Eigentlich wollte ich ja nicht schon wieder einen Wein aus Deutschland hier im Natürlichen Dienstag nehmen. Also wirklich nicht. Aber dann habe ich letzte Woche dem Onkel Heiner Seinen probiert, Version 2.0, also ein Update. Leider war es in diesem Moment vorbei mit meinen löblichen Vorsätzen. Dieses Geschöpf von Christian Ehrlich und Alexandra Müller-Ehrlich aus ihrer Weinmanufaktur 3 Zeilen ist nämlich schlichtweg einer der gelungensten Orange Wines, die ich je getrunken habe. Und zwar nicht wegen seiner Frische wie der Höfflin von letzter Woche. Sondern wegen seiner Dichte und Harmonie.
Onkel Heiner 2.0 2019 von der Weinmanufaktur 3 Zeilen
Christian Ehrlich hatte ich schon vor ein paar Jahren auf der Biofach getroffen und damals das ganze Portfolio durchprobiert. Onkel Heiner war seinerzeit noch nicht dabei. Den gab es erstmals im Jahrgang 2017, über den Hannes Hofmann dann auch geschrieben hat. Beim Erstling handelte es sich primär um Grauburgunder (ergänzt mit etwas Silvanermost), der zwei Wochen auf der Maische belassen und dann im kleinen Holzfass ausgebaut wurde.
Der brandneue 2019er 2.0 besteht nun wie der 2018er aus Silvaner vom Rödelseer Küchenmeister. Das ist die Lage auf dem Foto oben. Idealtypischer Keuper, stark nach Westen hin exponiert und im Rücken mit einer bewaldeten Kuppe, dem Schwanberg. Das ist immer gut für’s Mikroklima.
Ein paar Dinge sind bei den Ehrlichs irgendwie selbstverständlich, aber natürlich dennoch einer Erwähnung wert. Die mittlerweile 3,8 Hektar werden zwar immer noch im Nebenerwerb bewirtschaftet, sind aber biologisch zertifiziert (Bioland seit 2012). Alle Weine stammen aus selektiver Handlese, sind spontanvergoren und werden in der höherwertigen Linie auf der Vollhefe im Eichenholzfass ausgebaut. Bâtonnage spielt auch meist eine Rolle, weshalb es sich auch durchgängig um ausgesprochen cremig-dichte Exemplare handelt.
Wie schmeckt der Wein?
Tiefes Gelb im Glas und sichtlich naturtrüb. In der Nase gibt es Apfelschale, Wiesenkräuter und leicht Zimt. Ich würde sagen, sehr typisch für einen maischevergorenen Weißen, der im Holzfass ausgebaut wurde. Am Gaumen wird die Sache aber so richtig spannend. Das ist auch der Grund, weshalb ihr hier über Onkel Heiner lesen könnt. Am Gaumen zischt sofort eine sehr pikante Säure heran. Aber sauber, richtig sauber, nichts Flüchtiges oder so. Dazu kommen dichte Apfelnoten, ein wirklich sehr eleganter Grip und eine komplett ausgewogene Materie, trocken und nachhaltig.
Mir gefällt an dem Wein, dass er einerseits leicht wild ist, individuell, nichts für den großen Gulp aus dem Weinfestglas. Andererseits merkt man, dass hier eben nicht die Machart über der Materie steht. Das Traubenmaterial muss nämlich exzellent gewesen sein, reif und gesund. Sonst könnte man einen solchen Wein, der nicht nachkorrigiert wird, gar nicht erzeugen. Und vielleicht noch etwas Drittes: Gerade habe ich in der neuen RVF in einem Test gelesen, dass ungeschwefelte und weitgehend ungeschwefelte Weine sich angeblich nicht so gut halten würden. Bei Onkel Heiner 2.0 würde ich ganz stark dagegen wetten. Der Wein wirkt nämlich auf mich in all seinen Komponenten extrem langlebig. Den hätte ich gern rein aus Neugier auch mal in zehn Jahren im Glas.
Wo kann man ihn kaufen?
