Man kann es sehr angenehm haben in Colombo. Die ganzen Botschaften, die ich im Stadtteil Cinnamon Garden besuchen durfte, lagen in parkähnlichen Anlagen, kaum einsehbar von den wenig befahrenen Straßen mit ihren Alleebäumen. Würde ich einen ornithologischen Führer schreiben wollen, dies wäre der geeignete Ort dafür. Aber – Ihr könnt es Euch denken – ich war unterwegs in den anderen Gegenden. Den einfachen Vierteln mit ihrem Lärm, Staub und Gestank, aber eben auch mit ihrem Leben in all seinen Facetten. Colombo ist eindeutig die ärmste Stadt, die ich bislang besucht habe, heiß, anstrengend, runtergeranzt, viel Militärpräsenz noch an den Kreuzungen, viele alte Bettler auf den Gehwegen, mit Häusern, die eher Hütten sind und Läden, die eher Schuppen sind.
Und einer Männergesellschaft, zumindest in der Öffentlichkeit. Frauen gehen zum Arbeiten in Büros, zum Einkaufen und dann nach Hause. Den Rest des Tages gibt es fast nur Männer auf den Straßen. Sie sitzen in ihren Tuk-Tuks, schrauben an etwas herum, braten Röllchen in einem Imbiss, verkaufen Kleidung, Früchte, Glühbirnen, Zeitungen und Lotterielose. Ich weiß auch nicht, wie es passieren konnte, dass mir die Stadt mit all ihren Unzulänglichkeiten so gut gefällt. Vielleicht helfen mir die Etappen meines Stadtrundgangs dabei, es besser zu verstehen. Und Euch auch.
Zunächst einmal ein paar Fakten: Colombo, dessen Name nichts mit Kolumbus zu tun hat, sondern vom singhalesischen Wort für „Hafen“ = „Kolamba“ stammt, hat offiziell nur 647.000 Einwohner. Allerdings liegt Letzteres vor allem daran, dass die administrativen Grenzen sehr eng gefasst sind. In Wirklichkeit zieht sich die ununterbrochene Bebauung über 50 Kilometer an der Küste entlang und beschert dem Großraum etwa die zehnfache Einwohnerzahl. Die touristischen Sehenswürdigkeiten halten sich sehr in Grenzen, ganz im Gegensatz zu anderen Gegenden in Sri Lanka mit ihren Stränden und Tempeln. Und so kommt es, dass in Colombo erstaunlich wenige Touristen zu sehen sind.
In diesem armen, gerade erst dem Krieg entronnenen Land (gut, die politische Situation zu schildern, würde den Rahmen hier bei weitem sprengen) gibt es auch kaum Niederlassungen internationaler Firmen. Die Hotels sind dadurch rar gesät, fast wie im tropischen Afrika. Zwischen ein paar Fünf-Sterne-Türmen und lausigen Absteigen gibt es wenig, und dieses Wenige ist dafür verantwortlich, dass ich in Maradana gelandet bin, einem einfachen, aber sehr lebendigen Viertel weitab vom Meer. Von hier aus starte ich meinen Stadtrundgang. Ich kann bereits vorwegnehmen, dass ich nach unzähligen Kilometern und geschätzten zehn Litern vergossenem Schweiß mein Hotelzimmer in einem Zustand erreicht hatte, in dem ich nicht wusste, ob ich zuerst die Schuhe ausziehen, sofort die kalte Dusche anstellen oder doch einfach nur aufs Bett fallen sollte. Aber es hat sich ungeheuer gelohnt.
