Wisst ihr, was ein Adabei ist? Das ist im engeren Sinne eine Person, die sich ziemlich wichtig nimmt und glaubt, irgendwie ebenfalls zur Society oder vielmehr zur Schickeria zu gehören. Im weiteren Sinne also jemand, der schlichtweg auch dabei sein möchte. A dabei halt. Genau so ein Adabei wollte ich in diesem Fall sein. Deshalb habe ich mir einen Wein besorgt, von dem ich in den einschlägigen Medien schon jede Menge Bilder gesehen (und kenntnisfrei geliked) hatte. Einen Wein, von dem es sogar ein Hörspiel gibt. Es handelt sich um den Rosé Pure R 2019 vom Weingut Seckinger aus der Pfalz. Drei Brüder auf der imaginären Überholspur.
Rosé Pure R 2019 vom Weingut Seckinger
Das Weingut Seckinger in seiner heutigen Form gibt es eigentlich noch gar nicht allzu lange. Die Eltern der Seckinger-Brüder besaßen zwar auch schon Weinberge, verkauften aber lediglich die Trauben, ohne selbst Wein herzustellen. Dabei sind die Lagen wirklich beachtlich. Niederkirchen in der Pfalz ist an sich kein berühmter Weinort mit berühmten Lagen, aber Deidesheim und Forst liegen jeweils nur zwei Kilometer entfernt. Im Deidesheimer Kieselberg, der aus Funk, Fernsehen, Buhl und Winning bekannten GG-Lage haben die Seckingers sogar eine Parzelle mit wurzelechtem Riesling stehen.
Auch der Rosé hat eine Herkunft, die aber nur angedeutet wird. Das R im Namen steht nämlich für Ruppertsberg, ähnlich wie die Weine aus Königsbach King genannt werden. Diese namentliche Verbrämung lässt sherlockmäßig darauf schließen, dass wir es nicht etwa mit einem Pfälzer Qualitätswein, sondern mit einem beinahe gesetzlosen Landwein zu tun haben. Und das wiederum liegt daran, dass die Seckinger-Brüder in der Pure-Linie richtig trübe Weine anbieten. So etwas wird ja bei der Qualitätsweinprüfung (noch) nicht so gern gesehen.
Schnell etwas zum Technischen: Der Rosé Pure R stammt aus fünf verschiedenen Rebsorten, alles ist seit 2018 biologisch zertifiziert. Anteilig abnehmend sind das Spätburgunder (die Hälfte davon intrazellulär vergoren), Cabernet Sauvignon, Dornfelder, Frühburgunder und Regent. Es gibt eine gewisse Maischestandzeit, denn sonst hätte der Rosé nach der Ganztraubenpressung nicht diese kräftige Farbe. Spontan vergoren kommt oder vielmehr bleibt der Saft im großen Holzfass. Der Wein wird weder geschönt noch filtriert. Ob bei der Abfüllung eine minimale Menge Schwefel zugegeben wird oder nicht, darüber gibt es unterschiedliche Angaben. Aber da bereits die “konventionellen” Seckinger-Weine lediglich minimal SO2 erhalten, wäre das eher eine Info für Leute, die gern den korrekten Wert in eine Tabelle eintragen.
Wie schmeckt der Wein?
Ich merke, dass sich ein feiner Trub am Boden abgesetzt hat. Deshalb schüttele ich die Flasche so sanft, wie es der Begriff Schütteln nur zulässt. Frisch ins Glas (die Flasche ist mit einem Diam 5 verschlossen) gleitet dann eine leicht perlende und eher tavelfarbene Flüssigkeit. Das ist sehr dunkel für einen deutschen Rosé.
In der Nase gibt es zunächst eindeutig gärartige Noten, leicht hefig, leicht rauchig, aber sehr frisch. Ich persönlich finde das attraktiv, aber wer bislang primär Roséweine getrunken hat, die nach Süßkirsche und roten Gummibärchen riechen, sei gewarnt: Dies ist die einzige Hürde, die ihr überwinden müsst. (Aber auch solltet, denn ihr wollt ja euren Horizont erweitern, gell?)
Im Mund ist die Kohlensäure fein zu spüren. Auch das, zumal es sich ja nicht um etwas Zugesetztes handelt, finde ich attraktiv, gerade bei einem solchen Weintyp. Nach zwei Stunden lässt das feine Bizzeln in der geöffneten Flasche aber merklich nach. Frische ist der erste Begriff, der mir zum Wein einfällt. Das ist ein ganz frischer, nur leicht rotjohannisbeerig herber Trunk. Christoph hatte bei seinem Hörspiel eine reife Rhabarbernote vernommen, und ich kann ihm da folgen. Kräuter kommen im Abgang, und mit zunehmender Dauer wird der Rosé immer samtiger.
Niemand wird behaupten wollen, dass der Seckinger-Rosé ein immens komplexer Anspruchstropfen ist. Vielmehr handelt es sich um einen herb-frisch-animierenden Wein, der, ja, sogar ein bisschen harmlos wirkt, der aber einfach gut läuft. Für Naturel-Fans hat er gerade den richtigen Kick, für Schoppenschlotzer hingegen ist er nicht zu abgefahren.
Wo habe ich ihn gekauft?
Gekauft habe ich den Rosé Pure R 2019 vom Weingut Seckinger an einem altbekannten Ort, nämlich der vielgerühmten Weinstelle in Nürnberg. Trotzdem war das eine klitzekleine Sensation, denn nach Monaten der Pause hatte die Weinstelle letzten Freitag versuchsweise mal wieder zwecks Weinverkauf geöffnet. Florian sagte mir, dass er wegen der Corona-Auflagen vielleicht vier Leute in der Bar bewirten dürfte. Soll heißen, kleine Läden, die in der lang zurückliegenden Zeit gerade wegen ihrer Gemütlichkeit und Konvivialität aufgesucht wurden, haben nach wie vor kaum Chancen, kostendeckend zu arbeiten. Das ist schlimm, und es bleibt nur zu hoffen, dass möglichst viele durchhalten.
However, solltet ihr nicht an der Weinstellen-Pforte in der Radbrunnengasse vorbeikommen, gibt es natürlich auch die Möglichkeit, den Seckinger-Rosé online zu bestellen. Und das nicht nur einmal. Weinkombinat, Weinfurore, Rohstoff, Freiheit, sucht euch etwas aus. Die Preise variieren leicht und beginnen bei 12,50 €, Versandbedingungen sind natürlich jeweils unterschiedlich.
Ich finde auf jeden Fall, dass man auch noch sehr gut Rosé trinken kann, wenn der Sommer sich schon verabschiedet hat. Oder etwa nicht?