Aus gegebenem Anlass sehe ich mich gezwungen, einen Artikel zu veröffentlichen, den ich gar nicht hätte schreiben wollen. Warum? Ganz einfach, in den letzten Wochen habe ich vorgesetzt bekommen: einen frisch geöffneten Wein mit einem Stinker, dass es mir den Atem verschlagen hat; einen dekantierten Wein, der unglaublich schal wirkte; einen lange geöffneten Wein, der ins Reich der braunen Stoffe hinüberoxidiert war. Da habe ich mich natürlich gefragt (es handelte sich bei allen drei Produkten um Rotweine): Wie ist das eigentlich mit dem Dekantieren? Was ist zu wenig, was zu viel an Luft? Gibt es fundiertere Studien zu diesem Thema als meine kümmerlichen Erlebnisse? Was mache ich also mit einem Bordeaux, einem Burgunder oder einem Châteauneuf am besten, um ihn so zu genießen, wie ich ihn eigentlich haben möchte?
Zufälligerweise ist mir da die aktuelle Ausgabe der RVF in die Hände gefallen. Journalist, Fotograf und Weinhändler Roberto Petronio (auch noch Co-Autor des Guide Vert, ein vielseitiger Mann) hat sich dieselbe Frage gestellt und fünf gute Rotweine aus fünf französischen Regionen mit verschiedenen Belüftungstechniken getestet. Dabei wurden jeweils drei Flaschen dieses Weins unterschiedlich behandelt und dann gleichzeitig miteinander verglichen. Die erste Flasche wurde gleich nach dem Entkorken probiert, der Inhalt der zweiten Flasche hatte zwei Stunden im Dekanter zugebracht, und die dritte Flasche wurde zwei Tage vorher geöffnet und hatte inzwischen durch den Flaschenhals entsprechend Luft bekommen.
Nun würde möglicherweise der entsprechend geschulte Sommelier sagen, um Himmels willen, eine zwei Tage offen stehende Flasche, quelle catastrophe! Ich denke, sehr fragilen Weinen könnte das auch schlecht bekommen, aber schauen wir mal, wie das bei den getesteten Beispielen war. Alle stammten übrigens aus dem Jahrgang 2008. Klar, wir sprechen hier nicht von Altweinen, sondern von solchen, denen man auch klassischerweise entweder noch Kellerruhe oder eben Lüftung verordnen würde.
1. Wein: Château Jean-Faure, Saint-Emilion Grand Cru
Ein klassischer Rechtsufer-Bordeaux, 54% Cabernet Franc, 40% Merlot, 6% Malbec, eher präzise und geradeaus als überladen.
- frisch geöffnet: intensives Holz, hervorstechendes Tannin, leicht grün, geht gar nicht.
- 2 h dekantiert: konturierter, präzise, immer noch jung, aber nicht mehr so verschlossen.
- 2 Tage offen: eine Metamorphose, raffinierter, kurviger und einfach wesentlich besser.
2. Wein: Jean-Claude Boisset Gevrey Chambertin 1er Cru Les Cazetiers
Ein Winzer und Négociant, der seinen Ausstoß um das Zehnfache heruntergesetzt hat. Mittlerweile richtig gute und elegante Côte-de-Nuits-Pinots.
- frisch geöffnet: sehr fruchtig, aber Materie reserviert, steht beides nebeneinander.
- 2 h dekantiert: offener in der Nase, am Gaumen aber verschlossener denn je, nicht gut.
- 2 Tage offen: aufgeblüht und einfach voller am Gaumen, trotzdem nur für junge Weine.
3. Wein: Maison Ogier Châteauneuf-du-Pape Clos de l’Oratoire des Papes
Ein Wein von der südlichen Rhône, der auf stattlichen 15 ha steht, wieder ein Klassiker der Gegend, wenn auch nicht der Spitzenwein schlechthin, 85% Grenache.
- frisch geöffnet: dank Grenache offen in der Nase, fruchtig am Gaumen, aber tanninreich.
- 2 h dekantiert: sehr enttäuschend, aggressives Tannin, alkoholisch, war frisch viel besser.
- 2 Tage offen: die komplexeste der drei Flaschen, duftig und kein Stück oxidiert.
4. Wein: Michel & Stéphane Ogier Côte-Rotie
Ein ganz anderer Ogier, ein ganz anderes Terroir, steil und fordernd, ein ganz anderer Wein, 100% Syrah, eher zart im Jahrgang 2008, aber mit ordentlich Säure.
