Es kommt relativ selten vor, dass ich als doch einigermaßen gereifter Weinhase einen Wein probiere und dann spontan ausrufe: “Das ist neu! Das ist eine eigene Welt!” Genau das ist mir aber bei diesem Wein hier passiert. Und zwar ohne zu wissen, worum es sich handelt. Tatort war der diesjährige EcoWinner-Wettbewerb in Oppenheim. Ich hatte darum gebeten, eine möglichst wilde Weinkategorie testen zu dürfen und saß dann gleich als eine Art schriftführender Moderator in der Gruppe “Expertimentelle Stillweine”. Das Spektrum der angestellten Produkte war genauso breit wie erhofft und reichte von gerbigen und stinkig-wilden Exemplaren bis hin zu brav-konventionelleren. Dann kam dieser Wein, der Pinot Orange vom Weingut Brüder Dr. Becker, und sofort hellten sich die Mienen aller Testerinnen und Tester sichtlich auf.
Pinot Orange vom Weingut Brüder Dr. Becker
Lotte Pfeffer-Müller und Hans Müller sind, wenn ich das mal so sagen darf, Urgesteine des Bio-Weinbaus in Deutschland. Ihr 12 ha-Betrieb im rheinhessischen Ludwigshöhe südlich des Roten Hangs wirtschaftet schon seit den 1980er Jahren biologisch. Sie sind Mitglied bei Ecovin, bei Demeter und beim VDP. Was sie von den meisten (wenn nicht gar von allen) VDP-Betrieben unterscheidet, ist die Tatsache, dass seit einiger Zeit 20% ihrer Ernte in die Produktion von Naturweinen gehen. Und wenn ich Naturwein sage, dann meine ich Naturwein. Es gibt vier reinsortige Weine in der Pure-Linie mit Silvaner (mein Favorit), Scheurebe, Riesling und Spätburgunder, dazu einen PetNat und diesen Wein hier, einen Orange aus Weiß- und Grauburgunder. Alle Weine sind komplett unbehandelt, also unfiltriert, ungeschönt und ohne Schwefelgabe.
Was uns Blindtestern allerdings schon beim EcoWinner-Tasting aufgefallen war, bestätigt mir Lotte Pfeffer-Müller dann auch bei meinem Weingutsbesuch: “Wir wollen auch unsere Naturweine immer noch weinig und trinkig haben”, meint sie. Dazu gehört, dass sie extrem sauber arbeiten, die Trauben selektionieren und keinerlei schlechtes oder botrytisbehaftetes Traubengut verwenden. Die Trauben werden offen maischevergoren, und der Orange Wine kam zunächst einmal ins Halbstückfass. Die Hefe wird regelmäßig untergerührt und probiert, damit sich nicht heimlich ein Stinker einschleicht. Lustigerweise, erzählt mir Lotte lachend, war sogar das Gegenteil der Fall: “Der Wein war so brav, so fruchtig und lecker! Wir wussten erst gar nicht, was wir tun sollen. Dann haben wir ihn in ein zweitbelegtes Barrique gesteckt, damit er noch ein bisschen mehr oxidativen Einfluss bekommt.” Gefüllt wurde der 2018er im Mai 2020, den biologischen Säureabbau hat er selbstverständlich durchgemacht, ist trüb und ganz trocken.
Wie schmeckt der Wein?
Bevor ich zum Geschmack komme, hier erst einmal ein Foto von der Herkunft des Weins. Das Weingut Brüder Dr. Becker besitzt (wenn ich mich nicht verzählt habe) dreizehn einzelne Parzellen westlich des Ortes Ludwigshöhe an den Rheinterrassen. Dies ist die Parzelle mit Weißburgunder, etwas weiter nördlich im Tafelstein steht der Grauburgunder. Ich bin ein Stündchen den ganzen Hang entlang gewandert, und irgendwie konnte man immer ziemlich gut anhand der Art der Bewirtschaftung sehen, welches die Becker’schen Parzellen sind.
Aber zum Wein: Die Farbe ist schlichtweg der Hammer. Ein trübes, leuchtendes Lachsorange-Bernstein, das in der Weinwelt ganz sicher nicht besonders häufig ist. Als ich den Pinot Orange probiere, kann ich sofort nachvollziehen, was Lotte Pfeffer-Müller mit dem “Braven” gemeint hat. Es gibt eine herzhafte Säure und dann viel wirklich schmackhafte Frucht. Gelbe Kirsche aus Omas Garten schmecke ich, Reneklode, einen würzig-laktischen Einfluss vom Holz und wunderbar elegante Gerbstoffe. Das ist definitiv ein komplett, aber wirklich komplett eigenständiges Exemplar. Viel samtiger und fruchtiger als alles, was ich bislang unter dem Namen “Orange” getrunken habe. Ich probiere den Wein zunächst gekühlt wie einen Weißen, komme aber später zu dem Entschluss, dass er mir wie ein leichter Roter knapp unter Raumtemperatur eigentlich am besten gefällt.
