Wo, liebe Freundinnen und Freunde intuitiver Lösungen, würdet ihr denn ein Weingut verorten, das sich Old World Winery nennt? Vermutlich in derselben, oder? Tatsächlich aber befinden wir uns hier in der brandneuen Welt, genauer gesagt in den USA, noch genauer in Kalifornien und ultragenau im Russian River Valley, eine gute Fahrstunde nördlich von San Francisco. Winzer Darek Trowbridge wollte mit der Bezeichnung seines Weinguts nur darauf aufmerksam machen, dass er quasi altweltliche Methoden anwendet. Im Weinberg wird nach biologischen und biodynamischen Gesichtspunkten gearbeitet, Bewässerung gibt es keine, geerntet wird mit der Hand und vergoren nur spontan. Und auf dem Etikett des L’Aureate (so heißt der Wein) ist die offizielle kalifornische Nationalblume abgebildet.
L’Aureate Chardonnay von der Old World Winery
Ich bin wahrhaftig kein intimer Kenner der USA. Vielleicht liegt das daran, dass die meisten Modewellen, die seit jeher von dort zu uns herüberschwappen, von meinem Vater als “amerikanischer Krimskrams” bezeichnet wurden. Kindliche Erziehung prägt offenbar. Nachdem ich aber mittlerweile gern eigene Einschätzungen vornehme, sind wir vor einiger Zeit nach Kalifornien geflogen. Mein innerer Auftrag dabei: eine Ahnung davon zu bekommen, warum dieses Fleckchen Erde (fast) auf der ganzen Welt als das gelobte Land schlechthin gilt. Also die Frage, ob und wie man diesen Californian Spirit als Besucher wahrnehmen kann. Dort habe ich dann auch von den poppy fields gelesen, dem wild wachsenden und im Frühjahr am Wüstenrand blühenden Mohn. Als Naturfreak musste ich das natürlich auch sehen.
Und, was soll ich sagen? Wenn ihr das Glück habt, an so einer Stelle vorbeizukommen wie wir auf dem Foto oben, müsst ihr tatsächlich die Farbintensität beim Foto hinterher eher herunterdimmen. Als ich das Etikett des L’Aureate der Old World Winery vor ein paar Wochen gesehen habe, war mir deshalb klar: Diesen Wein möchte ich haben!
Der L’Aureate stammt vom Nagomi Vineyard und besteht zu 100% aus Chardonnay. Der Weinberg ist nur 0,8 ha groß, weshalb trotz Bio-Praktiken nichts zertifiziert ist. Die relativ jungen, etwa 20 Jahre alten Reben wachsen dabei auf lehmigem Untergrund. Im Keller hat sich Darek Trowbridge dazu entschlossen, dem Chardonnay einen gewissen Twist mitzugeben. 48 Stunden lang bleiben die Beeren nämlich auf den Schalen liegen, bevor sanft abgepresst wird. Nach der fertigen Spontangärung bleibt der Wein zwei Jahre lang auf der Hefe liegen, ausgebaut im gebrachten Holzfass, bevor der L’Aureate unfiltriert abgefüllt wird.
Wie schmeckt der Wein?
Ins Glas fließt ein sichtlich naturtrüber Saft. In der Nase gibt es zunächst einen kleinen Reduktionston, der aber schnell verfliegt. Trotzdem bleibt der Wein auch danach olfaktorisch eher im Natural-Bereich. Ich nehme Austernschalen wahr, etwas Bratapfel, eine feine Frucht irgendwie zwischen weißer Pflaume und Ananas und ein gärgeprägtes Feuer. Am Gaumen muss ich innerlich fast ein bisschen grinsen, denn ich hatte in der letzten Zeit ausgesprochen nördliche Gewächse probiert, war also eher auf schlanke Straightness gepolt. Die hat der L’Aureate ganz und gar nicht.
Vielmehr ist der Wein recht viskos und allgemein dicht. Allerdings vergeht dieser leicht speckige Eindruck sehr schnell. Man sollte dem L’Aureate ein bisschen Zeit und Luft geben, denn dann kommt eine erstaunliche, salzgeprägte Spannung zum Vorschein. Aromatisch ist das eine sehr vielschichtige Sache. Zunächst scheint mir die Frucht im Vordergrund zu stehen, Aprikose, Dosenpfirsich. Dann aber schaut irgendwie eine Dunkelmalzwürze mit Zimt um die Ecke, die gekommen ist, um zu bleiben.
Der ganze Auftritt ist schlichtweg extrem stimmig. Kalifornien open-minded, gleichzeitig ein bisschen südlich und ein bisschen wild, exquisite Ausstattung. Das müsste eigentlich ein totaler Hit sein.
Wo kann man ihn kaufen?
Ob der L’Aureate der Old World Winery tatsächlich ein totaler Hit ist, vermag ich nicht zu sagen. Weine aus den USA sind nämlich hier in Deutschland nicht besonders häufig, und die wirklich individuellen Sachen sehe ich eher auf Instagram-Accounts als im Laden.
Den L’Aureate könnt ihr aber tatsächlich unkompliziert erwerben (so habe ich es jedenfalls getan), und zwar bei der Vinoteca Maxima. Der 2019er kostet dort 23 €. Und ich finde, das ist ein ideales Geschenk. Ihr werdet ja hoffentlich ein paar Leute kennen, die Stilsicherheit nebst leicht abgefahrenem Geschmack zu schätzen wissen…
Herrlich geschrieben – ich glaube, ich verschenke ihn – an mich!
🙂 Da weißt du ja, dass er in guten Händen ist 😉
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