Es führt kein Weg daran vorbei: Jean-Louis Trapet ist einer der anerkanntesten Winzer im Burgund und damit automatisch in der Welt. Die notorisch strengen Verkoster der Revue du Vin de France gaben seinem 2016er Grand Cru Chambertin 20 Punkte, Bettane & Desseauve immerhin noch knauserige 19. Jean-Louis ist zudem überzeugter Biodynamiker. Umsicht und Aufwand in Weinberg und Keller sind legendär, die Weine von großer Eleganz bei ganz subtiler Kraft. Ist diese Ausgabe des Natürlichen Dienstags also ein Fall für die Vermögenden unter uns?
Domaine Trapet A Minima – Der Kleine vom Großen
Nicht wirklich. Es gibt nämlich bei vielen Burgund-Winzern durchaus die angenehme Angewohnheit, auch einen “kleinen” Wein herzustellen. Schließlich haben fast alle irgendwo noch jüngere Reben stehen oder solche außerhalb der großen Lagen. Genau das ist hier der Fall. Der “A Minima” stammt normalerweise aus drei Parzellen von zusammen gerade einmal 0,6 Hektar und firmiert unter der Appellation Bourgogne Passetoutgrain. Ich mag ja diese alten Bezeichnungen sehr. “Passetoutgrain” bedeutet wortwörtlich, alle Körner (= Trauben) durchlaufen zu lassen. Ebenso schön ist die alte AOC Bourgogne Grand Ordinaire, die ja leider mittlerweile nicht mehr existiert. Die Autoritäten fanden den Namen offenbar wenig marketingfähig, so dass die Weine jetzt Coteaux Bourguignons heißen.
Der Grund für diese doch leicht abwertenden Bezeichnungen gegenüber dem “echten” Burgunder liegt darin, dass bei Passetoutgrain und Coteaux Bourguignons nicht nur Pinot Noir, sondern auch Gamay enthalten sein darf. Um zu verstehen, wie nachhaltig Geschichte in dieser hochberühmten Anbauregion wirkt, muss man wissen, dass die Abneigung gegenüber dem “unedlen” Gamay bereits viele Jahrhunderte alt ist. Im Jahr 1395 erließ Philipp der Kühne sein berühmtes Dekret, in dem er im burgundischen Kerngebiet den Anbau von Gamay verbot und gleichzeitig Pinot Noir zur einzig akzeptierten roten Rebsorte machte.
Der A Minima besteht also normalerweise immer aus 50% Gamay neben den 50% Pinot Noir. Im Jahrgang 2016 hat Trapet wegen der äußerst geringen Erträge hier auch denjenigen Pinot Noir mit hineingegeben, der ansonsten in den “richtigen” Bourgogne kommt. Wie der minimale Name andeutet, ist bei dem Wein nach der Handlese nicht viel gemacht worden. Spontangärung, keine Filtrierung, keine Schönung, nur bei der Abfüllung je nach Jahrgang manchmal eine minimale Schwefelgabe – oder auch nicht.
Wie schmeckt der Wein?
Zunächst einmal kommt ein relativ hellfarbiger Saft ins Glas. In der Nase sind beerige Noten zu spüren, also rote Johannisbeere und Himbeere, dazu ein würzig-unterholziger Ton. Spontan würde ich sofort auf einen Pinot Noir vom erdigeren Teil des Anbaugebiets tippen, also in der Tat Gevrey-Chambertin oder Nuits-St-Georges. Im Mund fällt gleich die hohe Säure auf, die eine echte Kernigkeit in den Wein bringt. Ich mag ja an sich die sehr elegant gehaltenen Burgunder sehr gern, aber manchmal (gerade aus Deutschland, mea culpa) kommen sie mir ein bisschen zu schlaff daher. Das ist hier nicht der Fall, und man kann gar nicht genau sagen, ob das jetzt explizit am Gamay liegt oder einfach an der allgemeinen Gutsphilosophie.
Der Wein besitzt einen höchstens mittelgewichtigen Körper und ebenso ein eher feines Tannin. Wenn man nicht säureempfindlich ist oder sich erst einmal daran gewöhnt hat, macht der Wein einen extrem entspannten Eindruck. Ich wüsste spontan nicht, warum irgendjemandem so ein Wein missfallen könnte. Man spürt den Anspruch, der bereits von den hochwertigeren Trapet-Weinen kündet, aber man muss ihn nicht zehn Jahre lang in den Keller legen, um ihn genießen zu können. So wünsche ich mir easy drinking.
Wo kann man ihn kaufen?
Das ist ja das Problem bei solchen Weinen. Während es dem gewogenen Weinfreak nicht schwer fällt, beim Vertrauenshändler oder im Internet einen Grand Cru Chambertin von Trapet für 300 € aufzutreiben, sind diese kleinen Weine natürlich immer höchst begehrt. Das liegt zum einen an den geringen Mengen (in dieser Hinsicht ist es halt doch kein Gutswein), zum anderen aber auch am verbraucherfreundlichen Preis. Ich habe den Wein bei Vinaturel erstanden, aber da ist er mittlerweile ausverkauft. Bei Bossetti in Paris gibt es ihn regelmäßig, aktuell steht er dort für 18,30 € auf der Liste. Nein, das sind keine 5 €, aber hier habt ihr einen biodynamischen Wein von einem lebendigen Boden und großer winzerischer Erfahrung, der nur deshalb so lässig wirken kann. Fehltöne jedwelcher Art sind selbst für extrem Empfindliche überhaupt nicht vorhanden. Das war aber auch nicht zu erwarten.
Dass es sich bei Jean-Louis Trapet nicht nur um einen großen Winzer, sondern auch um einen unglaublich freundlichen und bescheidenen Menschen handelt, habe ich letztes Jahr bei meinem Besuch der Messe 501Biodyn selbst feststellen können. Es gibt ja durchaus Welterfolgs-Weingüter, bei denen das anders ist. Ich konnte dort sein gesamtes Programm durchprobieren und habe dabei gemerkt, wie gut sich der “A Minima” in die Gutsstilistik einfügt. Ich möchte jetzt niemanden davon abhalten, richtig edle Burgunder zu kaufen (und sie dann auf ihrem Reifehöhepunkt zu trinken). Aber wer sich gern etwas Gutes tut und nicht zu dicken Brummern neigt, dürfte bereits mit diesem Wein den richtigen Griff getan haben.
Informativ und überzeugend, mit weitem Weinhorizont. Merci beaucoup!