Sans, das heißt ohne auf Französisch. Wenn ich euch heute also einen Wein vorstelle, der dieses sans im Namen trägt, dann muss er wohl irgendetwas nicht haben, was die anderen Weine besitzen. Was könnte das sein? Farbe, Alkohol, Geschmack? Ein bisschen näher kommt man der Sache, wenn man weiß, dass Volker und Inge Benzinger seit einigen Jahren Naturweine nach der engen Definition des Begriffs machen. Sehr handwerklich und durchaus ein bisschen streng. Schauen wir also, was der Pinot Noir so alles kann…
Pinot Noir Sans 2019 vom Weingut Benzinger
Über das Weingut Benzinger hatte ich hier auf dem Blog schon öfter geschrieben, weshalb ich mich auch nicht wiederholen möchte. Vor zwei Jahren hatte ich beispielsweise in der damals noch jungen Dienstagsreihe den Orange Wine aus Silvaner vorgestellt. Was ich trotz Wiederholungsgefahr dabei erwähnen muss, ist Folgendes. Das Weingut Benzinger ist ein alteingesessener Pfälzer Winzerbetrieb. Zwar befindet er sich in Kirchheim an der Weinstraße, was nach “im Zentrum des Geschehens” klingt, in Wirklichkeit sind wir hier jedoch ganz im Norden der Pfalz. Diese nicht ganz so prominenten Lagen haben in den letzten Jahren dank Winzerehrgeiz absolut überzeugende Weine hervorgebracht. Ihr werdet es im nächsten Artikel sehen, in dem zwei Weine aus Nachbardörfern sich als absolute Überperformer erweisen. Soll heißen: Die Gegend ist schon mal sehr vielversprechend.
Volker Benzinger ist alles andere als ein Grünschnabel. Nach 40 Jahren im Business beschloss er nämlich, seinen Betrieb nicht nur auf Bio umzustellen, sondern auch noch richtige Naturweine wie die Sans-Linie zu machen. Richtig in dem Sinne, dass hier so einiges unterlassen wurde, was im modernen Weinbau absolut üblich ist. Der Pinot Noir Sans ist nämlich spontanvergoren, ungeschönt, unfiltriert, ungeschwefelt. Damit ist er automatisch auch vegan, denn wenn nichts hineingegeben und nichts herausgenommen wurde, kann man kellertechnisch jedes Label der Welt erfüllen.
Wie schmeckt der Wein?
Kommen wir also ohne Umschweife zu den gustativen Qualitäten. Denn wie wir ja gelegentlich aus Erfahrung wissen, muss gut gemeint nicht immer bedeuten, dass damit ein geschmackliches Vergnügen einhergeht. Ich schaue auf die technischen Werte. Jahrgang 2019, 12 vol%, 4,8 g Säure, 0,0 g Restsüße. Sprich, auch dabei ist der Sans definitiv sans. Ein mittleres Rot erfüllt das Glas. In der Nase stelle ich schnell fest, dass der Wein bei allem, was er nicht hat, definitiv eine Sache besitzt: Frucht. Und zwar eine kirschige, sehr pure, sehr saubere Frucht. Da gibt es keine Gäraromen oder andere Stinker, allerdings auch kein Holz oder viel Würze.
Nach dem ersten Schluck frage ich mich unwillkürlich, ob es das jetzt ist. Ob es das ist, was manche Naturweintrinker*innen so gern sagen, wenn sie ihren Lieblingswein trinken. Dass die Frucht so ungeschminkt, so pur, so unmittelbar auf sie wirkt. Denn das ist hier der Fall. Zunächst einmal ist die Materie ganz glatt, samtig, kein Perlen, wenig Gerbstoffe. Dann gibt es diese Kirschfrucht, die kühl wirkt, ein bisschen wie mit einem Touch Verbena verfeinert, aber ohne Devianzen, ohne jegliche Ablenkung. Natürlich handelt es sich bei dem Sans nicht um einen Wein mit unheimlicher Tiefe, Dichte, Würze und Raffinesse. Sondern im Prinzip um einen Pinot Noir auf schönem Ortswein-Niveau. Aber dieses Fruchtpuristische ist wirklich total verblüffend. Völlig ungeschminkt, ohne karg oder abweisend zu sein. Eine Benchmark in seiner Kategorie, das wage ich zu behaupten.
Wo kann man ihn kaufen?
Kaufen kann man den Wein beim Weingut selbst, wo er genau 11 € pro Flasche kostet. Wenn ihr schon einmal dabei seid, könnt ihr auch sehr gut einen gemischten Kasten nehmen mit den anderen Sans-Weinen. Ohne alles gibt es rebsortenrein nämlich auch noch Riesling, Silvaner, Merlot (der ein bisschen wilder sein soll) und Scheurebe, dazu einen maischevergorenen Weißen. Und wer für seine Eltern mitbestellt, kann die normalen Bioweine dazupacken. Die sind auch lecker, gar keine Frage, aber für mich persönlich erreichen sie nicht dieses Distinguierte, das der Pinot Noir Sans ausstrahlt. Die letzten Ernten des Weins gingen glaube ich fast ausschließlich nach Skandinavien und Benelux, was ich mir stilistisch extrem gut vorstellen kann.
Wenn ihr also auch auf einen straighten und reduzierten Trinkwein steht, der quasi nur im Nebeneffekt ein Naturwein ist und das Label nicht vor sich herträgt, dann könnte der Pinot Noir Sans etwas für euch sein.