- frisch geöffnet: vom Ausbau dominiert, geht voll auf die Frucht und wirkt simpel.
- 2 h dekantiert: lebhafter, zwar von einer fast brutalen Säure geprägt, aber interessanter.
- 2 Tage offen: floral in der Nase, raffinierter und mit mehr Terroir-Anklang.
5. Wein: Clos du Gravillas VdP des Côtes de Brian Lo Vièlh Carignan
100% Carignan von sehr alten Reben, ein schwarzer, tiefer und entsprechend südlicher Wein, der aber nicht überkocht wirkt. Ich habe ihn selbst im Keller.
- frisch geöffnet: etwas reduktive Noten, aber reif und von jugendlicher Frucht getragen.
- 2 h dekantiert: aromatisches Spektrum verbreitert, aber völlig an Frische verloren.
- 2 Tage offen: die Frucht weg, die Struktur da, subtil und elegant statt rustikal, schön.
Das Fazit, das es aus diesem Test zu ziehen gilt, scheint mir ziemlich eindeutig zu sein. Der Autor selbst enthält sich übrigens einer entsprechenden Zusammenfassung, aber da wird es ganz sicher genug Leserbriefe hageln. Sowohl pro als auch contra.
Die frisch geöffneten Flaschen sind bei tanninreichen, jungen Weinen nicht wirklich gut. Schön, dass man die Frucht schmecken kann, aber wenn der Rest wie zugenagelt erscheint, ist für Bordeaux und Artverwandte da nichts zu holen. Duftigere Weine wie ein Burgunder oder fruchtigere wie (in diesem Fall) ein Languedoc können viel eher damit leben. Von solchen hier nicht getesteten Weinen wie Trollingern oder Vinhos Verdes tintos ganz zu schweigen: die will man süffig und erfrischend haben, Karaffieren verstärkt zwar die Weinigkeit, vermindert aber den animierenden Charakter.
Über die Segnungen des Dekantierens gibt es nach diesem Testergebnis nicht viel zu sagen. Nach zwei Stunden in der Karaffe präsentierte sich kein einziger der fünf Weine auf seinem Höhepunkt. Zwei zeigten sich summa summarum besser und drei schlechter als ganz frisch geöffnet, aber keiner erhielt die Bestnote.
Nach zwei Tagen des Atmens durch den Flaschenhals hatten eigentlich alle fünf Weine gewonnen. Gut, der Burgunder hätte wahrscheinlich insgesamt noch länger gelagert werden müssen, und der Languedoc-Wein hatte seine attraktive Frucht verloren, aber dennoch ist diese Technik der eindeutige Sieger. Obwohl es nicht im Artikel genannt wird, gehe ich davon aus, dass diese offene Flasche nicht zwei Tage neben dem Herd oder im Kartoffelkeller, sondern geruchsneutral im Klimaschrank verbracht hat, aber das verändert das Resultat im Prinzip nicht.
Wenn ich spontan Lust auf einen noch zu jungen und strukturierten Rotwein habe, werde ich ihn wahrscheinlich lieber zwei Tage langsam in der Flasche atmen lassen als ihn für kurze Zeit dem Sauerstoff-Overkill auszusetzen.
Was meint Ihr dazu? Überzeugt Euch das Testergebnis, oder habt Ihr ganz andere Erfahrungen gemacht? Könnte man das auf ebenso strukturierte Weiße wie Burgunder oder Riesling GG übertragen?
Bislang hatte ich mal bei einem roten Bandol von der Domaine Tempier aus 2005 dieses Erlebnis. Habe den Wein über zwei Tage getrunken und beobachtet. Dabei hat er eine unglaubliche Wandlung vollzogen. Am Anfang interessant aber mit animalischen Noten stark ausgeprägt. Am nächsten Tag von der brombeerigeren Seite und die letzten Gläser am zweiten Tag aus der Flasche (nicht im Kühlschrank, sondern bei ca 15Grad gelagert) brachten den harmonischsten Wein.
Dabei war aber das wirklich interessante, den Wein in seiner Entwicklung zu beobachten. Ich konnte also jeder Seite etwas abgewinnen, wenngleich auch nach zwei Tagen evtl. das harmonischste Eregebniss im Glas war.
Ich muss zugeben, dass ich solche Sachen mit wirklich guten Rotweinen noch gar nicht gezielt ausprobiert habe. Okay, ein junger Genossenschafts-Rotwein von der Südrhône, den habe ich auch schon mal in der Flasche stehen lassen und war wirklich überzeugt vom Ergebnis.
