Wenn ihr meinen Instagram-Kanal verfolgt habt, wisst ihr vielleicht, dass ich vor ein paar Tagen noch im Roussillon war. Also dem, was Lokalpatrioten gern als »Nordkatalonien« bezeichnen. Diese Gegend, die auf kleinem Raum unglaublich viel an Sehens- und Erlebenswertem bereithält, ist traditionell mit verstärkten Süßweinen bekannt geworden, den »Vins Doux Naturels«. In jüngerer Zeit hingegen hat sich neben solchen Stilen auch eine große Szene »echter« Naturwein-Winzer entwickelt. Das Klima für naturnahen Weinbau ist ohnehin günstig, viel Wind und Sonne, wenig Krankheiten. Ein bisschen Regen brauchen die Reben allerdings auch. Tatsächlich war es winzertechnisch also ein guter Tag mit solidem Landregen, als ich im nördlichen Roussillon zwischen Vingrau, Tautavel und Paziols unterwegs war. Letzteres ist der Heimatort von Sébastien Agelet, dessen De Mena Clandestine ich euch hier vorstellen möchte.
De Mena Clandestine rouge von Sébastien Agelet
»De Mena« ist katalanisch und heißt so etwas wie »von der Natur« oder »auf natürliche Weise« im Sinne von selbstverständlich oder logisch. Das erklärt Sébastien auf seiner Website. Traubenanbau gab es in der Familie bereits seit Generationen, aber Sébastien entschloss sich im Jahr 2012 als erster, die Trauben nicht mehr an die Genossenschaft abzuliefern und statt dessen eben »De Mena« aus ausgewählten Parzellen aufzumachen. Sein Bruder Franck folgte wenig später mit seinem Projekt »Clot 13«. Draußen biologisch zertifiziert, im Keller non-interventionistisch, haben sich die Agelets schnell einen Namen in der Naturweinwelt gemacht. Ebenso schnell, so erfuhr ich vor Ort, sind die Weine mit ihren oft farbkräftigen Etiketten ausverkauft. Das gilt auch für den Clandestine, obwohl dessen Etikettgestaltung das komplette Gegenteil ist, nämlich extrem reduziert.
Die Trauben für den Clandestine stammen aus der Parzelle »Mont Py«, die sich mitten in der Wildnis befindet, nur einen Kilometer von der alten katalanischen Grenze entfernt. Witzigerweise liegt Paziols nämlich gar nicht im Roussillon, sondern formal im Languedoc, im Département Aude. Aber nicht nur »De Mena« als Weingutsname stammt aus dem Katalanischen, sondern auch viele andere Elemente der lokalen Kultur.
Zu jenen gehört auch die Rebsorte für den Clandestine. Lledoner Pelut heißt sie, in Spanien auch als Garnacha Peluda bekannt, wobei peludo »behaart« bedeutet. Oben auf dem Foto habe ich ein Weinblatt umgedreht, und ihr könnt den Ansatz der Behaarung auf der Unterseite sehen. Zwischen der »normalen« Grenache und dieser hier gibt es allerdings auch geschmackliche Unterschiede. Die haarige Version ist für etwas säurereichere, dafür alkoholärmere Weine bekannt, also eigentlich genau richtig für heutige Trinkvorlieben.
Wie schmeckt der Wein?
Bevor ich zum Geschmack komme, schnell noch ein paar Worte zur Vinifizierung. Gut 40 Jahre alt sind die Buschreben, die auf lehmigem Kalkstein wachsen. Per Hand gelesen, lagen die Ganztrauben dann für acht Tage auf der Maische, also nicht so wahnsinnig lang. Spontan vergoren, sanft gepresst, ein Jahr Ausbau im gebrauchten Holz, keine Schönung, keine Filtration, kein Schwefel dazu. Soll heißen, ein zero-zero in der Natural Wine-Terminologie.
Verschlossen mit einem Naturkork, fließt ein eher wenig farbstarker Roter ins Glas. Das ist typisch Grenache, eine viel weniger dunkle Rebsorte als beispielsweise Carignan oder Mourvèdre. In der Nase gibt es kein wahrnehmbares Holz, dafür aber viel Kirsche in allen Varianten -süß, sauer, schwarz. Im Mund gefällt mir gleich die angenehme Säure, nicht brutal hoch natürlich, aber doch so präsent, dass sie genug Frische mit hineinbringt. Die Gerbstoffe sind sanft, der Wein weiterhin fruchtbetont, dazu ein bisschen Kirschkern-Marzipan. Man spürt, dass es sich um einen vin naturel handelt, aber eher der leicht ätherischen Aromatik wegen, denn Flüchtigkeit oder Mäuseln gibt es hier nicht. Dennoch neige ich dazu, diesen fruchtsamtenen Wein nicht über Gebühr offen stehen zu lassen – er ist frisch geöffnet eigentlich am charmantesten. Ich bereite auf dem Campingkocher eine Art Ratatouille zu, das passt hervorragend.
Wo kann man ihn kaufen?
Gekauft habe ich den Clandestine von De Mena in Perpignan, und zwar in der zentralen Niederlassung der Caves Maillol für 18 €. Ansonsten sind die Weine von Sébastien Agelet international recht weit verbreitet, aber meist nur in kleinen Mengen. Und in aller Regel in den einschlägigen Läden, in denen es vin naturel gibt.
Falls ihr euch jetzt fragen solltet, was ich überhaupt im Roussillon mache, hier kommt die große Auflösung: Es handelt sich nämlich offiziell um eine Pressereise, organisiert von ff.k in Deutschland und vor Ort durchgeführt von ihrem Kunden, dem CIVR. CIVR, das ist der Conseil Interprofessionnel des Vins du Roussillon, mithin der dortige Weinbauverband. Zweieinhalb Tage sind wir im Roussillon unterwegs gewesen, und anschließend hatte ich noch die Gelegenheit, zwei Tage auf eigene Faust die Gegend anzuschauen. Großartig natürlich, wie ihr euch denken könnt, und ich werde natürlich davon auf dem Blog (und anderswo) entsprechend berichten. Aber ein kleiner Teaser wie der Clandestine von De Mena ist ja auch schon ganz nett, oder?