Das hier ist kein Rot-Blau-Sehtest für Winzer, sondern eine Open Source-Abbildung des Klimatologen Ed Hawkins. Auf ihr zeigt er mit Hilfe von Daten des Deutschen Wetterdiensts, wie sich die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland zwischen 1881 und 2018 verändert hat. Kältere Jahre erscheinen als blaue, wärmere Jahre als rote Streifen in der Grafik. Dass es dabei von links (also 1881) nach rechts (also 2018) eindeutig wärmer geworden ist, lässt sich auch ohne einschlägigen Hochschulabschluss erkennen. Aber was bedeutet das für Weinbau und Wein? Und welche Möglichkeiten gibt es, den veränderten Bedingungen Rechnung zu tragen? Sind mehr Blätter im Weinberg besser als weniger? Bringt Bewässerung etwas? Um diese Themen ging es bei den mittlerweile 62. Weinbautagen der LWG im fränkischen Veitshöchheim. Ich war dabei und habe ein paar interessante Anregungen mitgenommen.
Fränkisches Weinwissen in Veitshöchheim
Im mainfränkischen Veitshöchheim nicht weit von Würzburg gibt es nicht nur ein Schloss mit Schlosspark, sondern auch die LWG. Ausgeschrieben ist das die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau. Im letzten Sommer war ich bereits zur Verleihung des Internationalen Silvanerpreises hier und hatte mich nebenbei auch in der Versuchsanlage für historische Rebsorten umgeschaut. Diesmal war der Rahmen jedoch ein anderer: Es ging um die Weinbautage, die bereits zum 62. Mal in dieser Woche stattfanden. Wie man der Anzahl der bisherigen Ausgaben entnehmen kann, ist das eine äußerst etablierte Veranstaltung, bei der neue Erkenntnisse aus Agrarpolitik und Weinbau den interessierten Winzerinnen und Winzern mitgeteilt werden. Nach den drei frühesten Ernten seit Beginn der Aufzeichnungen in Franken, nach Sonnenbrand, Trockenstress und dem Ruf nach Bewässerung waren es genau diese Themen, die bei der diesjährigen Ausgabe im Fokus standen. Und die mir als Geograph ganz so fremd nicht sind…
Wasser sparen mit Artur Baumann
Worum es ging
Der erste Vortrag am Dienstag Nachmittag unter der thematischen Überschrift “Aktuelle Herausforderungen” kam von Artur Baumann, dem Geschäftsführer des Weinbaurings Franken. Wasserschonende Bodenpflege war sein Thema, und die fängt bei einem gut durchwurzelten und lockeren Boden an. Nun besitzen unterschiedliche Böden natürlicherweise eine unterschiedlich große Wasserspeicherkapazität, was dann ebenso unterschiedliche Grundvoraussetzungen bedeutet. Lösslehm speichert Wasser besser als Sand, logisch. Artur Baumann wies aber darüber hinaus auf die Knackpunkte hin, die die Winzer selbst beeinflussen können. Tiefer lockern bei Neuanlagen zum Beispiel. Weniger den Boden verdichten durch zu starken Maschineneinsatz. Oder auch eine bessere Wasseraufnahme, indem im Winter begrünt wird, sich dann mehr organische Masse im Weinberg wiederfindet, und das wiederum die Regenwürmer animiert.
Was ich interessant fand
Überhaupt, der Regenwurm: Tier des Monats bei der LWG, von den Vortragenden gern auch mal als “unser Mitarbeiter” bezeichnet, der heimliche Star fast aller landwirtschaftlich genutzten Flächen. Auch wenn Artur Baumann nach seinen Bodenpflegetipps meinte, “das muss nicht unbedingt bio sein”, ist die Message doch irgendwie klar, egal wie man es nennen mag. Es geht um, tja, die Liebe zum Boden, um seine Lebendig-Erhaltung, weil das die Grundlage dafür ist, dass wir Menschen überhaupt weiterexistieren können auf diesem Planeten.
Reben veredeln mit Christian Deppisch
Worum es ging
Christian Deppisch arbeitet als Weinbauingenieur für die LWG und besitzt selbst ein Demeter-Weingut in Theilheim östlich von Würzburg. Diesmal berichtete er aus der Praxis, und zwar darüber, wie man mit der Chipveredelung schnell zu neuen Rebsorten kommt. Chips haben in diesem Fall weder etwas mit Computer noch mit Kartoffeln zu tun, sondern sind sozusagen aus einer Unterlage herausgeschnittene Stücke, in die ein passendes Stück mit Knospe aus einem Edelreis hineingesetzt wird. Hier könnt ihr sehen, wie das bei Bäumen funktioniert. Auf diese Weise wächst der neue Trieb mit der neu eingesetzten Rebsorte weiter. Wenn man alles sorgfältig macht, ist das wesentlich kostengünstiger als eine Neuanlage.
