Es gibt in dieser Serie des Natürlichen Dienstags eine große Bandbreite sowohl an Weingütern als auch an Weinen. Manche Weingüter sind schon seit Jahrhunderten in Familienbesitz, andere gerade erst gegründet. Manche Weine sind “fruchtig-lecker” von Anfang an, andere hingegen erzählen eine Geschichte, wenn man sich mit ihnen beschäftigt. So wie dieser Wein von diesem Weingut. Hier ist schlichtweg gar nichts gewöhnlich. Das lässt sich schon an den Koordinaten ablesen: als Grassroots-Weingut gegründet, Parzelle für Parzelle mit uralten und früher vernachlässigten Reben zusammengesucht, in einer der unbekanntesten deutschen Weinregionen, biodyn von Anfang an, geringstmögliche Interventionen im Keller, und als Ergebnis in diesem Fall ein trockener Weißer mit 10 vol%. Konni & Evi Silvaner. Seid gespannt.
Konni & Evi Silvaner 2018 – ein “mitteldeutscher Landwein”
Das erste Mal traf ich Konni alias Konrad Buddrus und seine Weine beim 2019er Weinsalon Natürel in Köln. Ich probierte die Weißen und kreuzte mir den Namen dick an. Nicht nur, weil Konni seine Weine auf eine so nette und sympathische Art präsentierte. Sondern auch, weil ich finde, dass man im Zusammenhang mit dem ländlichen Sachsen-Anhalt auch mal über einen solch eigenständigen, weltoffenen und unternehmungslustigen Ansatz berichten darf. Also besorgte ich mir bei nächster Gelegenheit einen Konni & Evi-Rosé, ein spannender aber definitiv auch wilder Wein. Später fuhr ich spontan auf meiner Fototour durch die schönsten Weinberge an Saale und Unstrut in Burgscheidungen vorbei. Leider waren die Weine alle schon aus. Und jetzt schließlich der Silvaner im Natürlichen Dienstag.
Konni hatte – so die wahre Legende – noch während seiner Weinbau-Ausbildung in Veitshöchheim im Jahr 2016 eine uralte Parzelle auf Ebay entdeckt und sie sich kurzentschlossen gesichert. Weil jemand, der A sagt, auch B sagen muss, sind die beiden dann (wieder) an die Unstrut gezogen. Dort haben sie sich Schritt für Schritt winzige, uralte, abgelegene, vernachlässigte aber hochpotenziale Parzellen besorgt. Evi (Eva-Maria Wehner) arbeitete noch als Grundschullehrerin und Konni als Kellermeister in einem anderen Weingut, aber ich bin mir gar nicht sicher, ob sie das immer noch tun.
Dieser Silvaner jedenfalls stammt von drei verschiedenen Weinbergen im Karsdorfer Ziegental, im Steigrarer Hahneberg und im Freyburger Schweigenberg (die Lage auf dem Foto). Die Rebstöcke sind zwischen 30 und 85 Jahre alt und brachten im Jahrgang 2018 auch früh geerntet schon genügend Reife mit. Maischestandzeit heißt hier Stampfen vor der Gärung, ein paar Tage warten, mit der Korbpresse abpressen und im großen Holzfass ausbauen. Wie gesagt, biodynamisch draußen und drinnen Spontangärung, selbstverständlich nicht geschönt, nicht filtriert, aber mit exakt 5 mg SO2 abgefüllt. Wer solche Werte auf die Flasche schreibt, hat nichts zu verbergen.
Wie schmeckt der Wein?
Leicht trüb fließt der Wein ins Glas, und dunnerlüttchen, das ist doch schon wieder eine tolle Farbe! Nicht ganz so extravagant wie letzte Woche bei Brüder Dr. Becker, aber definitiv ansprechend. In der Nase nehme ich Bratapfel und Rauch wahr wie bei einem typischen Naturel, aber es gibt auch Quitte, Walnuss und einen Holzton, der für mich wie eine elegante, feucht gewordene Strohblume riecht.
Am Gaumen gibt es zunächst eine mittelhohe, aber präsente Säure und einen erstaunlich dichten und kompletten Fluss, der gar nicht wie lediglich 10 vol% wirkt. Die Gerbstoffe von der Maischestandzeit sind spürbar, aber auf ganz unaufdringliche Weise. Eigentlich müsste der Wein ja fast genau wie die Silvaner von Stefan Vetter schmecken, die ja auch früh geerntet und alkoholarm sind. Aber tatsächlich empfinde ich die Ähnlichkeit als gar nicht sonderlich groß, denn der Konni & Evi-Silvaner ist (zumindest 2018) gleichzeitig raspeliger und vollmundiger. Das ist ehrlich gesagt eine ziemlich eigenständige Sache, denn welchen Vergleich ich auch heranziehen möchte (Jura, Werlitsch), irgendwie fällt mir doch immer ein Element ein, das komplett anders ist.
Ich denke auch noch einmal darüber nach, ob ich das wirklich so schreiben kann, aber tatsächlich: Das ist nicht nur der interessanteste, sondern subjektiv auch der beste Wein, den ich bislang von Saale und Unstrut getrunken habe.
Wo habe ich ihn gekauft?
Diese spezielle Flasche habe ich direkt vom Weingut. Eigentlich verkaufen und verschicken Konni & Evi aber gar nicht dort. Denn so komisch es klingt für ein so ultralokales und ultrahandwerkliches Produkt, der Markt dafür ist die Welt. Drei Verkaufsstellen gibt es (glaube ich) in Deutschland, und das sind Viniculture, das Weinkombinat und die Vinoteca Maxima.
Der 2018er Silvaner von Konni & Evi kostet dort ab 25 €, was manchen deutschen Weinkäufern sicher ganz schön happig vorkommen dürfte. Ja, das darf es auch. Aber zum Glück wird hierzulande niemand, der einen leckeren Schoppenwein haben möchte, dazu gezwungen, einen Naturel aus Sachsen-Anhalt zu kaufen. Ich persönlich muss allerdings sagen, dass ich ziemlich begeistert bin. Dieser Wein spricht mich wirklich an. Und die alten Silvanerreben bringen doch irgendwie einen Saft hervor, der für diese Art des Umgangs ideal geeignet ist. Das ist so gar kein Hipster-Hype-Spaßprodukt, sondern wahrscheinlich der edelste trockene Wein, der im 18. Jahrhundert erzeugt wurde.