Im Fluss schwimmen: das Hainbad in Bamberg

Hainbad Bamberg

In den 90er Jahren hatte ich schon einmal in Bamberg gewohnt und war damals bereits Stammgast im Hainbad. Das Hainbad ist ein Flussbad mit hölzernem Längssteg als Liegefläche, und der Fluss heißt Regnitz. Nicht ganz so breit und spektakulär wie der Rhein in Basel mit seinem Massenschwimmen, besitzt die Regnitz hier kurz vor ihrer Mündung in den Main aber immer genug Wasser und genug Strömung, um ein echtes Flusserlebnis wie in vergangenen Zeiten zu bieten. Aus gegebenem Anlass möchte ich euch an dieser Stelle einen kleinen Blick in diese Welt bieten.

Was macht man im Hainbad?

Wir schreiben das Jahr 1994. Bevor ich nach Bamberg gekommen bin, hatte ich in Berlin neben der Arbeit bereits zwei Scheine an der Uni gemacht. Jetzt besaß ich meinen neuen Freundinnen und Freunden gegenüber zwar einen kleinen Vorsprung, der es mir ermöglichte, mit den älteren Semestern auf Große Exkursion nach Albanien zu fahren. Dafür war ich danach für die Kurse im Sommer noch zu jung, kam also nirgends auf die Liste. Die Notlösung: Während alle anderen fleißig studierten, musste ich mich dem Müßiggang hingeben. So kam ich auf’s Hainbad.

Schnell lernte ich, dass dies ein besonderer Ort war. Natürlich, ein hölzernes Flussbad aus den 30er Jahren existiert an sich schon nicht oft. Aber auch die Atmosphäre war besonders. Es gab viele Stammgäste, und da man zwischen Ein- und Ausstieg in den Fluss immer den ganzen Längssteg entlangdefilieren musste, war es schwer möglich, sich zu verstecken. Ich kannte Leute, die genau aus diesem Grund nicht gern ins Hainbad gingen, weil sie ein Abchecken à la Saint-Tropez befürchteten. Nur den Schlanken und Schönen werde freundlich zugenickt. Tatsächlich ist es erstens nicht halb so wild. Und zweitens bin ich mittlerweile wie die allermeisten anderen hier längst dem Posieralter entwachsen. Uns geht es im Hainbad also schlicht darum, auf gemütliche Weise eine gute Zeit zu haben. Wie man dabei vorgeht, zeige ich euch jetzt.

Eintritt und Umzug

Bevor ihr die Pforte zum Paradies durchschreiten könnt, müsst ihr Eintritt zahlen. Wie vermutlich bei der himmlischen Einrichtung ebenso, gibt es im Hainbad kleine Hürden zu überwinden. Der Eintritt kostet pro Person 3 €. Kassiert werden jene von einem Automaten, der ausschließlich 1 €-Münzen akzeptiert. Links am Eingang gibt es deshalb noch einen anderen Automaten, der Geld wechselt, wenn er mag. Manchmal ist auch jemand im Kassenhäuschen, und alles läuft auf persönlicher Basis ab. Da ich selbst in Bamberg lebe, kenne ich dank meiner Dauerkarten solcherlei Kleingeldschmu nur vom Zuschauen. Für 75 € kann ich nämlich die ganze Saison lang immer hier sein. Den ganzen Tag lang, in der Mittagspause oder auch nur für zehn Minuten kurz vor Toreschluss.

Kabinen Stammgäste Hainbad Bamberg

Definitiv zum alten Teil des Hainbads gehören die Kabinen – und auch zum Teil der Legendenbildung. Eine solch numerierte Privatkabine ist nämlich nicht für alle da. Auch nicht für Dauerkartenbesitzer. Wie wenige andere Dinge im Bamberger Leben gilt die Möglichkeit, eine dieser Kabinen zu nutzen, nämlich als Insignium, wirklich dazuzugehören. Die Schlüssel werden praktisch vererbt. Geld führt in der Hainbad-Gesellschaft zu keinerlei Privilegien, nur Ausdauer. Bist du jeden Tag im Hainbad und lernst die Menschen kennen, wird deinen Enkeln dereinst vielleicht eine solche Kabine zur Mitbenutzung angeboten.

Kabinen Hainbad Bamberg

Normalsterbliche dürfen sich in den meiner Meinung nach kaum weniger charmanten Umkleiden aus der Gründungsphase des Bades umziehen. Man kann aber auch gleich in Badehose kommen.

Der strategisch günstige Platz

Hainbad Bamberg Steg

Drei Orte (oder eigentlich vier) gibt es im Hainbad, um sich mit seinen Sachen niederzulassen. Der Begehrteste ist natürlich der Holzsteg längs des Ufers. Das Holz ist immer wohltemperiert und trocknet schnell, die Bauform liefert die Kopfstütze gleich mit dazu. Während der Saison ändert sich logischerweise auch der Sonnenstand und macht es für Newbies zu einer spannenden Frage, wo und wann sich Sonnen und Schatten einstellen. Zwischen Eingang und Steg befindet sich unter drei großen Bäumen eine Art Wiese, die in der Nachsaison den Beinamen »ehemals« verdient hätte, denn der Rasen ist schlicht vertrocknet. Dafür gibt es Platz für Kind und Kegel. Das ist Ort Nr. 2. Rechterhand hinter dem Biergarten (der Ort Nr. 4) lockt auch noch eine verstecktere Wiese, auf der man bei Bedarf mitgebrachte Strandliegen aufstellen kann.

