Weil am Rhein. Viel südlicher kann es in Deutschland nicht gehen. Zwar sind wir, anders als das Etikett es andeutet, noch nicht in der Zone angekommen, in der Palmen und Pyramiden wachsen. Aber zum Dreiländereck, an dem Deutschland, Frankreich und die Schweiz zusammenfinden, sind es vom Weingut am Schlipf aus nur gut drei Kilometer. Wieso eigentlich Weingut am Schlipf? In der Überschrift ist doch die Rede von einem Haus Gupi?
El Fayoum 2020 von Haus Gupi
Des Rätsels Lösung zwischen dem Weingut am Schlipf, dem Markgräfler Claus Schneider und dem Haus Gupi liegt in der Geschichte. Claus Schneider und seine Frau Susanne hatten es geschafft, die Weine des Weinguts am Schlipf (besonders die Spätburgunder) auf ein Niveau zu heben, an dem man als Weinbegeisterter nicht mehr vorbeisehen konnte. Vor gut zehn Jahren durfte ich bei Karl Kerler in Nürnberg zum ersten Mal die Schneider’schen Weine probieren. Feinwürzig, geschliffen, nicht exorbitant aufregend, aber richtig gute Weine.
Seit 2017 ist mit den Brüdern Johannes und Christoph die sechste Generation in Weil am Ruder. Und die wollte nicht »bloß« schöne Burgunder machen, sondern noch etwas regionaltypischer und vor allem wilder werden. Parallel. Denn die Schlipf-Weine gibt es nach wie vor. Haus Gupi heißt also die neue Linie, Gu wie Gutedel und Pi wie Pinot. Handlese, Ertragsreduktion und den Verzicht auf synthetische Spritzmittel gibt es bei den Schneiders schon im Normalprogramm der nicht weniger als 70 Parzellen im Tüllinger Berg. Die Gupi-Weine gehen jedoch noch einen Schritt weiter in den Natural-Bereich und sind oft auch ungewöhnlich früh gelesen. Wer sich das mal im Kartenbild anschauen möchte, hier die Links zu Schlipf, Stiege, Sonnhohle und Sonnenbrunnen.
Mein Exemplar hier, der El Fayoum, besteht zu 100% aus Gutedel und stammt von kalkigem Terroir. Genauer darf man das zumindest auf der Flasche nicht erfahren, denn es handelt sich um »Deutschen Wein«, die formell unterste Stufe dessen, was bei uns überhaupt verkauft werden darf. Formell, wie gesagt. Ausgebaut wurde das 2020er Exemplar für acht Monate auf der Feinhefe und dann unfiltriert abgefüllt. 0,4 g Restzucker, 17 mg SO2 total (also nix mehr frei) – und toffe 9 vol%!
Wie schmeckt der Wein?
Pilsfarben fließt der Wein ins Glas, nur ohne Bläschen, ein leicht trübes Ambergold also. In der Nase beweist El Fayoum gleich mal (der Name einer seit mindestens 6.000 Jahren besiedelten Oasenstadt bei Kairo übrigens), dass es sich um einen Naturwein handelt. Frucht gibt es weniger, dafür Heu, Wiesenkräuter, Bienenwachs, etwas Malz und einen leicht mostigen Anklang – ohne Flüchtigkeit allerdings. Im Mund kommt die Frische nicht von der gutedeltypisch eher milden Säure, sondern von dem feinen Grip. Natürlich ist der Wein ganz trocken und besitzt einen leichten Körper, das sieht man schon an den Analysewerten. Aber dennoch wirkt El Fayoum nicht mager und erst recht nicht gezehrt. Ein bisschen gelbfleischige Pflaume bringt die Frucht mit hinein, Heu und Kräuter dominieren aber weiterhin. Trotz deutlichen Naturweincharakters bleibt alles komplett sauber und straight.
Dass sich die Weine von Haus Gupi besonders gut in Dänemark verkaufen, ist eigentlich kein Wunder. Dort schätzt man nämlich diesen Naturel-Ansatz, legt aber gleichzeitig Wert auf Trinkigkeit und gastronomische Kombinationsmöglichkeiten. Die Nordic Cuisine mit Vegetarischem, Fermentiertem, gar rohen Elementen oder auch gekochter weißfleischiger Fisch – das fällt mir als Begleitung spontan ein. Wem so ein Stil zusagt, für den ist das ein wahrhaft köstlicher Trunk. Ich bin jedenfalls dabei.
Wo kann man ihn kaufen?
Kaufen kann man El Fayoum ebenso wie die anderen Weine aus der Haus Gupi-Reihe natürlich direkt beim Weingut. Wer eher »gemischte Kästen« in Verbindung mit Weinen anderer Weingüter bevorzugt, findet die 2020er Ausgabe auch bei Vinpur oder bei Korkenkonzept. Die Preise liegen zwischen 22 und 24 €.
Hallo Matthias,
endlich erklärt es mir mal einer! Diesen m. E. total bescheuerten Namen “Haus Gupi” des Weingutes Schneider. Sorry, aber ich denke immer an diese kleinen, bläulich schimmernden Aquariumfische, die die pickeligen Klassenkameraden mit den hässlichen Pullundern hielten: Guppies!
Definitely not sexy!
Und der Bezug des Gutedels zur Oasenstaft El-Fayoum rührt her von der Legende, der Gutedel sei über 5000 Jahre alt und stamme von dort. Inzwischen auch widerlegt.
Er kommt aus der Schweiz.
Ich werde die Weine probieren, wenn ich die angedachte Chasselasprobe für den Bonner Weinzirkel zusammenstelle.
Was mich noch interessieren würde, sind die Flaschenverschlüsse und -gewichte.
Leidiger Naturkorken oder long cap? Da die leere Flasche für ca. 30 % des CO2-Fußabdrucks einer Weinflasche steht, ist auch das Flaschengewicht bei Natural-Weinen ein wichtiger Aspekt. Credibility counts.
Herzliche Grüße
Thomas
Das Technische zuerst: Burgundflasche, Naturkork, Wachskappe, Gewicht zusammen mit Inhalt (messe ich immer so, weil ich die Weine ja in vollem Zustand eintrage 😉 ) 1308 g, also Standard. Der Name hatte sich mir zunächst auch nicht erschlossen, aber ich glaube, in anderen Sprachen (deutscher Naturwein wird ja viel exportiert) lässt sich das schlichtweg leicht aussprechen…