Maradana erinnert mich an Maradona und das Maracaná-Stadion in Rio, aber alles nur vom Namen her. Es gibt hier einen Bahnhof, von dem aus morgens die Einpendlermassen in die Stadt strömen und von dem sie abends in indischer Manier – außen an den Wagen hängend – wieder in ihre Schlafstätten zurückkehren. Maradana selbst ist ein multikulturelles Viertel, wie auch Colombo an sich nur etwa 40% Singhalesen beherbergt und – wie es staatlicherseits ausgedrückt wird – 60% „Minoritäten“ wie Tamilen, Moors, indischen Tamilen, Malayen, Burghers, Chetties, Bharathas und andere. In meiner unmittelbaren Umgebung gibt es vor allem Muslime. Wenn – auch wieder staatlicherseits – befürchtet wird, der wahhabitische Einfluss könnte unangemessen stark zunehmen, liegt das möglicherweise auch an der saudi-arabischen Art der Entwicklungshilfe. Die Moscheen befinden sich alle in einem tadellosen Zustand, sind sauber, luftig und modern. Kein Wunder, dass viele Männer sich lieber hier als in ihren dunklen Hüttenburgen aufhalten. Für mich haben Gegenden mit zahlreichen Glaubensstätten immer den unschätzbaren Vorteil, dass sie über eine ausgeprägte (Ess-)Infrastruktur verfügen.
Direkt an meinem Hotel beginnt aber erst einmal der „Autoteile-Souk“. Ein Kollege erzählte mir, dass sich die Zahl der Fahrzeuge in Colombo innerhalb von zehn Jahren verzehnfacht habe. Weil den meisten Fahrzeugbesitzern aber das Geld fehlt, in eine autorisierte Vertragswerkstatt zu gehen (falls es so etwas überhaupt gibt), gibt es in dieser Straße gebrauchte und relativ neue Ersatzteile jeglicher Art. Dabei scheinen mir die einzelnen Buden auf bestimmte Teile spezialisiert zu sein: Einer bietet nur Lenkräder an, der andere Schrauben, der Dritte Kabel und wieder ein anderer Hupen. Letztere sind besonders wichtig bei einer Verkehrsregelung, die auf nonverbaler (sprich: gehupter) Kommunikation zwischen den Verkehrsteilnehmern beruht. Eine halbe Stunde in Maradana mit seinen ausrangierten Wahlplakaten als Dächern, mit seinen Bäumen, die aus Häusern wachsen, mit seinen Bouquinisten, Obst- und Snackverkäufern, und Ihr habt mehr über Sri Lanka gelernt als nach einem halben Jahr im Strandhotel.
Viertel Nummer Zwei, Pettah, grenzt nördlich an Maradana. Pettah ist das pulsierende Handelsherz der Stadt. Hier sind die Straßen noch verstopfter als in Maradana, die Läden sind ineinander verschachtelt und übereinander gestapelt. Es gibt eine Art Markthalle, in der vor allem Obst und Gemüse verkauft werden und drum herum ein wildes Treiben von Trägern, Karrenziehern und klassisch bunt angestrichenen LKWs mit ihren Holzaufbauten. Pettah ist ein Ort, den man als klaustrophobisch veranlagter Mensch nicht aufsuchen sollte. Was andersherum bedeutet, dass ich allen anderen Colombo-Besuchern einen ausgiebigen Rundgang dringend ans Herz legen möchte.
In der Mitte von Pettah befindet sich die „Main Street“. Als ich mit einem Kollegen im Tuk-Tuk durch dieses verstopfte Etwas kutschiert wurde, fragte er mich, ob ich schon mal in Indien gewesen sei. Ich verneinte, und er sagte darauf, „das hier ist Indien, so musst Du Dir das vorstellen“. Lustigerweise fand ich die Randbezirke von Pettah deutlich interessanter als die Ladenstraße mit Billig-Elektronik, Schreibbüros und Sandalenständen. Im Norden von Pettah gab es bis vor wenigen Jahren den legendären Fischmarkt. Ich kann nachvollziehen, warum jener aus dem unsäglichen Gewühl in ein abgelegenes Industriegebiet verfrachtet wurde. Es ist auch so voll genug, und die Fischdüfte und –säfte nebst den ganzen Kleintransportern dürften die Anwohner fast um den Verstand gebracht haben.
