“Ein Wein aus solidem Bio-Anbau”. Diese und ähnliche Formulierungen habe ich schon des öfteren in Beschreibungen gelesen – möglicherweise dann, wenn es ansonsten weder zum Wein noch zum Weingut irgendetwas Interessantes zu sagen gibt. Zum Glück ist das hier nicht so. Gut, ja, der Wein stammt tatsächlich aus solidem Bio-Anbau, denn das Weingut Roth im fränkischen Wiesenbronn ist Mitglied bei Naturland. Allerdings besteht dieser solide Bio-Anbau seit 1974, also seit sage und schreibe 45 Jahren. Zudem trägt der Q.E.D. den Beinamen “Unser Gemischter Satz”, ist also fränkische Tradition pur. Und dann gibt es noch das Betonei, Rebsorten wie Adelfränkisch und Grünfränkisch und einen Winzer, der seinerzeit den Blaufränkisch nach Deutschland schmuggelte. Nicht wirklich uninteressant, oder?
Unser Gemischter Satz Q.E.D. vom Weingut Roth
Das Weingut Roth befindet sich in Wiesenbronn am Rand des Steigerwalds. Ihr kennt ja vermutlich die fränkische Trilogie aus Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper, und hier sind wir in der jüngsten Formation des Trias, im Keuper. Die Weinberge der Roths befinden sich größtenteils in Fußweite des Weinguts. Den Hellen Berg als VDP-Erste Lage bewirtschaften sie sogar in Alleinbesitz. Bei meinem Besuch im Weingut sagte mir Gerhard Roth, dass er diese Konzentration der Lagen sehr schätzt. Wenn man nämlich seit Jahrzehnten biologisch arbeitet und die Nachbarn tun das nicht, dann ist es sicher kein Nachteil, wenn deren Reben nicht unmittelbar an die eigenen grenzen. Bekannt sind die Roths (wer hätte es bei diesem Namen gedacht) übrigens sogar eher für Rot- als für Weißwein. Erst in diesem Frühjahr hat Nicole Roth zum wiederholten Male den Preis beim Best of Gold für die beste Rotwein-Cuvée mit nach Hause nehmen können.
Die Arbeit im Weingut teilen sich Vater und Tochter gleichmäßig auf. Vater Gerhard kennt draußen jeden Rebstock, jeden Stein und jede eingesähte Leguminose, Tochter Nicole hat nach dem Weinbaustudium im In- und Ausland gearbeitet und kennt sich bestens mit Marketing, Verkauf und Vertrieb aus – und im Keller treffen sie sich dann. Hier stehen auch zwei Betoneier, und genau darin wurde der Q.E.D. spontan vergoren und neun Monate lang ausgebaut. Q.E.D. heißt ausgeschrieben natürlich „quod erat demonstrandum“. Was aber jetzt so genau zu beweisen gewesen wäre mit diesem Wein, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht. Aber es ist ja auch ein so spezielles Schätzchen, dass es eigentlich alles an ihm sein könnte.
Wie schmeckt der Wein?
Die Reben für den Q.E.D. befinden sich größtenteils im Großlangheimer Kiliansberg, einer Lage, die vermutlich schon zwei Dörfer weiter kaum jemand kennt. Dort stehen Riesling, Silvaner, Weißburgunder, Grauburgunder und Traminer im Gemischten Satz, werden also gemeinsam geerntet und vergoren. Am Fuß des Hellen Bergs gibt es noch eine ganz neu bepflanzte Parzelle, in der – ebenfalls im Gemischten Satz – auch historische Rebsorten wie Adelfränkisch und Grünfränkisch stehen. Ab 2019 wird das dann vermutlich alles im Q.E.D. zu finden sein.
Aber zum Wein: Ein wunderbares Gelbgold strahlt aus dem Glas, da lacht das Herz schon beim Anblick. In der Nase spüre ich sehr dunkle Mineralität, soll heißen: dunkelgelbe Früchte, Quitte, Aprikose, Bratapfel, Curry, dunkler Stein und ein bisschen Honig. Reif ist der Wein und weichwürzig. Die technischen Daten verraten übrigens, dass bei diesem 2017er 13 vol% bei 6 g Säure und 1,7 g Restsüße pro Liter vorhanden sind. Ein kräftiger und trockener Wein, möchte man meinen. In diesem Fall stimmen die Analysewerte dann auch wirklich mit den Verkostungseindrücken überein.
Auf der Zunge spüre ich eine schön ausgewogene Säure bei recht kräftigem Körper und viel gelber Frucht. Jene steht aber nicht hervor, sondern passt sich ein in die Struktur. Es gibt wieder reife Aprikose und Quitte, aber auch eine besondere Komponente. Für mich ist dieser leicht schwefelige Touch nach gelber Mango ein ganz typisches Keuperzeichen. Manche Leute, gerade Anhänger „sauberer“ Primärfrucht, haben manchmal ein bisschen Schwierigkeiten damit. Aber zum einen ist das aller Wahrscheinlichkeit nach wirklich Terroir, das sich auf diese Weise offen zeigt und woanders ja immer so sehnlichst herbeigewünscht wird. Und dann haben wir hier zusätzlich noch einen Vertreter vor uns, der ausgeprägten Charakter mit einer wunderbaren Trinkigkeit verbindet. Wir probieren den Wein solo, zum Abendessen, zu weißem Fleisch – er passt immer.
Wo kann man ihn kaufen?
Gekauft habe ich den Wein direkt beim Weingut Roth. Im Online-Shop könnt ihr ihn für 15 € bestellen. Nachdem ich in der Gaststube des Weinguts einige Weine probiert hatte, bin ich zunächst mit Gerhard Roth in die Weinberge gefahren und später sogar noch einmal dorthin zurückgekehrt. Ich lasse mir die Geschichte von dem etwas ungewöhnlichen „Import“ original burgenländischer Blaufränkisch-Klone in den 70er Jahren erzählen (Näheres dazu vielleicht, wenn ich den Blaufränkisch Heller Berg G getrunken habe) und schaue mir die neue Parzelle mit den historischen Rebsorten an. Alles ist komplett begrünt, und zwar nicht etwa nur mit Gras, sondern mit einer gezielten Einsaat verschiedenster Pflanzen. Was wo am besten passt und sich wofür am besten eignet, ist eine Sache, die man nach 45 Jahrgängen ökologischen Wirtschaftens im Weinberg möglicherweise besser einschätzen kann als jedes noch so gute Lehrbuch.
Zum Abschluss bleibt festzuhalten, dass es in dieser Serie des „Natürlichen Dienstags“ sicher Weine gibt, die wilder, krasser, „avantgardistischer“ daherkommen als der Q.E.D. Aber in meiner Welt passen diese unterschiedlichen Interpretationen irgendwie ganz gut zusammen…
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