Na, noch in Ferienlaune? Dann könnte dies der richtige Artikel für euch sein. Ich habe nämlich den, tja, Wein- und Weinevent-Laden GrapeFood in Nürnberg aufgesucht. Die GrapeFoodies – ich hatte vor einiger Zeit beim Natürlichen Dienstag schon darüber geschrieben – importieren Weine aus Kroatien. Und zwar sehr interessante und individuelle Gewächse, ausschließlich aus kleiner und handwerklicher Produktion. Beim Natürlichen Dienstag hatte ich nur einen einzigen Wein davon vorgestellt. In Wirklichkeit habe ich aber acht Weine probiert, und die folgen hier. Zunächst möchte ich euch allerdings mitnehmen auf einen kleinen Ausflug zur Insel Hvar. Die meisten Weine, die ich probiert habe, kommen nämlich von der dalmatinischen Küste.
Weinbau auf der Insel Hvar
Wein gibt es auf Hvar wie insgesamt in Kroatien schon seit Jahrtausenden. Nachdem offenbar bereits die Illyrer mit dem Weinbau vertraut waren, kam der große Aufschwung mit den Griechen und später mit den Römern.
Wie lange Hvar bereits besiedelt ist, kann man an den unzähligen Steinmäuerchen sehen, mit denen die Insel bedeckt ist. Irgendwie sieht es aus wie eine einzige gigantische Ausgrabungsstätte. Angesichts der doch ziemlich dünnen Besiedlung (keinen Menschen und kein Schaf treffe ich auf meinem Weg) finde ich es immer wieder erstaunlich, mit welcher Akribie hier Stein auf Stein geschichtet wurde, um winzige Parzellen zu schaffen. Ein ungemein komplexes System, das wahrscheinlich selbst die heutigen Bewohner nicht mehr ganz enträtseln können.
Auf der Nordseite und in der fruchtbaren Ebene befinden sich die größten landwirtschaftlichen Flächen, und das seit griechischen Zeiten. Dennoch erscheinen die Felder immer noch winzig. Ein durchschnittliches Feld, egal ob es mit Reben, Olivenbäumen, Gemüse oder Getreide bestanden ist, misst nicht mehr als 20 mal 20 Meter.
Die über Jahrhunderte prestigeträchtigsten Rotweine kommen jedoch von der steilen Südwestküste der Insel, zum Beispiel aus Ivan Dolac. Bei einer Weinmesse hatte ich einmal mit einem Winzer von dort diskutiert über die späte Ernte und den hohen Alkohol dieser Sonnenweine. Er war sehr stolz auf den Typus und hielt den Vorschlag für verrückt, vielleicht ein bisschen früher zu ernten oder Reben nach Norden auszurichten.
Mittlerweile ist es aber durchaus so, dass nicht nur im Norden, sondern auch oben auf dem Hochplateau sehr interessante Weine hergestellt werden. Sonne gibt es hier ja ebenfalls im Überfluss, aber auf 580 Metern über dem Meer ist es vor allem nachts deutlich kühler, die größere Frische in den Weinen dadurch spürbar.
In der Ebene findet man dann auch die berühmte Terra Rossa.
GrapeFood in Nürnberg
Zurück aber in Nürnberg, genauer gesagt bei GrapeFood in Gostenhof. Ich hatte Anna vorher kurz gefragt, ob ich vorbeikommen könnte. Wir haben dann ein bisschen geplaudert und ein paar Flaschen geöffnet. Ihr werdet auf den folgenden Bildern sehen, dass ich immer dasselbe Glas benutzt habe, nur halt zwischendurch ausgeschwenkt. Dadurch sieht es ein bisschen weniger fotogen aus, aber ich hoffe, das könnt ihr verschmerzen.
Anne und Pero Škojo kennen ihre Winzer persönlich, und sie fahren natürlich auch häufig nach Kroatien. Wie gerade im Moment. Ab dem 7. September sind sie dann wieder regelmäßig im Laden. Die Weine, die ich probiert habe, kosten alle zwischen 10 und 15 €, weshalb ich das einzeln nicht aufgeführt habe. So, alle bereit? Dann kann es losgehen mit dem kleinen Tasting.
Weine aus Kroatien
1. Baraka Debit 2017
Weißweine aus Kroatien sind hierzulande kaum bekannt. Ähnlich wie im Falle Griechenlands halte ich das persönlich für einen großen Konsumentenfehler. Es ist nämlich mitnichten so, dass aus dem Süden nur plumper und langweiliger Fusel kommen würde, ganz im Gegenteil. Zum einen werden die Weißen oft – ich schrieb es ja schon – in kühleren Mikroklimata angebaut, zum anderen etwas früher geerntet, und außerdem sind sie in ihrer schön trockenen Art oft ideale Speisenbegleiter.