Was ich interessant fand
Interessant fand ich zum einen die Informationen darüber, welche Sorten derzeit in Franken besonders gern umveredelt werden. Generell geht es da wieder zurück von Rot zu Weiß, von Regent zu Riesling beispielsweise oder auch von Dornfelder zu Silvaner. Vielleicht wird es aber bald auch noch andere Tendenzen geben, nämlich solche zu trocken- und hitzeresistenteren Rebsorten. Das Foto oben stammt (noch) nicht aus Franken, aber mehr Hitzeresistenz und weniger Verdunstung dank weiträumig gepflanzter Buschreben aus Syrah, Chatus oder Mondeuse, das könnte vielleicht auch mal ein Thema werden.
Weniger Blätter mit Daniel Heßdörfer
Worum es ging
Dr. Daniel Heßdörfer, Arbeitsbereichsleiter bei der LWG, stellte die Ergebnisse eines wahrhaft interessanten Feldversuchs vor. Während die Laubwand bei uns normalerweise etwa 1,20 m misst, haben die Veitshöchheimer ausprobiert, was sich beim Reifeverhalten ändert, wenn man diese Höhe verändert. Dass so etwas überhaupt ein Thema ist, konnte man an etlichen Weinen des Jahrgangs 2018 schmecken. In diesem trockenheißen Sommer gingen die Zuckerwerte in den Trauben nämlich hoch, bevor sich die Aromenreife einstellte. Wer sich darauf nicht vorbereitet hatte, konnte jetzt nur noch zwischen Not und Elend wählen: entweder früh geerntete aromatisch unreife Trauben oder spät geerntete Alkoholbomben. Daniel Heßdörfer zeigte, dass allein eine niedrigere Laubwand um 15° geringere Oechslewerte bringt und dazu noch vier Wochen Reifeverzögerung, so dass im Versuchsweinberg im Jahr 2019 ganz normal Ende September gelesen werden konnte. Neues Vorbild Südeuropa – und die verblüffende Wirkung einer eigentlich ganz einfachen Methode.
Was ich interessant fand
Zum Schluss wurde auch noch eine echte Radikalkur angesprochen, die der spanische Agrarwissenschaftler Martínez de Toda ausprobiert hatte (der Artikel in der Zeitschrift Vitis ist frei verfügbar). Es handelt sich um ein Kahlstellen, also um ein Abschneiden der grünen Triebe. Ähnlich wird das ja auch beim tropischen Weinbau gehandhabt, will man mehrere Ernten im Jahr verhindern. Die Veitshöchheimer haben jedenfalls am 4. Juni 2019 tabula rasa gemacht. Das Ergebnis war, dass ein Wiederaustrieb zwar schnell erfolgte, der Vegetationsrückstand aber blieb. Alles wurde sechs Wochen nach hinten verschoben, und die Ernte fand ohne Trockenstress im November statt. Faszinierend, aber, wie Daniel Heßdörfer warnte, nicht zum Nachmachen empfohlen. Vorerst jedenfalls.
Ohne Glyphosat mit Burkard Graber
Worum es ging
Gesetzt den Fall, es käme tatsächlich zu einem Glyphosat-Verbot, wie könnte man dann den Unterstockbereich mechanisch freihalten? Das war das Thema von Burkhard Graber, dem Technikberater der LWG. Zunächst zeigte er uns die state of the art-Maschinen in Foto und Film, die er bei einer Obstbaumesse in Südtirol begutachtet hatte. Die Raupe für steiles Gelände auf dem oberen Bild gehört nicht dazu, war aber Teil der entsprechenden Geräteausstellung vor der Mainfrankenhalle. Für die Mechanisierung der Unterstockbearbeitung können Winzer übrigens auch Fördermittel beantragen. Das Bayerische Sonderprogramm Landwirtschaft gibt Zuschüsse unter der Überschrift “Förderung von Geräten zur chemiefreien Beikrautregulierung”.
