Sind in einer Sardinenbüchse wirklich Sardinen? Ist die Sprotte eine eigene Fischart oder doch dasselbe wie die Anchovis? Oder gar ein jugendlicher Hering? Hamsi in Istanbul, Whitebait in London, Eperlan in Le Havre, was ist das eigentlich? Und was kommt auf den Teller, wenn ich in Portugal Sarda bestelle? Ich nehme an, dass ich nicht der einzige bin, den solche unterschiedlichen Bezeichnungen in der Vergangenheit hinreichend verwirrt haben. Dabei – und auch deshalb beschäftige ich mich mit dem Thema – sind diese winzigen Schwarmfische seit jeher für die Selbstversorger-Fischerkulturen die allerwichtigste Lebensgrundlage. Ich hoffe also, dass ich mit diesem Artikel für ein bisschen Aufklärung sorgen kann. Oder aber auch für Verwirrung, wenn Ihr erfahrt, dass man in Griechenland “Sardella” zur Sardine sagt…
Das “Gute” gleich einmal vorweg: So schrecklich viele unterschiedliche Sorten sind es gar nicht, die sich hinter den verschiedenen Namen verbergen. Jedenfalls, solange man es nicht übertreibt mit der Differenzierung. Es gibt biologisch gesehen weltweit etwa 140 verschiedene Sardellenarten. Für uns jedoch, die wir nicht genau wissen müssen, welche Fische in Patagonien oder auf der Pazifikinsel Niue geangelt werden, ist nur eine einzige Art von Belang.
Bevor ich aber auf die einzelnen Fische zu sprechen komme, möchte ich ein paar Worte über den ökologischen Kontext verlieren.
Fische aus Gewässern zu fangen, um sie dann selbst zu verspeisen, ist eine der archaischsten Formen sich zu versorgen. Und die Tätigkeit, Fische zu fangen, um sie später zu verkaufen, dürfte ebenfalls einer der ältesten Berufe überhaupt sein. Die Nahrungskette des Meeres, die an ihrem obersten Ende solche nicht-meeresbewohnenden Tiere wie den Eisbären oder den Menschen hat, funktioniert nur, wenn sie sich in einem Gleichgewicht befindet und genügend Raum für Regeneration auf den verschiedenen Stufen bereithält.
Nun sind die Fische, um die es hier gehen soll, in aller Regel Schwarmfische, die dazu noch je nach Meerestemperatur und Nahrungsvorkommen saisonale Züge unternehmen. Das Saisonale und Schwarmhafte dieser Fische bringt für sie selbst in der normalen Welt nur Vorteile mit sich: Kein Meeresräuber wäre in der Lage, die riesigen Schwärme komplett aufzufressen, so dass immer ein ausreichend großer Anteil der Fische zum Laichen kommt und damit den Fortbestand sichert.
Um den geringstmöglichen Eingriff in den Lebenszyklus der Schwarmfische zu nehmen, sie sozusagen guten Gewissens essen zu können, wäre es deshalb möglich, frischen Fisch bestimmter Arten nur saisonal zu sich zu nehmen. Dabei müsste man einfach vermeiden, die Fische in der Zeit vor dem Ablaichen zu fangen. Das funktioniert allerdings nur dann, wenn man genau weiß, wo welcher Fisch gefangen wurde. Denn selbst bei uns in Europa ist die Periode des Ablaichens teilweise sehr unterschiedlich. So gibt es allein beim Nordseehering offenbar mindestens drei Populationen, die sich unterschiedlich verhalten: Eine laicht vor dem Norden Schottlands im August und September, eine zweite in der zentralen Nordsee bis in den Oktober hinein und eine dritte im Kanal zwischen England und Frankreich im Winter zwischen November und Januar. Für den Rest des Jahres finden sich diese Populationen übrigens in gemischten Schwärmen zusammen, die sich je nach Zugehörigkeit eben nur zur Laichzeit an ihre unterschiedlichen Standorte begeben. Und was lernen wir daraus? Alles nicht so einfach, die Natur hält selten simple Lösungen parat.
