Wir saßen auf dem Spezialkeller neulich per Zufall neben einem schlauen Büble, das offenbar die Tante aus der Schweiz ausführen und unterhalten musste. Die Tante fragte nach diesem und jenem, dem Lateinunterricht, dem Lieblingseis, und schließlich kam das Gespräch auch auf Bamberger Restaurants. »Ins Edelfrei gehen wir«, wusste der Tischherr zu berichten, »wenn wir mal mit der Familie schick essen wollen.« Also haben wir unseren Besuch eine Woche später auch dort hingeführt…
Das Restaurant Edelfrei in Bamberg
Das Restaurant Edelfrei hat seinem Namen von dem Ort, in dem es sich befindet. In der Bamberger Altstadt gibt es ja ausschließlich historische Gebäude, und so befindet sich auch das Edelfrei in einem solchen. Errichtet wurde das Palais derer von Aufseß im 18. Jahrhundert, und weil die Aufsessigen (das ist glaube ich die korrekte Mehrzahl) ein edelfreies Adelsgeschlecht waren, stand der Name damit praktisch fest. Die Inhaberfamilie Weigand beschloss, das Edelfrei so zu gestalten, wie sie sich selbst einen noch fehlenden Lieblingsort in Bamberg vorstellten: eine Weinbar, in der man gemütlich sitzen, aber auch ein vollständiges Menü verspeisen kann. Die Eröffnung war im Jahr 2019, und wir wissen ja alle, was dann im Spätwinter 2020 folgte. Zum Glück hat das Edelfrei diese Klippen hervorragend umschifft.
Zwar gibt es auch einen schönen Innenraum auf zwei versetzten Etagen, aber weil wir ja den Hitzesommer haben, setzen wir uns draußen in den ruhigen und schattigen Innenhof – eine Wohltat. Die Speisekarte ist angenehm kurz gehalten, die Weinkarte dafür umso länger. Die auf der Karte als »Klassiker« bezeichneten Speisen dienen auch primär der Weinbegleitung. Man wird also keinesfalls schräg angeschaut, wenn man nur Oliven und Käse zum Wein bestellt, aber wir wollten ja richtig essen.
Der Weine wegen…
Zusätzlich zur großen Weinkarte gibt es noch ein Blatt mit offenen Weinen – und sowieso immer mal irgendetwas Neues, das das Edelfrei-Team angeschleppt hat. Zu jenem zählt der Wein oben auf dem Foto, der Müller-Thurgau von Andi Weigand. Trotz desselben Nachnamens wie die Inhaberfamilie übrigens weder verwandt noch verschwägert. Der Wein selbst ist wunderbar. Zum einen für Leute, die etwas leicht Wilderes und Trüberes haben möchten als your common Frankenwein. Zum anderen für Leute, die einen passenden Wein zum Essen suchen. Da gehen nämlich latent apfelige, komplett trockene und mit einem feinen Grip ausgestattete Weine oft sehr gut.
Sogar zum Onsenei mit Lauchmousse, Pfifferlingen und Spinat (15 €) passt er. Der große Hugh Johnson schrieb ja als Tipp, man solle zu Ei »allenfalls Champagner« reichen. Vielleicht wollte er damit aber auch nur sagen, dass Champagner zu allem geht. Jedenfalls hätte es zu dieser Vorspeise zwar auch ein nussigerer Wein sein können, aber wie gesagt, der MTH machte sich sehr gut.
Hauptgang
Eigentlich esse ich ja wirklich gern Fisch. Fisch und anderes Meeresgetier, am liebsten ganz frisch. Leider ist Deutschland in der Hinsicht immer noch (und bitte keine Widerrede) ein original Hinterwäldlerland und liegt beim Pro-Kopf-Verbrauch europaweit derzeit auf Platz 26, wenn ich mich nicht verzählt habe. Deshalb bestelle ich gern ein Fischgericht, wenn es eines auf der Karte gibt, das nicht Lachs heißt. In diesem Fall ist der »Black Cod« (29 €) dabei herausgekommen, ergänzt durch schwarzen Reis, gerösteten Pak Choi und eine leicht würzige Curry-Sauce. Knusprige Fischhaut esse ich übrigens auch gern, und die gab es hier, saftigen Fisch selbst aber auch. Ein Gang, der mir sehr gefallen hat.
Als Weinempfehlung (ich habe diesmal nicht selbst ausgewählt) gab es diesen Wein, den Grauburgunder von Christopher Full namens »Full of Rage«. Den Namen finde ich schlichtweg doof, ich möchte nämlich keinen Wutwein trinken, und sei er noch so zitierfähig. Dafür ist der Wein selbst wirklich sehr schön, gleichzeitig leicht und trocken, mit einer für einen Maischevergorenen wunderbaren Frucht und dennoch genügend Gerbigkeit, dass er ein Fusion-Gericht komplett zusammenhalten kann.
Edelfrei-Ausklang
Zum Ausklang bestellen wir noch Desserts, also die beiden, die es auf der Karte gibt. Was ich nicht vergessen sollte zu erwähnen: Wenn ihr irgendwelche Unverträglichkeiten habt, bestimmte Dinge nicht essen wollt oder dürft, das Team löst das ganz souverän und ohne Probleme.
Ich gebe zu, das Büble vom Spezi-Keller hatte recht. Man kann wirklich ins Edelfrei kommen, wenn man mal wieder mit der Familie schick essen gehen möchte. Allerdings würde ich persönlich eine Variante sogar noch vorziehen: ins Edelfrei im Freundeskreis zu gehen, wenn man mal wieder richtig gute Weine trinken möchte. Und zwar regionale Weine. Die Frankenweinauswahl ist nämlich grandios und ausgesprochen fair bepreist. Als Beispiel seien einfach der Silvaner Hoheleite GG von Paul Weltner oder der Chardonnay Rossbach von Richard Östreicher genannt, die beide noch nicht mal anderthalbmal so viel kosten wie ab Hof. Dazu gibt es die gesamte Range von Carsten Saalwächter und Rudi May, Laura Seuferts Anarchie, Thomas Pateks Spätburgunder »Auf dem Haun«, Arriviertes und Experimentelles.
Natürlich liegt das auch daran, dass sich die Edelfrei-Vinothek mit den ganzen Köstlichkeiten auf der anderen Hofseite befindet. Wem ein Wein geschmeckt hat, kann ihn dort postwendend erwerben. Allerdings sollte euch klar sein, dass hier (und im Restaurant) trockene deutsche Weißweine die Hauptrolle spielen. Mouton Rothschild gibt’s woanders, Saalwächters Weißburgunder »Hoher Fels« (der Oberhammer!) dafür nur hier.
Nach dem Café Lieb in Bug mit seiner überraschenden Thai-Küche war dies mein zweiter Beitrag zu »Essen in Bamberg«. Es wird tatsächlich eine Serie, ich hatte es geahnt…
