[In Kooperation mit dem Weingut Gabel] Die moderne Welt ist schuld daran, dass ich das Weingut Gabel überhaupt erst kennengelernt habe. Die Millésime Bio in Montpellier, die weltgrößte Messe für Bioweine, hatte sich nämlich als erste Weinmesse überhaupt dazu entschlossen, komplett virtuell stattzufinden. Nun ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, dass ich auch vor Ort in Montpellier am Stand der Gabels vorbeigekommen wäre. Aber warum nicht mal auf diese Weise? Unterhalten konnte ich mich mit Oliver Gabel auf jeden Fall auch so – nur nicht probieren. Das soll an dieser Stelle aber dringend nachgeholt werden. Der Titel deutet jedenfalls an, dass man hier interessante Weine erzeugt.
Das Weingut Gabel in Herxheim am Berg
Die Pfalz ist nach Rheinhessen das zweitgrößte deutsche Weinanbaugebiet und Herkunft hochklassiger Rieslinge aus weltberühmten Lagen. Und ja, die Gabels können auch Riesling. Aber ihr Fokus liegt auf den Burgundersorten, die 70% ihrer 21 ha Rebfläche einnehmen. Allein Spät- und Weißburgunder machen schon über 50% aus, während die beiden Rebsorten im Pfälzer Durchschnitt auf gerade einmal gute 12% kommen. Da auch für diese Tatsache irgendjemand schuld sein muss, nehmen wir dafür doch einfach Oliver Gabel, den jungen Chef des Hauses. Zusammen mit seiner Frau Lena und seinen Eltern führt er das Familienweingut. Oliver hat nach seinem Studium auf dem Campus Neustadt Praxiserfahrungen unter anderem im Weingut Franz Keller und im Burgund gesammelt. Das erklärt hinsichtlich der Burgundersorten natürlich einiges.
Und noch etwas kommt dazu, der komplett qualitätsorientierte Ansatz ohne Wenn und Aber. Mit dem Jahrgang 2019 sind beispielsweise alle Weine des Weinguts bio-zertifiziert. Zur Achtsamkeit im Weinberg passt die Sorgfalt im Keller. Hier darf fast alles spontan vergären, Holzfässer spielen eine große Rolle, geschönt wird gar nicht, filtriert nur teilweise. Und Zeit dürfen sie sich lassen, die Weine. Der einfache Guts-Spätburgunder aus dem Jahrgang 2019 ist nämlich gerade erst auf den Markt gekommen.
Kalk und Ton und wieder Kalk
Das Terroir in Herxheim am Berg mag nicht das berühmteste der Pfalz sein. Das sollte aber niemanden dazu verleiten es zu unterschätzen. Gut, das berüchtigte 1971er Weingesetz hat viele unterschiedliche Flächen um den Ort herum in der Lage Herxheimer Honigsack zusammengefasst. Aber darunter befinden sich ausgezeichnete Parzellen, kalkdominiert und steinig, besonders jene, die sich südwestlich des Ortes zum Felsenberg hinaufziehen. Der Nachbarort ist übrigens Kallstadt, das ja auch einen gewissen Ruf in Weinkreisen genießt.
Ich habe euch hier drei Weine von Oliver Gabel mitgebracht, die den Ansatz des Weinguts ideal verkörpern. Einen Gutswein nämlich, einen Lagenwein und einen aus der Linie Tradition, eine Art Zwischenkategorie.
Spätburgunder 2019
Beginnen wir mit dem Gutswein. Die Trauben für den Spätburgunder aus dem Jahrgang 2019 stammen aus selektiver Handlese und werden spontan vergoren. Der Ausbau erfolgt ein Jahr lang in gebrauchten französischen Barriques, bevor der Wein unfiltriert abgefüllt wird. Ja, diese Angaben gelten für den einfachen Gutswein, 12,5 vol% und 9 € ab Hof. Das ist schlichtweg ein krass hoher Anspruch von Anfang an, ich schrieb es ja schon.
In relativ hellem Rot fließ der Wein ins Glas, was mich natürlich überhaupt nicht irritiert. In der Nase gibt es leicht Rauch, eine pikante Beerenfrucht, etwas Unterholz und ein bisschen Wacholder. Im Mund ist das ein wunderbar leichter Typus, der trotzdem nicht lau daherkommt, ganz im Gegenteil. Die Säure ist präsent, es gibt viel rote Johannisbeere und insgesamt eine kernige und frische Art. Das ist die Art von Rotwein, die auch zu Wurstbroten hervorragend funktioniert. Stilistisch ist das genau mein Ding.