Anders als beim Einhalten saisonaler Essenszeiten ohne die genaue Kenntnis der Populationen, ist es bei der Fangmethode vergleichsweise einfach, nachhaltig zu agieren: Kein anderer Raubfisch, nur der Meeresräuber Mensch ist in der Lage, in einem riesigen Schleppnetz einen gesamten Schwarm verschwinden zu lassen, so dass kein einziger Fisch durchkommt. Angler hingegen können diesen Beständen praktisch überhaupt nichts anhaben.
Interessanterweise habe ich bei meinen ganzen Fischmarktbesuchen ausschließlich in Istanbul den Hinweis „olta“ gefunden, also „geangelt“ und nicht mit Netzen gefischt. Auch „olta“ bedeutet allerdings nicht, dass da ein Angler mit seinem Mini-Equipment einen winzigen Fisch nach dem anderen aus den Fluten zieht, sondern es handelt sich in der Regel um Langangeln mit Hunderten von Haken an einer einzigen Schnur. Dennoch sind, wenn man so will, die Plätze an diesen Schnüren begrenzt, und es kann nicht beim einmaligen Durchfahren ein gesamter Schwarm ausgerottet werden.
Mittlerweile gibt es ein paar Siegel für Meeresfische, die für ein bisschen mehr Transparenz über die Art und Weise des Vorgehens für den Verbraucher sorgen. Das wichtigste Siegel derzeit heißt MSC und ist so etwas wie das EU-Bio für Lebensmittel: besser als gar nichts, aber letztlich doch mit einer ganzen Zahl von Ausnahmen und Durchlässigkeiten ausgestattet. So müssen für eine Zertifizierung beispielsweise nur 60-80% der definierten Standards erfüllt sein. Aus der Sicht von Greenpeace, die sich mit den verschiedenen Siegeln intensiver beschäftigt haben, gibt es derzeit jedenfalls nichts, was sie uneingeschränkt empfehlen würden.
Der allgemeine Rat, den ich aus der ersten Seite des “Fischratgebers 2014” gezogen habe, lautet “Essen Sie weniger Fisch”. Aber tun wir das nicht bereits? Die Deutschen mit ihren laut FAO 14 kg jährlichem Pro-Kopf-Verbrauch an fischigen Produkten essen jedenfalls nicht viel Fisch, erst recht nicht im Vergleich zu den 90 kg Fleisch im selben Zeitraum. Was den üppigen Fischverzehr anbelangt, sind die Portugiesen mit 57 kg die südeuropäischen Rekordhalter, die Isländer verspeisen gar 90 kg, und auf Niue (da haben wir sie doch noch, die Pazifikinsel) wird mit 113 kg pro Kopf und Jahr praktisch der gesamte Proteinbedarf aus dem Meer gestillt.
So, bin ich wieder ein bisschen vom Thema abgekommen? Ohne Frage. Aber ehrlich gesagt gehört für mich immer eine gewisse Hintergrundinformation mit dazu, weil sowas das Leben in unserer Informationsgesellschaft erst interessant macht.
Aber jetzt zu den Fischen selbst. Ich werde für jede Art zunächst den deutschen Namen nennen, auch wenn das im Hinblick auf die internationale Verwendungsbreite nicht ganz so klug sein mag.
Sardelle (Engraulis encrasicolus)
Früher habe ich gedacht, Sardelle und Sardine sei dieselbe Art, nur wären die Sardellen kleiner. Letzteres stimmt in der Regel, denn akribische Messungen haben zutage gefördert, dass die durchschnittliche Sardelle mit 9,7 cm, die durchschnittliche Sardine jedoch mit 14,8 cm Körperlänge an Land gezogen wird. Ersteres stimmt aber ganz und gar nicht, denn die Sardelle gehört zu den Engraulidae, die Sardine jedoch zu den Alosinae. In anderen Ländern als Deutschland, sagt man zu der “Sardelle” auch nicht “Sardelle”, sondern …Anchovis – in verschiedenen, ähnlich lautenden Formen (Anchois/Frankreich, Acciuga – und 38 andere Namen – in Italien, Anchovy/UK oder Enchova/Portugal).
