Alle Jahre wieder findet in Nürnberg die weltgrößte Messe für Bio-Lebensmittel statt, was für mich als Bewohner dieser Stadt die einmalige Möglichkeit bedeutet, mit der U-Bahn in die weite Welt hinaus zu fahren. Wer diesen Blog schon länger liest, hat möglicherweise schon in den vergangenen Jahren meine Berichte von den BIOFACH-Ausgaben 2013, 2015 und 2016 gelesen. Diesmal habe ich mich ausschließlich auf Neuheiten konzentriert, also auf Produkte, die erst in den nächsten Monaten in den Bio-Supermärkten oder Feinkostläden auftauchen werden. Wenn die Einkäufer denn nach meinem Geschmack einlisten…
Beim Neuheitenstand ganz am Eingang ist mir eine Zutat diesmal besonders aufgefallen, die in gefühlt der Hälfte aller dort ausgestellten Produkte vorhanden war. Es handelt sich um die Kokosnuss. Ich selbst bin ja schon seit meiner Kindheit ein Kokosfan. Allerdings dachte ich bislang, dass der schon ziemlich explizite, süßnussig-milchige Geschmack nicht allen gleichermaßen gefällt. Offenbar sind die Kokosfreunde aber doch in der Mehrheit, denn es gab Kokosdrinks, Kokosmilch, Kokosöl zum Braten und Einreiben, Kokosflocken in allerlei Zubereitungen oder den allgegenwärtigen Kokosblütennektar als Süßung für Schokolade. Überall Kokos. Aber zugegeben, die Kokosnuss ist wirklich schon ein dolles Ding, und wer sich dafür interessiert, was man noch so alles aus ihr machen kann, der sollte sich am besten die untere Hälfte des englischen Wikipedia-Artikels durchlesen.
Komplett zufällig bin ich an einem Stand vorbeigekommen, der auch ein ganz bisschen Kokos im Angebot hatte, nämlich in den genialen indischen Zubereitungen, die ich schon aus den französischen Bio-Supermärkten kannte. Als ich die Inhaberin von Beendhi, Beena Paradin, fragte, wie sie auf die Idee mit den Fertiggerichten gekommen sei, bei denen man nur heißes Wasser hinzufügen muss, meinte sie. “Naja, ich habe mir selbst immer ein schnelles vegetarisches Essen gewünscht, aber das, was es gab, hat mir nicht wirklich geschmeckt. Da habe ich es dann halt selbst gemacht.”
Was die gute Frau in großer Bescheidenheit nicht erwähnte (ich aber gestern Abend in meinem Gewürzschrank in der Küche ebenso zufällig herausfand), ist die Tatsache, dass es sich bei ihr wahrhaftig um keine Unbekannte handelt. Zum einen hat Beena ein Buch über die indische Küche geschrieben, zum anderen die indischen Gewürzmischungen für Drei-Sterne-Koch Olivier Roellinger entwickelt. Und genau dies befindet sich in meinem Küchenschrank. Die neuen Kreationen ihrer Firma Beendhi gehen jetzt über die indische Küche hinaus. Es gibt eine vegetarische Präparation namens “Paris” (“für den französischen Geschmack”, wie sie meinte), die mediterrane Version “Alicante” – und “Casablanca“. Das Päckchen schenkte sie mir, und als ich von der Messe nach Hause kam, habe ich es mir sofort zubereitet. Ergebnis weiter unten. Jedenfalls wünsche ich mir ganz zwingend diese Produkte im deutschen Handel.
Weiter ging’s beim Streifzug durch die Hallen. Bei der Slowakei, die dieses Jahr zum ersten Mal einen Gemeinschaftsstand für kleinere Produzenten gebucht hatte, sah ich ein Holzfass hervorlugen, ein ziemlich sicheres Zeichen für ein Weingut. Und tatsächlich. Das Weingut Domin & Kušický sei, so sagten sie mir, bislang das einzige biologisch zertifizierte Weingut in der Slowakei. Es liegt in der Mitte des Landes, weitab von größeren Städten, aber nur 10 km nördlich der ungarischen Grenze. Angebaut werden hauptsächlich französische Rebsorten von Chardonnay über Pinot Noir bis hin zu Cabernet Sauvignon. Eine Spezialität der Region ist der Traminer, ein starker und feuriger, typisch rosenduftiger Weißer. Interessanterweise hatte es mir der nominell “kleinste” Wein am meisten angetan. Der Welschriesling 2015 (auf Slowakisch “Rizling Vlašský”) besitzt nämlich genau diese Frische, diesen Grip und die aromatisch dezente Art, um ein idealer Partner für eine Vielzahl von Gerichten zu sein.
