Heute geht es im Natürlichen Dienstag um eine Art modernen Klassiker der Szene. Modern heißt in diesem Fall natürlich nicht “unter Aufbietung aller neuen önologischen Verfahren”, sondern ganz einfach, dass es diesen Wein seit 20 Jahren gibt. 2001 war der erste Jahrgang des Le Soula, den Gérard Gauby damals auf die Flasche brachte. Interessanterweise – und auch völlig konträr zum Empfinden allgemeiner Weintrinker – hat sich seit dieser Zeit die Erkenntnis durchgesetzt, dass man im heißen Roussillon vor allem großartige Weißweine machen kann.
Le Soula blanc 2007 – Roussillon revisited
Die Geschichte dieses Weins und des zugehörigen Weinguts ist tatsächlich ein bisschen verworren, weil mit Personen- und Ortswechsel verbunden. Ende des letzten Jahrtausends machte Gérard Gauby, damals schon recht bekannter Roussillon-Winzer, seine englischen Importeure Roy Richards und Mark Walford auf ein bestimmtes Stück Land aufmerksam. Es lag hoch oben in den Fenouillèdes, ganz am Rand des weinbaulich genutzten Terroirs. Dort, so Gauby, könnte man unter idealen Bedingungen schlankere, mineralische, aber dennoch intensive Weine herstellen, die einen Kontrapunkt zu den oft breiten Südweißen darstellen würden. Richards und Walford zeigten sich ebenso begeistert, steuerten Geld bei, und so kauften die drei hochgelegene Parzellen, deren Weine Gérard in einem alten Dorfhaus in St-Martin-de-Fenouillet bereitete. Aus dieser Phase stammt noch mein 2007er.
Im Jahr 2008 wurde das aber zu umständlich. Die Fläche war gewachsen, und so zog Le Soula in die ehemalige Kooperative von Prugnanes um. Oben seht ihr die Tour de France vom Samstag ganz in der Nähe vorbeikommen. Von 2008 bis 2016 verantwortete dann Gérald Standley die praktischen Arbeiten bei le Soula, denn Gauby konnte nicht ständig zwischen seinem eigenen Weingut und dem neuen Projekt hin- und herpendeln. Seit 2016 ist Wendy Wilson hier oben für die Weine verantwortlich, die vorher mit ihrem Ex-Mann Jo Paillé an der Loire das Weingut Pithon-Paillé geleitet hatte. Gérald Standley hingegen heiratete ins Bordelais, wo er mittlerweile mit seiner Frau Alix das Château Terrasson betreibt. Alle Protagonisten stammen aus dem Bio-Anbau, und so ist es kein Wunder, dass Le Soula von Anfang an biologisch und seit 2008 auch biodynamisch betrieben wird (heute alles zertifiziert).
Wie schmeckt der Wein?
Einer der interessanten Punkte beim Le Soula ist, dass er jedes Jahr sozusagen ein echtes Kind des Jahrgangs darstellt. Auf der sehr informativen Website könnt ihr seit dem ersten Jahrgang 2001 alle Daten zu den einzelnen Weinen finden. 2007 war ein warmes Jahr, was in einem kräftigen Wein mit 14 vol% resultierte. Die in jedem Jahr stark wechselnde Zusammensetzung der Rebsorten war damals 45% Sauvignon Blanc (!), je 15% Grenache Blanc, Macabeu und ein field blend von Marsanne und Roussanne, und je 5% Grenache Gris und Malvoisie (= Pinot Gris). Trotz des Volumens ist der pH-Wert mit 3,2 niedrig, was eine sehr geringe Schwefelung ermöglichte. Der Hektarertrag lag bei 20 hl, also nicht gerade üppig.
Das Resultat, fast 14 Jahre nach der Ernte genossen, ist ein großartiger Wein. Es gibt (das vielleicht gleich vorweg) keinerlei vordergründige Sauvignon-Noten. Zunächst spüre ich eine ganz leicht vanillige Holzlaktik. Damals hatten die Weißen noch 50% neues Holz, mittlerweile ist der Anteil reduziert. Der Gesamteindruck setzt sich dann aus sehr unterschiedlichen Komponenten zusammen: Blütigkeit (Akazie, Lindenblüte), Frucht (Mandel, Aprikose, Zitronenschale), Erdigkeit (Safran, Ingwer) und Mineralität. Denkt euch zu dem Ganzen noch leicht kandierte Reifenoten dazu und eine flächig-elegante Säure. Fertig ist ein komplexer, vielschichtiger und schlichtweg hochwertiger Wein auf seinem Höhepunkt. Anders als manch andere Interpretation hat der Soula 2007 übrigens auch genügend Schmackes, ist also nicht zu zart ausgefallen. Jedenfalls bin ich froh, dass ich dem Wein so lange Zeit zum Reifen gegeben habe.
Wo habe ich ihn gekauft?
Gekauft hatte ich den weißen Le Soula nämlich schon vor langer Zeit, und zwar in Banyuls. Ich hatte vorher die Domaine de la Rectorie besucht und ein sehr interessantes Gespräch mit Pierre Parcé geführt. Einer meiner ersten Artikel übrigens. Der Soula stammt dann aus dem Cave St-Jacques. Den Laden gibt es immer noch, so sieht es da aus. Wenn ihr vor Ort seid, werdet ihr ganz sicher tolle Funde dort machen.
Falls ihr euch den Wein doch lieber nach Hause liefern lassen wollt, es gibt ein paar Händler, die den weißen Soula auf Lager haben. Wagner zum Beispiel oder Weingrube (wobei ich letzteren nicht kenne). Pekuniär müsst ihr dabei mit gut 30 € rechnen. Ansonsten gibt es für gut die Hälfte auch noch den kleinen Trigone, der aber natürlich weniger komplex ist. Interessanterweise haben sich die Soulas entschieden, ähnlich wie Gauby selbst (La Jasse) oder Matassa (den Coume de l’Olla hatte ich hier schon einmal vorgestellt) als dritte Weinfarbe nicht etwa Rosé, sondern Orange einzuführen. Für mich passt das atmosphärisch ehrlich gesagt ziemlich gut, denn wir sind hier ja im kargen Hochland. In jedem Fall ist und bleibt das Roussillon eine der interessantesten Weinregionen für mich.
Pingback: Gérard Bertrand - mein Treffen mit dem Wein-Popstar - Chez MatzeChez Matze