Andere Bezeichnungen für denselben Fisch sind Hamsi (Türkei), Gavros (Griechenland) und Boquerón (Spanien). Oft, und das ist Euch besonders bei den Bezeichnungen “Anchois” und “Boquerones” geläufig, handelt es sich um die in Salz und/oder Öl eingelegten Filets, die man in Gläsern kaufen kann. Aus derselben Familie stammende asiatische Anchovis werden übrigens zu der berühmt-berüchtigten Fischsauce (Nuoc Mam in Vietnam) eingekocht. Sardellen waren auch Hauptbestandteil der römischen Standardwürzzutat Garum.
Sardine (Sardina pilchardus)
14,8 cm durchschnittlich lang, das wissen wir ja schon, könnte aber deutlich über 20 cm groß und 15 Jahre alt werden. Wenn man sie denn ließe. Die Sardine ist nämlich einer der Hauptfische der so genannten Mittelmeerdiät, die uns alle ja über 100 Jahre alt werden lässt. Die Sardine besitzt (falls Ihr genau nachschaut) drei Rückenflossen, die Sardelle nur eine. Gern wird die Sardine auf Zeichnungen mit einer gepunkteten Seitenlinie abgebildet, aber bei allen winzigen Fischen sind die farblichen Phänotypen ehrlich gesagt sehr variabel. Wer einen bestimmten Fisch allein an seinem silbernen Seitenstreifen identifizieren will, wird in 60% der Fälle richtig liegen. Und in 40% der Fälle nicht, was mir persönlich eine etwas zu schlechte Quote ist. Die Sardine wird im Englischen nur als “Sardine” bezeichnet, wenn sie jung ist. Ältere Modelle heißen “Pilchards”, wobei derartig große Sardinen im Süden kaum vorkommen. Im östlichen Mittelmeer ist die Sardine übrigens selten zu finden, das Wasser scheint ihr dort zu warm zu sein.
In Italien, vielleicht dem Haupt-Sardinenland, wird die Sardine wegen ihrer Bedeutung landschaftlich mit einer Vielzahl von Namen belegt. Unglücklicherweise ist einer davon allerdings “Sardella”. Und so heißt die Sardine auch in Griechenland meist “Sardella” und entlang der dalmatinischen Küste “Srdela”. Interessanterweise (und weiterhin schlimm für uns Bezeichnungsfanatiker) bezeichnet man als “Sardines” in den USA eingedoste junge …Heringe. Name und Technik schwappten im 19. Jahrhundert über den Atlantik, aber nomenklatorisch ganz genau nahm man es ohnehin nirgends. In der deutschen “Sardinenbüchse” sind deshalb sowohl jene jugendlichen Heringe zu finden als auch Sardellen = Anchovis als auch die “echten” Sardinen.
Sprotte (Sprattus sprattus)
Noch weiter auf kühlere Gewässer ausgerichtet als die Sardine ist die Sprotte, die in Nord- und Ostsee vorkommt, im Schwarzen Meer und in der Adria, aber meist nicht viel weiter südlich. In der Fanggröße durchschnittlich 11,5 cm lang (sagt Fishbase), hört sich die Übereinstimmung zwischen deutschem und lateinischem Namen zunächst einmal so an, als gäbe es hier garantiert nicht die Gefahr der Verwechslung. Als “Kieler Sprotte” ist der Fisch zudem den Häppchenfreunden wohlbekannt. In der Tat ist der englische Begriff “Sprat” oder das polnische “Szprot” wenig irreführend. Sprotten besitzen die Fähigkeit, in sehr salzarmem Meereswasser (wie jenem der Ostsee) zu überleben, was für viele Ozeanfische nicht gilt. Zum Ablaichen schwimmen sie sogar ins Süßwasser. Die Norweger machten sich das lange Zeit zunutze, indem sie Netze in die schmalen Fjorde einsetzten. Geräucherte und in Olivenöl und Tomatensauce eingelegte und eingedoste Sprotten heißen in Norwegen dann aber nicht “Sprotten”, sondern “Sardiner” oder “Brisling”.
“Whitebait” wurden in England insbesondere im Bereich der Themsemündung seit Jahrhunderten gegessen. Zusammen mit den Austern von Whitstable galten sie sogar als die typische Londoner Armenspeise. Die Tatsache, dass man auf die Idee kam, Whitebait als eigene Fischart zu sehen (was sie nicht sind), hatte einen ganz handfesten Grund. Natürlich ging es wie immer um Geld.