Da ich ja vor kurzem in Finnland war (und einige der dortigen Biere getestet hatte), dachte ich mir, es könnte nicht schaden, bei unseren nordischen Freunden auch einmal vorbeizuschauen. Genauer gesagt: Ich war auf der Suche nach einem Hersteller von Birkenwasser. Zwar hatte ich in finnischen Läden (und auch in russischen Supermärkten bei uns) dieses Produkt schon öfter gesehen. Aber ich hatte mich immer gefragt, was man wohl damit macht. Einfach trinken? Oder damit kochen, backen? Oder rituell verwenden? Nun, interessanterweise meinte die freundliche Dame am Finnland-Stand, dass sie selbst noch niemals Birkenwasser getrunken hätte. Das sei etwas für die ganz alten Leute vom Land, und erst allmählich würde es unter jungen Leuten in der Stadt wieder hip werden. Also: another thing to watch out. Sahti muss ich in Finnland trinken und jemanden finden, der mir über Birkenwasser berichten kann. Ich aß zum Abschluss eine sehr schmackhafte getrocknete Preiselbeere und ging weiter meiner Wege.
Wie Ihr ja sicherlich alle wisst, bin ich dem kulinarischen Angebot, das die japanische Küche bereithält, komplett erlegen. Das kommt halt davon, wenn man gleich beim ersten Mal über vier Wochen lang in Tokio zubringt. Logisch, dass ich auch bei der BIOFACH zu den japanischen Ständen gehen musste. Dort empfing mich mit Kochschürze Herr Takehiro, der Vizedirektor von Wadaman, einem alteingesessenen Sesamproduzenten aus Osaka. Er hatte fünf verschiedene Sorten Furikake mitgebracht, also Würzungen auf Sesambasis, die man in Japan über den Reis streut. Weil die Europäer jedoch nicht ständig Reis essen würden, streute Herr Takehiro die Mischung auf Hummus, das ginge auch. Und wirklich, ich könnte mir sogar sehr vielfältige Verwendungsmöglichkeiten für diese Mischungen vorstellen. Obwohl sich die Varianten mit Yuzu und mit Umeboshi auch sehr gut anhörten, probierte ich “Sansho“, den japanischen Pfeffer. Es schmeckte gleichzeitig wie schwarzer Pfeffer, dann aber auch deutlich zitrusfrisch und auch leicht grün. Sehr schmackhaft jedenfalls und beispielsweise, wie ich hier lesen konnte, auch für Fisch oder Pasta zu empfehlen.
Es lässt sich nicht leugnen, dass die BIOFACH eine große Zahl von Produkten gegen mannigfaltige Formen des schlechten Gewissens bereithält. Mag sein, dass ein bisschen Kasteiung noch niemandem geschadet hat, aber zu viel Opferhaltung rettet die Welt auch nur bedingt – frei nach dem Motto “nur die Offensive schießt auch Tore”. Mit gutem Gewissen und guter Laune betrat ich also den Stand der Marke “Go Pure“, denn hier unter der schön niederländischen Adresse “Postbus 88” in Emmeloord wird Fettgebackenes hergestellt. Wer seine Kartoffelchips im Bio-Supermarkt kauft, der weiß sicher, dass es gerade bei der klassischen Variante nur mit Salz (wo man nicht viel vertuschen kann) deutliche geschmackliche Unterschiede gibt. Meiner bescheidenen Meinung nach tun sich die Go Pure-Chips da besonders hervor. In diesem Jahr nun gibt es eine neue Sorte, und zwar mit Fenchel, weiterhin aber ohne Hefeextrakt oder gar Glutamat – was extrem selten ist bei gewürzten Chips, davon könnt Ihr Euch selbst überzeugen. Brand Manager Katharina Haack bestätigte meinen Verdacht, dass solche Kartoffelchips mit Fenchelgeschmack niemand sonst herstellt. Der Praxistest in neutraler Umgebung führte dann zu folgendem Ergebnis: schmeckt gut. Go Pure bleibt also meine bevorzugte Bio-Kartoffelchips-Marke, definitiv.