Was ich interessant fand
Interessant fand ich, dass ich gar nicht so recht weiß, ob die LWG denn jetzt einen komplett freigeräumten Unterstockbereich überhaupt empfiehlt. Da war nämlich auch von Risiken der Unterstockbearbeitung die Rede, als da sind: Humusabbau, CO2-Freisetzung, Stickstoff-Freisetzung, reduzierter Gasaustausch, Erosion, weniger Futter für Regenwürmer. Vielleicht müssen die Winzer den Anblick eines wurlenden Weinbergs statt einer gekämmten Wüste auch einfach mal aushalten…
Kampf ums Wasser mit Andreas Kolbinger
Worum es ging
Thema Bewässerung, nach den beiden Trockenjahren 2018 und 2019 natürlich höchst aktuell. Dr. Andreas Kolbinger vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zeigte uns erst einmal die Messwerte beim Grundwasser, die (Stand September 2019, die neuen Daten kommen Ende März) wirklich nicht gut aussehen. Um diesem Wassermangel in der Landwirtschaft zu begegnen, wurden Förderprogramme sowohl für Bewässerungskonzepte als auch für die Bewässerungsinfrastruktur aufgelegt. Letzteres wird allerdings erst vorbereitet und gilt auch nur für großflächige Strukturen wie ganze Landkreise.
Was ich interessant fand
Wenn wenig Wasser da ist, aber alle etwas davon haben wollen, kann das logischerweise eine konfliktträchtige Angelegenheit werden. Darauf machte Andreas Kolbinger ebenso aufmerksam wie auf die Tatsache, dass auf EU-Ebene das Thema water re-use einen großen Stellenwert besitzt. Also nicht einfach aus dem Bach nehmen, sondern gesammeltes Niederschlagswasser verwenden. Wer sich dafür interessiert, wie Regenwasser gezielt genutzt werden kann statt es einfach abfließen zu lassen, das LFU hat auf seiner Website eine interessante Zusammenstellung zum Thema gemacht.
Bewässerung richtig gemacht mit Daniel Heßdörfer
Worum es ging
Auf dem oberen Foto seht ihr den Main in Veitshöchheim, Stand 05.03.2020. So relativ hochwasserig sieht es um diese Jahreszeit häufig aus. Das Problem ist: Jetzt braucht die Weinrebe auch kein Wasser. Sie braucht es im Sommer, und zu jener Zeit war es eben nicht da. Daniel Heßdörfer stellte uns in seinem zweiten Vortrag einen Blockversuch Bewässerung vor, bei dem die Veitshöchheimer zu unterschiedlichen Zeiten bewässert hatten auf der Suche nach der optimalen Wassergabe. Digitale Technik hat ihnen dabei geholfen, indem drohnenbasiert die Wärme der Blätter gemessen wurde – ein Indikator für Trockenstress. Idealerweise, so das Ergebnis, beginnt der Bewässerungszeitraum drei Wochen nach der Blüte. Das Ende bestimmt dann die Witterung. Damit es zu keinem Nutzungskonflikt kommt, sollte das Wasser möglichst jetzt zur Periode des Höchststands entnommen und dann zwischengespeichert werden. Dass diese Zwischenspeicherteiche nicht notwendigerweise hässlich betonklotzig aussehen müssen, zeigten Beispiele aus Südafrika.
Was ich interessant fand
Interessant fand ich, dass Bewässerung in Franken bereits jetzt Realität ist. 1.300 ha Weinberge werden derzeit schon bewässert, wenngleich nur 300 ha von ihnen zentral. Und der mittelfristige Bedarf an Bewässerung wird bei weiteren 2.000 ha gesehen. Dass wir damit explizit von Erfahrungen südlicher Länder lernen, ist einerseits natürlich sehr gut. Andererseits ist ausgerechnet in Südafrika, Kalifornien, Chile und Australien derzeit das dry farming gerade bei alten Rebstöcken ein großes Thema. Hier ein äußerst interessanter Artikel aus der Imbibe dazu. Der Grundtenor: Dauerhaft wird man nur unbewässerte Weine über Qualität statt über Preis verkaufen können. Ob das für uns auch irgendwann einmal gilt?
Mein Fazit
Klimawandel ist ein seltsames Wort, weil es impliziert, dass sich das Klima erst jetzt wandelt. Das stimmt natürlich nicht. Aber die Daten zur fortschreitenden Erwärmung sprechen eine deutliche Sprache, und zwar in fast allen Weltregionen. Auch der Trockenstress der Jahre 2018 und 2019 in unseren Weinbergen ist ein reales Phänomen. Die Frage ist nur: Bleibt das jetzt so? Und: Wie gehen wir damit um?