Ein Fischhändler namens Cannon ermunterte im Jahr 1780 die Londoner Tavernenwirte dazu, Whitebait auf die Karte zu setzen. Er bekam daraufhin Ärger mit der Fischereibehörde, die ihm vorwarf, dass es sich dabei doch wohl um kleine Heringe und Sprotten handeln dürfte, für deren Verwendung eine Steuer zu entrichten sei. Cannon aber gelang es, den Bürgermeister von London davon zu überzeugen, dass es sich bei Whitebait um eine eigene Gattung handelt. Folglich fielen seine “Whitebait” nicht unter die Heringsregularien. Im Jahr 1903 machte sich der britische Zoologe James Murie daran, die angeblichen “Whitebait”-Fänge der Themsefischer mal ein bisschen genauer unter die Lupe zu nehmen. Er fand heraus, dass sich in dem Gewimmel winziger Fische nicht weniger als 32 verschiedene Arten von Jungfischen befanden, darunter sogar kleine Krabben und Quallen. Hauptsorten waren allerdings – wie 120 Jahre früher bereits vermutet – winzige Heringe und Sprotten, die gerade geschlüpft waren und sich noch in Süß- und Brackwasser aufhielten.
Weil insbesondere die Heringsbestände in der Nordsee mittlerweile arg gefährdet sind, ist die Whitebaiterei in Großbritannien nicht mehr gern gesehen. Allerdings werden diese winzigen Fische vor allem in Asien in Fischfarmen auch für den Frühverzehr gezüchtet. Wenn Ihr über asiatische Märkte geht, werdet Ihr überall winzige Fische vorfinden, seien sie frisch, getrocknet oder gar gemahlen als Würzzutat oder auch als Snack zusammen mit Mandeln und Curryblättern.
Pikarel (Spicara smaris)
Diesen Fisch werdet Ihr nördlich des Golfs von Biskaya nicht finden, im Mittelmeer ist er jedoch überall verbreitet. Ähnlich klein wie die Sardelle, kann man den Pikarel an seinem deutlichen schwarzen Fleck auf der Seite erkennen. In Frankreich als “Picarel” gelegentlich auf der Speisekarte, kennt man in Italien nicht weniger als 52 verschiedene Bezeichnungen, von denen “Zerro” (besonders in Apulien) die populärste sein soll. In der Gegend um Dubrovnik herum wird der Fisch als “Slana Gira” bezeichnet. Ich kann das alles nicht wirklich bestätigen, denn das einzige Land, in dem ich diesen Fisch regelmäßig zu mir genommen habe, ist Griechenland. Dort heißt er “Marida” (Mehrzahl “Marides”) und bildet mit Gavros und Atherina den Dreiklang winziger frittierter Fische. Mir haben die Marides sogar meist am besten geschmeckt, weil sie einen etwas runderen Körper besitzen und dadurch saftiger bleiben beim Frittieren als die langgestreckteren Fische.
Kleiner Ährenfisch (Atherina boyeri)
Von den Altweltlichen Ährenfischen gibt es nicht weniger als 60 verschiedene Arten, aber interessant für uns sind davon nur zwei, nämlich Atherina boyeri und Atherina presbyter. Ersterer ist eigentlich als einziger ständig auf Märkten und Speisekarten zu finden – allerdings ausschließlich im östlichen Mittelmeer, obwohl der Fisch auch woanders vorkommt. “Atherina” in Griechenland, “Gavun” an der kroatischen Adriaküste oder “Gümüş” in der Türkei, alles dieselbe Art. Eigentlich sollte der Kleine Ährenfisch mit laut Fishbase durchschnittlich 5,8 cm Fanglänge, seinem silbernen Längsstreifen und seinen zwei weit auseinander stehenden Rückenflossen gut zu erkennen sein. Allerdings haben mich die beiden Gavun-Varianten auf dem Fischmarkt von Split doch ein wenig skeptisch gemacht, ob die verschiedenen Sorten überall genau getrennt werden.