Am südlichen Ende von Pettah, an der Grenze zum Stadtteil Fort, gibt es einerseits einen relativ großen Markt, den man von der Straße aus nicht einsehen kann. Es gibt aber auch überall verteilt bestimmte Orte, an denen sich bestimmte Aktivitäten konzentrieren. Das hört sich jetzt sehr konkret an, ich weiß, aber ich meine damit diese Art der Souk-Gestaltung, wie sie in Städten wie Damaskus, Täbris oder Kairo die Jahrtausende überdauert hat. An einem Platz beispielsweise kommen die Lieferanten aus dem Umland an, um Kokosnüsse für den Hausgebrauch zu verladen. Jeder Obststand führt eine kleine Anzahl dieser Nüsse, selbstverständlich unpräpariert.
50 Meter weiter sehe ich, dass in Sri Lanka die Jackfruit-Saison begonnen hat. Und wieder ein paar Meter weiter klumpen sich die Stände mit CDs und DVDs. Wenn ich weiter oben vom „multikulturellen“ Colombo gesprochen habe, dann trifft das zum Glück auf das relativ reibungslose Leben miteinander in dieser Stadt zu. Durch die beiden großen Sprachen und Schriften auf der Insel sind allerdings auch die Musikläden zweigeteilt. In dem Laden auf dem Foto bekam ich DVDs, die zu meiner großen Überraschung Live-Mitschnitte singhalesischer Popkonzerte auf einer italienischen Piazza beinhalteten. In einem anderen Laden wurden dagegen ausschließlich tamilische Filme verkauft.
Was übrigens immer ganz wichtig und immer zu knapp in Colombo ist: Kleingeld. Die größte Münze besitzt einen Wert von umgerechnet sechs Cent, also geht es hier um viele bunte Scheine, von denen man gar nicht genug in kleinen Stückelungen bei sich haben kann. Schon den Tausend-Rupien-Schein (= 6,28 €) wird Euch kaum ein Tuk-Tuk-Fahrer oder Obstverkäufer wechseln können.
Als ich auf dem Weg zum Busbahnhof von Fort bin, kommt mir ein Mopedfahrer entgegen, der mir grinsend zuruft „Fire! Fire!“. Und dann sehe ich es selbst: Im Motorraum eines Autos hat es angefangen zu brennen – oder vielleicht verraucht auch nur das Kühlwasser, wer weiß. In jedem Fall hat sich bereits eine dichte Menschen- (= Männer-) Traube darum gebildet, alle starren neugierig auf den Motor, fachsimpeln miteinander. Die Feuerwehr hat den Brand innerhalb von zwei Sekunden gelöscht, aber es handelt sich dennoch um das Ereignis der Straße. In Bollywood-Filmen kann man gelegentlich sehen, wie bei solchen Gelegenheiten im Handumdrehen Fernsehteams präsent sind, und ich hatte gedacht, das sei eine komplette Übertreibung. Von wegen!
Es sind nämlich nicht weniger als drei Teams mit Kameras und ein paar Pressefotografen anwesend. Das Netzwerk an „Aufmerksamkeitsmeldern“ muss fabelhaft sein. Als ich weiter in Richtung Busbahnhof gehe, kommen mir immer wieder Männer entgegen, die offenbar auch davon gehört haben, dass „da hinten“ etwas los sei. Die meisten können sich nicht zügeln und rennen, was ihre Puste hergibt. Die uniformierten Polizisten und Soldaten, die garantiert genauso neugierig sind, dürfen sich das nicht so stark anmerken lassen. Statt zu laufen, gehen sie eines eiligen Schrittes daher, den sie bei ihrer sonstigen Berufsausübung sicher nie an den Tag legen würden.