Der Kühlschrank ist wahrscheinlich wirklich zu kalt. Und weil da ja immer das ganze Essen drin lagert, müsste man den Korken auch drauflassen. Andererseits, bei meiner derzeitigen Wohnsituation bekomme ich 15 Grad im Sommer als Umgebungstemperatur sicher nicht hin…
Den 2005er Tempier habe ich übrigens auch im Keller, allerdings den Migoua. Ich glaube, dem mute ich noch 20 Jahre zu 😉
Ja, klar, das entspricht auch meiner Erfahrung und gilt sogar für viele Rieslinge, restsüße und trockene. Reife Weine, vor allem solche, die nach dem Öffnen etwas muffig sind, können der offenen Flasche oft auch besser werden.
Dekantierst Du dann auch Weißweine, oder lässt Du sie lieber in der Flasche?
Ich lasse sie in der Flasche. Oft bringt es auch was, wenn man die Flasche öffnet, ein halbes Glas zum Probieren nimmt, verschliesst und in den Kühlschrank stellt. Hilft z.Bsp. sehr bei jungen, restsüßen Rieslingen wiel dadurch der Schefel reduziert wird.
Danke für den Bericht!
Die dritte Methode habe ich, wie Charile, bei Rieslingen (z. B. bei sehr kräftigen oder “speziellen”, kantigen Weinen aus dem Süß- und Trockenbereich) jetzt auch schon des öfteren anwenden können. Da hat sich die Vorgehensweise auch meist ganz sicher gelohn. Bei Rotweinen ganz gezielt, habe ich das noch nicht gemacht. Kam nur mal vor, dass ich nach einem kleinen Schluck , der Ungefallen auslöste, die Flasche ein oder zwei Tage in die Verbannung geschickt habe. Was immer dabei heraus kam war sehr unterschiedlich …
Interessant bei dieser Kleinstudie fande ich noch, dass Karaffieren wohl wirklich nicht unbedingt mehrheitlich das Wunderbarste auf der Welt ist. Sorry, für die dämliche Ausdrucksweise ;-). Ich bin kein großer Freund vom Karaffieren. Wegen Faulheit und Nichtüberzeugung 😉
Gruss
Chris
PS: Gut das bei dem Test ein Boisset verwendet wurde. Da hätte man nicht so viel kaputt gemacht. Ups! ,-)
Ja, die Karaffe war bei dem Kleintest nicht gerade die Gewinnerin… Boisset soll übrigens – aber das schreiben sie nur, ich habe das selbst noch nicht ausprobiert – seit der Schlankheitskur des Weinguts und mit dem neuen Önologen am Start wesentlich besser geworden sein.
Oh, Danke für den Tipp! Da sollte ich mal wieder meine Vorurteile auf aktuellen Stand bringen 😉
Der Seevogelweinladen hat von dem ja genügend im Programm. Da kann man bestimmt demnächst mal was verkosten.
Ich finde den Versuch interessant. Bei relativ jungen roten Burgundern habe ich die Erfahrung gemacht, dass 2 Stunden dekantieren zu wenig ist, 4-5 Stunden eindeutig besser. Es wäre also interessant gewesen, wenn bei dem noch eine Stufe: längeres Dekantieren eingebaut gewesen wäre. Manche Baroli waren sogar nach einem Tag und mehr Dekantieren oft erst am Besten.
Jüngere kräftige Weissweine (Grüne Veltliner, Rieslinge, weisse Burgunder, Bordeaux, Rhone, Süditaliener) dekantieren wir in einer hohen schmalen Weissweinkaraffe immer und stellen die in unseren Getränkekühlschrank. Da gab es auch schon oft am nächsten Tag positive Überraschungen, weil sich besonders schöne Aromen entwickelt haben.
Das stimmt, oft wird deutlich länger dekantiert, aber ich glaube, der Autor wollte einfach nicht zu viele Kategorien einführen.
Ich war schon auf Veranstaltungen, da wurden Weine manchmal zwei Tage lang doppelt dekantiert, also zurück in die Flasche und dann wieder in die Karaffe. Auch einen fünf Tage lang dekantierten Wein habe ich kürzlich getrunken. Gut, man kann da natürlich nicht verallgemeinern, weil die Weine ja so unterschiedlich sind, aber zu viel Luft hatte meinem Empfinden nach den Weinen selten gut getan. Ich glaube, ich probiere das tatsächlich demnächst mal aus, also auch mit echten Extremen wie 14 Tage offen in der Flasche. Nicht weil ich eine Patentlösung suche (ich glaube, da müsste ich auch 200 Jahre lang alle Weine durchtesten), sondern einfach aus Spaß.