Dass der Wein komplett sauber ist ohne flüchtige Säure oder sonstige Fehltöne, brauche ich vermutlich nicht extra zu betonen. Fragt sich bloß, was man zu diesem Produkt hors catégorie essen kann. Ich denke da einerseits an Hefegebäck oder Streusel, also nur leicht süß. Andererseits geht auch gebratenes Geflügel der halbdunklen Art wie Perlhuhn oder Wachtel. Hört sich seltsam an? Probiert einfach den Wein, dann werdet ihr sehen, dass er durchaus zu Kreativität anregt.
Wo habe ich ihn gekauft?
Wie schon in der Einleitung erwähnt, hatte ich den Pinot Orange der Brüder Dr. Becker beim diesjährigen EcoWinner-Wettbewerb getestet. Nun gibt es da nicht einen einzigen Sieger, sondern die EcoWinner-Medaille erhalten maximal 20% der angestellten Weine einer Kategorie, die aber zusätzlich über einen bestimmten Durchschnitts-Punktwert kommen müssen. Ich weiß nicht mehr genau, ob dies jetzt unsere Nr.1 oder Nr.2 war, aber jedenfalls hatte der Wein die Gewinnerhürde sehr lässig genommen. Schaut euch übrigens auch unbedingt die anderen Gewinner an, es sind wirklich interessante Weine darunter!
Das erste Mal getroffen hatte ich Lotte Pfeffer-Müller und Hans Müller vor ein paar Jahren bei der ProWein. Da fand ich die Weine bereits sehr schön. Richtig aufgefallen war mir das Weingut aber vor allem letztes Jahr bei der VDP-Weinbörse in Mainz. Da besaßen sie nämlich als einziges VDP-Gut dem Mut, nicht nur VDP-Gaumen-kompatible Weine, sondern gleich mehrere Naturals mitzubringen. Es ist ja kein Geheimnis, dass in den bekanntesten Kellern der Republik mit diesem oder jenem experimentiert wird. Aber solche Weine auch zu einer Veranstaltung mitzubringen, die ein eher konservativer Weingeist durchwabert, fand ich seinerzeit sehr bemerkenswert.
17,50 € kostet der Pinot Orange ab Hof. Wenn ihr mal wieder einen Wein haben wollt, der ein ganzes Menü von der Vorspeise bis zum Dessert begleiten kann, voilà. Wenn ihr einen Wein sucht, mit dem ihr Naturwein-Hasser zum Nachdenken bringen könnt, ebenfalls voilà. Und voilà zum Dritten, wenn ihr Spaß daran habt, in kühner Runde Weine aus dem schwarzen Degustationsglas zum fröhlichen Rätselraten anzubieten. Allerdings sollte die Runde zum Abschluss auch die Chance habe, den Wein in voller Farbpracht zu sehen. So wie ihr hier…
Mit einiger Überraschung finde ich 3 Weingüter aus meiner nächsten Umgebung (Vincon-Zerrer, Klenert, Ravensburg) in der Gewinnerliste. Ich hatte diese Weingüter bislang allenfalls als „lokale Größen“ eingeschätzt….
Sie schreiben, das Spektrum sei sehr breit gewesen. Darf ich folgern, daß die Gewinnerliste nicht für jeden dort aufgeführten Wein eine Kaufempfehlung darstellt? Und haben Sie eventuell einen der Weine der oben angeführten Weingüter verkostet?
Nein, ich habe natürlich (wie bei so großen Verkostungen üblich) nicht alle Weine probiert, sondern nur vier der 14 Gewinner-Kategorien. Insofern kann ich leider über die Weine von Klenert und Ravensburg nichts sagen. Vincon-Zerrer hatte ich nicht hier, aber vor kurzem bei anderer Gelegenheit probiert und fand die Weine wirklich angenehm, vor allem aber die Ausstattung sehr gelungen.
Mal ein wenig dahinter geblickt, ein kleiner ketzerischer Gedanke.
Wenn also weniger Arbeit, im Weinberg, weil weniger Interventionen, für den freien Lauf der biologischen Natur im Boden und am Stock, sowie im Keller, weil “Alle Weine sind komplett unbehandelt, also unfiltriert, ungeschönt und ohne Schwefelgabe”, ergo also keine zusätzlichen Kosten für Weinbau- und Keller-Chemie, Reinzuchthefen, und oder weiteres önologisches Inventar, müssten dann solche Weine derer Winzer nicht etwas günstiger sein?