Das gilt alles auch für diesen Wein hier, den Debit von Baraka. Er stammt vom Weinberg Promina im Hinterland der Küstenstadt Šibenik und besitzt schlanke 12 vol%. Die Rebsorte Debit wurde einst von Apulien nach Kroatien gebracht, mag ursprünglich aber aus Anatolien stammen. Eine uralte Rebsorte also. Der Wein wurde im Betonei ausgebaut und ist in der Nase weißblütig, kräuterig und ziemlich fein. Im Mund fällt mir die deutliche Säurebetonung auf, dazu eine apfelige Frucht. Trocken und frisch, ein guter Start.
2. Brkić Mjesečar Žilavka 2017
Hatte ich von interessanten Weinen aus Kroatien in der Überschrift gesprochen? Nun, ich muss das geographisch ein bisschen ausweiten. Dieser Wein von Brkić kommt nämlich aus der Herzegowina, dem südlichen Landesteil von Bosnien-Herzegowina. Der Weinberg befindet sich allerdings auch nur 30 km Luftlinie vom Meer entfernt. Verwendet wurde hier die bekannte Rebsorte Žilavka, die, wenn es gerecht zugehen würde auf der Welt, eigentlich eine großartige Zukunft haben müsste. Ein bisschen erinnert sie mich in ihrer Vielseitigkeit an Chenin.
Aus exakten 12,72 vol% holt die Familie Brkić eine andere Version des trockenen Südweißen. An der Farbe kann man schon erkennen, dass es reifer zugehen könnte, auch ein bisschen oxidativ. Und in der Tat ist die Nase ziemlich komplex, es gibt Honig, Quitte und eine nussig-oxidative Note. Am Gaumen empfinde ich den Wein als recht mild in der Säure, leicht minzig, dafür aber nachhaltig und pfefferig. Der passt auch zu gebratenen Speisen.
3. Brkić Greda 2015
Nochmal Brkić, nochmal Žilavka, aber auf ganz andere Art. Der Weinberg Greda befindet sich auf dem Kalksteinplateau von Čitluk, was eine gewisse Mineralität in den Wein bringt. Die Trauben für diesen Wein vergoren auf der Maische, der Ausbau erfolgte zwei Jahre lang in Holzfässern. Die Gerbstoffe sind dadurch schon ein bisschen in der Nase spürbar, dazu Kräuter der Macchia. Im Mund ist der Wein nicht nur trocken, sondern er hat auch einen leichten Touch von Flor, sehr spröde, nicht säurelastig, nur 12 vol%, ein ganz eigenständiger und interessanter Vertreter. Das wäre genau das Richtige für viele Tapas, denke ich mir.
4. Kosovec Škrlet Selekcija 2011
Diesen Wein hatte ich schon vorgestellt, und zwar als dritte Ausgabe meines “Natürlichen Dienstags”. Ich fand ihn wirklich ausgesprochen gut mit seiner dunklen Farbe, seiner leicht oxidativen Art, dem etwas gerbigen Bratapfel und der überraschend frischen Säure. Alles weitere im Originalartikel.
5. Kosovec Pinot Crni Selekcija 2011
Noch ein Wein von Kosovec, diesmal aber ein Roter, und zwar aus Pinot Noir. Bei allen Urlaubsfreuden am Mittelmeer vergisst man manchmal ja, dass Kroatien auch einen fast ebenso langen “Inlandszipfel” besitzt. Dieser Wein stammt also aus dem Binnenland, genauer gesagt aus Voloder, was sich 70 km südöstlich von Zagreb befindet. Eine alte Weinbauregion, bei uns hingegen völlig unbekannt. Nicht unbekannt ist dafür die Rebsorte. Ich muss zugeben, dass ich bei Pinot Noirs aus dem Süden schon so manches Mal enttäuscht worden bin. Statt der herrlich duftigen Transparenz der nördlichen Vertreter sumpfte es mir nämlich rumtopfhaft aus dem Glas entgegen.
Was macht Ivan Kosovec also mit dieser Herausforderung? Erst einmal gibt es solide 13,4 vol%, dann keine Filtration und auch ansonsten wenig Eingriffe. Das sieht man dem relativ dunklen Wein mit seinem leicht gelblichen Rand an, das riecht man aber auch wegen des feinen Stinkers, der sich aber noch im Diesseits des guten Geschmacks befindet. Am Gaumen ist der Wein kirschig und weniger duftig, vor allem aber richtig deutlich tanninbetont. Ein reifer Typus, aber eben nicht überkocht, sondern sehr erdig und tief. Interessante Weine gibt es bei Herrn Kosovec. Den Namen sollte ich mir wirklich merken.
6. Duboković Laganini Drnekuša 2016
Zurück am Meer, und diesmal wirklich mitten auf der Insel Hvar. Als ich dort war, war es mir leider nicht gelungen, einen Wein aus der legendären Sorte Drnekuša zu ergattern. Obwohl es sich um eine uralte autochthone Sorte handelt, die auch noch ganz fein und nebbiolohaft werden kann (so heißt es), erfreut dich Drnekuša keiner allzu großen Beliebtheit. Die Rebsorte ist nämlich zickig. Sie ist empfindlich gegen Pilzkrankheiten, besitzt nur eine dünne Beerenhaut und braucht einen optimalen Jahrgangsverlauf, um aromatisch auch top zu sein.