Am bereits erwähnten, hinter dem Busbahnhof gelegenen Markt unterläuft mir das erste Mal ein Fehler. Ich hatte mich schon so dazugehörig gefühlt nach meinen ganzen Standkäufen und Straßenwanderungen, dass ich aus Versehen eine Grenze überschreite: Hier gibt es einen Marktabschnitt, der den ganz armen Leuten gewidmet ist, den unteren Kasten, was sowohl für die Käufer als auch für die Verkäufer gilt. Alte dürre Männer sitzen auf Pritschen und bieten ihre zehn Mangos an, um selbst etwas zu essen kaufen zu können. Ich merke, wie ich das erste Mal nicht angelächelt werde, das erste Mal deutlich zu viel bezahlen muss und das erste Mal schnell ein paar faule Früchte untergeschoben bekomme. Dies ist kein Ort für weiße Touristen und auch kein Ort für srilankische Verwaltungsangestellte. Dies ist ein Ort, an dem es ums Überleben geht. Und „Slum-Sightseeing“ ist eine unwürdige Sache, die auf beiden Seiten nur Pein hervorruft. Nach diesem Erlebnis gewinne ich schlagartig die Aufmerksamkeit für solche Belange wieder zurück, die mir zwischenzeitlich im Überschwang verloren gegangen war.
Ich finde es überraschend – und vielleicht ist es für Verhältnisse in der von uns so genannten „Dritten Welt“ auch bezeichnend – wie sich innerhalb weniger Meter die Atmosphäre komplett ändert. Dass ich in ein paar Sekunden wiederum eine Grenze überschritten habe, merke ich daran, dass plötzlich Tuk-Tuk-Fahrer neben mir stehenbleiben, mir Touren anbieten, mich über mehrere Meter verfolgen und erst von mir ablassen, als ich gar nicht mehr reagiere. In Maradana gab es keinen einzigen Verkäufer, der irgendwie aufdringlich gewesen wäre. An der Bude, an der ich mir jeden Abend mein Essen hole, haben sie mich erst am fünften Tag ganz vorsichtig gefragt, ob ich Tourist sei oder hier „Business“ machen würde. Am Strand ist das ganz anders, und da bin ich jetzt.
Das erste Mal in Colombo spüre ich eine frische Brise vom Meer, die sich zehn Meter landeinwärts schon wieder zu erschöpfen scheint. Hier am „Galle Face Green“, wie der Ort heißt, sehe ich auch das erste Mal Touristen. Allerdings bleibt die Mehrzahl der Flaneure und Andenkenkäufer einheimisch. Paare sitzen auf den Bänken, Familien schlecken Eis, die Wellen des Indischen Ozeans klatschen leicht an den Sandstrand – es ist total grotesk, wie anders alles auf einmal wirkt. Bin ich noch in derselben Stadt?
Ich muss mir aber keine Sorgen machen. Das Galle Face Green ist wirklich nur ein unsichtbar abgeschottetes Refugium des Strandlebens. Als ich nämlich versuche, weiter in Richtung Süden am Meer zu bleiben, wird mir der Weg zunächst durch ein paar Gebäude versperrt. Ich muss deshalb an der Hauptstraße entlanglaufen, die von einer selten unattraktiven Scheußlichkeit ist. Wo sich in Maradana überall Menschen und Läden an den Straßen befinden, sind hier ein paar Hotels und Banken. Ansonsten nur Staub und Lärm. Nach etwa 200 Metern kann ich wieder zum Meer abzweigen, ein Glück. Was ich dort sehe, erinnert mich in seinen stadtplanerischen Prinzipien an die Ufergestaltungen der 1960er Jahre in allerlei europäischen Städten von Saarbrücken bis Valence: Das Meer wird durch einen Steinwall begrenzt, dann kommt eine Bahnlinie, dann eine breite Teerstraße und – eigentlich großartig als Ausblicksort geeignet – eine Reihe vollkommen runtergerockter Waschbetongebäude.