Stint (Osmerus eperlanus)
Und schließlich haben wir da noch den Stint, den letzten in der Reihe winziger silbriger Fische. Dies ist zudem noch der einzige, der wirklich überhaupt nicht im Mittelmeer vorkommt. Die Sprotte war dort ja schon eher sprottatisch anzutreffen, aber der Stint macht selbst im Atlantik spätestens in Bordeaux Schluss. Stinte sind Küstenbewohner und kommen zum Laichen in die Flüsse. Eine Unterart lebt sogar ganz im Süßwasser. Einstmals war der Stint im Nordseebereich weit verbreitet und saisonal sogar überaus beliebt. Der Lüneburger Stintmarkt trägt den übrigens frisch nach Gurken riechenden Fisch sogar im Namen. Mit zunehmender Verschmutzung der Binnengewässer wurde der Stint in den Flüssen allerdings selten, in den letzten beiden Jahrzehnten geht es aber wieder bergauf. Auch in London steht “Smelt” in den retro-avantgardistischen Restaurants nicht selten auf der Speisekarte.
Ich selbst habe diese winzigen Fische in Belgien als “Eperlans” frisch gekauft und dann in meiner kleinen Lütticher Küche frittiert. Das funktioniert ohne Gas oder gar Friteuse nur dann, wenn man die Pfanne enorm heiß werden lässt, so dass das Öl nicht mehr pritzelt, sondern sprudelt. Einziger Nachteil dieser Prozedur ist, dass der Frittierdampf bis in alle Ewigkeit in sämtlichen Küchenritzen hängenbleibt. Solltet Ihr also jemals in Lüttich ein Apartment mieten wollen und dabei den charakteristischen Geruch frittierter Stinte wahrnehmen – das war meine Wohnung.
Und damit sind wir so einigermaßen am Ende der Geschichte angelangt. Kleine frittierte Fische in Silber, Grau und Braun, die ich hier nicht beschrieben habe, werdet Ihr in europäischen Restaurants und auf europäischen Märkten kaum zu sehen bekommen.
Eine Frage aus dem ersten Absatz ist allerdings geblieben: Was kommt denn jetzt auf den Teller, wenn ich in Portugal “Sarda” bestelle? Na, Makrele natürlich, ist doch logisch.
Den Versuch, diese Fischlein alle unterscheiden zu wollen, habe ich vor langer Zeit aufgegeben. Und ich glaube, ich bin nicht die einzige. Unter dem Namen Eperlans habe ich die keinen Fische schon überall in Frankreich angeboten bekommen und ich habe sie für mich immer mit Ährenfische übersetzt. Besser wär wohl, man würde einfach nur kleine Fische sagen. So lange sie frisch sind und frittiert werden, mag ich sie. – Danke für die ausführliche Beschreibung! Beim nächsten Mal sehe ich dann hier nach, wie sie richtig heißen.
Ja, das ist schon ein mühseliges Geschäft mit diesen ganzen Fischlein. Eine Sache hat mich aber dazu angeregt, das mal etwas genauer zu betrachten: Ich war in Griechenland in einem Restaurant und habe auf einen Fischnamen auf der Karte getippt. Da sagte der Kellner (der gleichzeitig Fischer war) zu mir: “Die gibt’s erst in ungefähr drei Wochen wieder, wenn der Schwarm vorbeikommt.” Und dann hat er mir erklärt, dass es Gavros, Marides und Atherinas gibt, Koutsoumoures, die kleinen Rotbarben, waren auch dabei. Und dass jede Sorte bei ihm im Dorf je nach Zugverhalten zu unterschiedlichen Zeiten gefangen wird. Deshalb wäre auch nie alles gleichzeitig da, was auf der Karte stünde. Das fand ich faszinierend. Tja, und so ist es zu diesem Fischartikel gekommen 😉
Hammer. Sehr schön beschrieben, danke. Klitzekleiner Korrekturvorschlag: In Italien heissen Sardellen nicht anciova sondern acciuga (s.) bzw. acciuge (pl.)
Danke für den Hinweis! Mir sind 39 verschiedene italienische Namen vorgeschlagen worden, vermutlich alles regionale Bezeichnungen. Da kann man schon mal den Überblick verlieren 😉 . Acciuga und Alice scheinen aber die häufigsten zu sein.
Der lehrreichste Blogpost seit Monaten. Danke.