Ist eine interessante Fragestellung..hab den Artikel in der RVF auch gelesen, aber ist wahrscheinlich wie immer nichts was man verallgemeinern kann.
Meine gedankliche Herangehensweise war eigentlich immer, das der Wein durch den Kontakt mit der Luft im Prinzip seine Entwicklung wie im Zeitraffer durchläuft, bis er vollständig oxidiert ist. Das erklärt sicher auch, warum sich viele (Rot-)Weine direkt aus der Flasche erstmal primärfruchtig zeigen, dann für eine zeitlang verschließen, wieder öffnen (manchmal auch mehrfach) und durch die zwischenzeitlich abgebaute Säure und Tannine runder, eleganter und harmonischer wirken und andere Fruchtaspekte in den Vordergrund treten. Trotzdem finde ich, das dekantierte Weine immer merklich flacher, stumpfer und weniger lebendig wirken als Weine, die durch “normale” Kellerreife ihr optimales Trinkfenster erreicht haben. Es ist, wenn man Erfahrung hat und es einen interessiert, gut genug, einen Eindruck davon zu gewinnen, wie sich der Wein mal zeigen wird. Aber besser wird er durch dekantieren IMHO nicht. Habe da aber praktisch nur bei Roten Erfahrungswerte.
Anders ist das bei älteren Weinen, die sich vielleicht im Moment in einer verschlossenen Phase befinden und durch den Luftkontakt weiterentwickeln. Vielfach bei älteren Bordeaux beobachtet, da bringt es wirklich was. Aber bei älteren Weinen ist die Varianz sehr groß, weil du vorher nicht weisst, wie weit sie in ihrer Entwicklung sind, es seidem sie liegen seit Kauf in deinem eigenen Keller und du probierst regelmäßig. Das richtig Einzuschätzen erfordert wohl eine Menge Erfahrung und ist mehr Kunst als Wissenschaft 🙂
Also dekantieren wirklich nur ganz gezielt und wenn man weiss, was man damit erreichen will. Einen jungen, fruchtigen Wein will zumindest ich dann ja auch fruchtig und druckvoll im Glas haben und nicht als Schatten von dem, was er vielleicht mal in 5 oder 10 Jahren sein wird.
LG,
Alex
Ich bin bislang mit dem Dekantieren auch nicht unbedingt inflationär umgegangen, aber das wäre vielleicht anders gewesen, wenn ich eine besonders schöne Karaffe zur Hand gehabt hätte und viele Gäste, die auf Ästhetik einen gewissen Wert legen ;).
Neben dem, dass ich Dir uneingeschränkt zustimme, fällt mir noch ein, dass es meiner Erfahrung nach gerade bei schwer einzuschätzenden Weinen manchmal gar nicht schlecht ist, sich nach dem Öffnen erst einmal frisch einen guten Schluck einzuschenken. Dabei merkt man ziemlich schnell, wie sich der Wein so gibt und kann dann auch einschätzen, ob man ihn lieber so haben möchte oder auf unterschiedliche Art belüftet. Okay, für Letzteres muss man dann ein wenig Vorstellungsvermögen besitzen, aber es ist bei weitem nicht mehr so rätselhaft wie ohne Probeschluck.
Showdekantieren sozusagen 😉
Hallo Matze!
Ich habe die unterschiedlichsten Erfahrungen mit dem Thema gemacht. Ein Vin Naturel aus dem Beaujolais habe ich über 7 Tage getrunken. Das war ein Wein ohne Schwefelzugabe und der hat sich über zwei Tage entwickelt und dann ganz stabil sein Niveau bis zum Schluss gehalten und ist nicht abgefallen. Der hätte auch noch länger durchgehalten.
Junge Pinots, egal woher die kamen, haben eigentlich auch immer von Luft über bis zu drei Tagen profitiert.
Ein C9DP aus 03 wollte uns am ersten Tag überhaupt nicht schmecken und war dam am zweiten Abend wie gewandelt und bot hedonistischen Trinkgenuss.
Die Weine aus dem Priorat können meiner Erfahrung nach auch die Luft gut ab. Torsten ist ja da auch immer mit empirischen Studien dabei.
Der Würtz hat dass vor einiger Zeit auch mal getestet. Einige Weine über Wochen zu probieren. Kannste bei Ihm auf dem Blogg nachlesen.