Was passt besser zu Chips als ein schönes süffiges Bier? Richtig, nichts. Aber umgekehrt passt zu einem schönen süffigen Bier natürlich noch viel mehr. Und das ist die Hintergrundfolie für Jean-Olivier Rieusset und seine Craft Beers aus dem Süden Frankreichs. Acht Monate sind die Biere von Alaryk aus Béziers erst auf dem Markt, aber vorher muss Brauer Jean-Olivier schon jede Menge ausprobiert und gefeilt haben. Jedenfalls sieht er auf dem Foto ganz schön stolz aus, und nachdem ich die Biere alle probiert habe, kann ich das sehr gut nachvollziehen. Sechs Stück gibt es davon, alle bio, alle obergärig, alle unfiltriert und in sehr auffälligen Flaschen angeboten. Egal ob ich das Weizen (Blanche), das Blonde, das Ambrée oder das Double probiere, immer fällt mir diese große Ausgewogenheit auf. Hier gibt es keine unpassenden Noten, keine Mastigkeit, keinen scharfen Alkohol, keinen stacheligen Hopfen. Als ich Jean-Olivier darauf anspreche, meint er, das sei ja genau sein Konzept gewesen. Das seien alles gastronomische Biere, für die Kombination mit verschiedenen Speisen gedacht. Die teils krass bitteren Noten manch angesagter U.S.-IPAs erschienen ihm für diese Gelegenheiten nicht so angebracht. Volle Zustimmung meinerseits. Interessant und konsequent deshalb, dass ausgerechnet das Double mit den mir ansonsten meist zu hohen 7 vol% mein persönlicher Favorit ist.
Indonesien ist ein faszinierendes Land. Allein wenn ich an meinen Jakarta-Aufenthalt von vor ein paar Jahren denke, bekomme ich große Lust, bald wieder in der ungemein vielfältigen, inselreichen Welt unterwegs zu sein. Den Stand von pma aus Jakarta hatte ich ursprünglich allerdings deshalb aufgesucht, weil sie ein Produkt im Angebot haben, das ich anderswo noch nie gesehen hatte: getrocknete Drachenfrucht. Als ich dann bei Elsje und Lewi angekommen war und mich ein bisschen mit ihnen unterhalten hatte, da wurde mir klar, dass hier sehr viele Sachen sehr durchdacht angegangen werden. pma heißt nämlich ausgeschrieben “Profil Mitra Abadi”, und Elsje erklärt mir, dass mitra Partnerschaft und abadi lang andauernd bedeutet. Die Früchte kommen von verschiedenen Inseln, aus Bali, aber auch aus West-Timor, einer denkbar abgelegenen Provinz im Osten des Landes. Man unterstütze damit Kleinbauern und leiste einen kleinen Beitrag gegen Landflucht und Menschenhandel, auf den sich einzulassen die verarmte Landbevölkerung oftmals gezwungen sei. Noch besser natürlich, wenn die Produkte dann auch noch schmecken. Und das tun sie. Die Nüsse werden seit 15 Jahren für Flores Farm hergestellt (kennt Ihr vielleicht aus dem Biomarkt), die Kassava-Chips sind wirklich super, und die getrocknete Drachenfrucht ist ganz erstaunlich: einerseits fruchtig-zäh, andererseits mit crunchigen Kernen, als hätte man sie geröstet draufgestreut. Hut ab vor diesen Leuten, denn sie wissen, was sie tun.
Zum Abschluss bin ich dann noch zu den Weinständen gegangen. Da ich in diesem Jahr leider nicht zur ProWein fahren kann, wollte ich wenigstens ein paar interessante Weine hier in Nürnberg testen. Und der Schwerpunkt lag tatsächlich auf interessant, denn obwohl es mittlerweile ein wunderbares Füllhorn schmackhafter und vielseitiger Bioweine gibt, wollte ich dann doch eher nach dem Neuen, dem Besonderen schauen. Das war nicht wirklich schwierig zu finden beim Weingut Schloss Saaleck, das sich ganz im Norden Frankens an den Ausläufern der Rhön auf uraltem Weinkulturland befindet. Aus dem Jahrgang 2015 stammt der Blaue Silvaner, den Ulrike und Thomas Lange vier Wochen lang spontan gärend auf der Maische haben liegen lassen, später einmal leicht filtriert und dann mit 11,5 vol% knochentrocken auf die Flasche gezogen. Der Schwefelgehalt liegt unter der Deklarationsgrenze von 10 mg/Liter, die Sache mit dem “enthält Schwefel” müsste also gar nicht auf dem Etikett stehen. Was mich an dem Wein fasziniert, ist nicht nur die schöne Lachsfarbe von den Beerenhäuten, sondern das ist auch diese verblüffende Kombination von tatsächlicher säuerlicher Orangenfrucht, von Nussnoten und echter Gerbigkeit am Gaumen. Ein “richtiger” vin naturel, ein “richtiger” orange wine und neben all diesen Labels super zum Essen geeignet. 14,50 € ab Hof, und den Wein nehme ich mit in meine Session beim BiolebensmittelCamp, den sollen andere Leute auch probieren.