Völlig klar: Ein Wohnstandort am Meer bedeutet in Colombo keinerlei Attraktivität. Wer es sich leisten kann, residiert in den hinterländischen Botschafts-Parkvierteln, aber niemals hier. Ein Pendlerzug fährt ein, während ich auf den Ufersteinen stehe und ein paar Anglern zuschaue, die mit einer einfachen Holzrute und einem Bindfaden verblüffend leicht Fische aus dem Meer ziehen. Als ich weiter an der Küstenstraße entlang gehe (zum Glück ist es nicht die Haupt-Durchgangsroute), wird es peu à peu immer ein wenig stiller, und die kurze tropische Dämmerung zieht herauf. Jetzt kommen von ihren Tagesstandorten im Hinterland weiße Reiher angeflogen, um in den Abendstunden hier ihre Mahlzeit zu suchen. Ich hatte sie von meinem Hotel in Maradana aus schon immer fasziniert beobachtet, wie sie jeden Abend um dieselbe Zeit mit langsamem Flügelschlag gen Meer zogen.
Innerhalb einer Viertelstunde ist es dunkel geworden. Während in Colombos Innenstadt die Bahnstrecke direkt ans Meer grenzt, wird der Strand hier im Süden wieder ein wenig breiter. Hüttensiedlungen haben sich darauf breit gemacht, in denen Fischer und Tagelöhner mit ihren Hühnern, Hunden und Schweinen leben. Ich erinnere mich an mein Erlebnis auf dem Markt und realisiere, dass es nicht möglich ist, hier einfach hindurch zu gehen, um mir am Strand den Mond anzuschauen, der sich in den Wellen spiegelt. Die Palmenstrände muss ich auf einen anderen Ausflug verschieben, jetzt wird es Zeit, wieder zum Hotel zu kommen.
Im Bus – es ist verblüffenderweise der richtige – treffe ich noch einen älteren Herrn, mit dem ich mich in eine Ecke in Türnähe quetsche. Und noch verblüffender als der richtige Bus ist die Tatsache, dass dieser Herr tatsächlich Deutsch spricht. „Ich bin in Deutschland gewesen,“ erzählt er mir, „1968 war das. Ich habe in einer Eisengießerei gearbeitet, in Witten!“ Wie gut er die Sprache noch kann nach all den Jahren. Und nie hätte ich gedacht, dass es Srilanker gab, die in der „Gastarbeiterzeit“ in Deutschland gearbeitet haben. Wir verabschieden uns mit einem freundlichen Händeschütteln, und dann bin ich auch schon nach nur wenigen Stunden wieder zurück in Maradana. An einem Stand kaufe ich mir noch eine Snacktüte, genau wie die Tagespendler, die aus ihren Büros jetzt wieder mit dem Zug nach Hause fahren.
Erst auf dem Hotelzimmer merke ich schlagartig, wie ausgelaugt ich bin, aber die Reihenfolge der Handlungen stimmt glücklicherweise: Erst die Schuhe ausziehen, dann unter die Dusche und dann aufs Bett fallen lassen. Dazu eine eiskalte, künstliche Orangenbrause aus dem Kühlschrank. Soll dem Magen ja nicht so gut bekommen, aber das ist mir egal. Wow, was für ein Rundgang! Nach einer halben Stunde des Erholens bin ich schon wieder wild darauf, jetzt sofort die Fotos auf den Rechner zu übertragen. Nach dieser Tour durch Colombo wäre ich nun bereit für die wirklich wuseligen und stressigen Orte wie Kalkutta, Karachi oder gar Lagos. Vielleicht noch nicht morgen, aber übermorgen.
Alles in allem ist Colombo die bislang „unaufgeräumteste“ Stadt, die ich zu Fuß durchquert habe. Was mich deshalb interessieren würde: An welchen Orten dieser Art seid Ihr schon gewesen? Wo war am meisten los? Afrika und Südamerika kenne ich in dieser Hinsicht zum Beispiel gar nicht.
Hallo Matze,
wirklich toller Stadtrundgangsbericht. Ich kann mich an der einen oder anderen Stelle wiederfinden. War zwar nur mal 2 Tage in Colombo, aber ein paar Erinnerungen kommen da wieder auf.