Ich denke da an das Preisschwellenverhalten der Konsumenten, mit 12 – 14,- € würde man ja vielleicht gleich drei- oder viermal so viele Weininteressierte erreichen, und neue Bereitschaften im Genussverhalten, bei den sonst eher an normierte Weine gewöhnten Verbrauchern, erwecken.
Oder sind es die gleich dreifachen Verbandsmitgliedschafts-Jahresbeiträge, die in die Preisgestaltung zwangsläufig ihren Niederschlag finden müssen? Wobei der Jahresbeitrag für den VDP sicher am heftigsten zu Buche schlagen dürfte – und dabei dennoch längst nicht alle Marketingkosten übers Jahr abdeckt.
Wie gesagt, sicher etwas ketzerisch angestoßen, und am Ende gar nicht mal konkret nur an dieses schöne Weingut gedacht. Ansonsten nämlich kenne ich zwar den obigen Wein bislang nicht, aber die weitere Palette des Weinguts seit längerem – und die haben auch mir gefallen 🙂
Mit besten Grüßen aus Berlin
Michael Holzinger
Das könnte man als Ketzer denken… Und ja, manche Weine finde ich auch ein bisschen zu teuer, um die anvisierte Zielgruppe auch zu erreichen (eine enorm präzise Aussage, ich weiß 😉 ).
Aber was den von dir angesprochenen Zusammenhang anbelangt (bio/unbehandelt müsste billiger in der Herstellung sein als konventionell), da ist tatsächlich genau das Gegenteil der Fall 😉 . Und zwar einfach vom Endprodukt, also vom Wein her gedacht:
Wenn du wie hier einen Wein zwei Jahre im Fass ausbaust, dann kostet das Platz im Keller und zwischendurch kommt kein Geld dafür rein. Wenn du vorher eine risikoreiche Art der Weinbereitung favorisierst (und Spontangärung, nicht Schönen, nicht Filtrieren, kein SO2 sind definitiv risikoreichere Ansätze), dann brauchst du top gesundes Traubengut, um nicht etwa Essig zu produzieren. Umso mehr, wenn dir noch von den Regularien deines Verbandes oder von deinem eigenen Ansatz her bestimmte korrigierende Maßnahmen nicht gestattet sind. Um aber top gesundes Traubengut einzubringen, darfst du nur bestimmte Trauben verwenden und musst die auch noch sortieren – sprich geringerer Ertrag plus Zeit/Kosten für’s Selektionieren.
Dasselbe gilt für die Arbeit im Weinberg: Du kannst (nur um ein Beispiel zu nennen) zweimal Glyphosat hinkippen, um den Unterstockbereich freizuhalten, du kannst das aber auch manuell machen, also mähen und hacken. Logisch, was da mehr Zeit und Aufwand sprich Geld kostet. Ich habe mir aus Schulungszwecken von einem einschlägigen Versand mal einen ganzen Karton mit Behandlungsmitteln bestellt (und ich bin nicht arm dabei geworden 😉 ). Alle diese Mittel sind im Prinzip dafür da, deine vorherigen Unterlassungen zu korrigieren. Lesegut faul? Kein Problem. Trauben fad, weil Hochertrag? Kein Problem. Zu viel oder zu wenig Säure, Zucker, Tannin? Kein Problem. Gärt nicht schnell genug? Kein Problem. Schmeckt nicht nach Sauvignon, Riesling, Pinot Noir? Kein Problem. Soll heißen, wenn du diese Mittel alle verwendest (beziehungsweise das tun musst, damit das Getränk genießbar wird), hast du vorher im Weinberg bewusst wenig Arbeit geleistet.
Handwerkliche Arbeit, geringerer Ertrag, geringe Mengen je Wein, mehr Aufmerksamkeit draußen und drinnen und viel mehr Zeit, das sind eigentlich die Faktoren, die einen Wein aufwändiger und damit logischerweise auch teurer machen.
Das heißt jetzt nicht, dass es beispielsweise im Biobereich nicht auch Unterschiede geben würde. Bei Romanée-Conti (biodyn seit langem) wird man sicherlich etwas strenger und aufwändiger vorgehen als beim Hubba Bubba-Biowein im Discounter-Regal. Und richtig, Verbände und Marketing kosten ebenfalls Geld. Die Verbände sollen allerdings auch etwas für dich tun, denn deshalb bist du da ja Mitglied 😉 . Und Marketing ist ganz klar einer der Schlüssel für den Erfolg beispielsweise der Champagnermarken. Sowas muss sich ein kleiner Hersteller leisten wollen und können (und tut es in aller Regel nicht).