Sehr erfreut war ich, als ich beim großen Ecovin-Stand Erik Riffel entdeckte. Das Weingut von Erik und Carolin Riffel in Bingen am Rhein gehört nämlich zu meinen absoluten Favoriten in Deutschland, und diesen Stand hätte ich bei der ProWein garantiert auch aufgesucht. Für Freunde des richtig guten Rieslings sei an dieser Stelle kurz der “Quarzit” erwähnt, der auch im Jahrgang 2015 für 11,50 € wieder eine Klasse für sich ist. Die wahrhaftige Überraschung fand ich aber direkt daneben im Präsentationskasten: einen Pet’Nat’, die Abkürzung für “Pétillant Naturel“, also einen einmal vergorenen, naturtrüben Perlwein (hier eine längere Erklärung, was das eigentlich ist), aus biodynamischem Anbau und ebenfalls ohne Schwefelgabe. Auch ohne alles andere übrigens, schlichtweg kunstvoll vergorener Traubensaft.
Der Schäumer besteht aus Weißburgunder- und Scheurebe-Trauben, die nicht nur handgelesen, sondern auch noch einmal von Hand einzeln abgebeert wurden. “Naja”, meint Erik dazu, “das ist ja unser erster Jahrgang, und bei so einer komplett unbehandelten Materie wollten wir halt auch extrem umsichtig vorgehen.” Der angegorene Saft wurde dann mit 12 g Restzucker direkt in die Flaschen gefüllt, wo es die Hefe tatsächlich schaffte, ihn ganz bis zur Null vor dem Komma durchzugären. Komplett trocken also, aber trotzdem lecker, wenn ich das mal so unqualifiziert sagen darf. Feinkräuterig in der Nase, leicht hefig, am Gaumen dann mit frischer Säure und guter Perlage – ein hervorragender Wein ohne jegliche Fehltöne, der extrem peniblen Arbeit sei Dank. Das ist ein gefundenes Fressen für die urbane Avantgarde-Gastro, aber ich wette tausend Taler, dass Otto und Ottilie Normalverbraucher genauso begeistert sein werden. 18,90 € ab Hof, ein fairer Preis für die Handarbeit und das Risiko, und auch diesen Wein werde ich in Mellrichstadt dabei haben.
Damit bin ich am Schluss meines kleinen Rundgangs angekommen. Mein Fazit von der BIOFACH 2017 ist wieder mal klar: Wer suchet, der findet. Dabei sind es für mich oft die Aussteller, die aufgrund von geringem Budget oder Rotationsprinzipien nicht jedes Jahr dabei sind, die wirklich spannende, handwerklich hergestellte Produkte im Portfolio haben. Keine Frage also, dass ich mich jetzt schon auf die nächste Ausgabe freue.
Und während ich diese Zeilen schreibe – bitte mal wegschauen, Kinder, sowas macht man eigentlich nicht – löffele ich die Kuskus-Mischung “Casablanca” von Beendhi, die ich wie angegeben zubereitet habe: Inhalt des Päckchens in eine Schüssel geben, Wasser zum Kochen bringen, drüberschütten, Deckel drauf, fünf Minuten ziehen lassen (wirklich nicht mehr), zwei Löffel Olivenöl dazu, auflockern, und fertig ist das köstliche Mittagsgericht. Wie gern würde ich die ganze Palette im Büro durchtesten, statt mittags immer diese dürftigen Pappbrötchen vom Bäcker essen zu müssen. Aber da muss ich wohl noch warten, bis einer der Biohändler hier Erbarmen gezeigt hat und die Produkte importiert…
Zum Thema Birkenwasser. Das habe ich in Schweden kennengelernt, als es mit Butter gemischt auf dem Frühstückstisch serviert wurde und dadurch nicht nur eine besondere Cremigkeit sondern vor allem einen ganz neuen “floralen” Geschmack bekam. Danach hatte ich mir mal ne Flasche importiert, weiss allerdings nicht mehr von wem. Leider.