(Gibt es in Marseille eigentlich einen guten Fischmarkt? Du warst sicher schon dort…)
Erstmal danke 🙂
Und dann: Ja, ich war schon in Marseille. Im Allgemeinen wird da immer der vormittägliche Fischmarkt am alten Hafen empfohlen, Quai des Belges. Vielleicht war ich zur falschen Jahreszeit dort, aber so wirklich beeindruckend fand ich ihn nicht. Eher pittoresk touristisch. Der eigentliche Fischmarkt von Marseille befindet sich im Hafen von Saumaty im Norden der Stadt, kurz vor dem alten, ehemaligen Fischerdorf L’Estaque. Ich war leider noch nicht dort und weiß deshalb auch nicht, ob der Markt generell nicht nur für Händler zugänglich ist (also ähnlich wie Rungis in Paris). Aber L’Estaque bietet sich auch als allgemeiner Essausflug an 😉
In der Stadt selbst dürften sich die Fischstände auf die verschiedenen Märkte verteilen: http://www.marseille-sur-web.fr/adresse/marches.php
Sehr ausführlich und kompetent geschrieben. Chapeau! …. und wenn Du jetzt noch erklärst, warum die Kieler Sprotten eigentlich aus Eckernförde kommen … 🙂
Tja 😉
http://www.schleswig-holstein.de/Portal/DE/LandLeute/Menschen/TypischSchleswigHolstein/DietraditionelleKuecheSchleswigHolsteins/Kieler_Sprotte/Sprotte_node.html
@Utecht et @Matze: marché du Prado, aber ganz früh morgen, à l’Estaque und la boîte à sardines im 1. arr ist auch ein restaurant in dem man sehr gut essen kann. Am Hafen muss man halt schauen…
Danke! Ich wusste doch, dass auf die Provençalen Verlass ist 😉
Danke Bolli.
Wie immer: überwältigend. Das Einzige, was ich zum Thema vermisst habe, waren Angulas. Hast du die, genau wie wir beim Menü im Extebarri,aus PC-Gründen herausgelassen? So oder so: immer wieder schön zu sehen, dass eine deutsche Hochschulausbildung doch zu etwas gut ist. 😉
Wäre ich Historiker, würde ich wahrscheinlich noch viermal längere Artikel schreiben 😉
Ja, die Angulas habe ich ganz bewusst draußen gelassen, weil es sich ja in der Tat um Aalbrut handelt, also um kleine Ausgaben großer Fische. Whitebait sollte da die einzige Ausnahme bleiben. Aber was in der Tat von den Aalartigen gepasst hätte, das wären Gymnammodytes cicerellus gewesen, der Mittelmeer-Sandaal, und Ammodytes tobianus, der Kleine Sandaal. Jene sind nämlich auch ausgewachsen nur ungefähr 15 cm lang. Ich weiß, dass man im englischen Wattenmeer lange Zeit ganz spezielle Harken benutzt hat, um den sandigen Grund nach eingebuddelten Sandaalen abzusuchen. Wenn ich mich nicht täusche, werden Sandaale heutzutage aber eher zu Fischfutter verarbeitet oder als Köder für den Angelhaken verwendet und kommen nur selten auf den Teller.
Allerdings hatte ich gelesen, dass es frittierte Sandaale in London u.a. in der Newman Street Tavern (http://www.newmanstreettavern.co.uk/), im Old George in Bethnal Green (http://oldgeorge.co.uk/), im Seahorse (http://www.seahorserestaurant.co.uk/) und im Green Man & French Horn (http://greenmanfrenchhorn.co/) geben soll – aber natürlich auf der Tageskarte und nicht im Internet-Standardmenü. Du bist doch öfter in London. Wäre das nicht mal was für “Marqueee Holmes: In Search for the Lost Sand Eels” 😉 ? Auf den Artikel würde ich mich jedenfalls besonders freuen.
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Sind die schon über den Weg gelaufen? https://en.wikipedia.org/wiki/Gymnammodytes_cicerelus
Äh, ist das jetzt eine Replik auf meine Antwort auf Marqueees Kommentar? Da hatte ich die Sandaale ja erwähnt. Auf Fischmärkten hatte ich sie bislang bewusst noch nicht gesehen, aber ich werde die Augen mal ein bisschen offen halten.
ich hatte die Antwort übersehen. Dazu ein extra Eintrag bei Slow Food http://www.fondazioneslowfood.it/presidi-italia/dettaglio/2992/cicciarelli-di-noli
Ah, interessant, Ligurien. Darauf hätte ich spontan gar nicht getippt. Aber wie schon bei anderer Gelegenheit erwähnt: Ich muss zwingend Italien (und vor allem dem ein wenig aus der Zeit gefallenen Italien) mehr Aufmerksamkeit widmen. Da gibt es wahrscheinlich in Europa die unglaublichsten Dinge zu entdecken.