Sollte die Sommertrockenheit tatsächlich in den nächsten Jahren ein allgemeines Problem werden, wird die Frage aufkommen, wie wichtig der Weinbau da im Vergleich mit anderen Nutzungsformen ist. Wichtiger als Trinkwasser ganz sicher nicht. Aber wichtiger als Mais? Hm.
Bislang gibt es ja in den allermeisten Jahren einen Wasserüberschuss im Winter, der noch kaum zwischengespeichert wird. Schließlich hat der durchschnittliche Jahresniederschlag in den letzten 100 Jahren nicht etwa ab-, sondern zugenommen (vielleicht mache ich mal eine Grafik zum Thema). Nur halt zur “falschen” Zeit, der Zeit des größten Abflusses. Jetzt hatten wir 106 mm Niederschlag im Februar, das Dreifache der normalen Menge. An sich wäre also genug da, “oben drauf” zumindest.
Bewässerung als Grundsatzfrage
Aber ganz grundsätzlich: Ist Bewässerung wirklich die richtige Lösung? Einerseits wissen wir ja alle aus dem Gemüsegarten, dass es irgendwie grotesk wäre, eine mühsam gezogene Pflanze mutwillig vertrocknen zu lassen, wenn ein bisschen Gießen zur richtigen Zeit helfen würde. Insofern ja, so ganz sinnlos ist das nicht.
Andererseits ist Bewässerung rein vom Prinzip her ein Zeichen für ein mechanistisches Weltbild. So nach dem Motto: Wenn was schief läuft, biegen wir es wieder gerade.
Meine Befürchtung ist einfach, dass es sich um eine relativ kurz gegriffene Sache handeln könnte, die nur so lange forciert wird, solange es auch Fördergelder gibt. Die wieder mehr Plastik in den Weinberg bringt. Und die letztlich in den “einfachen” Flächen doch primär zur Ertragssteigerung genutzt wird.
Damit sich die Bewässerung in ein sinnvolles Paket einbettet, müssten in einem solchen Programm auch alternative oder meinetwegen komplementäre Maßnahmen stehen wie der Erhalt alter, tief wurzelnder Reben, wie die Verwendung später reifender Rebsorten, die Verhinderung des Oberflächenabflusses oder gar Versuche mit Buschreben.
Ich weiß, das hört sich jetzt sehr kritisch an, und ich bin ja nicht prinzipiell gegen Bewässerung. Aber ich habe das Gefühl, dass es sich letztlich um eine komplexere Frage handelt, als es manchmal den Anschein hat.
In jedem Fall hat sich für mich der Besuch der Weinbautage in Veitshöchheim sehr gelohnt. Ich habe viel Neues erfahren, von interessanten Versuchen gehört und viele Anregungen mitgenommen, an welcher Stelle ich vielleicht noch einmal tiefer einsteigen werde.
Ob das Thema Bewässerung und Trockenstress in diesem Sommer wieder eine so große Bedeutung bekommen werden, da bin ich mir momentan nicht sicher. Aber sich langfristig mit solchen Phänomenen auseinanderzusetzen, ist auf jeden Fall der richtige Ansatz.
Hallo Matze, ein schöner Bericht zu dem ich gerne meinen Senf dazugeben will. Bist Du Dir sicher, dass Du bei der Kritik einer mechanischen Unterstockpflege nicht eventuell das Pro für die chemische Unkrautbekämpfung vergessen hast? – Den Unterstockbereich gar nicht zu bearbeiten, das geht z.B. hier in der Pfalz nicht. Das Kraut wächst praktisch immer hoch in die Traubenzone und es kommt dadurch zu Fäulnis. Allerdings ist das ja erst kurz vor der Reifezeit relevant und ein Bewuchs der 20-30cm hoch ist stört nicht. Andererseits braucht man auch die Maschinen um den Bewuchs entsprechend zu bearbeiten. Die Auswahl und Praxistauglichkeit ist da bei den im Boden arbeitenden Maschinen aktuell einfach besser. Schonende Fadenmulcher, wie man sie in Südtirol wohl öfter sieht, scheinen eine neue Möglichkeit zu sein. – Zur Bewässerung: Die ist so teuer und aufwendig, dass man sie eigentlich nur im Notfall nutzt. Ich würde mir da keine Gedanken machen, dass sie zu leichtfertig eingesetzt wird. – Leider ist es aber nun mal so, dass der deutsche Weinmarkt ein sehr schwieriger ist auf Grund der vielen Importe. In der Fläche auf alte Weinberge oder Buscherziehung zu setzen ist – pardon – völlig utopisch. Aber dass ältere Weinberge eine immer größere Rolle spielen, das merke ich auch. Es bleibt auf jeden Fall spannend. Vielen Dank für den Bericht! Ich hab’ ihn gerne gelesen.