Interessant, mit Butter gemischt, also in Form einer Art Crèmeaufstrich, nehme ich an. Davon habe ich noch nie gehört, aber das will wiederum gar nichts heißen 😉
Und ich dachte, Birkenwasser wäre als Trend schon wieder tot?
Ansonsten: Danke für den Überblick. War bestimmt eine recht mühsame Perlentaucherei? Denn auf der Biofach überwiegen inzwischen doch auch der Hipsterkram und die Lebensmittelindustrie, oder?
Naja, ich denke, das ist so wie bei den meisten Messen: Die Stände kosten viel Geld, und die Größeren können sich das in der Regel eher leisten, egal ob Hersteller oder “Prozessierer”.
Wie gesagt, wenn “Länderpavillons” kleinere Unternehmen im Rotationsprinzip unterstützen oder es andere Fördermöglichkeiten gibt (die Ecke in Halle 9 mit den “Jungen Innovativen Unternehmen” zum Beispiel), dann kann das auch anders aussehen. Dann sind auch die Handwerklichen dabei. Wenn man mal durchzählt, sind das dann gar nicht so wenige…
Man kann aber in der Tat sehen, dass gewisse Produkte vielleicht eher über ihre Trendigkeit verkauft werden als über ihren Geschmack. Insofern dürftest Du Recht haben: Wenn es so gut wie kein Birkenwasser auf der BIOFACH gibt, dann kann es auch kein Trend sein 😉
Kleine peinliche Korrektur bei der Foto-Nachschau…: Natürlich gab es Birkenwasser, haufenweise, sogar bei Voelkel. Riesentrend! Superfood! Forever young! 😉
Kokosnuss ein neuer Trend? Wundert mich gar nicht, ist vermutlich inzwischen zum “Superfood” erklärt worden, wie so viele andere altbekannte Lebensmittel auch. Welches obst oder Gemüse ist eigentlich noch kein Superfood 😉
Das kann ich Dir sagen: die mit Allergenen 😉
Das ist für mich irgendwie zu viel Hype, obwohl das zu meiner Kindheit mit Spinat ebenfalls (gefühlt) so war.
Naja, objektiv schon, aber was willst du denn machen? Was lockt die Leute noch hinterm Ofen hervor, also emotional? Glaube und Kirche längst nicht mehr. So wirklich brandneue politische Ideen gibt es auch nicht – da bleibt dann halt nur Superfood, das die schnelle Heilung verspricht. Okay, bisschen verkürzt, aber ein bisschen stimmt’s vielleicht schon 😉
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Nachdem ich ein bisschen darüber reflektiert habe und mir meine ganzen BIOFACH-Fotos angeschaut habe, möchte ich an dieser Stelle noch etwas ergänzen: Für mich ist die BIOFACH eine wahrhaft interessante Messe. Es gibt in der Kategorie “kleine handwerkliche Erzeuger” sicher eine dreistellige Zahl an Ausstellern oder Teilausstellern, zu denen ich hätte gehen können. Und auch die “größeren” Stände wie Schrozberger oder die Schwäbisch-Hällische Erzeugergemeinschaft oder Söbbeke sind wahnsinnig wichtig für die Branche. Nicht nur als Geldgeber für kleine Zulieferer, sondern auch, weil ich ehrlich gesagt nicht weiß, was an einem prosperierenden Demeter-Unternehmen schlecht sein soll. Außerdem kann ich beim Gang durch die Hallen immer eine Weltreise unternehmen, durch alle Bundesländer, alle europäischen Länder, über alle Kontinente, mit Leuten sprechen, die aus den unterschiedlichsten (Ess)Kulturen stammen. Das gefällt mir. Ich habe übrigens auch nichts gegen Moden und Trends im Allgemeinen, weil Innovation und Dynamik mir ehrlich gesagt Spaß machen. Natürlich gibt es “Mogelpackungen” mit viel Luft und wenig Geschmack, Trittbrettfahrer bestimmter Wellen und prozessierte Dinge, die sich nur dank eines Labels teurer verkaufen lassen. Aber als mündiger Bürger und Konsument gehe ich halt zu diesen Ständen nicht hin – oder aber tue das doch, um die Geschäftsidee zu verstehen.