Hast du ceylonesisches Bier probieren können? Ich weiss mal nicht ob es dort ne eigene Marke bzw. Brauerrei gibt?
Was deine Frage bezüglich “unaufgeräumter” Städte betrifft finde ich Patna, Varanasi (“klein” aber nicht-fein) oder Kalkutta noch ein Tick extremer, aber so viel unaufgeräumter bzw. ärmer wirkend ist es da dann auch nicht mehr. Auf eine ganz andere Art fand ich Phnom Pen sehr anstrengend und chaotisch. Kann ich schwer erklären warum. Mir persönlich hat das “Unaufgeräumtsein” nie sehr viel ausgemacht solange ich immer wusste, dass es für mich nur ein temporärer Zustand ist. Es waren sicherlich immer Erfahrungen die viel bleibenden Eindruck hinterlasen haben. Schon nur Kurzaufenthalte lassen so manche mitteleuropäische Probleme in die totale Nichtigkeit abgleiten …
Jenseits der Sahara in Afrika war ich leider noch nie. Da gibt es bestimmt noch den einen oder anderen Topkandidaten 😉
Gruss
Chris
Ceylonesisches oder srilankisches Bier (ganz wie man will ;)) habe ich nicht probiert. Es gibt aber zumindest eins mit einem Löwen auf dem Etikett (klar), ich glaube, es heißt sogar “Lion”. Aber irgendwie ist mir nicht so recht nach Bier, wenn ich an all die schönen fränkischen Dunklen denke, mit denen ich das im Geist vergleichen würde…
Ich war ja noch nie in Indien, aber rein von dem, was ich mir so vorstelle, ähnelt Colombo sicher in vielen Punkten einer indischen Provinzmetropole. Einer südindischen vermutlich, einer nicht allzu modernen. Alles was ich so an Menschenmassen und Straßenkreuzungen in Nordindien in Videos gesehen habe, ist da noch etwas extremer. Und bislang nur eine Kuh hier auf der Straße ;).
Ich habe mich ja jetzt aus beruflichen Gründen relativ viel mit Leuten unterhalten, und viele sind sehr frustriert vom Leben hier. Weniger wegen der drohenden Kriegsgefahr, obwohl es sicher noch eine ganze Generation braucht, bis man wieder zusammenfindet. Vielmehr ging es in den Gesprächen immer wieder um Misswirtschaft und Korruption. Einer sagte mir, “wir haben insgesamt 61 Minister hier, rate mal, warum”. Tja, weil 61 Großfamilien gut über die Runden kommen wollen. Aber ich will darauf nicht unangemessen rumhacken, schließlich haben wir auch gerade eine leicht unrühmliche Präsidentschaftsperiode hinter uns.
Das kann ich mir gut vorstellen, dass die Korruption für das Alltagsleben der Menschen eines der größten Übel ist. Leider ist das in den meisten, oft armen, Ländern so, wobei sich Deutschland, nur mal anhand der Zahlen von Transparency International gesehen, auch immer mehr aus der Spitzengruppe entfernt. Also hast du sicher Recht, dass man da nicht mit dem erhobenen Zeigefinger durch die Gegend rennen sollte, wenn auch das praktizierte Niveau bei z. B. Herrn Ex-Präsi doch ein sehr “jämmerliches” im Vergleich zu so mancher Praktik einer südasiatischer Führungsperson bzw. Familie bzw. Lobbygruppe ob aus Politik, Wirtschaft oder Religion, ist.
So viel wie du in letzter Zeit rumkommst schaffst du es auch noch ganz sicher nach Indien :-). Ach je an die Kühe hab ich gar nicht mehr gedacht. Die machen einem eigentlich nix. Sieht nur etwas seltsam aus, wenn die so durch die Gegend spazieren. Ich hatte nur mal einen tierischen Konflikt mit einem blöden Affen. Die sind viel gemeiner 😉
Ich muss mich korrigieren: In Panadura sind drei Kühe von der Straße aus auf den Strand gekommen und haben sich dort gegenseitig gejagt. Die Leute sind ganz schön gerannt ;).