Kinderbecken

Was das Hainbad zusätzlich zu Holz und Steg und Fluss und Flair für viele Besucher*innen so attraktiv macht, ist die Abwesenheit von Zerstreuungseinrichtungen. Ein einziges flaches Kinderbecken, landschaftlich als Brunzbecken bezeichnet, existiert auf dem Gelände. Und ein großer Sandkasten mit Holzburg und Mini-Rutsche. Ansonsten ist insbesondere für Jugendliche schlicht gar nichts da. Gut, ein Tischkicker, und meinetwegen kann man auch vor dem Eisautomaten rumlungern, aber so richtig prickelnd ist das nicht. Wer also jenseits des Kleinkindalters noch nicht vernünftig schwimmen kann, eigentlich eh lieber im Nichtschwimmer stehen oder kichern oder kreischen oder Ball spielen will, kann sich im Hainbad auf eine öde Zeit einstellen. Diese Gegebenheiten führen dann auch zu einer, nun ja, ziemlich homogenen Hainbad-Gesellschaft. Für erlebnisorientiertere Menschen gäbe es andere Freibäder, heißt es lapidar und zutreffend.

Der Fluss

Temperaturanzeige

Ist das Hainbad für Jugendliche schon nicht sonderlich attraktiv, schreckt es auch eine andere Klientel eher ab: diejenige der Bahnenschwimmer. Nein, das Flusswasser ist nicht filtriert und nicht gechlort, mithin nicht »sauber« im Sinne des 20. Jahrhunderts. Der Fluss hat auch eine eigene Fließgeschwindigkeit, die an jeder Stelle ein bisschen anders ausfällt. Mit Stoppuhren ist da also nicht viel zu machen. Wohl aber kann man bei Bedarf gegen die Strömung schwimmen, was sich außerhalb des engsten Uferbereichs durchaus herausfordernd gestaltet.

Flussbad Regnitz

Zwei Einstiege gibt es im Hainbad, jeweils an den Enden des Stegs gelegen. Wer es wie ich kommod haben will, steigt natürlich nur links ein, lässt sich mit dem Fluss treiben, schwimmt bei Bedarf auch mal zur Mitte und steigt rechts wieder aus. Immer wieder passiert es allerdings, dass Ahnungslose rechts einsteigen, weil sie denken, das sei eine Art See, bei der man zur Boje und wieder zurück schwimmt. Den Irrtum bemerken sie allerdings ziemlich schnell. Soll heißen: Wer sich der Strömung widersetzt, muss das schon wirklich wollen.

Essen und Trinken im Hainbad

Hainer Kiosk Bamberg

Wie bei den Franken allgemein die zwischenzeitliche Einkehr der wichtigste Teil einer Wandertour ist, wäre die Gemütlichkeit im Hainbad nur halb so groß, könnte man nicht zwischendurch etwas essen und trinken. Nachdem ein früherer Pächter an dieser Stelle mit Senfbrötchen geglänzt hatte, hat seit drei Jahren der Hainer, eine Zweigstelle des beliebten Kiosk Kunni, die Bewirtschaftung inne. Der Kunni ist so ein bisschen (ich hoffe, ich trete da niemandem zu nahe) »we feel Berlin«, und deshalb gibt es auch im Hainbad mittlerweile Muffins, Veganes und Fassbier einer ausgesuchten Kleinbrauerei.

Vergleicht übrigens nicht Angebot und Preise auf der Tafel oben, das Foto stammt erstens vom letzten Jahr, und zweitens ist seit gestern die Saison vorbei. Ja, selbst für den Hainer, der nicht nur den kleinen Biergarten im Schwimmbad, sondern auch Tische und Theke außen betreibt. Offenbar war es die Vorbedingung der Stadt, alles ausschließlich zu Öffnungszeiten des Bades machen zu dürfen. Also: Schluss ist in der Saison abends um 20 Uhr, und die Saison endet Mitte September.

Biergarten Hainbad Bamberg

Hier noch einmal ein Blick in den Innenbereich. Mein persönlicher Favorit zum Ausklang eines Badeaufenthalts war übrigens Obazda, zwei Brezen und das Bier der Brauerei Krug in Geisfeld. In der letzten Zeit gab es stattdessen Huppi, wenn ich mich nicht täusche – das ich übrigens auch schonmal in Berlin getrunken habe, nur um den Kreis zu schließen.

Fazit: die gute Zeit

Lesen Sommer

Ins Hainbad kommen Menschen, um eine gute Zeit zu haben. Sie schwimmen je nach Ehrgeiz flussab- oder aufwärts, unterhalten sich, versorgen sich bei Bedarf, spielen oder lesen. Das ist alles. Bleibt man eine ganze Saison lang, lernt man den Zug der Sonne zu deuten, erkennt nach und nach andere Mitbader wieder nebst ihren Eigenarten. Je nach eigener Befindlichkeit kann man mit jenen ins Gespräch kommen oder auch völlig in Ruhe gelassen werden. An heißen Tagen platzt das Bad fast aus den Nähten vor Sommerfreude, an kühlen fühlt man sich völlig ungestört und kann vielleicht sogar den Eisvogel bewundern, der über die Regnitz flitzt.

Schön ist es aber immer. Und deshalb werde ich auch im nächsten Mai, wenn die Wassertemperatur noch schlanke 14 Grad beträgt, wieder ans Kassenhäuschen gehen und meine Dauerkarte verlangen. Bis dahin heißt es darben. Bis auf einen kleinen Swim an anderer Einstiegsstelle vielleicht. Denn der Fluss hat ja im Gegensatz zum Hainbad immer geöffnet…

P.S. Wer etwas Substanzielles zum Hainbad lesen möchte (also nicht so wie hier), kann das entweder auf der Seite des Bürgerparkvereins tun oder sich gleich das einschlägige Buch kaufen.

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