Ich kann nur all denjenigen empfehlen, die als Blogger, Journalistinnen und Journalisten, Mitarbeiter/innen und Inhaber/innen von kleinen Geschäften oder auch Produzent/innen die Möglichkeit haben, diese Fachmesse zu besuchen, das auch zu tun. Dahinter steckt mein altes Geographen-Motto von der teilnehmenden Beobachtung: Ich lerne nur wirklich dazu, wenn ich mir Dinge selbst anschaue, wenn ich sie selbst ausprobiere. Ich mache das mittlerweile im fünften Jahr, und es werden garantiert noch weitere dazukommen. Und nein, die Messe bezahlt mich keineswegs dafür, dass ich das hier schreibe 😉
Zu den Alaryk-Bieren :”Das seien alles gastronomische Biere, für die Kombination mit verschiedenen Speisen gedacht. Die teils krass bitteren Noten manch angesagter U.S.-IPAs erschienen ihm für diese Gelegenheiten nicht so angebracht. ” Ich find merkwürdig, dass das betont werden muss, bzw. das sowas “neu” kreiert wird. Also, ja, neue Biere sind immer was tolles, aber.. Wennich mir viele belgische Biere,ob nun Saisons oder die bekannten Abteibiere, aber auch die französischen biere de gardes ,angucke, so komme ich zu dem Schluss, dass eben Ausgewogenheit, Ballance etc. immer schon teil der (flämischen?frankophonen?;)) Bierkulturen war, und das ist irgendwie doch nichts besonders neues, selbst im “Massenbereich”. Hatte letztens erst wieder das Vergnügen, Pelforth brune und Jenlain Ambree zu trinken- “Massenbiere”,ja, aber eben auch rund und ausballanciert…….. Nur jetzt positionieren sich Neueinsteigerhalt explizit als “craft beer” oder wie?
Außerdem:Das bittere Ipas nicht zu verschiedenen Speisen passen- nun….kommt auch wieder drauf an, ich persönliche liebe DIPAS mit 90+ IBUs zu scharfen Thai Currys…
Die einfache Sache zuerst 😉 Ich bin tatsächlich der Meinung, dass sehr stark gehopfte IPAs der amerikanischen Schule weniger versatil sind, was die Speisenbegleitung anbelangt. Klar, zu scharfem Curry passt es schon gut. Ich bin mir allerdings gar nicht sicher, welche Biere zu scharfen Speisen (also fruchtig-scharf, kokos-scharf oder chili-scharf) wirklich am besten passen. Ich neige auch zu IPAs, aber vielleicht nur, weil das alle schreiben 😉 Müsste ich direkt mal ausprobieren…
Und ja, Ausgewogenheit ist bei traditionellen Bieren oftmals ein wichtiges Ziel. Ich finde allerdings gerade eine Reihe der Abteibiere und der Bières de Garde ein bisschen zu süß und alkohollastig, obwohl das mit sehr langsamen Schlucken und/oder sehr fetthaltigen Speisen schon relativ gut geht. Das blaue Chimay, der Gustav Mahler der Biere, nicht wahr 😉
Jetzt aber zum Craften: Als die Craft Beer-Bewegung in den USA so richtig losging, waren es doch vor allem massiv hopfenbetonte Biere, die bei den Ratings immer die meisten Punkte abräumten. Das ist ein bisschen so wie bei Robert Parker mit seinen Rotwein-Blockbustern in den 90ern. Ausgewogenheit und elegante Trinkigkeit waren da nicht die am meisten goutierten Merkmale. Ich würde beispielsweise die Stone Brewing-Biere nicht unbedingt als ausgewogen bezeichnen… Insofern hat, wenn der Alaryk-Brauer seinen Referenzrahmen dort sieht, er schon Recht mit seinem Ansatz, das Craft Beer-Spektrum um explizit ausgewogene Biere zu bereichern. Andererseits – und da würde ich wiederum Dir Recht geben – wenn er seinen Referenzrahmen bei den belgischen Saisons und Anverwandten hätte (also von Dupont bis De Koninck), dann würde er sehen, dass er eigentlich genau so etwas macht.