Weißburgunder Tradition 2020
Der Weißburgunder Tradition stammt aus dem Jahrgang 2020, der bekanntermaßen frischer war als 2018 und 2019. Auch hier fand eine selektive Handlese statt, bevor die Trauben gepresst wurden. Spontangärung und Ausbau erfolgten zum Teil im pfälzischen Doppelstückfass, zum Teil im französischen Tonneau, auf jeden Fall zu 100% im Holz. Sieben Monate verbrachte der Wein auf der Hefe vor der Füllung. Auch hier 12,5 vol% und 12,50 € ab Hof.
Nicht allzu blass in der Farbe, spüre ich in der Nase sofort eine feine Birnenfrucht, dazu einen gewissen Holzeinfluss und so etwas wie Liguster. Das Holz ist aber nicht etwa kitschig, sondern geht eher in Richtung Zimt und etwas rauere Vanille. Beim ersten Schluck denke ich spontan, wow, das nenne ich einen konsistenten Gutsstil! Schöne Säure, hohe Pikanz, von den Fruchtaromen her eine Mischung aus Birne und weißem Pfirsich. Saftig ist der Wein, das Holz gibt praktisch nur Rückgrat und aromatisiert nicht zu stark. Ein sehr erfreuliches Produkt, das tatsächlich noch gutes Entwicklungspotenzial hat. Spontan fühle ich mich ein bisschen an den Ansatz von Holger Koch und seine Herrenstück-Burgunder erinnert. Das ist ganz stark gemacht, strukturiert, gezügelt, gleichzeitig pikant und entspannt.
Spätburgunder Honigsack 2018
Der Honigsack stammt von den Kalkstein- und Kalkmergelböden der gleichnamigen Lage. Als einziger der drei Weine hier trägt er noch kein Biosiegel, weil er aus dem letzten Jahrgang der Umstellung stammt. Natürlich auch hier wieder selektive Handlese, offene Maischegärung in Holzgärbottichen, selbstverständlich mit den wilden Hefen. Der Ausbau erfolgte über 18 Monate im Barrique, bevor der Wein unfiltriert abgefüllt wurde. Trotz des brütend heißen Jahrgangs nur 12,5 vol% und 22,50 € ab Hof.
Entsprechend gespannt war ich beim Probieren. Ins Glas fließt wiederum kein hochfarbiger Wein. In der Nase liegt die Sache ähnlich wie beim einfachen Spätburgunder mit der leichten Rauchigkeit, dem Unterholz, der pikanten Himbeere, der gefühlten Kernigkeit. Im Mund kommt dann der Unterschied zum Guts-Spätburgunder durch. Hier gibt es nämlich einen reifen und samtigen Fruchtkern, der das Ganze ungemein elegant werden lässt. Da verbindet sich die Himbeere mit dem Holunderbusch. Nur um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, auch der Honigsack des Jahrgangs 2018 ist weder fett noch alkoholisch, sondern fließt mit seinem mittleren Körper wunderbar dahin. Sein Nachhall verrät mir, dass dieser Wein auch sehr gut reifen wird.
Mein Fazit
Oliver Gabel macht Weine, die mir ausgesprochen entgegenkommen. Er verfolgt einen absolut durchgängigen Stil, der auf Feinheit setzt, auf Eleganz. Alle Weine sind pikant und besitzen eine sehr schöne innere Spannung, sind schlichtweg lebendig im Ausdruck. Ich finde das auch deshalb so interessant, weil Oliver ja augenscheinlich viel Wert auf den Ausbau in verschiedenen Holzgebinden legt. Und Barrique in der Pfalz, das habe ich auch schon ganz anders erlebt, dunkelholzig, neuweltig, dick aufgetragen.
Wenn ihr also einen Parker-Châteauneuf aus Herxheim am Berg wollt, haltet euch fern von diesem Weingut. Wenn ihr euch aber so wie ich für die neue Eleganz in der Pfalz begeistern könnt, ist das hier ein ganz heißer Tipp. Sowohl in Rot als auch in Weiß.
Nur mal nebenbei, weil es so gut ins Bild passt: Es gibt bei den Gabels auch sehr feinen Sekt oder vielmehr Crémant aus Weißburgunder. Brut Nature ohne Zucker- und Schwefelgabe. Just said…