Hallo Matze!
Als ich das erste mal vor 21 Jahren in Bangkok war, habe ich mich sehr fehl am Platze gefühlt und wollte eigentlich direkt wieder weg. Das hat sich dann Gott sei Dank schnell wieder gegeben. War damals einfach ein absoluter Kulturschock für mich.
Grüße Jens
Lustigerweise habe ich mich eigentlich von Anfang an total gut aufgehoben gefühlt. Auch hier in Colombo. Ich weiß nicht, vielleicht ist das in dem Text nicht richtig rübergekommen, aber es hat alles wunderbar funktioniert hier. Der Verkehr ist noch viel chaotischer als in Bangkok, da pressen sich fünf Fahrzeuge nebeneinander auf zwei Spuren, aber alle sind wahnsinnig aufmerksam. Ich habe keinen Unfall gesehen, Tuk-Tuks und Autos haben kaum Beulen. Es wird halt ständig geschaut, gehupt, gewunken. Okay, es geht auch ein bisschen nach dem Recht des Stärkeren, und wenn ein Überland-Bus hupt, dann heißt das, “jetzt zur Seite!”.
Die Leute sind auch sehr freundlich, und da ich mich für ihr Essen und ihre Musik interessiere, strahlen sie noch umso mehr. Wie oft bin ich gefragt worden, “you like Sri Lankan breakfast…?”, völlig ungläubig, dass mir das gefallen könnte. Aber ich brauche mich gar nicht zu verstellen, mir gefällt das wirklich. Als ich auf dem Fischmarkt war (gut, das kommt erst noch), habe ich gedacht, okay, hier gibt es keine Schilder und gar nichts. Und wenn ich irgendwas erfahren will, muss ich einfach alle Händler anquatschen. Das habe ich dann auch gemacht, hat erstaunlicherweise fast keine Überwindung gekostet. Aber ich glaube, das liegt auch daran, dass ich von Bangkok über Jakarta nach Colombo immer mehr reingekommen bin. Jedenfalls war es zum Schluss auf dem Markt so, dass mich die Händler hergewunken haben, um mir zu erklären, welcher Fisch das ist. Es war wirklich schade, dass ich keinen einzigen kaufen konnte. Obowhl, jetzt so im Nachhinein, selbst das hätte ich wahrscheinlich machen können und den dann einfach in der Hotelküche abgeben. Ich glaube sogar, die hätten sich gefreut.
Und ums noch mal auf einen kontroversen Punkt zu bringen 😉 : Allzu große Sauberkeit und Ordnung tragen für mich leicht faschistoide Züge.
Deinen letzten Satz finde ich gut. Etwas sehr kontrovers, aber meiner Ansicht absolut nicht unpassend :-). Ein wenig Dreck und Chaos hat auch Charme 😉
Hallo Matze,
war selber auch häufiger beruflich in Sri Lanka, viel in Colombo, aber auch im Hochland. Das war allerdings noch zu Bürgerkriegszeiten, kurz nach dem Tsunami (2005-2007). Faszinierendes Land, hochinteressante Kultur aber wie du schon sagst mit enormen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Problemen. Aber das führt tatsächlich zu weit.
Das Essen ist großartig, an der Küste entlang nach Süden gibt es jede Menge kleinerer Strandrestaurants, wo es zwar einfaches, aber extrem frisches und leckeres Seafood gab.
Falls du noch etwas dort bis, würde ich dir zwei Sachen empfehlen: Schau dir ein Cricket-Spiel an, und setzt dich auf die Terasse des Mount Lavinia Hotels und trinke da ein Feierabend-Bier. Die Terasse ist auf einer kleinen Landzunge praktisch ins Meer hinein gebaut, Seebrise, etwas Gicht – einer meiner absoluten Lieblingsorte. Hoffe nur, das der Laden nicht mittlerweile wieder von Touristen überrannt ist – damals war kaum mehr jemand da…
Cheers,
Alex
Leider bin ich gar nicht lang hier, es geht schon wieder zurück nach Bangkok.
