen des Natürlichen Dienstags probiert hatte.

Der nächste Schritt

Agroforst

Wenn man vom Weingut die Lössbänke zur nächsten Hecke ansteigt, kommt man an diesem neu angelegten Feld vorbei. Am Bäumchen links kann man schon ein wenig erahnen, dass es sich hier um ein Agroforst-Projekt handelt. Auf die Idee gekommen ist Sohn Julius, der derzeit noch in Geisenheim studiert. In Frankreich ist Agroforst gerade in schlimm monokulturellen Gebieten wie dem Bordelais jetzt schon ein Renner. In Deutschland kommt es im Weinbau erst langsam an. Es geht um Biodiversität, um Bodenleben, um Mykorrhiza, auch um Beschattung, aber das ist noch Zukunftsmusik. Matthias Höfflin sieht es pragmatisch: »Das ist seine Zukunft, und du musst ja lernen, über 30, 40 Jahre zu denken. Ich finde es jedenfalls sehr schön, dass er sich damit auseinandersetzt und seine Erfahrungen sammeln will.«

Dass es im Weingut Höfflin mit neuen Ideen weitergeht, ist eigentlich auch kein Wunder. Über 40 Jahre Bio-Landwirtschaft, die mutigen, lässigen, dezidierten Weine – all das wäre woanders schon die Spitze des Möglichen. Aber hier wird weiter gefeilt und experimentiert. Genau das macht die Höfflins so speziell. Und zu einem der, tja, interessanteren Weinproduzenten am Kaiserstuhl…

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1 Antwort zu Weingut Höfflin – Ganz allein im Kaiserstuhl

  1. Thomas Riedl sagt:

    Hallo Matthias,
    hallo liebe Freund*innen des Naturweins,

    im Oktober habe ich endlich Thorsten bei Freiburg besucht. Thorsten war früher mit mir aktiv in der Bonner Weinrunde, musste dann aber leider aus beruflichen Gründen fortziehen. Wobei er es geografisch inzwischen super getroffen hat…
    Abgesehen von zwei sehr schönen Wanderungen im Schwarzwald haben wir an einem Samstagvormittag das Weingut Höfflin besucht. Wir hatten beide drüber gelesen – nicht zuletzt Deinen Blogbeitrag, Matthias – aber noch keine Gelegenheit gehabt, die Weine zu verkosten.
    Obwohl wir nicht angemeldet waren, hat uns Matthias Höfflin sehr gastfreundlich willkommen geheißen und uns über zwei Stunden eine großartige Verkostung von den Basisweinen bis zu den Spitzengewächsen präsentiert. Wir haben es sehr genossen, ihm zuzuhören und viel gelernt. Danke, Herr Höfflin!
    Mich hat vor allem die Entspanntheit und Eleganz der Weine beeindruckt. Schon die Basisweine sind in keiner Weine aromatisch vordergründig. Auch der Müller-Thurgau nicht. Von den Rotweinen gefiel mir persönlich die 2017er Traubenkirsche am besten. So leicht mit 12% Vol., frisch und zugleich komplex und lang. Delikat.
    Wirklich berührend waren dann die Naturweine. Was für eine Struktur und Energie! Was für eine Handwerkskunst! Der vier Jahre im Fass gereifte Sauvignon blanc – eine völlig neue Erfahrung für mich. Ebenso der vier Jahre ausgebaute Grauburgunder. Da geht es nicht mehr um Rebsortentypizität, sondern um Tiefe, Länge, Ausdruck. Beides großartige Weine und Lichtjahre entfernt von Stachelbeertorte und “Pinohgritschio”.

    Auch das Schambachtal, in dem das ausgesprochen ästhetisch gestaltete Weingut liegt, ist sehr schön. Du hast es ja schon beschrieben, Matthias.
    Echt und spontan war es, als uns Matthias Höfflin seine Frau lachend als seinen “besten Jahrgang” vorstellte und mit hörbarem Stolz von seinem Sohn erzählte, der zu dem Zeitpunkt gerade im Jura war, um zu erfahren, wie dort Naturwein gemacht wird.

    Ich möchte deshalb allen, die sich für Naturweine interessieren, einen Besuch bei Höfflins wirklich ans Herz legen.

    Weinfreundliche Grüße!

    Thomas

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