Slow Food ist eine ganz große Nummer in Italien. Das merkt man allerspätestens dann, wenn man bei den Bucherscheinungen nachschaut. Es gibt eigene Slow Food-Guides für Restaurants, für lokale Spezialitäten, für Olivenöl, für Bier – und natürlich auch für Wein. Jener heißt logischerweise “Slow Wine” , kommt jedes Jahr heraus und geht auch auf Tournee. 50 italienische Weingüter, die sich dem Slow Food-Gedanken verpflichtet fühlen, waren diesen Montag zu Gast in München in den Räumen des Eataly. Ich war dabei, und so lief mein Tag.
7:30 Uhr
Aufgestanden, Kaffee getrunken, ein bisschen lästige Büroarbeit erledigt. Ganz fit fühle ich mich nicht, aber es ist ja schließlich auch Winter.
11:00 Uhr
Winter Wonderland ist es! Der Zug streicht durch weiße Landschaften.
12:00 Uhr
Ein bisschen Vorbereitung kann nicht schaden. Ich habe den “Slow Wine” -Guide dabei und notiere mir ganz analog ein paar Details zu den angekündigten Weingütern.
13:00 Uhr
Es ist wie immer in München: Ich steige aus dem Zug, gehe ein paar Meter …und kehre im Taklamakan ein. Diesmal nehme ich ein Gericht namens “Gan Bian Kaumian” , und natürlich schmeckt es gut. Hinter mir höre ich, wie sich zwei Frauen miteinander unterhalten. Die eine sagt: “Nein, ich bin keine Uigurin. Ich bin in Korea geboren, aber in Deutschland aufgewachsen. Wenn ich in München bin, komme ich jedesmal hierher. Und jedesmal schlage ihnen wieder vor, sie sollten sowas doch auch in Berlin aufmachen!”
13:30 Uhr
Das ist ein Bild vom Innenleben meiner geliebten Haferl-Schuhe. Ich trage sie seit vielen Jahren, und so richtig gut sehen sie nicht mehr aus. Auf dem Weg zur Schrannenhalle schaue ich deshalb noch in zwei Schuhläden vorbei auf der Suche nach Ersatz. Für die nächsten zehn Jahre, versteht sich. Mein Großvater hat immer zu mir gesagt, “kauf dir selten Schuhe, aber dafür gute. Deine Füße wirst du noch lang brauchen!”
14:00 Uhr
Angekommen an der Schrannenhalle, Eataly-Enoteca im Untergeschoss. Ich bekomme ein pinkes Armband wie auf einem Festival und nähere mich vorsichtig den Ständen, die zwischen den Regalen verteilt sind.
14:30 Uhr
Ich starte bei I Custodi. Ich erinnere mich daran, dass Christoph schon vor Jahren von den Salvo Foti-Jüngern geschwärmt hat, die sich hier am Ätna zusammengeschlossen haben. Die Weine sind exakt so, wie man es vom “neuen Sizilien” erwarten kann. Spröde, fast nördlich wirkende Gewächse aus großer Höhe und kleinen Erträgen. Faszinierend und eine Welt für sich.
15:00 Uhr
Ich treffe Fausto Albanesi vom Abruzzen-Weingut Torre dei Beati. Ein ausgesprochen sympathischer Mensch ist das, der fotografische Heiligenschein vom Deckenlicht steht ihm tatsächlich ganz gut. Eigentlich wollte ich hier seinen “Rosa-ae” probieren, einen der wirklich interessanten Biodyn-Rosés Italiens. Aber Fausto musste mit seinem vollgepackten Auto bereits weit vor dem Brenner wieder umdrehen, gesperrt wegen Schneefalls. Nur ein paar Fläschchen hat er deshalb dabei, frische und gute Weiße aus Pecorino und Trebbiano, letzterer mit etwas längerer Maischestandzeit. Zur ProWein kommt er auch, da werde ich ihn wiedertreffen.
15:30 Uhr
Zwei Stände weiter ein Kontrastprogramm: Gianfranco Fino und seine Frau Simona Natale machen wirklich ausgezeichnete Rotweine in Apulien, aber ganz anders als die Höhenwinzer am Ätna. Der “Es” und die Riserva “Es Red” sind reinsortige Primitivos, südlich und stark. Es ist ein Wunder, wie Weine mit 16 vol% so ungemein ausgewogen und elegant sein können. Zugegeben, das sind wirklich hochpreisige Gestalten, der Red kostet 100 €, der normale Es immer noch die Hälfte. Aber sie halten mit den allerbesten Kaliforniern mit, und zwar jenen, die ebenso wenig marmeladig und alkoholbräsig sind, sondern echt mit innerer Spannung.
16:00 Uhr
Und noch ein viertes Weingut: Die Familie Speri (neun von ihnen arbeiten auf dem Hof) macht Veroneser Weine nach ganz traditioneller Art. Was in diesem Fall bedeutet, trotz der feuchtwarmen Bedingungen in Bio, ausschließlich lokale Rebsorten, ausschließlich traditionelle Stile. Aber in einer ganz feinen Interpretation, saftig, salzig (vielleicht vom hellen Tuff-Boden), überhaupt nicht grob oder stark rosinig. Ich merke, dass ich auch Valpolicella steigende Beachtung schenken sollte.
16:50 Uhr
Auf dem Weg zurück über den Viktualienmarkt knipse ich diesen Metzgerei-Eingang, den viele Münchener wahrscheinlich kennen werden. Nun muss ich natürlich nicht jeden Tag Milzwurst essen, aber ich denke bei mir, solange in München traditionell Essen vom “quinto quarto” verkauft wird, ist der Lokalcharakter noch nicht verloren.
17:00 Uhr
Hopp hopp hopp geht es durch die Fußgängerzone wieder zurück zum Bahnhof. Wie gut, dass es durchgehende Regionalzüge zwischen München und Nürnberg gibt. Aber es empfiehlt sich, früh genug vor Abfahrt dort zu sein. Im Zug schaue ich dann auf meinem Smartphone ein Video von dem hier, ein völlig anderes Thema, eine völlig andere Welt, aber bitteschön, so kann das bei Tagebuch-Einträgen schon einmal hin und her gehen.
Wieder zurück in Nürnberg, gibt’s Abendbrot und Apfelsaft, dann Fotos bearbeiten, Mails beantworten – und Schluss für heute. Morgen geht es weiter mit der “Italienischen Woche”, und zwar mit einem Ausflug in die Vergangenheit.
Die italienische Woche:
- Montag: Weinläden in Bari
- Dienstag: Pasta Senatore Cappelli
- Mittwoch: Ein Tag bei der “Slow Wine” in München
- Donnerstag: Hungrig auf Interrail
- Freitag: Ab wann gilt man als einheimisch?
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