Ich bin mal wieder bass erstaunt über Deinen enzyklopädischen Ansatz, Matze!
Wie kommst Du nur auf solche Ideen!?
Und wie trägst Du all die Infos herbei? Wirklich klasse! Danke!
Thomas
Hm, ich glaube (wenn ich länger darüber nachdenke), dass es vielleicht ein genereller Ansatz ist, ein eher philosophisch-psychologischer… Ich bin halt nur ungern bereit, Dinge einfach so ohne Erklärung hinzunehmen. Entweder, weil sie die Mehrheit glaubt. Oder weil die Sachen “schon immer so gemacht” worden sind. Oder weil es eine hierarchische Instanz gibt, die bestimmt, was richtig oder falsch ist. Gerade in unserer heutigen Informationsgesellschaft finde ich es erstaunlich, dass Wahrheitsmonopole und Meinungen ohne Hinterfragen der Basis weiterhin so stark präsent sind. Jetzt ist das natürlich argumentativ ein ziemlich weiter Weg von politisch-ideologischen Eindimensionalern hin zu winzigen Fischen. Aber vom Ansatz her ist für mich damit dieselbe Frage verbunden, nämlich: Worum handelt es sich eigentlich? Dann fällt es mir auch leichter, Position zu beziehen. Soviel zu großen Themen am Frühstückstisch 😉
vielen dank! meine sardellinen unklarheit ist fast geklärt, und die “öko-infos” am anfang waren interessant! freue mich auf neue posts.
hubert
Hallo Matze,
jetzt weiß ich endlich, was Gurkenfische sind! Frisch frittiert sind sie eine Spezialität in St. Petersburg, Russland, nur im Mai erhältlich!
Danke!
Steffi
Ich muss zugeben, dass ich noch nie in St. Petersburg war. Ohnehin: Ich habe zwar mal in Rostock gewohnt, aber alles, was dann weiter in Richtung Nordosten geht, ist mir völlig unbekannt. Sollte ich auch mal ändern…
Defintiv!
Übrigens gibt es auch in Brasilien rund um Salvador frittierte Schwarmfischlein: Pittingas werden sie genannt, sind angeblich Anchovies. Schau mal hier:
https://www.guiapescadepraia.com/pititinga.html
Danke für deinen tollen Blog!
Liebe Grüße
Steffi
Ich behaupte nicht, dass ich das gewusst hätte, aber 😉 hier gibt es eine Abbildung des lile piquitinga, vermutlich genau diese Fischart: http://www.nhm.ac.uk/natureplus/blogs/behind-the-scenes/2014/02/16/where-brazilian-fish-and-brilliant-composers-meet?fromGateway=true. Sie stammt aus dem 17. Jahrhundert, als die Naturforscher und Maler Georg Marggraf (http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Marggraf)(mit Wasserfarben) und Albert Eckhout (mit Ölfarben) in Brasilien die dortige Fauna dokumentierten. Die Piquitingas sollen sich durch ihren intensiven Silberstreif an der Seite von anderen, ähnlich kleinen Fischen unterscheiden. Und wenn ich mir das Foto auf Deinem Link so anschaue, auf dem der Fischer zwei Pititingas in der Hand hält, ist das doch genau so ein Silberstreifen. Nicht schlecht, oder 🙂 ?
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Vielen Dank fuer den spannenden Artikel! Ich lebe seit 30 jahren in Griechenland, aber bisher hatte ich nur teilweise geschafft, die deutschen Namen der Fischlein die man hier so isst herauszufinden. Viele Gruesse – Singvogel
Hallo , wenn diese Seite noch aktuell ist dann gibt es bei uns in Franken die s.g.
Meefischli.
Und auf Tenerifa haben wir Gueldes gegessen , deren Fang eigentlich verboten ist.
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