Ich glaube es kommt beim Thema Luft auch immer auf den jeweiligen Wein an. Ob man da verallgemeinern sollte, so nach dem Motto 2 Tage sind besser als 2 Stunden!? Ich weiß nicht!?
Herzliche Grüße Jens
Nein, verallgemeinern im Sinne von Gesetzmäßigkeiten sollte man das mit Sicherheit nicht.
Ich denke, es ging bei dem kleinen Test auch in erster Linie um Tendenzen. Also: Was machen zwei Stunden viel Luft mit einem jungen Rotwein vs. was machen zwei Tage wenig Luft mit einem jungen Rotwein? Ist ja so ähnlich wie schnelle Vergärung vs. langsame Vergärung. Und ganz grob verallgemeinert haben zwei Tage langsamer Luftzufuhr den Weinen besser getan. Vielleicht sollte es auch ein Statement sein gegen manisches Dekantieren ;).
Hallo Matze,
ich dekantiere inzwischen auch seltener, trinke aber bei den Regionen , wo man das gut machen kann, gern die Weine über mehrere Tage – zum einen trinkt man dann an einem Tag drei oder auch mal fünf verschiedene Weine, zum anderen kann man mit mehr Zeit für jeden Wein auch oft mehr Spaß aus den meisten rauskitzeln. Und man hat wirklich die komplette Entwicklung eines Weines nachvollzogen, bei den wirklich guten ist allerdings die Flasche immer noch eher leer, als das der Wein nichts mehr taugt.
Kommen mehrere Leute und es ist absehbar, dass der Wein daher keine zwei Tage überleben würde, dann gibt es auch nur die Wahl, noch mehr verschiedene Weine öffnen oder doch dekantieren. Dann bis ich aber auch eher bei 5+ Stunden als nur bei 2 – zumindest bei den jungen Dingern.
Wir hatten 2007 mal einige 1997er Prioratos wirklich in den Karaffen “vergessen” und erst nach vielleicht 30 Stunden in der Karaffe waren wir wieder dran. Unsere zuvor geäußerte Angst um die Weine war gänzlich unbegründet, eher im Gegenteil.
Andererseits taugten zwei 1988er Bordeaux mit Jens letztes Jahr am 2. Tag auch ohne Dekantieren nicht mehr viel und es waren bei weitem nicht die kleinsten Weine aus dem Medoc, sondern klassifizierte Crus!
Mir sind schon ein paar Rote durch zu viel Luft auf der braunen Seite gelandet, aber da handelte es sich jeweils um sehr fragile Weine, die wirklich einen ganz klaren Auf- und Abstieg zeigten. Die Entwicklung über mehrere Tage finde ich auch sehr spannend – oft lässt es sich ja eh nicht anders machen, wenn man die “Reste” in der Flasche hat ;). Für meine Wahrnehmung ist es natürlich noch besser, wenn ich die beiden Weine (also den gleichen Wein, nur verschieden behandelte Flaschen) gleichzeitig in zwei Gläsern habe. Oft kam mir am zweiten oder dritten Tag der Wein nur so stereotypmäßig “milder, ausgewogener, weniger Frucht, mehr Harmonie” vor. Da konnte ich mich einfach nicht genau an den Verlauf erinnern.
A propos Bordeaux, die Jahrgänge 2009 und 2010 werden ja schrecklich gehypet. Jetzt habe ich mir von zwei relativ unbekannten und schon auf dem Markt befindlichen Gütern jeweils einen 2009er und einen 2010er gekauft. Mal schauen, wie sich die Jahrgänge im Vergleich zeigen. Ich werde alle vier Flaschen zwei Tage vorher aufmachen, damit sich das unterschiedliche Flaschenalter ein wenig verwischt…
Hi Torsten!
Ich muss Dich korrigieren. Beide Weine taugten auch am ersten Tag nach 3 oder 4 Stunden Luft nichts mehr. Und wie gesagt, sie wurden nicht dekantiert sondern aus der Flasche “genossen”. Das war wirklich erschreckend!
Jens
Was waren das denn für schreckliche Weine? …Okay, ich hab’s gefunden, Batailley und Talbot. Ich habe auch längere Zeit keine Bordeaux mehr getrunken. Das wird nächstens aber der Fall sein, weil ich ja wieder in meinen Weinkeller komme. Mal schauen, wie sich mein Anspruchsdenken in den letzten drei Jahren verändert hat.