Allerdings habe ich im Rahmen des zeitlich Möglichen versucht, so viel mitzunehmen wie nur geht. Ich bin zum Beispiel mit dem Bus nach Kandy gefahren und habe dort erstaunlich viel Zeit im Royal Botanic Garden von Peradeniya verbracht. Wirklich großartig! Dann bin ich noch mit dem Pendlerzug an die Küste südlich von Colombo (also auch südlich von Mount Lavinia) gefahren und habe einen mehrstündigen Strand”spazier”gang gemacht bis zum Sundowner in Panadura. Und dann war ich natürlich auf dem neuen Fischmarkt von Periyagoda, hatte ich auf meiner Facebook Page ja schon geschrieben. Von letzterem wird definitiv noch ein längerer Bericht kommen, das andere werde ich vielleicht noch als Stippvisite verbraten.
Cricket ist hier ja wirklich allgegenwärtig, der einzige Sport, über den berichtet wird. Jetzt gab es ja diese Turnierserie in Australien, da liefen wirklich überall die Übertragungen. In der Hotellobby, im Fernbus und sogar in den Banken!
Hallo Matze,
Fisch einkaufen und in der Hotelküche abgeben – das sollte schon gehen in Sri Lanka. In kleineren Läden ist das kein Problem.
An der Küste – ich war im letzten Jahr im Süden unterwegs – war das kein Thema. 2-3 mal die Woche kam ein Fischer mit seinem Fang in einer Kühlbox auf dem Fahrrad und verkaufte sein Angebot direkt an die Küche, bzw. an die logierenden Touristen fürs Abendessen.
Recht ansprechend fand ich einen Fisch der ‘red mullet’ genannt wurde und Fische die in Thailand unter der Bezeichnung ‘Butterfish’ laufen – so auch hier, glaube ich. Nicht ganz so prickelnd war ‘Barracuda’ mit eher Karpfenähnlicher konsistenz und entsprechendem Aroma. Dann gab es auch noch diese Thunfisch- / Makrelenartigen Fische, deren Namen ich mir leider nicht merken konnte – war’s was mit ‘S’ am Anfang? keine Ahnung mehr – und, die in der Regel im Fischcurry landeten.
Allem Fisch zum Trotz, ist mir der liebste Fisch noch immer fangfrischer Tintenfisch 😉
Ach ja, diese Red Mullets ;). Auf dem Fischmarkt sollten alle Fische “Red Mullets” sein, was ja eigentlich unsere Rotbarbe ist. Ich habe dann gemeint, “aber dieser Fisch ist doch weder rot noch ein Mullet”, und dann meinten die Verkäufer, “naja, wir kennen die richtigen englischen Namen ja auch gar nicht”. Ich habe mir die Namen dann auf Singhala oder Tamil sagen lassen, und so nach und nach habe ich jetzt fast alle rausbekommen. Der Barracuda heißt zum Beispiel “Silava” auf Singhala und “Jeela” auf Tamil. Soll gebraten angeblich exzellent sein – sagt Alan Davidson.
Ja ja, diese ‘red mullets’ *lol*, die gab’s doch tatsächlich in ganz Silber, in Silber mit orangem Streifen, in Orangerot …, wohl alles Fische aus den Familien der Barben und Brassen und alles ‘red mullets’. Das geschmacklich beste Exemplar war hierbei Silbern mit orangem Seitenstreifen… was immer das wohl war?
Barracuda – kann schon sein, dass der excellent schmecken kann. Die uns verabreichte Variante war gebraten mit Sojasuace, Gemüse und einer Art ‘garlic and pepper’ – im Geschmack jedoch bei weitem nicht so delikat wie man dies im Süden Thailands bekommt.