Escoda-Sanahuja ist ein Name, den ich mir irgendwie noch nie merken konnte. Sollte ich aber. Deshalb gleich mal zu Anfang die moderne pädagogische Methode des Einbimsens qua Wiederholung. Sprecht mir einfach nach: Escoda-Sanahuja, Escoda-Sanahuja, Escoda-Sanahuja. Geht doch. Die kleine Kellerei im katalanischen Hinterland von Tarragona ist nämlich ein echter Pionier in der spanischen Naturwein-Szene. In früheren Jahren hatte ich schon einiges von ihnen getrunken und fand es soweit gut. Nachdem ich jetzt aber diesen neun Jahre alten ungeschwefelten Pinot Noir probiert habe, muss ich schlichtweg sagen: Hut ab!
La Llopetera von Escoda-Sanahuja – Pinot Noir aus dem Süden
Escoda-Sanahuja sind Joan Ramón Escoda und seine Frau Mari Carme Sanahuja. Gemeinsam beschlossen sie vor mehr als 20 Jahren, über eine neue Ausrichtung in ihrem Leben nachzudenken. Joan war damals als Önologe in einer großen Kellerei beschäftigt, aber irgendwie befriedigte ihn das nicht mehr. Unterwegs in Frankreich kam er mit der damals noch ziemlich jungen vin naturel-Bewegung in Kontakt, und die beiden beschlossen, in Maris Heimatdorf ein neues Projekt aufzuziehen. Im Jahr 1999 entstand der erste Wein. Und schließlich gibt es seit dem Jahrgang 2007 gar keine önologischen Hilfsmittel mehr im Keller, alle Weine sind ungeschwefelt, ungeschönt, ungefiltert.
Draußen wird biodynamisch gewirtschaftet. Zusammen mit Laureano Serres gründete Joan PVN, die erste Naturwein-Organisation Spaniens. Dieses Jahr im Februar fand noch deren Weinsalon in Barcelona statt, mal schauen, wie es nächstes Jahr wird. In jedem Fall besitzt das Weingut 10 ha mit Reben, Oliven- und Mandelbäumen, darüber hinaus einen Gemüsegarten und ein paar Hühner und Schafe. Die Tiere liefern den Dünger für die Weinberge, und Joan und Mari achten darauf, dass die Böden immer gut mit Pflanzenwuchs bedeckt sind und nicht austrocknen. Das ist essentiell im trockenheißen Klima der Gegend, das Priorat ist schließlich nicht fern.
Wie schmeckt der Wein?
Ich muss zugeben, dass ich kein Freund von Pinot Noirs aus heißen Gegenden bin. Und der Llopetera von Escoda-Sanahuja besteht zu 100% aus Pinot Noir. Normalerweise kommen da immer die breit-marmeladigen Aromen mit hinein, die für mich den duftig-eleganten Charakter konterkarieren, den die Rebsorte ansonsten hat. Und dann ist das noch ein unbehandelter, ungeschwefelter Wein des Jahrgangs 2011. Bleibt so einer denn überhaupt stabil über die Jahre?
Die Antwort lautet: Ja, das ist ein genialer Wein. Und zwar einer, der komplett eigenständig ist, von Trinkmarmelade ebenso weit entfernt wie von Rosenduftigkeit. Blickdicht im Glas, habe ich in der Nase erst einmal dunkle Waldbeeren, Maulbeere, Sauerkirsche, dicht und gar rotfleischig-lederig wie ein gereifter Nordrhône-Syrah. Das stimmt mich immer noch leicht bedenklich. Im Mund sieht die Sache allerdings ganz anders aus: Hohe Säure, viel Würze, viel Tannin, richtig viel, komplett sauber und robust gleichzeitig. Die 13,5 vol% sind auf diese Weise so verpackt, dass man sie wirklich gar nicht spürt. Nie im Leben hätte ich diesen Wein für einen Pinot Noir gehalten, eher wie eine Mischung aus Syrah, Mondeuse und Blaufränkisch. Das ist so dicht, so fest, so saftig, so haltbar. Zehn Jahre und mehr könnte diese PN-Interpretation von Escoda-Sanahuja noch im Keller lagern.
Charakterlich ist das für mich kein Wein aus dem Süden, sondern einer aus den Bergen. Und zwar einer, den ich guten Gewissens allen Charakterwein-Liebhaber/innen empfehlen kann.
Wo habe ich ihn gekauft?
Ich hatte den Wein ursprünglich bei Bernd Kreis in Stuttgart gekauft, schon ein Weilchen her. Mittlerweile gibt es ihn aber dort nicht mehr, dafür bei Viniculture in Berlin. Der 2018er Jahrgang kostet dank der brillianten neuen Mehrwertsteuer-Regelung genau 20,96 €. Ich würde ihn aber selbst dann kaufen, wenn er 21 € kosten würde.
Allerdings ist mir aufgefallen, dass der aktuelle Jahrgang 2018 mittlerweile 12 vol% hat, dieser 2011er jedoch die erwähnten 13,5. Normalerweise wäre das für mich kein Grund zur Sorge, sondern eher zum Jubeln, denn ich mag ja wie gesagt die breiten Varianten nicht. Aber dadurch, dass mein La Llopetera so kraftvoll-bergig-intensiv und eben überhaupt nicht breit war, bin ich mir nicht sicher, ob es da vielleicht einen kleinen Stilwechsel gegeben hat. Weg von der tanninlastigen Lagerfähigkeit, hin zu einer feinen, infusionsartigen Version. So ähnlich wie Matassa vielleicht. Aber um das herauszufinden, hilft vermutlich nur, den Wein zu probieren. Was ja nicht die schlechteste Möglichkeit ist, Vergnügen und Erkenntnisgewinn miteinander zu verbinden.
P.S. Wer im geographischen Zusammenhang noch einmal etwas ganz Altes von mir sehen möchte, hier habe ich einen Weißen aus den katalanischen Bergen getestet, eines meiner ersten Videos überhaupt…
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