Der Laganini von Duboković besitzt nur 12,5 vol%, ist also voll auf der feinen Linie. In der Nase kirschig und kräuterig, führt der Gaumen das Versprechen dann leider nicht ganz fort. Der Wein wirkt sehr leicht, herb und nicht wirklich nachhaltig. Vielleicht kein idealer Jahrgang.
Als ich auf Hvar war, wollte ich dort das Weingut Plančić besuchen, das angeblich einen exzellenten Drnekuša machen soll. Leider war niemand da, und das war kein Zufall, denn im Grunde waren die Plančićs vier Jahre lang nicht da, bevor sich die Tochter entschloss, das Weingut zu übernehmen. Auf ihren eigenen 7,5 ha baut die Familie mittlerweile ausschließlich autochthone Rebsorten an, darunter auch Drnekuša. Weil es davon jedoch nie mehr als 2.000 Flaschen gibt, soll es – auch wieder angeblich – nur einen einzigen Ort geben, an dem man diesen Wein probieren kann: die Cheese Bar in der Ulica Augusta Cesarca in Zagreb. Na, da muss ich wohl doch einmal hin.
7. Duboković 2718 2013
Der zweite Duboković-Wein stammt von der vermutlich berühmtesten Rebsorte Dalmatiens: Plavac Mali. Die Zahl 2718 begegnet einem in Verbindung mit der Insel Hvar übrigens ausgesprochen häufig. Im Grunde kann man einen Kontakt mit ihr nie vermeiden. Es handelt sich nämlich um die verbriefte durchschnittliche Anzahl an Sonnenstunden, die die Insel genießt. Das ist höchst beachtlich für die Region und etwa doppelt so viel wie im Sauerland, aber in Athen oder Marseille werden solche Werte ebenfalls erreicht, gar übertroffen.
Zum Glück (finde ich zumindest) kommt der Wein dann aber nicht von der Südküste und hat deshalb auch nicht 16, sondern nur 14 vol%. In der Nase ist dennoch viel Würze und auch etwas gebackene Frucht zu entdecken. Am Gaumen gibt es dafür eine kräftige Säure und viel Tannin. Das geht für mich tatsächlich ein bisschen in Richtung Piemont, natürlich nicht mit dieser dichten Mitte, aber doch mit einer schönen Finesse.
8. Miloš Plavac 2015
Zum Abschluss gibt es noch einen Plavac, diesmal vom Biodynamiker Frano Miloš von der Halbinsel Pelješac. Die Reben stehen in Sichtweite des Meeres, und nach der Spontangärung wurde der Wein 24 Monate lang in gebrauchten slawonischen Eichenfässern (Slawonien, nicht Slowenien, you remember?) ausgebaut und unfiltriert abgefüllt. Nur 13,5 vol% für diesen Roten vom steinigen Mittelmeer, das ist tatsächlich mittlerweile relativ wenig.
Der Wein ist in der Nase wieder primär kirschig und nicht schwarzfruchtig. Es gibt Noten von Provence-Kräutern, am Gaumen einen echten Trinkfluss trotz oder gerade wegen der Kombination aus Frucht und Tannin. Das ist für mich ein idealer Grillwein der gehobenen Art. Kernig und nicht etwa plump. Wer nicht gleich selbst kochen möchte und aus der Nürnberger Gegend kommt, kann den Wein beispielsweise auch im Restaurant Estus in Zirndorf probieren.
Fazit
Mein Fazit ist glockenklar: Wenn ihr schon einmal im Urlaub in Kroatien wart und euch dieses Feeling zurückrufen wollt, dann sind dies die idealen Katalysatoren eures mediterranen Traums. Ihr werdet alles wiedererkennen, nur diesmal mit guten Weinen.
Falls euch das alles aber gar nichts sagen sollte und ihr noch nie einen kroatischen Wein getrunken habt, dann kann ich nur empfehlen: Lasst euch einfach ein bisschen auf unbekannte Dinge ein. Das erweitert den Horizont ungemein, dient dem Verständnis unterschiedlicher Kulturen und hilft damit auch eurem inneren Weltfrieden. Schmackhafte Weine zu probieren ist dabei wohl die leichtfüßigste Art, sich diesem hehren Ziel zu nähern.
Solltet ihr euch hingegen gerade mitten im Packen befinden und morgen losfahren wollen nach Dalmatien, dann haben die GrapeFoodies noch einen heißen Tipp für euch. In Split gibt es am Rand der Altstadt die Weinbar Paradox. Auch wenn der Name vielleicht minimal an einen plüschigen Animierschuppen der 70er Jahre erinnert, ist dem überhaupt nicht so. Vielmehr gibt es viel Holz, alte Steine und Tische drinnen wie draußen. Zudem natürlich etwa 80 verschiedene kroatische Weine zu probieren und als Begleitung kalte lokale Speisen. Gute Aussichten, würde ich sagen…