Kaufen kann man die 3 Zeilen-Weine mittlerweile in kleiner Dosierung in manchen Läden der Republik. Präzise ausgedrückt. Am besten aber natürlich ab Hof, denn das Sortiment ist auch ansonsten absolut beachtlich. Sehr witzig fand ich dabei die Einlassung der beiden auf ihrer Website, dass sie “ab 60 Flaschen rund um die Uhr” geöffnet hätten, sonst nur nach Vereinbarung. Mit Halb- oder Dreivierteltags-Jobs und der ganzen manuellen Arbeit im Weingut gibt es da wahrhaftig nicht viel Zeit zwischendrin. Mittlerweile hat das Weingut aber sogar einen Online-Shop, wo ihr Onkel Heiner erstehen könnt. Und zwar für 26 €. Allerdings ist dort nicht die Version 2.0 eingetragen, sondern nur der “gewöhnliche” 2019er. Letzterer wurde früher gefüllt, während der 2.0er noch bis Juli 2021 im Holz lag.
Ach so, hatte ich überhaupt schon erwähnt, was Onkel Heiner überhaupt bedeutet? Nun, das ist nicht etwa ein Wein, den Onkel Heiner gemacht hat. Aber einer, den er hätte machen können, denn so oder so ähnlich ist man in früheren Zeiten in Franken und anderswo an den Weinbau herangegangen. Auch mein Großvater soll derart wilde, unbehandelte Weine im Glasballon hergestellt haben. Allerdings haben da bei weitem die Akribie und das fundierte Wissen gefehlt, das Christian Ehrlich hier an den Tag legt. So gut, das wage ich mal zu behaupten, waren die Weine von Onkel Heiner und Opa Gerhard nämlich nicht…
Hallo Matthias,
da läuft einem das Wasser im Mund zusammen. So liebe ich diese Weine. Mir scheinen hier auch einige Dinge zusammen zu kommen, die solch einen Wein ermöglichen und als grundlegendes Kriterium in dieser Weinszene gelten können.
a. Passionierte Winzer mit im ihrem Innersten verankerten Prinzipien und einer Idee. Ob die Winzer das hauptberuflich oder nebenbei machen ist dabei völlig unerheblich. Oft werden sie ja als “nicht professionell” arbeitend belächelt. Welch ein Unsinn!
b. Handarbeit. Gerade in diesem Jahr mit den katastrophalen Wetterbedingungen möchte ich niemandem raten von Maschinen geernteten Wein zu trinken. Nicht nur wegen der schon übers Jahr aufgetragenen Chemie, sondern wegen der direkt bei der ersten Verarbeitung zugesetzten. Jeder sollte sich einmal das Lesegut ansehen und sich zeigen lassen, wo denn die in diesem Jahr in Mengen vorkommenden schimmeligen, grünen, braunen und vertrockneten Trauben aussortiert wurden.
c. Sorgfältige Arbeit im Berg und konsequente saubere Verarbeitung.
Dies soll kein Freibrief für jede kleine Klitsche sein. Leider wird in der “alternativen” Szene immer noch das Frickeln und naturbelassene Arbeiten schon als Garant dafür genommen, das es gute Weine sind. Das kann zufällig passieren, ist aber leider keine Regel. Soll ein Wein so werden, wie der von Dir hier beschriebene, muss da mehr zusammen kommen. Und bezogen auf deinen Kommentar zum Revue de France Artikel, kann ich Dir nur zustimmen.
Schwefel ist nur in einem Sinne Garant für lagerfähige Weine – sie sind stabiler wenn sie nicht allzu gepanscht sind. Und der Schwefel ist schon mal gar kein Garant für gute Weine.
Welche Freude kann es deshalb bereiten, wenn man auf solche Weine trifft wie den OH 2.0 und Konsorten. Und sollte das nicht zum Umdenken anregen? Wenn es also möglich ist, solche Weine ohne phythosanitäre Zutaten (das steht ja euphemistisch für pythopathogen) und Thermovinifikation her zu stellen, kann dann das Argument – man könne so aber nicht die “benötigten” Mengen produzieren – noch gelten lassen?
Ich denke nicht. Aber man muss ja nicht auf gesetzliche Regelungen warten. Kaufen wir doch lieber bei der Weinmanufaktur und den &Co’s und helfen denen sich eine Dach auf ihre “Bruchbuden” zu leisten um danach ihre tollen Weine zu genießen.
Also mir sind 1 Million Kleinwinzer =1 Million+ glücklich Arbeitende mit einem guten Einkommen lieber, als 1000 Großwinzer mit je 1000 Mindestlohnangestellten.
Wir können den Markt also tatsächlich frei regeln.
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