Hallo Felix, vielen Dank für deinen Senf 😉 !
Nein, ich habe beim Thema Unterstockbereich nicht die chemische Variante vergessen, denn (sorry, hatte ich glaube ich vergessen zu schreiben) das Thema von Burkhard Graber war ja “Neue Techniken zur Unterstockbearbeitung im Direktzug” – also ausschließlich mechanisch. Da kam Chemie einfach nicht vor 😉 . Die Maschinen aus Südtirol sehen tatsächlich ziemlich intelligent aus, aber ob sich so eine Anschaffung lohnt? Ich meine, angesichts der Tatsache, wie du ja schreibst, dass das Kraut ohnehin nur kurz vor der Reifezeit Probleme machen könnte…
Was die Bewässerung anbelangt, würde ich eigentlich auch sagen, dass sie zu teuer ist, um hier richtig einzuschlagen (oder auch: weil jetzt vielleicht wieder mal drei feuchtere Jahre anstehen, man weiß es nicht). Die Sache mit alten Reben und Buscherziehung war natürlich nicht als adäquater Ersatz gedacht für die Fläche, sondern einfach so als Hinweis darauf, worüber man experimentell mal nachdenken könnte. Auf (wirklich) alte Reben scheint man zumindest im Süden Europas sehr viel stolzer zu sein als hierzulande…
Die LWG-Versuche finde ich aber wirklich interessant. Jetzt in 2020 startet zum Beispiel ein Bodenbearbeitungsversuch zum Wasserbedarf mit folgenden Varianten: Offener Boden, Begrünung ohne Eingriff, Walzen, Mulchen, Umbruch grobschollig und Abdecken. Schau ich mir sicher mal an.
Hallo Matthias,
vielen Dank wieder einmal für diesen tollen Bericht, der auf wirklich drängende Fragen und Probleme im Weinbau hinweist, über die der “Otto-Normaltrinker” gerne hinweg sieht.
Zur Erzeugung von einem Liter Wein sind insgesamt 1.000 Liter Wasser erforderlich. Da Wein ja bloß ein luxuriöses Genussmittel ist, das niemand zum Überleben braucht, werden seine Herstellungsbedingungen auch in Deutschland zu ethischen Grundsatzdiskussionen führen, wenn die Sommer hierzulande immer trockener werden. Die weltweite Überproduktion an Wein macht diese Fragen noch drängender.
Die Propagierung von dry farming ist ja in den Ländern der Südhalbkugel keine intellektuelle Spielerei.
Es ist wie beim Rindfleisch: 10.000 Liter Wasser für ein Kilo!? Ein Irrsinn.
Sich den Internetauftritt der LWG (aber auch der anderen Weinbauhochschulen in Freiburg, Weinsberg, Geisenheim und Neustadt) regelmäßig anzuschauen, kann ich tiefer interessierten Weinfreunden nur empfehlen. Da lernt man man mehr über Wein und seine Erzeugung als aus der Lektüre der diversen Weinmagazine.
Ich finde es auch immer wieder faszinierend, auf was für Versuchsanordnungen oder Fragestellungen die Wissenschaftler*innen dort kommen. Der von Dir beschriebene Versuch zum Einfluss der Laubwandhöhe ist dafür ein Beispiel.
Apropos Regenwurm: DEN Regenwurm gibt es nicht, sondern die in Deutschland 45-55 Arten umfassende Familie der lumbricidae. Siehe: http://www.regenwuermer.info/
Viele Arten sind durch Bodenversiegelung, Überdüngung mit Gülle, Einsatz von Glyphosat & Co. stark gefährdet. Siehe:
http://www.regenwuermer.info/regenwurm/gefaehrdung-schutz.php#
Aber dagegen kann man ja auch im eigenen Garten etwas tun, nämlich keine Platten legen, keine Flächen versiegeln und einen Komposthaufen anlegen.
Ich habe mal gelesen, dass mehrere Regenwurmarten Kaffeesatz lieben. Ich habe keine Ahnung warum, aber seither schütte ich jeden Morgen den Satz aus der French Press mit etwas Wasser vermengt in meinen Garten. Und ich glaube beobachten zu können, dass ich mittlerweile mehr Wurmlöcher sehe.
Vielleicht weiß ja einer Deiner Leser*innen genaueres?
Schönen Gruß
Thomas
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