Abgesehen davon sind neue Biere von kleinen Brauereien wirklich immer was Tolles. Diese “Alles Neu!-Attitüde” der Craft Beer-Szene ist mir manchmal persönlich zwar auch ein bisschen zu hypig und zu selbstreferentiell, aber wenn man damit etwas gegen die Stillstandstendenzen in der alternden Gesellschaft tut, finde ich das schon okay 😉
Ok, erstmal sry, gerade bei Bier muss ich immer etwas ausholen:
Zu US-Craft-Bieren: Da ist die frage, wann du das “richtig losgehen” der Bewegung ansetzt. Ich würd eher argumentieren, dass viele beliebte US craft Biere in den 80ern und auch noch 90ern eher mild und ausgewogen daherkamen, und viele davon sind heute noch absolute Ikonen und ausgesprochen “lecker”: Samuel Adams Boston Lager, Anchor Steam Beer, Sierra Nevada Pale Ale, Pete’s Wicked Ale- letzteres habe ich nicht selber probiert, aber das klingt ja nun auch nicht nach ner IBU Bombe,oder? Die anderen sind für mich auch gar nicht so weit weg von europäischer Bierkultur… Ich würd eher behaupten, dass dieser “zwanghaft bitterer, barrel ageiger(bei stouts)” oder neuerdings auch “trüber” Trend in den USA erst so vor 10 Jahren, wenn nicht noch weniger, richtig Fahrt aufgenommen hat. Von daher ist Ballance da doch auch irgendwo in der Bierkonsumkultur verwurzelt, bzw. wenn ich mir zb die Verkaufszahlen milderer Biere dort angucke, ist es das immer noch.
Zur Ausgewogenheit von Trappistenbieren oder biere de gardes: Absolut Geschmackssache. Ich find die Dubbel aller Trappisten absolut 100% auf den Punkt ausgewogen, rund und nicht in irgendeine Richtung aktzentuiert (ok, außer Orval ,aber das ist ja offiziell kein “Dubbel”)…und die “Konsumbiere” für die Mönche selbst sind eh absolute Leichtgewichte, fast mit britischen Bitters vergleichbar in Stärke und Konsumigkeit..
Dann, zur “Alles-Neu” Attitüde, ich fand gerade an belgien ja immer schön, wie der Hang zu modernen Hopfensorten, bittereren Bieren etc dort so wunderbar unverkrampft gesehen wurde wie in keiner anderen europäischen Bierkultur und die relativ früh einfach mehr Hopfen und modernere Sorten in ihre Biere geschmissen haben, und es war von Anfang an grandios, und da stehen jetzt immer noch so großartige Sachen im Raum wie Duvel Tripel Hop oder Houblon Chouffe….Wobei wennich an Arabier denke von De Dolle…..da war viel Hopfen ja schon sehr, sehr früh ein Thema, eigentlich noch früher als bei den Amis..
Ja, hol nur weit aus! Wer was zu sagen weiß, kann das auch länger tun. Wir sind hier ja schließlich auf einem Blog der buchstäblichen Ausschweifung 😉
Es ist wirklich gut möglich, dass die erste U.S.-Craft Beer-Welle tatsächlich milder daherkam. Pete’s Wicked Ale kenne ich auch nicht (bei den anderen von Dir genannten Bieren, ja, sehe ich genauso), aber in ein paar Wochen komme ich endlich mal in die USA und bin schon sehr gespannt, was da so aufgetischt wird.
Als ich vor mehr als zehn Jahren in Belgien gelebt habe (wie lang das schon wieder her ist…), da war ich auch überrascht über die deutlich stärkere Hopfigkeit in einigen sehr trinkigen Bieren (Bink Blond zum Beispiel oder Slaghmuylder Paasbier), wo mir doch alle Welt erzählt hatte, in Belgien wären die Biere ausschließlich schwer und gepanscht. Ich fürchte, das glauben viele immer noch. Irgendwie bekomme ich im Frühfrühjahr immer Sehnsucht nach den Amselgesängen zwischen Backsteinhäusern. Ich glaub, ich muss mir noch mal die Fotos anschauen von damals 😉
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Danke für diesen ausführlichen Bericht! Dann muss ich da nächstes Jahr doch mal hinschauen.
Zum Thema Bier muss ich sagen, dass ich es Klasse finde wenn man gerade in Deutschland mal etwas anderes bekommt, da wir hier schon sehr eingefahren sind. Es tut sich viel auf dem Gebiet der Mico Brauereien, aber die haben es hier wirklich nicht leicht. In anderen Ländern sind die Biere schon besser auf dem Markt erhältlich und auch die Restaurants im Ausland wissen diese mehr zu schätzen.
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