Aber im Prinzip ist es so, dass mit mehr Aufwand und in geringerer Auflage hergestellte Weine zwangsläufig teurer sein müssen. Die reinen Herstellungskosten hören aber bei einem “gewöhnlichen” sehr hochwertigen Wein so zwischen 30 € und 50 € pro Flasche auf, darüber ist entweder Pinzettenarbeit oder Kult. That having said, Scheurebe und Riesling aus der Pure-Serie von Brüder Dr. Becker kosten 12,50 € 😉 .
Sehr schön erklärt, Matthias!
Und: DER Wein macht auch mich richtig neugierig 😉
Beste Grüße
Thomas
Allerschlechtestenfalls wirst du ihn “interessant” finden 😉
Hallo Matze,
nun ja, so weit wollte ich es eigentlich gar nicht treiben, es war mehr als politisch-rhetorischer Einwurf gedacht, mit Blick auf bestimmte, sehr kräftige Verbands-Kosten. Aber schön, dass Du noch mal etwas ausholst dazu, so mancher Leser wird es danken.
Ich gehe eigentlich mit allem mit. Ein paar ergänzende Hinweise vielleicht noch.
Als früherer Händler und Importeur sehe ich das wahrscheinlich auch einfach immer alles recht kühl realistisch, ich musste das Storytelling am Ende ja bezahlen, kalkulieren und schließlich dann weiter verkaufen. Da wird man etwas unromantischer bei den Preisgestaltungen der Winzer, egal ob Bio oder mehr konventioneller Weinbau.
Ja natürlich, Zeit ist sprichwörtlich Geld. Längere Ausbauzeiten im Keller bestimmter Weine binden das Kapital, ein Umsatz wird erst später erlöst. Das gehört heute bei Betrieben mit diversifiziertem Portfolio zur gesunden Mischkalkulation, überall im Weinbau. In Italien die Annata und später die Riserva, in Spanien Joven, Crianza, Reserva und dergleichen überall mehr. Kurz ausgebaute Weine zuerst, später die Fasslager-Weine. Solang die Relationen gesund bleiben. Schaut man genauer hin, lässt sich so mancher Winzer sein Barrique in vierter, fünfter oder sechster Belegung, als Stilmittel für „sehr dezenten Holzeinsatz“ aber schon klug sehr kräftig bezahlen.
Zur Weinbergsarbeit kann ich ergänzen, was mir in all den Jahren meine privaten Freunde als Winzer transparent gemacht haben. Wer das eine tut, kann das andere lassen. Die Sorgfalt für bio- / biodyn etc. ist unabdingbar und intensiver, aber konventioneller arbeitende Winzer können sich nicht viermal mehr in die Hängematte legen. Genauso wenig wie Bio-Winzer aber auch nicht viermal mehr durch den Weinberg zum Grünschnitt ackern. Die Unterstockpflege als solches ist Arbeit, auch Mehrarbeit, richtig, man sollte nur im Blick behalten, andere Arbeitsschritte entfallen. Es verhält sich also nicht 100 : 0, wohl eher 60 :40. Dennoch ja, es ist mehr Aufwand.
Etwas Schwefel, Mini-Schwefel, Null-Schwefel, in den Jahrzehnten ist mir alles untergekommen. Die Bandbreite der individuellen Ausdrucksmöglichkeiten handwerklicher Winzer ist vielfältig. Einige Franken-Winzer z. B. (solche gibt’s natürlich in allen Regionen 🙂 ) geben ihren „kleinen“ Basisweinen, mit Spontangärung gestartet, im Bedarfsfall später, wenn nötig noch mal einen kleinen „Schubs“, mit etwas möglichst aromaloser Zuchthefe, im besten Fall mit eigenen angelegten natürlichen Kulturen für den Bedarfsfall. Das muss man nebenbei bemerkt bitte nicht gleich verteufeln – wenn ich dann sehe, dass es dazu drei oder vier echte komplett spontan vergorene Spätlesen trocken im Sortiment gibt, und dieser ein wenig nachgeholfene Basiswein dann im Frühjahr als erstes auf den Markt kommt, finde ich das in Ordnung. Zumal ich dann damit immer noch einen handgelesenen Silvaner oder Scheurebe z. B. im Glas habe, und das dann ohne VDP-Siegel, für runde 7,- Euro.
Das sind immer noch ehrliche, geldwerte und schöne Sommer- und Alltags-Weine aus Franken dann, die ich auch gerne mal unkompliziert als Schoppen trinke. Und wenn dann die Lagen-Spätlesen trocken eines solchen Winzers, mit Spontanvergärung, ggf. nur sehr gering geschwefelt, für 11,- bis 13,- Euro zu erstehen sind, finde ich das wunderbar. Gleiches wäre beim VDP-ler kaum mehr unter 20,- Euro zu bekommen. Das sollte der gemeine Verbraucher durchaus verstehen. Man siehe nur, was man heute bei vielen VDP-Winzern für die Weine der sog. Kabinett-Klasse längst zu bezahlen hat. Das sind nicht mehr nur zwei, drei oder vier Euro oben drauf.
Oh ja, der Önologie-Bedarf-Handel. Das ist schon sehr erschreckend, wer kurz googelt, findet im Netz sofort die einschlägigen Marktführer. Und deren Angebot macht dem Laien Angst und dem Fortgeschrittenen Bange. Nebenbei: Was macht man eigentlich im Selbstversuch zu Schulungszwecken mit einem Karton voll chemischer Interventionsmittel? Die heimische Tomatenpflanzung auf dem Balkon experimentell vernichten? 🙂 Kleiner Scherz am Rande, ich konnte nicht widerstehen 😉
Glyphosat: Ein böses Vergehen an Mensch und Natur.
Und ja, Aufsäuerung, Entsäuerung, mehr Melone, weniger Banane, ein Schuss Kiwi, und drei Zucchini, das ist natürlich alles Schandwerk.
Handwerkliche Selektion mit geringeren Ertragsmengen muss sich dann auch im Preis wiederfinden, klar. Nicht nur der Wein, auch der Preis entsteht im Kopf des Winzers, ist am Ende dann die unternehmerische Freiheit des Weinmachers als Kaufmann. All zu oft sehe ich, ganz allgemein gesprochen, dass vieles dabei wohl gerne ausgetestet wird, was denn da so geht, im Preis zur Vermarktung. Auch Bio ist Business. Sei es drum, gehört sicher ebenso zum Geschäft.
Ansonsten Danke für den Tipp noch mal für die weitere Pure-Serie – ich hab’s mir dringend notiert.
Der geneigte Leser hat hier mit Deiner Zusammenfassung auf jeden Fall noch mal ein gutes, zusammenhängendes Bild zu Arbeitsweisen in Weinberg und Keller bekommen, einen Einstieg ins Thema. Die Antwort hat auch mir Spaß gemacht und die Gedanken noch mal angeregt. Und die Vorstellung von Preiswürdigkeit liegt ja bekanntlich immer im Auge (und Portemonnaie) eines jeden Betrachters.
Abschließend darf ich noch sagen, bleiben mir viele Bio(dyn)-, Natur-Weine etc. über der 20,- und noch mehr über der 30,- Euro-Schwelle leider all zu oft unerklärlich, in allen ideologischen Ausprägungen, von Ocker über Bernstein bis hin zu Koralle und Topas. Da hilft dann auch die schönste Idee als nette Geschichte, zumindest mir, nicht weiter. Die Weine von Brüder Dr. Becker sind nun aber somit auf dem Einkaufszettel! Zeit für einen aktuellen Schluck – die letzten Eindrücke vom Weingut bei mir sind von 2018.
Mit den besten Grüßen
Michael Holzinger
PS. Das zweite Foto (Bildausschnitt Glas), kam das vom Weingut (Fotograf), oder ist es ein Schnappschuss mit eigenem Smartphone?
Lieber Michael, danke für deinen gehaltvollen Beitrag! So sehr viel bleibt mir da auch nicht zu sagen 😉 . Außer vielleicht (auch nur so als Idee am Rande), dass eine Organisation wie der VDP, die sich vom Selbstverständnis her als Elite begreift, konsequenterweise seine Weine gar nicht “billig” verkaufen kann – und auch nicht sollte. Ob man das jetzt als Konsument/in gut findet oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Aber ich persönlich sehe da schon (wie beim Champagner) sozusagen die innere Notwendigkeit des Gesamtkonstrukts. Ein Großes Gewächs für 10 € trägt jedenfalls nicht zur Mythenbildung bei 😉
Was die Fotos anbelangt, die mache ich auf meinem Blog ausschließlich selbst, also auch nichts vom Weingut oder von Agenturen. Erstmal fotografiere ich selbst ganz gern (nicht nur Smartphone, auch “echte” Kamera 😉 ), und außerdem hat man dann nie Ärger mit irgendwelchen möglichen Bildrechten…
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